Empfehlungen der Ausschüsse
Gesetz zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien

896. Sitzung des Bundesrates am 11. Mai 2012

A

1. Hauptempfehlung

Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes mit dem Ziel der grundlegenden Überarbeitung des Gesetzes zu verlangen.

Begründung:

Die im Gesetzesbeschluss aufgezeigten Zubaukorridore für die kommenden Jahre liegen deutlich unterhalb der früher festgelegten nationalen Ziele (Fotovoltaik-Ziel 2020 nach dem Nationalen Allokationsplan - NAP: 52 Gigawatt). Diese Begrenzung des Zubaus stellt faktisch eine Absenkung des Zubaus dar. Diese Regelungen stellen nicht nur die nationalen Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Frage, sondern beeinträchtigen die Investitionssicherheit der gesamten Branche der erneuerbaren Energien und gefährden somit eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in Deutschland. Vielmehr ist der Ausbaukorridor so zu gestalten, dass Deutschland weiterhin einen attraktiven Fotovoltaikmarkt darstellt.

Die drastischen Kürzungen verschärfen den Wettbewerb auf dem gegenwärtig äußerst angespannten Fotovoltaik-Herstellermarkt über das gebotene Maß hinaus und gefährden Arbeitsplätze. Schon jetzt sind im geltenden Recht weitere Absenkungen infolge der Marktentwicklung vorgesehen. Im Übrigen erreichen bereits die nach dem geltenden Recht vorgesehenen Vergütungszahlungen (zwischen 18 und 24 Cent pro Kilowattstunde) das Preisniveau privater Stromtarife und damit Marktniveau im Vergleich zum Haushaltsstrom aus der Steckdose. Von der vorgesehenen Absenkung der Einspeisevergütung von 20 bis 29 Prozent sollte Abstand genommen werden. Der Wegfall der Vergütung für Anlagen größer als 10 Megawatt sollte ebenfalls zurückgenommen werden.

Das vorgesehene Marktintegrationsmodell, welches lediglich die Höhe der vergütungsfähigen solaren Strommenge pauschal reduziert, schafft keine zusätzlichen Anreize zur Stärkung des Eigenverbrauchs und sollte demzufolge nicht weiter verfolgt werden. Es ist zu erwarten, dass dieses Modell lediglich eine zusätzliche Absenkung des Förderniveaus bewirken soll. Eine Steigerung des Eigenverbrauchs würde die Kosten für die EEG-Umlage und für den Netzausbau reduzieren, ist jedoch in der Regel mit weiterem Investitionsaufwand verbunden.

Die geplante Reduzierung der Vergütungsklassen bedeutet eine erhebliche Verschlechterung für Fotovoltaikanlagen zwischen 10 bis 100 Kilowatt. Hierbei handelt es sich um Anlagengrößen, die im Wohnungsbau, Nichtwohnungsbau, Kommunen, Landwirtschaft und bei kleineren und mittleren Gewerbebetrieben installiert werden. Durch diese Reduktion werden die hier gegebenen Potenziale nur suboptimal genutzt. Die Anlagenvergütungsklassen sollten deshalb entsprechend überarbeitet werden.

Im Gesetzesbeschluss fehlen Regelungen zur sinnvollen Integration des Fotovoltaik-Stroms in das Netz. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass endlich konkrete Maßnahmen zur besseren netztechnischen Integration von hohen Einspeisekapazitäten ergriffen werden müssen. Es sind besondere Anreize für dezentrale Speichersysteme zu schaffen, die eine Lastverschiebung ermöglichen. Ferner sind Regelungen zu treffen, die auch die Verbrauchsseite, zum Beispiel durch zuschaltbare Lasten, in das Versorgungs- und Netzmanagement mit einbeziehen.

Die Vergütung sollte an die Herstellung in der EU oder zumindest an die anteilige Wertschöpfung in der EU geknüpft werden. Zur Bestimmung des Ursprungs sollten bestehende Vorgaben des europäischen Zollrechts angewendet werden, in denen das Ursprungsprinzip geregelt ist.

Das übereilte Gesetzgebungsverfahren und die vorgesehenen Übergangsfristen gefährden den Vertrauensschutz in das EEG. Die Betroffenen benötigen von den ersten Planungen über die Investitionsentscheidung bis hin zur tatsächlichen Umsetzung einen Vertrauensschutz in die Förderinstrumente, ansonsten ist die notwendige Investitionssicherheit nicht gegeben. Es sind daher angemessene Übergangsfristen festzulegen, da von den Gesetzesänderungen auch bereits länger geplante Projekte unmittelbar betroffen sind.

B

Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Wirtschaftsausschuss (Wi)

empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes aus folgenden Gründen einberufen wird:

2. Hilfsempfehlung zu Ziffer 1

a) Zu Artikel 1 Nummer 7 (§ 20a und § 20b EEG)

Der Korridor für den weiteren Zubau von geförderten Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie (Zubau) soll für und ab dem Jahr 2012 jährlich jeweils 3 500 Megawatt betragen.

Der "atmende Deckel" soll so ausgestaltet werden, dass die maximale Degression, die beim Überschreiten des Zubauziels zur Geltung kommt, auf 24 Prozent begrenzt wird. Die entsprechenden Abstufungen hinsichtlich der Zubauraten ab 3 500 Megawatt bis 7 500 Megawatt sind anzugleichen und sollen sich für 2012 hauptsächlich an die geltenden Ausrichtungen im zurzeit geltenden EEG anlehnen, wobei eine moderate Angleichung an die in 2012 bereits beobachtete Ausbausituation erfolgen soll.

Der Beginn des Bemessungszeitraumes soll erst zum Juli 2012 erfolgen.

b) Zu Artikel 1 Nummer 11 ( § 32 Absatz 2 EEG)

Beibehaltung der Dachvergütungsklasse 10 Kilowatt bis 100 Kilowatt, Vergütung mit 18,5 Cent pro Kilowattstunde oder alternativ eine angemessene Erhöhung des Vergütungssatzes der neuen Vergütungsklasse von 10 Kilowatt bis 1 Megawatt über die vorgesehenen 16,5 Cent pro Kilowattstunde hinaus.

Begründung:

Ziel des Änderungsvorschlags ist es, die Auswirkungen der Gesetzesänderung so zu gestalten, dass es nicht zu dramatischen Verlusten von Arbeitsplätzen in der deutschen Solarindustrie kommt. Die vorgeschlagenen Änderungen beim "atmenden Deckel" sollen den Vertrauensschutz und Investitionssicherheit sichern und den Investoren mehr Zeit für erforderliche Vorkehrungen geben.

Für kleinere Dachanlagen ist es auch weiterhin notwendig, insbesondere im privaten und gewerblichen Bereich höhere Anreize zu setzen, um den weiteren Ausbau der Fotovoltaik stärker auf solche Flächen zu lenken, bei denen Umwelt-, Natur-, Bodenschutz- und sonstige Belange deutlich weniger negativ betroffen sind, als das beispielsweise bei Freiflächen der Fall ist.

3. Hilfs- Hilfsempfehlung zu Ziffer 2

Zu Artikel 1 Nummer 11 ( § 32 Absatz 2 EEG)

In Artikel 1 Nummer 11 ist § 32 Absatz 2 wie folgt zu fassen:

Begründung:

Auf Einfamilienhäusern können bei entsprechender Ausrichtung der Gebäude Fotovoltaikanlagen mit einer Leistung von 20 Kilowatt, teilweise 30 Kilowatt installiert werden (bei Ost/West-Ausrichtung). Die Änderung der Klasseneinteilung wird voraussichtlich dazu führen, dass entsprechend kleinere Anlagen errichtet werden. Aus diesem Grund sollte der Wert für die höchste Vergütungsklasse von 30 Kilowatt beibehalten bleiben.

Die Streichung der Anlagenklasse 30 bis 100 Kilowatt trifft vor allem viele landwirtschaftliche Betriebe und Gewerbebetriebe. Diese Betriebe können in vielen Fällen bereits einen signifikanten Anteil des erzeugten Stroms selbst verbrauchen, da ein Großteil der von ihnen benötigten elektrischen Energie in der Zeit zwischen 8.00 Uhr und 18.00 Uhr und damit in den Zeiten der Erzeugung von elektrischer Energie aus Fotovoltaik verbraucht wird. Mit dem Wegfall der Vergütungsklasse würden auch Innovationsanreize für Eigenverbrauchssysteme entfallen. Aus diesem Grund sollte die bewährte Größenklasse bis 100 Kilowatt beibehalten bleiben.

4. Hilfsempfehlung zu Ziffer 1

Zu Artikel 1 Nummer 11 ( § 33 EEG)

Artikel 1 Nummer 11 ist wie folgt zu fassen:

Folgeänderungen:

Begründung:

Das Gesetz sieht als neues Instrument ein Marktintegrationsmodell für Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie vor. Anlagen mit einer installierten Leistung bis einschließlich 10 Kilowatt sollen nur für 80 Prozent des erzeugten Stroms eine Vergütung nach § 32 Absatz 2 bis 3 EEG erhalten, Anlagen von mehr als 10 Kilowatt bis einschließlich 1 Megawatt nur für 90 Prozent des erzeugten Stroms. Die nicht nach § 32 Absatz 2 bis 3 vergüteten Anteile sollen nur den tatsächlichen Monatsmittelwert des Marktwerts für Strom aus solarer Strahlungsenergie als Vergütung erhalten.

Die Fotovoltaik hat in den vergangenen Jahren unter den erneuerbaren Energien die höchsten Kostenreduktionspotenziale ausgeschöpft. Zwischenzeitlich liegt die EEG-Förderung knapp über oder für einzelne Anlagentypen bereits unter dem marktgängigen Strombezugspreis für Haushaltskunden. Der Bundesrat spricht sich deshalb grundsätzlich gegen eine Begrenzung der vergütungsabhängigen Strommengen mittels des Marktintegrationsmodells aus. Bei Kleinanlagen besteht durch das Unterschreiten der Netzparität bereits ein ausreichender Anreiz für den Eigenverbrauch. Mit dem Marktintegrationsmodell wird daher bei Kleinanlagen nur ein zusätzlicher finanzieller und bürokratischer Aufwand geschaffen, der jedoch keine zusätzliche Marktintegration begünstigt. Bei Anlagen bis zu 1 Megawatt führt das Marktintegrationsmodell faktisch zu einer zusätzlichen Vergütungsabsenkung, da weder ein Eigenverbrauch im vollen Umfang sowie wegen der geringen Margen keine Vermarktung des nicht nach § 32 Absatz 2 bis 3 zu vergütenden Stroms möglich sein wird.

Das Marktintegrationsmodell wird gestrichen.

5. Zu Artikel 7 Absatz 1 (Inkrafttreten)

In Artikel 7 Absatz 1 ist das Datum "1. April 2012" durch das Datum "1. Juni 2012" zu ersetzen.

Begründung:

Der Zeitraum bis zum Inkrafttreten der Änderungen am 1. April 2012 ist deutlich zu kurz. Die beschlossenen Übergangsregelungen reichen nicht aus, um viele bestehende und mit den bestehenden Vergütungssätzen kalkulierte Projekte rechtzeitig fertig stellen zu können. Netzanschlussbegehren wurden in vielen Fällen nicht vor dem 24. Februar gestellt, da auf eine Absenkung ab dem 1. Juli 2012 vertraut wurde.

Im Hinblick auf den von der Bundesregierung beschlossenen Termin 1. April 2012 stellt die Verschiebung des Termins für das Inkrafttreten auf den 1. Juni 2012 einen vertretbaren Kompromiss dar. Der Termin 1. Juni 2012 ermöglicht einem Großteil der bereits in Bau oder Planung befindlichen und mit den alten Vergütungssätzen kalkulierten Projekte eine rechtzeitige Fertigstellung.