Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für den Zugang zum Markt für Hafendienste und für die finanzielle Transparenz der Häfen

Brüssel, 11.8.2016
C(2016)5300 final

Herrn Stanislaw TILLICH
Präsident des Bundesrates
Leipziger Straße 3-4
10117 Berlin Deutschland

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,

Die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für den Zugang zum Markt für Hafendienste und für die finanzielle Transparenz der Häfen (COM (2013) 296 final).

In den Dreiergesprächen vom 27. Juni 2016 haben das Europäische Parlament und der Rat, in denen die deutsche Bundesregierung vertreten ist, eine Einigung erzielt, die vom Ausschuss der Ständigen Vertreter gebilligt wurde. Diese Einigung, die von der Kommission mitgetragen wird, trägt den Anmerkungen des Bundesrates weitgehend Rechnung. Die Kommission erwartet nun, dass das Gesetzgebungsverfahren in den kommenden Monaten abgeschlossen wird. Die nachfolgenden Ausführungen stützen sich auf diese Einigung.

Die Verordnung ist eine der tragenden Säulen der Verkehrspolitik der Kommission, die insbesondere darauf abzielt, einen einheitlichen europäischen Verkehrsraum zu schaffen und die Emissionen zu senken. Sie trägt auch zu drei der zehn politischen Prioritäten der Juncker-Kommission bei, da sie neue Impulse für Beschäftigung, Wachstum und Investitionen gibt, einen vertieften und gerechteren Binnenmarkt fördert und einen Beitrag zu einer zukunftsorientierten Klimaschutzstrategie leistet. Erreicht wird dies, indem erstens ein stabiler Rechtsrahmen geschaffen wird, der das Vertrauen der Anleger stärkt, und faire Rahmenbedingungen für den Wettbewerb zwischen Häfen geschaffen werden; zweitens, indem durch die Festlegung von Mindestanforderungen, z.B. Fortbildungsmaßnahmen, und der Bedingungen, unter denen die Dienstleistungsfreiheit eingeschränkt werden kann, ein Beitrag zur Bereitstellung hochwertiger Hafendienste geleistet wird; dadurch werden die für den gesamten Binnenmarkt geltenden Regeln für den Betrieb von Seehäfen präzisiert und die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten europäischen Hafensystems gestärkt; und drittens, indem die Nutzung des Kurzstreckenseeverkehrs gefördert wird, um die Straßen zu entlasten und den CO₂ Ausstoß zu verringern, und indem die Möglichkeit geboten wird, externe Kosten in die Hafengebühren zu integrieren.

Die Kommission möchte betonen, dass die Verordnung keine einheitliche Standardlösung vorgibt, sondern einen allgemeinen Rahmen und ein Umfeld der Rechtssicherheit schafit, in dem alle Häfen in der EU unter gleichen Wettbewerbsbedingungen agieren können.

Die Kommission begrüßt die Unterstützung des Bundesrates für das Ausschreibungsvetfahren von Hafendienstanbietern und die Ergänzung der Vorschriften zur Ausbildung und zum Gesundheits- und Arbeitsschutz der Hafenarbeiter. Die Kommission nutzt diese Gelegenheit, um im beigefügten Anhang einige Erläuterungen in Bezug auf das gewählte Rechtsinstrument, die betrofienen Dienste, die Transparenz der Infrastrukturentgelte, den möglichen Verwaltungsaufwand und den Anwendungsbereich anzuführen.

Die Kommission hofi"t, dass die in der Stellungnahme des Bundesrats aufgeworfenen Fragen mit diesen Ausführungen geklärt werden konnten, und sieht der Fortsetzung des politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Violeta Bulc
Mitglied der Kommission

Anhang

Die Kommission hat alle in der Stellungnahme des Bundesrates aufgeworfenen Fragen sorgfältig geprüft und möchte dazu folgende Anmerkungen machen.

Punkt 2 - Rechtsinstrument:

Im vorliegenden Fall ist eine Verordnung, bei der die Rechtsvorschriften in allen ihren Teilen unmittelbar verbindlich sind, das geeignete Instrument, damit eine einheitliche Umsetzung der Vorschriften, eine entsprechende Durchsetzung sowie faire und gleiche Rahmenbedingungen auf dem Binnenmarkt gewährleistet werden. Sie muss nicht erst in nationales Recht umgesetzt und der Kommission zur Kenntnis gebracht werden, lässt aber zugleich den Mitgliedstaaten die nötige Flexibilität, um die erforderlichen Maßnahmen für die Umsetzung der Verordnung auf nationaler Ebene zu treffen. In ihrer Einigung vom 27. Juni 2016 haben das Europäische Parlament und der Rat festgelegt, dass eine Verordnung das am besten geeignete Instrument ist.

Punkt 3 - Staatliche Beihilfe:

Zu diesem Punkt kann die Kommission dem Bundesrat mitteilen, dass sie am 19. Mai 2016 eine Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe angenommen hat.' Darin wird klar aufgezeigt, unter welchen Voraussetzungen öffentliche Investitionen keine staatlichen Beihilfen darstellen, insbesondere da durch sie weder eine Verfälschung der Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt noch eine Verdrängung privater Investitionen droht. Dies geschieht durch eine systematische Zusammenfassung der einschlägigen EU-Rechtsprechung und der Beschlusspraxis der Kommission.

Bezug nehmend auf die spezifischen Anmerkungen des Bundesrates ist anzumerken, dass in einem sich auf Hafeninfrastruktur beziehenden Teil der Bekanntmachung erklärt wird, dass Investitionen in Infrastrukturen, die für Tätigkeiten des Staates in Ausübung seiner hoheitlichen Befugnisse erforderlich sind, nicht der Beihilfenkontrolle unterliegen. Ferner wird darin klargestellt, dass Tätigkeiten der Polizei und Armee ebenso davon ausgeschlossen sind wie Infrastrukturprojekte, die nicht kommerziell genutzt werden sollen, und dass Tätigkeiten in den Bereichen Seeverkehrskontrollen, Brandbekämpfung und Zoll im Allgemeinen als nichtwirtschaftliche Tätigkeiten gelten.

Die Kommission überarbeitet derzeit die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung2, um einige unproblematische Investitionen von der Pflicht zur vorherigen Anmeldung zu befreien. Diese Überarbeitung umfasst zwei Phasen eines öffentlichen Konsultationsverfahrens, wobei die zweite Phase nach der Sommerpause beginnen wird.3

Punkt 4 - Auszunehmende Dienste

Alle Hafendienste fallen in der einen oder anderen Weise unter die Verordnung. Sie bildet einen klaren Rechtsrahmen für die Erbringung von Hafendiensten und berücksichtigt dabei die unterschiedlichsten Hafensituationen und -organisationen. Wenngleich für die Erbringung von Hafendiensten in den Häfen der EU die Dienstleistungsfreiheit gilt, so sind die Bedingungen, unter denen diese Dienste erbracht werden können, fortan klar definiert.

In Bezug auf die Dienste, die der Bundesrat in seiner Stellungnahme nennt, sieht die Verordnung Transparenz bei der öffentlichen Finanzierung von Ausbaggerungstätigkeiten vor, während die Lotsendienste in vollem Umfang den Bestimmungen über Transparenz und Hafendiensteentgelte unterliegen. Im Hinblick auf das Sammeln von Schiffsabfällen und Ladungsrückständen möchte die Kommission darauf hinweisen, dass dies ein wichtiger Hafendienst ist, der sich auf die Umweltbilanz des Schifffahrtsektors auswirkt. In diesem Sinne sieht die Kommission nicht nur keinen Grund für ihren Ausschluss von den Verordnungsbestimmungen, sondern wurde im Gegenteil durch eingegangene Beschwerden darin bestärkt, dass der durch die Verordnung geschaffene Rahmen für mehr Rechtssicherheit sorgen und zur Verbesserung der Erbringung dieser Dienstleistung beitragen wird.

Punkt 6 - Transparenz der Finanzierung:

Die Kommission möchte klarstellen, dass es nicht erforderlich ist, aus Einzelverhandlungen resultierende geschäftliche Vereinbarungen offenzule gen. Gleichzeitig wird in der Verordnung festgelegt, dass Hafeninfrastrukturentgelte leicht erkennbar und die Kriterien zur Festlegung ihrer Höhe relevant, objektiv, transparent und diskriminierungsfrei sein müssen.

Punkt 7 - Verwaltungsaufwand:

Die Kommission möchte darauf hinweisen, dass nach der Verordnung lediglich die zuständigen Behörden, an die etwaige Beschwerden zu richten sind, ordnungsgemäß aufgeführt und die Informationen allen interessierten Parteien zur Verfügung gestellt werden müssen. Dies kann zu einem geringeren Verwaltungsaufwand führen, da die zu behandelnden Fragen direkt an die zuständige Instanz gerichtet und mögliche kostspielige Rechtsstreitigkeiten vermieden werden können.

Punkt 8 - Anwendungsbereich der Verordnung:

Der Anwendungsbereich der Verordnung umfasst die Häfen des transeuropäischen Verkehrsnetzes, da diese wichtige Einfuhr- und Knotenpunkte für den Warenverkehr in Europa darstellen. Gleichzeitig räumt die Verordnung den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, unter bestimmten Bedingungen Häfen auszuschließen, z.B. Hafen, die sich in Gebieten in äußerster Randlage im Sinne des Artikels 349 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) befinden.

Zu beachten ist ferner, dass Ladungsumschlags- und Fahrgastdienste ausdrücklich von den Vorschriften über den Zugang zum Markt für Hafendienste ausgenommen sind und nur den horizontalen Bestimmungen über die Transparenz der öffentlichen Finanzierung, Entgelte und Ausbildung unterliegen.

Punkt 9 - Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Häfen:

Die Kommission teilt nicht die Auffassung des Bundesrates bezüglich der Auswirkungen der Verordnung, die auf europäischer Ebene als Ganzes und nicht nur auf Länderbasis betrachtet werden müssen. Die Verordnung stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Häfen in dreierlei Hinsicht. Erstens bedeutet Transparenz bei der Verwendung öffentlicher Mittel, dass gleiche Rahmenbedingungen und ein fairer Wettbewerb gewährleistet werden. Zweitens wird durch die Festlegung klarer Regeln, die die praktische Umsetzung der Bestimmungen des AEUV für die Erbringung von Hafendiensten erläutern, ein stabiler Rechtsrahmen geschaffen. Drittens führen eine größere Autonomie der Häfen und eine systematischere Konsultation der Interessenträger zu einer stärker unternehmerisch geprägten Hafenkultur in allen Mitgliedstaaten mit Seehäfen. Nur mit einer derartigen Angleichung der Wettbewerbsbedingungen, mit Rechtssicherheit und unternehmerischem Denken lassen sich Investoren gewinnen und die Effizienz der Hafendienste verbessern.