Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zur Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen:

Eine neue europäische Agenda für Kultur

C(2018) 6730 final Europäische Kommission
Brüssel, den30.11.2018 C(2018) 6730 final

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Daniel Günther
Leipziger Straße 3-4
D - 1011 7 Berlin

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zur Mitteilung " Eine neue europäische Agenda für Kultur" {COM (2018) 267 final}. Die Stellungnahme des Bundesrates ist ein wichtiger Beitrag zur laufenden Debatte über die Stärkung der europäischen Zusammenarbeit im Kulturbereich und bietet wertvolle Denkansätze.

Auf dem Sozialgipfel in Göteborg und der Sitzung des Europäischen Rats vom Dezember 2017 haben die Staats- und Regierungschefs zum ersten Mal klar ihre Vision für die europäische Kulturpolitik dargelegt. Sie haben erneut bekräftigt, dass Bildung und Kultur der Schlüssel für den Aufbau inklusiver und von Zusammenhalt geprägter Gesellschaften und für die Erhaltung unserer Wettbewerbsfähigkeit sind. Darüber hinaus haben sie ihren Willen zum Ausdruck gebracht, in diesen Bereichen, in denen die EU eine wichtige ergänzende und unterstützende Rolle spielt, mehr zu tun. Insbesondere forderten sie die Mitgliedstaaten, den Rat und die Kommission auf im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten das Europäische Jahr des Kulturerbes als Gelegenheit zu nutzen, um das Bewusstsein für die soziale und wirtschaftliche Bedeutung der Kultur und des Kulturerbes zu schärfen.

Die neue europäische Agenda für Kultur ist die Reaktion der Kommission auf diesen Aufruf der Staats- und Regierungschefs. Sie ist ein Strategiedokument, das unter uneingeschränkter Achtung des Subsidiaritätsprinzips eine ehrgeizige Vision für die europäische Dimension der Kultur skizziert. Dabei soll das Potenzial der Kultur, für den sozialen Fortschritt und das Wirtschaftswachstum in Europa genutzt werden. Die Wahrung und Förderung der kulturellen Vielfalt sind nach wie vor zentrale Ziele des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf die sich die Maßnahmen der Europäischen Union im Kulturbereich auch weiterhin stützen werden. Gleichzeitig zielt die neue Agenda jedoch auch darauf ab, das Potenzial der Kultur besser auszuschöpfen, um eine inklusivere und gerechtere Union zu schaffen, die Innovation und Kreativität sowie dauerhafte Beschäftigung und nachhaltiges Wachstum fördert, die Außenbeziehungen der Europäischen Union stärkt und gleichzeitig die künstlerische Freiheit achtet. Die Agenda stützt sich auf einschlägige Erfahrungen und die Ergebnisse einer breit angelegten Konsultation der Interessenträger und schafft einen neuen Rahmen, der unter anderem eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit der Union im Kulturbereich umfasst.

Die Kommission erkennt die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten in den Bereichen Bildung und Kultur sowie die Tatsache, dass die europäische Kultur auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene verwurzelt ist, uneingeschränkt an. Daher wurden die Maßnahmen der neuen europäischen Agenda für Kultur unter uneingeschränkter Achtung des Subsidiaritätsprinzips und mit Blick auf ihren europäischen Mehrwert erarbeitet. Um die volle Achtung der nationalen und regionalen Zuständigkeiten sicherzustellen, wird die Kommission die Maßnahmen in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und Interessenträgern vor Ort durchführen. In diesem Zusammenhang wird einem regelmäßigen Austausch mit dem deutschen Bundesrat und den Bundesländern höchste Bedeutung zukommen.

Die Kommission begrüßt, dass der Bundesrat ihre Auffassung in Bezug auf die Bedeutung des kulturellen Reichtums und der Vielfalt Europas für den europäischen Einigungsprozess und die europäische Identität sowie hinsichtlich der Bedeutung des kulturellen Erbes Europas als Grundlage für ein friedliches und respektvolles Zusammenleben der in Europa zusammenlebenden Menschen teilt.

Sie bekräftigt ferner ihre Absicht, das Momentum des Europäischen Jahres des Kulturerbes 2018 zu nutzen, um der Förderung der Kultur in der gesamten Union einen größeren Stellenwert beizumessen. In diesem Zusammenhang möchte die Kommission klarstellen, dass sich die Folgemaßnahmen zum Europäischen Jahr des Kulturerbes auf die Ergebnisse der 10 europäischen Initiativen stützen werden und unter uneingeschränkter Achtung des Subsidiaritätsprinzips erarbeitet werden.

Darüber hinaus möchte die Kommission betonen, dass der inhärente Wert der Kultur und die Notwendigkeit, ein reiches und qualitativ hochwertiges Kulturangebot zu fördern, bei ihren Überlegungen nach wie vor von grundlegender Bedeutung sind. Sie teilt die Auffassung des Bundesrates, dass ein reichhaltiges Kulturangebot zu einem reichen gesellschaftlichen und sozialen Leben beiträgt.

Die Kommission begrüßt die positive Stellungnahme des Bundesrates zu einer Reihe spezifischer Bereiche der neuen Agenda wie der Notwendigkeit, Herausforderungen im Zusammenhang mit Teilzeitarbeitsverhältnissen oder der Doppelbesteuerung von Künstlerinnen und Künstlern anzugehen, die Mobilität zu fördern, regionalen und lokalen Akteuren niedrigschwellige Möglichkeiten zu eröffnen, die Rolle der Kultur in den Außenbeziehungen der Europäischen Union zu stärken und die europäischen Struktur- und Investitionsfonds zunehmend für Maßnahmen im Kulturbereich zu öffnen.

Ferner begrüßt die Kommission die Zustimmung des Bundesrates, was die Bedeutung horizontaler Maßnahmen in den Bereichen Kulturerbe und digitale Technologien angeht. In Bezug auf Europeana kann die Kommission dem Bundesrat mitteilen, dass die Bewertung kurz vor dem Abschluss steht und der entsprechende Bericht voraussichtlich im Herbst veröffentlicht werden wird Im Hinblick auf die digitale Entwicklung des Sektors und die gewünschte kulturelle Teilhabe einer breiteren europäischen Öffentlichkeit bleibt die Kommission offen für Gespräche über eine enge Einbeziehung der überwiegend öffentlich getragenen Kultureinrichtungen wie Bibliotheken oder Museen.

Auch die Auffassung des Bundesrates zu den in der neuen Agenda vorgeschlagenen neuen Arbeitsmethoden hat die Kommission zur Kenntnis genommen. Die Entscheidung über die künftigen Arbeitsgruppen im Rahmen des nächsten Arbeitsplans für Kultur obliegt den Mitgliedstaaten. Die Kommission ist der Auffassung, dass der strukturierte Dialog im Kulturbereich - bei uneingeschränkter Achtung der Zuständigkeiten der Union und unter Berücksichtigung der einschlägigen Ziele - einen bedeutenden Beitrag zu einer gegenseitigen Bereicherung mit anderen Bereichen leisten kann.

In Bezug auf die "Laufzeit" der neuen Agenda möchte die Kommission klarstellen, dass die Agenda keine befristete Gültigkeitsdauer hat.

Abschließend hat die Kommission auch die Bedenken des Bundesrates in Bezug auf die Bürgschaftsfazilität zur Kenntnis genommen. In diesem Zusammenhang werden in dem Vorschlag für eine Verordnung zur Aufstellung des Programms "InvestEU" {COM (2018) 439 final) kulturelle Aktivitäten kleiner und mittlerer Unternehmen sowie kulturelle Aktivitäten mit sozialer Zielsetzung als förderfähige Bereiche genannt. Letztere können auch das Finanzierungsfenster "Soziale Investitionen und Kompetenzen" in Anspruch nehmen, das auch kleineren Akteuren der Kultur- und Kreativbranche neue Möglichkeiten zur Aufnahme von Darlehen bietet (Mikrofinanzierungen oder Mikrokredite).

Die Kommission hofft, dass die vom Bundesrat geäußerten Bedenken mit diesen Ausführungen ausgeräumt werden konnten, und sieht der Fortsetzung des politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Frans Timmermanns Erster Vizepräsident
Tibor Navracsics Mitglied der Kommission