Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben
(BDBOS-Gesetz)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS-Gesetz)

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 20. Februar 2009
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium des Innern.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
DrAngela Merkel
Fristablauf: 03.04.09

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS-Gesetz)

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrats das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des BDBOS-Gesetzes

Das Gesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2039) wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Ziel und Inhalt des Entwurfs

Mit Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I 2006, 2039) wurde die Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (Bundesanstalt für den Digitalfunk der BOS - BDBOS) errichtet und aufgrund des Organisationserlasses des Bundesministerium des Innern vom 30. März 2007 mit Wirkung zum 2. April 2007 eingerichtet. Die Bundesanstalt hat die gesetzlichen Aufgaben, im öffentlichen Interesse ein bundesweit einheitliches digitales Sprech- und Datenfunksystem für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (Digitalfunk BOS) aufzubauen zu betreiben und seine Funktionsfähigkeit sicherzustellen.

Als zentrales Kommunikationssystem aller deutschen Sicherheitsbehörden kommt dem Digitalfunk BOS besondere Bedeutung bei der Wahrnehmung der Aufgaben der inneren Sicherheit zu. Störungen bei dessen Betrieb können unabsehbare Folgen für die öffentliche Sicherheit und speziell für die vor Ort im Einsatz befindlichen Sicherheitskräfte haben. Deshalb sind höchste Anforderungen an die Leistungsfähigkeit, die Sicherheit und den störungsfreien Betrieb des Digitalfunk BOS zu stellen. Die Bundesanstalt hat die Aufgabe, die Einhaltung dieser Anforderungen zu gewährleisten.

Da die Beschaffung der im Digitalfunk BOS einzusetzenden Endgeräte aber nicht Aufgabe der Bundesanstalt ist, sondern Bund und Ländern obliegt, bedarf es der Schaffung rechtlicher Instrumentarien, die es der Bundesanstalt erlauben, den Einsatz von Endgeräten, die Störungen des Digitalfunk BOS hervorrufen können, zu verhindern und gleichzeitig sicherzustellen, dass die verwendeten Geräte die gewünschten Leistungsmerkmale erfüllen, damit die Nutzung der wesentlichen Funktionen des Digitalfunk BOS sichergestellt ist. Daher soll die Verwendung von Endgeräten im Digitalfunk BOS von einer Zertifizierung durch die Bundesanstalt abhängig gemacht werden.

Im Übrigen dient der vorliegende Gesetzentwurf der Harmonisierung des BDBOS-Gesetzes mit dem Wortlaut bestehender gesetzlicher Vorschriften und der BMF-Zuständigkeitsanordnung - Versorgung.

II. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

III. Kosten

Die Wahrnehmung der Aufgabe der Zertifizierung durch die Bundesanstalt ist mit einem entsprechenden Vollzugsaufwand verbunden Dieser mit dem Zertifizierungsverfahren verbundene Vollzugsaufwand wird durch Einführung entsprechender Gebührentatbestände, die in der Rechtsverordnung nach Artikel 1 Nummer 3 (§ 15b Abs. 2) bestimmt werden, gedeckt. Die Bemessung der Höhe der Gebühren erfolgt nach dem Kostendeckungsprinzip. Mit einer unmittelbaren zusätzlichen finanziellen Belastung der öffentlichen Haushalte ist daher nicht zu rechnen, eine mittelbare Belastung durch Umlage der Kosten der Zertifizierung (Kosten der Prüfung der Endgeräte durch externe Prüfstelle, Gebühren für die Zertifizierung) kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Dadurch könnten sich Auswirkungen auf den Bundeshaushalt ergeben, da die Mittel für die Erstausstattung der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben des Bundes (Bundes-BOS) mit Endgeräten für den Digitalfunk BOS zentral im Epl. 06 etatisiert sind. Es besteht jedoch gleichfalls die Möglichkeit, dass die Weiterbelastung der Zertifizierungskosten wegen der Wettbewerbssituation der Endgerätehersteller im Ausschreibungsverfahren unterbleibt bzw. nur in geringer Höhe erfolgt. Eventuell entstehender Mehrbedarf für die Beschaffung der Endgeräte der Bundes-BOS durch die Einführung des Zertifizierungsverfahrens ist grundsätzlich im Epl. 06 gegenzufinanzieren. Für den Fall einer wesentlichen und unvorhersehbaren Kostensteigerung wird über geeignete Maßnahmen zur Gegenfinanzierung im Rahmen künftiger Haushaltsaufstellungsverfahren zu entscheiden sein.

Es werden im Zusammenhang mit der Zertifizierung vier neue Informationspflichten für die Verwaltung eingeführt. Es handelt sich um die Zertifizierung durch die BDBOS nach § 15a Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1, den Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 15a Abs. 4, die Entscheidung der Bundesanstalt über diesen Antrag und den Widerruf der Ausnahmegenehmigung.

Die Beantragung eines Zertifikats ist für die Wirtschaft mit zusätzlichen Kosten verbunden.

Sowohl bei der Prüfung der Endgeräte durch die externen Prüfstellen und der Nutzung der Testplattform hierfür als auch bei der abschließenden Bewertung und Zertifizierung durch die Bundesanstalt werden Kosten anfallen. Deren Höhe richtet sich nach der jeweiligen vertraglichen Vereinbarung des Herstellers oder Lieferanten mit der privaten Prüfstelle und der zu schaffenden BDBOS-Kostenverordnung und kann gegenwärtig noch nicht genau beziffert werden. Da grundsätzlich jedes Unternehmen, das über die erforderliche Sachkunde verfügt, als Prüfstelle tätig werden kann, ist zu erwarten, dass die entsprechende Dienstleistung zu angemessenen Wettbewerbspreisen angeboten werden wird. Im Übrigen stehen den Kosten entsprechende Geschäftserwartungen der Wirtschaft gegenüber.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird zudem eine neue Informationspflicht für die Wirtschaft eingeführt. Aufgrund der Exante-Schätzung nach dem vereinfachten Verfahren ist für die betroffenen Unternehmen eine Nettobelastung in Höhe von weniger als 11.000 Euro zu erwarten.

Mit der Möglichkeit, Befugnisse und Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Versorgung u.a. auf Behörden im Geschäftsbereich des Bundesministerium der Finanzen zu übertragen, geht ein gesteigerter Vollzugsaufwand für die vom Bundesministeriums der Finanzen benannten Bundesfinanzdirektionen einher. Insgesamt ist mit der Bündelung dieser Aufgaben bei der Stelle, die über die erforderliche fachliche Kompetenz und entsprechende personelle Ressourcen verfügt, aber eine Steigerung der Effizienz bei der Aufgabenbewältigung und insgesamt daher eine Reduzierung der Kosten für die öffentlichen Haushalte verbunden.

IV. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung

Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind nicht zu erwarten.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des BDBOS-Gesetzes)

Zu Nummer 1 (Änderung des § 2 Abs. 1 BDBOS-Gesetz)

Die Änderung dient der Klarstellung, dass die Bundesanstalt ihre Aufgaben und Befugnisse ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrnimmt und ihr insoweit keine Amtspflichten gegenüber Dritten obliegen. Der Gesetzeswortlaut wird zu diesem Zweck an den Wortlaut des § 4 Abs. 4 FinDAG (vgl. zuvor § 6 Abs. 4 KWG und § 4 Abs. 2 WpHG), § 3 Abs. 3 BörsG und § 81 Abs. 1 Satz 3 VAG angeglichen, um einen unerwünschten Gegenschluss aus dem Fehlen des Wortes "nur" im BDBOS-Gesetz zu vermeiden. Damit wird verdeutlicht, dass der Schutz der Allgemeinheit und jedes einzelnen Dritten, dem der Aufbau, der Betrieb und die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Digitalfunk BOS faktisch zugute kommen, ein bloßer Rechtsreflex ist.

Die Haftung der Bundesanstalt aufgrund schuldhaft fehlerhafter Eingriffsmaßnahmen im Einzelfall, etwa nach § 15 BDBOS-Gesetz, bleibt unberührt.

Zu Nummer 2 (Änderung von § 13 Abs. 2 BDBOS-Gesetz)

Die Änderung dient der Öffnung der Vorschrift, um die organisatorische Zuständigkeit für die Pensionsfestsetzung und -regelungen der Versorgungsempfängerinnen und -empfänger der Bundesanstalt entsprechend der BMF-Zuständigkeitsanordnung - Versorgung regeln und um im Rahmen der Zentralisierung von weiteren Aufgaben innerhalb der Bundesverwaltung diese ohne erneute gesetzliche Änderungen durchführen zu können.

Zu Nummer 3 (Einfügen der §§ 15a bis 15c BDBOS-Gesetz)

Zu § 15a (Zertifizierung)

Die Vorschrift enthält die gesetzliche Ermächtigung der Bundesanstalt zur Erteilung von Zertifikaten für Endgeräte, die für die Verwendung im Digitalfunk BOS bestimmt sind.

Das Zertifikat wird erteilt, wenn die von der Bundesanstalt festgelegten technischen Anforderungen gegeben sind und das Bundesministerium des Innern keine sicherheitspolitischen Bedenken gegen die Zertifizierung erhebt. Insoweit besteht eine politische Einschätzungsprärogative des Bundesministeriums des Innern.

Die Zertifizierung ist Voraussetzung dafür, dass ein Endgerät im Digitalfunk BOS verwendet werden darf. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Endgeräte die für den Betrieb des Digitalfunk BOS zwingend erforderlichen Leistungsmerkmale erfüllen und es bei der Verwendung der Endgeräte, einschließlich der auf ihnen installierten Anwendungen, nicht zu Störungen des Digitalfunk BOS kommt.

Zu Absatz 1

Um die Funktionsfähigkeit des Digitalfunk BOS sicherzustellen, wird ausdrücklich durch Gesetz angeordnet, dass grundsätzlich nur solche Endgeräte im Digitalfunk BOS verwendet werden dürfen, die von der Bundesanstalt als hierfür geeignet zertifiziert worden sind, und dass die Bundesanstalt die Teilnahme am Digitalfunk BOS mittels nicht zertifizierter Endgeräte durch geeignete Maßnahmen, z.B. durch die Deaktivierung der betroffenen Endgeräte oder deren SIM-Karte, unterbinden kann.

Der Begriff des Endgerätes umfasst neben Geräten, die der Nutzung der Kommunikationsdienste des Digitalfunk BOS durch einzelne Teilnehmerinnen und Teilnehmer dienen (namentlich Hand- oder Mobilsprechfunkgeräte), auch stationäre und mobile Funkleitstellen, die es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Leitstelle erlauben, eine Vielzahl von Gruppenrufen, Einzelrufen und Datenübertragungen gleichzeitig durchzuführen, das Verhalten des Netzes zu beobachten und Eigenschaften von Gruppen und Teilnehmern zu konfigurieren.

In materieller Hinsicht setzt die Zertifizierung voraus, dass das Endgerät die von der Bundesanstalt vorgegebenen, zwingend erforderlichen Leistungsmerkmale erfüllen.

Soweit das Endgerät daneben noch weitere, optionale Leistungsmerkmale aufweist, erstreckt sich das Zertifizierungsverfahren auch auf diese. Leistungsmerkmale können sich auf das Kommunikationsverhalten an den Endgeräteschnittstellen, auf mechanische und elektromagnetische Eigenschaften, z.B. die Gleich- und Nachbarkanalstörfestigkeit gegenüber den Signalübertragungen anderer Endgeräte, und auf die an die Bedienbarkeit zu stellende Anforderungen beziehen. Die Bundesanstalt legt die Anforderungen fest, die für jedes Leistungsmerkmal erfüllt sein müssen (Leistungsbeschreibung), und gibt vor, welche Leistungsmerkmale zwingend erfüllt sein müssen. Die Veröffentlichung der Leistungsbeschreibungen und der als zwingend erforderlich eingestuften Leistungsmerkmale regelt die Verordnung nach Artikel 1 Nummer 3 (§ 15b Abs. 1) dieses Gesetzes.

Die Zertifizierung setzt weiter voraus, dass das Endgerät insgesamt - im Zusammenspiel aller Leistungsmerkmale und der auf diesen basierenden Anwendungen sowie einschließlich seines Zubehörs - störungsfrei betrieben werden kann. Insbesondere die Interoperabilität des Endgerätes mit den sonstigen Netzelementen und anderen Endgeräten im Digitalfunk BOS muss gewährleistet sein. Darüber hinaus umfasst der Begriff der Störungsfreiheit auch den Schutz vor Störungen von außen, z.B. gegen das Abhören und Manipulationen durch Dritte. Dies setzt die Verwendung eines mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) abgestimmten Kryptosystems voraus, das einen authentifizierten Netzzugang und eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der Sprach- und Datenkommunikation vorsieht. Die im Hinblick auf Zubehör und Anwendungen sowie Interoperabilität und Störungsfreiheit zu beachtenden weiteren Anforderungen werden von der Bundesanstalt festgelegt und gemäß der Verordnung nach Artikel 1 Nummer 3 (§ 15b Abs. 1) dieses Gesetzes veröffentlicht.

Darüber hinaus wird ein Zertifikat nur erteilt, wenn die Verwendung des Endgerätes nicht gegen andere öffentlichrechtliche Vorschriften verstößt wie z.B. § 3 des Gesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG) vom 31. Januar 2001 (BGBl. I S. 170), das Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (EMVG) vom 26. Februar 2008 (BGBl. I S. 220) oder gesetzliche Regelungen zur Produktsicherheit und ein Nachweis darüber vorliegt.

Aufgrund der Tatsache, dass der Digitalfunk BOS die grundlegende Kommunikationsinfrastruktur der deutschen Sicherheitsbehörden und somit eines der Kernelemente der deutschen Sicherheitsarchitektur darstellt, ist kein Zertifikat zu erteilen, wenn die Verwendung der Endgeräte eines bestimmten Herstellers oder Lieferanten aus sicherheitspolitischen Belangen nicht in Betracht kommt. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der betreffende Hersteller oder Lieferant Verbindungen zu verfassungsfeindlichen Organisationen oder den Sicherheitsbehörden eines Drittstaates hat.

Zu Absatz 2

Die Zertifizierung eines Endgerätes erfolgt auf schriftlichen Antrag des Herstellers oder Lieferanten des Endgerätes.

Fehlt dem Endgerät, für das ein Zertifikat beantragt worden ist, ein nach Maßgabe der Bundesanstalt zwingend erforderliches Leistungsmerkmal oder ist die störungsfreie Verwendung des Endgerätes im Digitalfunk BOS nicht sichergestellt, darf das Endgerät kein Zertifikat erhalten; seine Verwendung im Digitalfunk BOS ist unzulässig.

Soweit ein optionales Leistungsmerkmal betroffen ist, das nach den Vorgaben der Bundesanstalt für die Verwendung im Digitalfunk BOS nicht zwingend erforderlich ist, kann ein Zertifikat grundsätzlich auch dann erteilt werden, wenn die störungsfreie Verwendung des Endgerätes im Hinblick auf dieses Leistungsmerkmal aufgrund fehlender Interoperabilität nicht gewährleistet ist. Das Zertifikat ist in diesem Fall mit einer geeigneten Nebenbestimmung zu versehen, die die Verwendung des betroffenen Leistungsmerkmals im Digitalfunk BOS ausschließt. So kann das Zertifikat mit der Bedingung versehen werden, dass bestimmte optionale Leistungsmerkmale nicht verwendet werden dürfen.

Die Überprüfung der vorstehend genannten Anforderungen soll durch sachverständige Stellen (Prüfstellen) erfolgen. Nur wenn im Einzelfall keine geeignete Prüfstelle vorhanden ist, kann die Überprüfung auch von der Bundesanstalt selbst vorgenommen werden. Die fachliche Eignung der Prüfstelle kann durch eine vom BSI durchgeführte Kompetenzfeststellung nachgewiesen werden. Grundsätzlich kommt aber jede fachlich geeignete Prüfstelle für die Erstellung des Prüfberichts in Betracht, die in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist. Bestehen im Einzelfall Zweifel an der fachlichen Eignung und dem Sachverstand der Prüfstelle oder ist aus anderem Grund an der Richtigkeit des Ergebnisses der von ihr vorgenommenen Prüfung zu zweifeln, so soll die Bundesanstalt diesen Zweifeln nachgehen. Kommt sie dabei zu dem Schluss, dass die Zweifel begründet sind, kann sie den Antrag auf Zertifizierung zurückweisen.

Die Prüfstelle wird direkt von dem Hersteller oder Lieferanten des Endgerätes mit der Begutachtung beauftragt. Dadurch, dass der Antragsteller maßgeblichen Einfluss auf die Auswahl der Prüfstelle hat, wird der Umstand berücksichtigt, dass durch die Überprüfung der Endgeräte und deren Leistungsmerkmale Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berührt werden können. Die Einschaltung externer Prüfstellen ermöglicht zugleich eine sachgerechte Nutzung der auf diesem Gebiet bereits vorhandenen Kapazitäten und Erfahrungen der Privatwirtschaft. Die Bundesanstalt selbst soll die erforderlichen Überprüfungen der Endgeräte angesichts der Ausgestaltung als schlanke Organisation nicht in vollem Umfang selbst durchführen. Sie gibt aber die Prüfkriterien vor, die gemäß der Verordnung nach Artikel 1 Nummer 3 (§ 15b Abs. 1) dieses Gesetzes veröffentlicht werden, und nimmt die abschließende Bewertung der Voraussetzungen für die Zertifizierung unter Berücksichtigung der ihr vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Prüfberichte, vor. Der Antragsteller hat alle Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, die für die Bewertung und Zertifizierung des Endgerätes erforderlich sind. Kommt er dieser Mitwirkungspflicht nicht nach, berechtigt dies zu negativen Rückschlüssen im Hinblick auf die vom Endgerät zu erfüllenden Voraussetzungen. Der Antragsteller hat außerdem zwei Einzelstücke des zu zertifizierenden Endgerätes zu übergeben. Diese Einzelstücke werden bei der Bundesanstalt aufbewahrt. Sie dienen als Referenz, wenn Veränderungen an dem Gerät vorgenommen werden, die eine erneute Zertifizierung nach Absatz 3 erforderlich machen, oder zur Fehlerermittlung, wenn nach Erteilung des Zertifikats Probleme bei der Verwendung des Endgerätes auftreten sollten. Im Fall der vollständigen Versagung eines Zertifikates wird eines der Einzelstücke an den Antragssteller zurückgegeben.

Sofern der Antrag auf Zertifizierung abschlägig beschieden oder das Zertifikat mit Nebenbestimmungen versehen worden ist, kann der Antragsteller einen erneuten Antrag auf Durchführung des Zertifizierungsverfahrens stellen. Ein solches Verfahren ist mit weiteren Kosten verbunden.

Zu Absatz 3

Die Prüfung und Zertifizierung eines Endgerätes durch die Bundesanstalt bezieht sich stets auf einen konkreten Gerätetyp mit bestimmten Leistungsmerkmalen, Zubehör und Anwendungen. Nicht vom Zertifikat gedeckt sind mithin Endgeräte, deren Hardware, Software oder Zubehör verändert wird, da dies Einfluss auf die störungsfreie Verwendung des Endgerätes haben kann. Daher ist grundsätzlich eine umfassende Überprüfung des modifizierten Endgerätes im Hinblick auf Interoperabilität und Störungsfreiheit erforderlich. Nur ausnahmsweise kann die Überprüfung des Endgerätes auf die von der Veränderung betroffenen Leistungsmerkmale oder sonstigen Endgerätekomponenten beschränkt werden, sofern nach der fachlichen Einschätzung der Bundesanstalt auf diese Weise mit hinreichender Sicherheit gewährleistet werden kann, dass das modifizierte Endgerät weiterhin die für die Verwendung im Digitalfunk BOS geltenden Anforderungen nach Absatz 1 erfüllt.

Sind diese Voraussetzungen gegeben, erteilt die Bundesanstalt ein im Hinblick auf die von der Änderung betroffenen Leistungsmerkmale und Endgerätekomponenten ergänztes Zertifikat oder einen entsprechenden Nachtrag zum ursprünglichen Zertifikat.

Sind Interoperabilität und Störungsfreiheit hingegen nicht gewährleistet, ist das Zertifikat mit entsprechenden Nebenbestimmungen zu versehen, die die Erfüllung der genannten Anforderungen sicherstellen. Sofern dies nicht möglich ist, ist die Erteilung des Zertifikats zu versagen.

Zu Absatz 4

Bei Nachweis eines berechtigten Interesses kann die Bundesanstalt auf Antrag ausnahmsweise eine Genehmigung zur Nutzung nicht zertifizierter Endgeräte erteilen.

Ein solches berechtigtes Interesse ist z.B. gegeben, wenn ausländische Sicherheitskräfte, die einen Staatsgast bei seinem Besuch in der Bundesrepublik Deutschland begleiten, ihre nicht von der Bundesanstalt zertifizierten Endgeräte verwenden wollen.

Die Ausnahmegenehmigung wird nur erteilt, wenn die Belange des Digitalfunk BOS dem nicht entgegenstehen. Dies betrifft insbesondere den Fall, dass eine Beeinträchtigung des Digitalfunk BOS zu befürchten ist. Die Genehmigung ist aber z.B. auch dann zu versagen, wenn durch die Verwendung der nicht zertifizierten Endgeräte sicherheitspolitische Belange berührt werden.

Die Genehmigung ist aufgrund ihres Ausnahmecharakters zu befristen und räumlich zu begrenzen. Sollte es in dem von der Genehmigung umfassten Einsatzgebiet zu einer Störung des Digitalfunk BOS kommen oder die Belange des Digitalfunk BOS in anderer Form, etwa durch einen nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch der Endgeräte beeinträchtigt werden, muss die Bundesanstalt die Möglichkeit haben, die Genehmigung zu widerrufen. Dies gilt auch dann, wenn zunächst nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, dass die Störung oder Beeinträchtigung auf die von der Ausnahmegenehmigung erfassten Endgeräte zurückzuführen ist. Die Bundesanstalt kann im Fall des Widerrufs die Verwendung der betroffenen Endgeräte durch geeignete technische Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 unterbinden. Das Interesse der BOS an der sofortigen Wiederherstellung der uneingeschränkten Funktionsfähigkeit des Digitalfunks BOS überwiegen hier die Interessen des Antragstellers, die nicht zertifizierten Endgeräte bis zu einer endgültigen Klärung des Sachverhalts weiter zu verwenden. Aus diesem Grund haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Widerrufsbescheid keine aufschiebende Wirkung.

Zu Absatz 5

Um bei Inbetriebnahme der ersten Netzabschnitte über eine ausreichende Zahl von Endgeräten zu verfügen, haben einige Länder angekündigt, bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes und Etablierung eines förmlichen Zertifizierungsverfahrens mit der Ausschreibung von Endgeräten zu beginnen. Dementsprechend ist eine Entscheidung über eine Übergangsregelung für solche Endgeräte erforderlich, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits im Digitalfunk BOS verwendet werden.

Solche Geräte bis zu ihrer nachträglichen Zertifizierung von der weiteren Verwendung im Digitalfunk BOS auszuschließen, erscheint unverhältnismäßig. Die Verwendung der betreffenden Endgeräte wird daher abweichend von Absatz 1 Satz 1 auch ohne Zertifizierung für eine Übergangsfrist gestattet, es sei denn der Digitalfunk BOS wird etwa aufgrund einer Herabsetzung der Funknetzkapazität oder der Funkversorgungsqualität gestört. Eine derartige Störung kann beispielsweise dadurch verursacht werden, dass ein Endgerät den zulässigen Grenzwert für die Sendeleistung überschreitet, die vorgegebene Gleich- und Nachbarkanalstörfestigkeit nicht aufweist oder einen Organisations- oder Nutzkanal einer Funkzelle blockiert. In diesem Fall gebieten es die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Digitalfunk BOS und die berechtigten Interessen der betroffenen Nutzer anderer Endgeräte, den weiteren Gebrauch derjenigen Endgeräte zu unterbinden, die die Störung verursachen.

Zu § 15b (Erlass von Rechtsverordnungen; Widerspruchsgebühren)

Die Vorschrift enthält die gesetzlichen Ermächtigungen für den Erlass der aufgrund dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsverordnungen.

Zu Absatz 1

Die Einzelheiten des Zertifizierungsverfahrens und der Inhalt der Zertifikate sollen in einer Rechtsverordnung geregelt werden.

Die Verordnung soll insbesondere regeln, welche Anforderungen an den Antrag zu stellen sind, in welcher Reihenfolge die Anträge auf Erteilung eines Zertifikats bearbeitet werden, welche Mitwirkungspflichten der Antragsteller erfüllen muss und in welcher Form und welchem Umfang die erteilten Zertifikate veröffentlicht werden.

Daneben soll geregelt werden, auf welche Weise die von der Bundesanstalt festgelegten, unverzichtbaren Mindestanforderungen, insbesondere die erforderlichen Leistungsmerkmale sowie die weiteren in § 15a Abs. 1 Satz 3 Nummer 2 genannten Anforderungen berechtigten Interessenten gegenüber bekannt gegeben werden.

Gleiches gilt für die Bekanntgabe der von der Bundesanstalt vorgegebenen Leistungsbeschreibungen und die von ihr festgelegten Prüfkriterien. Im Übrigen wird klargestellt, dass sich Leistungsmerkmale auch auf die Bedienbarkeit beziehen können.

Die Länge der Übergangsfrist wird ebenfalls in der Rechtsverordnung festgelegt; sie endet spätestens am 31. Dezember 2011.

Das Bundesministerium des Innern kann die Ermächtigung zum Erlass der Rechtsverordnung aufgrund der Sachnähe auf die Bundesanstalt übertragen.

Zu Absatz 2

Die Vorschrift regelt die Erhebung von Gebühren und Auslagen durch die Bundesanstalt.

Satz 1 bestimmt den Umfang der gebührenpflichtigen Amtshandlungen. Dazu zählen die Anordnungen der Präsidentin oder des Präsidenten nach § 15 Abs. 1, die Entscheidung über die Erteilung eines Zertifikats nach § 15a Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1, die erneute Zertifizierung nach § 15a Abs. 3 sowie die Erteilung einer Genehmigung zur Verwendung eines nicht zertifizierten Endgerätes im Digitalfunk BOS nach § 15a Abs. 4 Satz 1 und der Widerruf einer solchen Genehmigung oder eines Zertifikats sowie die Unterbindung nach § 15a Abs. 1 Satz 2. Zudem ordnet Satz 1 die Geltung des Kostendeckungsprinzips an.

Nach Satz 2 darf das Bundesministerium des Innern die Einzelheiten der Gebührenbemessung und die pauschale Höhe der zu erstattenden Auslagen im Einzelfall durch Rechtsverordnung regeln. Die Gebühren sind nur durch feste Sätze oder Rahmensätze zu bestimmen. Die Regelung hat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen zu erfolgen. Satz 3 ermächtigt den Verordnungsgeber, die Auslagen in Abweichung von dem in § 10 VwKostG geregelten Katalog zu bestimmen.

Satz 4 räumt dem Bundesministerium des Innern die Möglichkeit ein, die Befugnis zum Erlass von Rechtsverordnungen auf die Bundesanstalt zu übertragen. Die aufgrund dieser Übertragung von der Bundesanstalt zu erlassenden Rechtsverordnungen bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium der Finanzen.

Zu Absatz 3

Absatz 3 stellt klar, dass die Rechtsverordnungen nach Absatz 1 und 2 nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfen.

Zu Absatz 4

Absatz 4 regelt in Anlehnung an § 146 des Telekommunikationsgesetzes die Erhebung von Gebühren und Auslagen für das Widerspruchsverfahren. Satz 1 enthält die eigentliche Ermächtigung zur Erhebung der Gebühren und Auslagen. In Satz 2 wird festgelegt, dass die Gebühr für den ablehnenden Widerspruchsbescheid die Gebühr für die angefochtene Amtshandlung nicht übersteigen darf. Wird der Widerspruch nach dem Beginn seiner Bearbeitung, aber noch vor Erlass des Widerspruchsbescheides zurückgenommen, gilt für die Festsetzung der Gebühr nach Satz 3 eine Obergrenze von 75 Prozent der Widerspruchsgebühr. Satz 4 berechtigt die Widerspruchsbehörde, die Gebühr innerhalb der von Satz 2 und 3 gezogenen Grenzen nach pflichtgemäßem Ermessen festzusetzen.

Zu § 15c (Testplattform)

Die Bundesanstalt kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 2 eine Testplattform unterhalten. Diese ist dem Zweckvermögen der Bundesanstalt nach § 9 Abs. 1 Satz 1 zuzuordnen. Die Testplattform dient beispielsweise der betriebsunterstützenden Fehlernachstellung, der Typfreigabe von Systemtechnik und der Überprüfung von Endgeräten. Die Überprüfung schließt eine Kryptokonformitäts- und Interoperabilitätsprüfung der Endgeräte anhand eines vom BSI entwickelten Kryptoreferenzsystems mit ein.

Die Nutzungsbedingungen für die Testplattform können in einer Satzung geregelt werden. Die Satzung kann insbesondere Regelungen enthalten, nach denen die Nutzung durch die Bundesanstalt Vorrang vor der Nutzung durch Dritte hat, sowie Regelungen, wonach die Nutzung der Testplattform untersagt werden kann. Eine Untersagung kommt etwa dann in Betracht, wenn sicherheitspolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland einer Nutzung entgegenstehen. In der Satzung können zudem die Gebühren für die Nutzung der Testplattform festgesetzt werden. Danach kann insbesondere auch die Gebührenhöhe festgelegt werden. Die §§ 2 bis 22 des Verwaltungskostengesetzes sind entsprechend anzuwenden. Satz 3 ordnet die Geltung des Kostendeckungsprinzips an. Damit gilt entsprechend § 3 Abs. 2 VwKostG das Verbot der Kostenüberdeckung. Die Erhebung von Benutzungsgebühren zur Erzielung von Überschüssen ist nicht gestattet.

Die Satzung wird durch die Präsidentin oder den Präsidenten der Bundesanstalt erlassen und im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 747:

Erstes Gesetz zur Änderung des BDBOS-Gesetzes (Gesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben)

Der Nationale Normenkontrollrat hat das oben genannte Regelungsvorhaben auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Regelungsvorhaben wird eine Informationspflicht für die Wirtschaft neu eingeführt.

Das Ressort hat die Informationspflicht und daraus resultierende bürokratische Auswirkungen nachvollziehbar dargestellt. Danach verursacht die im Regelungsvorhaben vorgesehene Antragstellung zur Zertifizierung von Endgeräten im Digitalfunk BOS jährliche Bürokratiekosten von weniger als 11.000 €.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Bachmaier
Vorsitzender Berichterstatter