Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Vertrags vom 27. Mai 2005 zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und der Republik Österreich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Vertrags vom 27. Mai 2005 zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und der Republik Österreich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 8. März 2006
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen

mit Begründung und Vorblatt.

Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, um den im Vertrag vorgesehenen verbesserten Informationsaustausch im Hinblick auf die Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration schnellstmöglich für die Länder nutzbar zu machen. Aufgrund unserer Besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Abs. 2 Satz 4 GG

Initiatorenrolle bei diesem multilateralen Übereinkommen ist eine zügige nationale Ratifizierung daneben auch außenpolitisch geboten.

Federführend sind das Bundesministerium des Innern und Bundesministerium der Justiz.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Vertrags vom 27. Mai 2005 zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und der Republik Österreich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Ausführungsgesetz zum Prümer Vertrag

§ 1 Nationale Kontaktstelle und Verantwortung für die Zulässigkeit des Abrufs oder Abgleichs

(1) Zuständige nationale Kontaktstelle nach Artikel 6 Abs. 1, Artikel 11 Abs. 1 sowie den Artikeln 15 und 16 Abs. 3 des Vertrags vom 27. Mai 2005 zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und der Republik Österreich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration (BGBl. 2006 II S. ) (Prümer Vertrag) ist das Bundeskriminalamt. Zuständige nationale Kontaktstelle für Abrufe der anderen Vertragsstaaten aus dem Zentralen Fahrzeugregister des Kraftfahrt-Bundesamtes ( § 31 Abs. 2 des Straßenverkehrsgesetzes) nach Artikel 12 Abs. 1 des Prümer Vertrags ist das Kraftfahrt-Bundesamt. Für Abrufe aus den Fahrzeugregistern der anderen Vertragsstaaten nach Artikel 12 Abs. 1 des Prümer Vertrags ist das Bundeskriminalamt zuständige nationale Kontaktstelle.

(2) Die Verantwortung für die Zulässigkeit eines vom Bundeskriminalamt als nationaler Kontaktstelle durchgeführten Abrufs oder Abgleichs trägt innerstaatlich die Stelle, die das Bundeskriminalamt um die Durchführung des Abrufs oder Abgleichs ersucht hat.

§ 2 Automatisierter Abruf oder Abgleich von DNA-Identifizierungsmustern

DNA-Identifizierungsmuster dürfen über die Vorschriften des Bundeskriminalamtgesetzes hinaus auch für einen automatisierten Abruf oder Abgleich nach den Artikeln 3 und 4 des Prümer Vertrags verwendet werden.

§ 3 Zustimmung zur Zweckänderung

(1) Soweit der Prümer Vertrag eine zweckändernde Verwendung der unter den dortigen Voraussetzungen übermittelten personenbezogenen Daten zulässt, entscheidet das Bundeskriminalamt über die Erteilung der Zustimmung nach Artikel 35 Abs. 1 Satz 1 und Artikel 36 Satz 2 des Prümer Vertrags. Dies gilt nicht für Daten, die nach Artikel 7 des Prümer Vertrags übermittelt worden sind.

(2) Das Bundeskriminalamt kann die Zustimmung zur Verwendung dieser Daten nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 des Bundeskriminalamtgesetzes erteilen. Handelt es sich um Daten, die dem Bundeskriminalamt von einer anderen innerstaatlichen Stelle übermittelt worden sind, entscheidet das Bundeskriminalamt im Einvernehmen mit dieser Stelle.

§ 4 Kennzeichnung von personenbezogenen Daten in Datenbanken

Bestreitet der Betroffene nach Artikel 37 Abs. 2 des Prümer Vertrags die Richtigkeit von in Datenbanken gespeicherten Daten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen sind die Daten entsprechend zu kennzeichnen.

§ 5 Kennung

In der Errichtungsanordnung nach § 34 des Bundeskriminalamtgesetzes wird für die DNA-Analyse-Datei nach Artikel 2 des Prümer Vertrags und für das daktyloskopische Identifizierungssystem nach Artikel 8 des Prümer Vertrags ergänzend festgelegt, dass

Die Einzelheiten sind in der Errichtungsanordnung nach § 34 des Bundeskriminalamtgesetzes zu regeln.

§ 6 Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit nimmt die Aufgaben der für die Datenschutzkontrolle zuständigen unabhängigen Stelle nach Artikel 39 Abs. 5 des Prümer Vertrags wahr. Die Zuständigkeiten für die Datenschutzkontrolle in den Ländern bleiben unberührt.

§ 7 Schadenersatz

Die Bundesrepublik Deutschland haftet für Schäden, die durch die Verletzung von Datenschutzrechten im Sinne des Artikels 40 Abs. 1 Satz 3 des Prümer Vertrags entstanden sind, vorbehaltlich des Artikels 40 Abs. 2 Satz 1 des Prümer Vertrags nach Maßgabe ihres nationalen Rechts. Bei Ansprüchen infolge von Maßnahmen nach den Artikeln 3, 4, 5, 8, 9, 10, 14 und 16 sowie nach Artikel 12 des Prümer Vertrags, soweit es sich um Ersuchen an andere Vertragsstaaten handelt, wird die Bundesrepublik Deutschland durch das Bundeskriminalamt vertreten. Bei Ansprüchen infolge von Ersuchen der anderen Vertragsstaaten nach Artikel 12 des Prümer Vertrags wird die Bundesrepublik Deutschland durch das Kraftfahrt-Bundesamt vertreten. Ist die Bundesrepublik Deutschland zum Ersatz des Schadens verpflichtet oder erstattet die Bundesrepublik Deutschland Schadenersatzleistungen anderer Vertragsparteien nach Artikel 40 Abs. 2 Satz 2 des Prümer Vertrags und ist der Schaden der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit eines Landes zuzurechnen, ist dieses der Bundesrepublik Deutschland zum Ausgleich verpflichtet.

Artikel 2
Änderung des Straßenverkehrsgesetzes

Das Straßenverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. August 2005 (BGBl. I S. 2412), wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Inkrafttreten

(1) Artikel 2 dieses Gesetzes tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

(2) Artikel 1 dieses Gesetzes (Ausführungsgesetz zum Prümer Vertrag) tritt an dem Tag in Kraft, an dem der Vertrag vom 27. Mai 2005 zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und der Republik Österreich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration (BGBl. 2006 II S. ) nach seinem Artikel 50 Abs. 1 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt; dieser Tag ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.

Begründung

I. Allgemeines

Der am 27. Mai 2005 in Prüm/Eifel unterzeichneten Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und der Republik Österreich verfolgt das Ziel, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration zu vertiefen. Der Vertrag stellt dabei eine Intensivierung der Zusammenarbeit im Rahmen der bestehenden bi- und multilateralen Rechtsbeziehungen sowie der Übereinkommen und Rechtsakte im Rahmen der Europäischen Union dar. Die im Vertrag vorgesehenen Formen der Zusammenarbeit sind zu einem großen Teil ohne Änderung des deutschen Rechts möglich. Änderungsbedarf besteht jedoch in Bezug auf die Regelungen zum automatisierten Abruf und automatisierten Abgleich von DNA-Identifizierungsmustern (Artikel 3 und 4 des Prümer Vertrags), zum automatisierten Abruf von daktyloskopischen Daten (Artikel 9 des Prümer Vertrags), zu speziellen Bestimmungen zum Datenschutz (Artikel 35 und 39 des Prümer Vertrags) sowie in Bezug auf die Regelungen zum Online-Zugriff auf Fahrzeugregister ( Artikel 12 des Prümer Vertrags). Zur Umsetzung dieser Bestimmungen bedarf es besonderer Durchführungsbestimmungen sowie einer Änderung des Straßenverkehrsgesetzes.

Die Zustimmung des Bundesrates ist nach Artikel 84 Abs. 1 und 74 Abs. 2 des Grundgesetzes erforderlich.

II. Einzelbegründung

Zu Artikel 1

Zu § 1

Absatz 1 bestimmt innerstaatlich das Bundeskriminalamt zur nationalen Kontaktstelle im Sinne des Artikels 6 Abs. 1, des Artikels 11 Abs. 1 sowie der Artikel 15 und 16 Abs. 3 des Prümer Vertrags. Diese Artikel betreffen die Durchführung der Datenübermittlungen im Bereich der DNA-Identifizierungsmuster, der daktyloskopischen Daten, der personenbezogenen und nicht personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit Großveranstaltungen mit grenzüberschreitendem Bezug sowie der personenbezogenen Daten zum Zweck der Verhinderung terroristischer Straftaten. Im Fall des Artikels 12, der den automatisierten Abruf von Daten aus den Fahrzeugregistern zum Gegenstand hat, erfolgt eine Differenzierung hinsichtlich der Benennung einer nationalen Kontaktstelle für eingehende und ausgehende Ersuchen. Das Bundeskriminalamt wird als nationale Kontaktstelle für ausgehende Ersuchen (Abrufe im Ausland) und das Kraftfahrt-Bundesamt für eingehende Ersuchen (Abrufe aus dem Ausland) benannt.

Nach Absatz 2 trägt innerstaatlich die ersuchende Stelle die Verantwortung für die Zulässigkeit eines vom Bundeskriminalamt als nationaler Kontaktstelle durchgeführten Abrufs oder Abgleichs. Die Regelung betrifft nicht das Außenverhältnis zu den anderen Vertragsparteien.

Zu § 2

§ 2 erlaubt die Verwendung von DNA-Identifizierungsmustern auch für einen automatisierten Abruf oder Abgleich, wie er in Artikel 3 und 4 des Prümer Vertrags vorgesehen ist, und ergänzt damit die Regelung zur Verwendung von DNA-Daten nach dem Bundeskriminalamtgesetz (BKAG), auf das § 81g Abs. 5 der Strafprozeßordnung (StPO) verweist.

Zu § 3

Der Prümer Vertrag sieht für personenbezogene Daten vor, dass diese Daten mit vorheriger Zustimmung der Datei führenden Vertragspartei auch zu anderen Zwecken verarbeitet (Artikel 35 Abs. 1 Satz 1 des Prümer Vertrags) oder an andere Stellen weitergegeben werden dürfen (Artikel 36 Satz 2 des Prümer Vertrags). Absatz 1 bestimmt das Bundeskriminalamt zur zuständigen Stelle für solche Zustimmungen, soweit nach dem Prümer Vertrag eine zweckändernde Verwendung zulässig ist und soweit es sich nicht um Daten handelt, die nach Artikel 7 des Prümer Vertrags übermittelt worden sind.

Durch den Verweis auf § 14 Abs. 1 BKAG in Absatz 2 Satz 1 wird die Zustimmung zur Zweckänderung von den Voraussetzungen für eine Übermittlung nach § 14 Abs. 1 BKAG abhängig gemacht. Satz 2 wahrt die Verantwortlichkeiten der innerstaatlichen Stellen, die Daten an das Bundeskriminalamt übermittelt haben.

Zu § 4

Die in Artikel 37 Abs. 2 des Prümer Vertrags geregelte Kennzeichnungspflicht von Daten für den Fall, dass der Betroffene die Richtigkeit der Daten bestreitet und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen lässt, ist für Daten in Akten in § 33 Abs. 1 Satz 2 BKAG normiert. § 4 enthält eine entsprechende Regelung für Daten in Datenbanken.

Zu § 5

§ 5 bestimmt, dass die in Artikel 39 Abs. 2 Satz 3 des Prümer Vertrags vorausgesetzte Vergabe einer Kennung an und Nutzung der Kennung durch den abrufenden oder übermittelnden Beamten in der Errichtungsanordnung der beim Bundeskriminalamt geführten DNA-Analyse-Datenbank sowie des daktyloskopischen Identifizierungssystems geregelt werden.

Zu § 6

§ 6 regelt, dass die für die Datenschutzkontrolle zuständige unabhängige Stelle nach Artikel 39 Abs. 5 des Prümer Vertrags der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist. Die Zuständigkeiten für die Datenschutzkontrolle in den Ländern bleiben unberührt.

Zu § 7

Nach Satz 1 ist die Bundesrepublik Deutschland bei Schadenersatzansprüchen nach Artikel 40 Abs. 1 Satz 3 des Prümer Vertrags im internationalen Verkehr die richtige Klagegegnerin.

Die Sätze 2 und 3 bestimmen, in welchen Fällen die Bundesrepublik Deutschland im Schadenersatzverfahren durch das Bundeskriminalamt bzw. das Kraftfahrt-Bundesamt vertreten wird. Satz 4 regelt einen möglichen Regressanspruch der Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zu einem Bundesland.

Zu Artikel 2

Artikel 2 schafft die Voraussetzungen für die Umsetzung von Artikel 12 des Prümer Vertrags.

Die §§ 37 und 37a des Straßenverkehrsgesetzes (gefahr.gut/strassestvg_ges.htm ) erfassen den automatisierten Abruf zum Zweck der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder der Verhinderung von Straftaten sowie zum Zweck der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, derzeit nicht.

Die Ergänzung von § 37 StVG um einen neu einzufügenden Absatz 1a (Nummer 1) sowie von § 37a Abs. 1 StVG um eine Bezugnahme auf den neuen § 37 Abs. 1a StVG (Nummer 2 Buchstabe a) schließt diese Lücke. Nummer 2 Buchstabe b übernimmt die von Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 des Prümer Vertrags aufgestellten Voraussetzungen für eine Anfrage in § 37a Abs. 2 StVG. Als Folgeänderung ist ferner die Ermächtigungsgrundlage in § 47 Abs. 1 Nr. 5a StVG um eine Bezugnahme auf den neuen § 37 Abs. 1a StVG zu ergänzen (Nummer 3).

Zu Artikel 3

Artikel 3 trägt dem Erfordernis des Artikels 82 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes Rechnung.