Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zur Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: Reformierung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und Erleichterung legaler Wege nach Europa

Brüssel, 12.8.2016
C(2016) 5293 final

Herrn Stanislaw Tillich
Präsident des Bundesrates
Leipziger Straße 3-4
D -10117 Berlin

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,

Die Kommission dankt dem Bundesrat,für seine Stellungnahme zur Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: Reformierung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und Erleichterung legaler Wege nach Europa (COM (2016)197 final).

Diese Mitteilung bereitet den Weg für eine humanere, fairere und wirksamere europäische Asylpolitik sowie für eine besser gesteuerte legale Migration.

Infolge des unkontrollierten Zustroms einer großen Zahl von Migranten und Asylsuchenden im Jahr 2015 sind Schwächen in der Konzeption und Anwendung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, insbesondere beim Dublin-Verfahren, zutage getreten. Zur Behebung dieser strukturellen Defizite enthält die Mitteilung Verbesserungsvorschläge in fünf prioritären Bereichen. Die Kommission begrüßt es, dass der Bundesrat die identifizierten fünf Handlungsfelder ebenfalls als prioritär ansieht und die Auffassung teilt, dass - wie in der Mitteilung vorgesehen - Handlungsbedarf auf EU-Ebene besteht, um die Kontrolle über die Flüchtlingssituation in der EU zurückzugewinnen. Strukturelle Schwächen in der Konzeption und Umsetzung des derzeitigen Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und der Migrationspolitik erfordern wirksame Maßnahmen für eine mittel- und langfristig bessere Steuerung der Migration in der EU.

Die Kommission hat die Ansichten, die der Bundesrat in seiner Stellungnahme geäußert hat, zur Kenntnis genommen. Mehrere Themen wurden bereits im ersten Paket von Legislativvorschlägen, das von der Kommission am 4. Mai 2016 vorgelegt wurde, behandelt. Dieses Legislativpaket umfasst Vorschläge für eine Reform der Dublin-HI-Verordnung, zur Erweiterung des Eurodac-Systems und für die Schaffung einer EU-Asylagentur.

Der Vorschlag,fair eine Reform des Dublin-Systems' sieht eine Straffung und effizientere Ausgestaltung der Dublin-Verordnung sowie die Einführung eines Korrekturmechanismus für die Zuteilung von Asylbewerbern vor, um eine nachhaltige und faire Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten sicherzustellen. Der Mechanismus tritt automatisch in Kraft, wenn Mitgliedstaaten sich mit einer unverhältnismäßig hohen Zahl von Asylanträgen konfrontiert sehen.

Zur Vermeidung von Sekundärbewegungen innerhalb der EU sollen Asylbewerber ihren Antrag künftig entweder im Mitgliedstaat der ersten irregulären Einreise oder - im Falle eines rechtmäßigen Verbleibs in einem Mitgliedstaat - in dem betreffenden Mitgliedstaat stellen müssen. Der Antragsteller muss sich in dem Mitgliedstaat, in dem er zum Verbleib verpflichtet ist, auch aufhalten und den dortigen Behörden zur Verfügung stehen. Für den Fall der Nichteinhaltung regelt der Vorschlag die verfahrensrechtlichen Konsequenzen und stellt klar, dass der Antragsteller nur dort, wo er zum Verbleib verpflichtet ist, Anspruch auf materielle Aufnahmeleistungen hat.

Mit dem Vorschlag zur Neufassung der Eurodac-Verordnung2 wird das System an die vorgeschlagenen Dublin-Bestimmungen angepasst; in Zukunft soll es neben dem Einsatz in Asylverfahren auch dazu dienen, Rückführungen zu erleichtern und die irreguläre Zuwanderung zu bekämpfen. Zusätzlich zu den Fingerabdruckdaten soll von den Mitgliedstaaten - als weiterer biometrischer Identifikator - auch ein Gesichtsbild erfasst werden.

Der Vorschlag für eine Asylagentur der Europäischen Union3 dient der besseren Umsetzung und Funktionsweise des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und baut auf der Arbeit des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (FASO) auf das zu einer Agentur ausgebaut werden soll, die vor allem die Einheitlichkeit bei der Prüfung von Asylanträgen in der gesamten Union sicherstellen und die operative und technische Anwendung des einschlägigen Unionsrechts überwachen soll. Die neue Verordnung soll einen soliden rechtlichen, operativen und praktischen Rahmen für die Agentur schaffen, der die Asyl- und Aufnahmesysteme der Mitgliedstaaten konsolidiert und ergänzt. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass der Bundesrat den Vorschlag eingehend prüfen will. Die Kosten im Zusammenhang mit der neuen Verordnung sind dem Finanzbogen zu entnehmen, der dem Vorschlag beigefügt ist.

Außerdem möchte die Kommission den Bundesrat auf das jüngst verabschiedete zweite Asylpaket hinweisen, das Vorschläge zu Reformen der Asylverfahrensrichtlinie4, der Anerkennungsrichtlinien und der Richtlinie über die Aufnahmebedingungen6 enthält. Bei der Ausarbeitung ihrer Vorschläge berücksichtigte die Kommission die Notwendigkeit einer stärkeren Vereinheitlichung der Aufnahmestandards und des Entscheidungsprozesses in den Mitgliedstaaten unter uneingeschränkter Wahrung transparenter Asylverfahren und wirksamer Rechtsbehelfe. Als Teil des zweiten Asylpakets hat die Kommission außerdem einen Vorschlag zur Ausgestaltung der EU-Politik im Bereich der Neuansiedlung vorgelegt, der ein gemeinsames Konzept für die sichere und legale Ankunft von schutzbedürftigen Personen in der EU vorsieht.7 Mit diesem zweiten Paket liegen den beiden gesetzgebenden Organen nun alle Elemente flir die Reformierung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vor.

Die Kommission sieht der Fortsetzung des politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Mit freundlichen Grußen
Violeta Bulc
Mitglied der Kommission