Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) - Gesetzliche Krankenversicherung - - Antrag der Länder Hessen, Baden-Württemberg -

909. Sitzung des Bundesrates am 3. Mai 2013

A

Der federführende Gesundheitsausschuss (G) und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 38a Absatz 6 Satz 1 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 2 sind in § 38a Absatz 6 Satz 1 die Wörter "Länder und § 133." durch das Wort "Länder." zu ersetzen.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Bei einer kumulativen Geltung von Landes- und Bundesrecht bezüglich der Kostentragung wäre insbesondere in den Ländern, in denen nach den rettungsdienstgesetzlichen Bestimmungen kostendeckende Entgelte zwischen den Aufgabenträgern/Leistungserbringern und den Trägern der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung vereinbart werden, nicht hinreichend klar, nach welchen Normen sich die Finanzierung des Rettungsdienstes dem Grunde und der Höhe nach richtet.

Nach der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung liegt die Gesetzgebungskompetenz für den Rettungsdienst einschließlich dessen Finanzierung bei den Ländern (Artikel 30, 70 Absatz 1 Grundgesetz ).

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Sozialversicherung (Artikel 74 Absatz 1 Nummer 12 Grundgesetz ) bezieht sich vornehmlich auf Regelungen zum m des es Innenverhältnis Sozialversicherungsträger - Versicherter. In welchem Umfang rettungsdienstliche Leistungen im Außenverhältnis Aufgabenträger/Leistungserbringer Sozialversicherungsträger abrechnungsfähig sind, beurteilt sich somit nach den Rettungsdienstgesetzen der Länder.

§ 133 Absatz 1 SGB V beinhaltet zwar einen Vorbehalt des Landesrechts, allerdings gibt es zur Anwendung des § 133 Absatz 1 in Verbindung mit § 71 Absatz 1 bis 3 SGB V (Veränderungsrate der Grundlohnsumme) auf das landesgesetzlich geregelte Vereinbarungsmodell unterschiedliche Rechtsprechung. Zudem werden über die Regelungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nicht die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst.

Darüber hinaus kann eine Bindung an diese Veränderungsrate zu Problemen bei der Finanzierung von Kosten führen, deren Ursachen nicht im System Rettungsdienst selbst liegen, sondern die mittelbar, insbesondere durch Regelungen auf EU- oder Bundesebene, entstehen und somit von den Verhandlungspartnern vor Ort (vor allem seitens der privaten Hilfsorganisationen, Berufsfeuerwehren und Luftrettungsunternehmen) nicht beeinflussbar sind.

Daher bedarf es der klaren Regelung, dass sich die Kostentragung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach vorrangig nach den landesgesetzlichen Finanzierungsregelungen richtet. Der Anwendungsbereich des § 133 Absatz 1 SGB V ist insoweit eröffnet, als die Rettungsdienstgesetze der Länder zur Kostentragung durch die Krankenkassen keine oder keine entgegenstehenden Regelungen enthalten.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 38a Absatz 6 Satz 1 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 2 ist in § 38a Absatz 6 Satz 1 das Wort "und" durch das Wort "oder" zu ersetzen.

Als Folge sind in der Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 2 zu § 38a Absatz 6 nach Satz 1 folgende Sätze einzufügen:

"Die Regelungskompetenz für den Rettungsdienst und dessen Finanzierung obliegt den Ländern. Satz 1 stellt klar heraus, dass die Finanzierungsregelungen in den Länder-Rettungsdienstgesetzen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach Vorrang vor der Anwendung des § 133 haben."

Begründung (nur für das Plenum):

Die Regelungskompetenz für den Rettungsdienst einschließlich dessen Finanzierung obliegt den Ländern.

Bezogen auf die Kostentragungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ist die Regelungskompetenz dem Bundesgesetzgeber zugewiesen, der hiervon unter anderem durch die Vorschrift in § 133 SGB V Gebrauch gemacht hat.

§ 133 SGB V beinhaltet einen Vorbehalt des Landesrechts. Soweit der Landesgesetzgeber im jeweiligen Rettungsdienstgesetz eine adäquate Kostenregelung getroffen hat, ist § 133 Absatz 1 SGB V demnach nicht anzuwenden. Allerdings gibt es hierzu und insbesondere zur Anwendung der Regelung in § 133 Absatz 1 Satz 2 SGB V (Grundsatz der Beitragssatzstabilität) unterschiedliche Rechtsprechung.

Diese Unklarheit und Rechtsunsicherheit kann aus landespolitischer Sicht nicht hingenommen werden und bedarf daher dringend der Klarstellung. Die Klarstellung, dass die Finanzierungsregelungen in den Länder-Rettungsdienstgesetzen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach Vorrang vor der Anwendung des § 133 SGB V haben, wird erreicht, wenn § 38a Absatz 6 Satz 1 SGB V folgende Formulierung erhält:

"Für Leistungen nach Absatz 1 trägt die Krankenkasse die Kosten nach Maßgabe der Rettungsdienstgesetze der Länder oder § 133."

Mehrkosten für die gesetzliche Krankenversicherung gegenüber der tatsächlichen Handhabung nach den Finanzierungsregelungen der Länder sind nicht zu erwarten.

3. Zu Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe b (§ 75 Absatz 1 Satz 3 - neu - SGB V)

In Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe b ist der einzufügende Satz wie folgt zu fassen:

"Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass die Einsatzlenkung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes auch durch Rettungsleitstellen zulässig ist und die Einzelheiten hierzu durch Vertrag zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und den Trägern der Rettungsleitstelle zu regeln sind."

Folgeänderungen:

Begründung (nur für das Plenum):

Bislang erfolgen die Organisation und die Koordinierung der Einsätze im Rettungsdienst sowie im vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst in der Regel getrennt. Den vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst haben dabei gemäß § 75 Absatz 1 Satz 2 SGB V allein die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) sicherzustellen.

Eine zwingende, nicht in die Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit der KVen gestellte Integration des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes in die Organisation der Integrierten Rettungsleitstellen hätte zur Folge, dass die KVen im Bereich des Bereitschaftsdienstes alleiniger Träger des gesetzlichen Sicherstellungsauftrages blieben, diesen jedoch nicht mehr eigenständig steuern und damit die notwendigen Vorhaltungen nicht mehr selbst beeinflussen könnten. Im Ergebnis gingen damit zum einen erkennbare Risiken auf die KVen über, da ihnen die ordnungsgemäße Erfüllung des Sicherstellungsauftrages operativ aus der Hand genommen würde, die gesetzliche Pflichtenträgerschaft aber bei ihnen verbliebe. Zum anderen läge darin eine Aushöhlung des Selbstverwaltungsprinzips als Kernelement des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.

Aus diesem Grund sollte eine Einbeziehung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes in das System der Rettungsleitstellen nur dann möglich sein, wenn und soweit dies von der jeweiligen KV und den Trägern der Rettungsleitstelle auch gewollt und deshalb vertraglich zwischen diesen vereinbart wird.

Durch einen solchen zwingenden Vertragsvorbehalt würde sichergestellt, dass die KVen aktiv über das "Ob" und "Wie" einer ihren Sicherstellungsauftrag tangierenden Integration des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes in die Organisation der Integrierten Rettungsleitstellen mitentscheiden dürften, was aus Gründen der angemessenen Risikoabsicherung erforderlich und geboten erscheint.

B