Beschluss des Deutschen Bundestages
Gesetz zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes, des Fahrpersonalgesetzes, des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundesamtes

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 221. Sitzung am 9. März 2017 zu dem von ihm verabschiedeten Gesetz zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes, des Fahrpersonalgesetzes, des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundesamtes - Drucksachen 18/10882, 18/11431 - die beigefügte Entschließung unter Buchstabe b auf Drucksache 18/11431 angenommen.

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Transport und Logistik bilden das Rückgrat unserer Industrie, unserer Wirtschaft, unseres täglichen Lebens. Der jährliche Umsatz der Logistikbranche hat sich in den letzten 20 Jahren fast verdoppelt, auf etwa 250 Milliarden Euro. Transport und Logistik haben damit als Wirtschaftsfaktor und Arbeitsplatz enorme Relevanz für die deutsche Volkswirtschaft. Nahezu 3 Millionen Beschäftigte in Deutschland zeigen täglich ihre Flexibilität, Kreativität und Schaffenskraft in der Logistikbranche. Rund 10 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland arbeiten in der Logistikbranche. Jeder Sechste von ihnen fährt auf unseren Straßen und ist wesentlicher Stützpfeiler unseres wirtschaftlichen Erfolges.

Die Branche ist dabei auf faire Arbeits- und Wettbewerbsbedingungen angewiesen. Gerade durch den zunehmenden Wettbewerb osteuropäischer Fuhrunternehmen geraten die Sozialstandards im Straßengüterverkehr hierzulande verstärkt unter Druck und bringen sozial verantwortlich handelnde Unternehmen in Bedrängnis. Dem gilt es politisch entgegenzuwirken.

Fairen Wettbewerb und gute Arbeitsbedingungen ermöglichen

Mehr als 40 Prozent aller mautpflichtigen Verkehre in Deutschland werden inzwischen durch gebietsfremde Transportunternehmen, insbesondere aus den östlichen EU-Mitgliedstaaten geleistet. Seit der 5. Erweiterung der Europäischen Union 2004 hat sich das Lohn- und Sozialkostengefälle im Straßengüterverkehr verstärkt. Es bestehen starke Anreize, große Fuhrparkflotten aus Deutschland in die neuen EU-Länder zu verlegen. Die Dienstleistungsfreiheit im Verkehr wird dabei oft ausgenutzt, um Betriebsstandorte lediglich formell zu verlegen. Ausgeflaggte Fuhrparkkapazitäten bleiben faktisch in Deutschland und auf den Hauptmärkten. Fahrzeuge und Fahrerinnen und Fahrer sind zu Arbeitsbedingungen ihres Entsendelands tätig. Mittelständische Transportunternehmen, die bei Lohn-, Sozialkosten und Arbeitsbedingungen den westeuropäischen Standards entsprechen, werden aus dem Markt gedrängt.

Viele Fahrerinnen und Fahrer kehren erst nach Wochen oder Monaten an ihren Betriebsstandort zurück. Ruhezeiten und private Freizeit werden im oder beim Führerhaus an Raststätten, Umschlags- oder Hafenanlagen verbracht. Selbst minimale Sozialstandards werden ihnen dabei vorenthalten. Die Einhaltung von deutschem und EU-Recht gilt es, durch wirksame Kontrollen zu gewährleisten.

Die Mindestlohn-Melde-Verordnung lässt zu, dass gebietsfremde Unternehmen nur unverbindliche Erstmeldungen für ein halbes Jahr abgeben, die sie bei Planänderungen nicht korrigieren müssen. Dies erschwert effektive Kontrollen. Weitere Wettbewerbsverzerrungen sind die Folge. Ein modernes Melde- und Kontrollsystem muss vor allem sicherstellen, dass gebietsfremde Transportunternehmen ihre Fahrten schnell und unkompliziert melden und korrigieren können.

Große Teile des deutschen Transportlogistikgewerbes sind diesen akuten Wettbewerbsverzerrungen ausgesetzt. Die Existenz vieler Unternehmen ist bedroht. Eine über Preise nicht zu schlagende Konkurrenz trifft die Unternehmen, die ohnehin massiv unter Druck stehen.

Wir müssen umgehend

Dazu muss auch das Recht in der Europäischen Union harmonisiert und Austausch und Abstimmung der Kontrollbehörden verbessert werden. Erforderlich ist insbesondere eine Konkretisierung der Sozialvorschriften und ihrer Auslegung durch die Mitgliedstaaten sowie eine stärkere Vereinheitlichung der Kontrollpraxis in Bezug auf das geltende Regelwerk im Straßengüterverkehr. Wo immer jedoch eine europäische Einigung zeitnah nicht erreichbar ist, müssen wir nationale Regelungen schaffen. Das EU-Recht darf Mitgliedstaaten, die hier vorangehen wollen, nicht ausbremsen.

Fachkräftemangel entgegenwirken

Die Transport- und Logistikbranche trifft der Fachkräftemangel bereits heute massiv. Es fehlen vor allem qualifizierte Berufskraftfahrerinnen und -fahrer. Ursachen hierfür sind vielfältig. Ein sich weiter verschärfender Personalmangel wird sich auf die Lieferketten auswirken.

Die allmählich in Rente gehenden geburtenstarken Jahrgänge werden eine große Lücke hinterlassen. Die schwierigen sozialen Bedingungen lassen das Berufsbild für junge Menschen wenig attraktiv erscheinen. Dazu gehören der Arbeitsdruck im europäischen Wettbewerb, schlechte Bedingungen bei Unterwegsaufenthalten, die unbefriedigende Situation an Laderampen, die vermeintliche Unfallgefahr und familienunfreundliche Arbeitszeiten. Darüber hinaus müssen Auszubildende zur Berufskraftfahrerin/zum Berufskraftfahrer außerhalb ihrer eigentlichen Fahrtätigkeit eingesetzt werden, bis sie mit 18 Jahren eine Lkw-Fahrerlaubnis erwerben können. Die Abschaffung der Wehrpflicht verringerte zudem merklich die Zahl der Fahrer. Viele nutzten früher die Bundeswehrzeit, um ihre Fahrerlaubnis zu erwerben.

Auch in der Transport- und Logistikbranche verändern sich die Berufsbilder, neue Tätigkeiten und Anforderungen an die Qualifikation kommen hinzu. Einfache repetitive oder rein manuelle Tätigkeiten nehmen deutlich ab. Dezentralisierte Produktions- und Logistikprozesse erfordern immer mehr Überwachungs- und Kontrollfunktionen. Dazu ist umfangreiches Produktions- und Logistikwissen ebenso erforderlich, wie ein Verständnis der IT-Prozesse. Die Digitalisierung der Logistik erfordert umfassend Anpassungen in der betrieblichen Ausbildung, Schulungen in Unternehmen (Weiterbildung) und veränderte Studiengänge.

Zwangsläufig ist schon heute ein Kampf um die Talente feststellbar. Die Unternehmen werben sich gegenseitig qualifiziertes Personal ab. Speditionen müssen mehr selbst ausbilden. Die damit verbundenen Kosten können sie oft nicht aus eigener Kraft schultern und es wird zunehmend schwieriger, die wesentlichen Ausbildungsinhalte angemessen zu vermitteln.

Der Kraftfahrberuf hat ein schlechtes Image. Erfahrungen der Spediteure bei der Nachwuchssuche zeigen, dass dem schon in Schulen und Berufsschulen nicht hinreichend begegnet wird. Vielen Lehrenden, aber auch in der Bevölkerung insgesamt, mangelt es an genauerer Kenntnis des Berufsbildes. Dem gilt es entgegenzuwirken.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,