Unterrichtung durch die Bundesregierung
Stellungnahme der Bundesregierung zu der Entschließung des Bundesrates: Einführung von kameragestützten Überwachungssystemen in Schlachthöfen zur Verbesserung des Tierschutzes für Schlachttiere

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat zu der o.g. Entschließung des Bundesrates mit Schreiben vom 30. März 2020 Folgendes mitgeteilt:

Zu der Entschließung des Bundesrates "Einführung von kameragestützten Überwachungssystemen in Schlachthöfen zur Verbesserung des Tierschutzes für Schlachttiere" (Drucksache 069/19 (PDF) ) vom 15. März 2019 nimmt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wie folgt Stellung:

Der Entschließung ging die Aufdeckung von Tierschutzverstößen durch Nichtregierungsorganisationen an mehreren Schlachthöfen voraus. Aus Sicht der Bundesregierung kann die Verfolgung und Verhinderung solcher Tierschutzverstöße in Schlachthöfen durch wirksame Vor-Ort-Kontrollen gelingen.

Gleichwohl ist vorstellbar, dass Kameras zusätzliche Sicherheit bringen könnten. Allerdings ist wegen des mit einer solchen Überwachung verbundenen Eingriffs in das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen. Eine umfassende und durchgängige Videoüberwachung würde - soweit sie nicht schon aufgrund vorrangiger EU-rechtlicher Vorschriften unzulässig sein sollte - deshalb Bedenken begegnen. Dies gilt auch unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten.

Bei der Einführung einer rechtlichen Verpflichtung eines Schlachthofbetreibers zur Einführung eines standardisierten kameragestützten Überwachungssystems wäre zu berücksichtigen, dass die Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung EU-weit geltende Vorschriften über Kontrollen der Betäubung, über die Anforderungen an Schlachthöfe und die Verfahren für die Überwachung im Schlachthof regelt und neue strengere nationale Vorschriften an sehr enge Bedingungen gebunden sind. Das insoweit nach Artikel 26 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 vorgesehene Verfahren setzt unter anderem voraus, dass es ein Mitgliedstaat auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse für erforderlich hält, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen in Bezug auf Betäubungsverfahren ein umfassenderer Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung sichergestellt werden soll. Diese Punkte greift die Entschließung nicht auf. So ist der Entschließung nicht zu entnehmen, wie der Umfang der Überwachung eingeschränkt werden könnte, ohne dass deren Zweck verloren ginge. Auch die Thematisierung von "3-D-Visualisierung" und "Künstlicher Intelligenz" ist nicht zielführend, weil es entsprechende Systeme zumindest derzeit nicht gibt. Ebenfalls nicht konkretisiert wird in der Entschließung, welche "besonders tierschutzrelevanten Bereiche" nach Ansicht der Länder Gegenstand der Videoüberwachung sein sollen.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist offen dafür, die Einführung einer Videoüberwachung zu prüfen. Allerdings ist die Frage der Verhältnismäßigkeit einer solchen Videoüberwachung von erheblicher Bedeutung. Unter diesem Gesichtspunkt wäre u.a. eine Klärung durch die Länder erforderlich, ob der Problematik von Tierschutzverstößen in Schlachthöfen nicht durch eine verstärkte amtliche Vor-Ort-Kontrolle begegnet werden kann. Schließlich obliegt es den Ländern, die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Vorschriften in den Schlachthöfen zu überwachen und es handelt sich hier um ein zusätzliches Instrument zur Wahrnehmung dieser Zuständigkeit.

Siehe Drucksache 069/19(B) HTML PDF