Empfehlungen der Ausschüsse
Verordnung zur Änderung der Vorschriften über elektromagnetische Felder und das telekommunikationsrechtliche Nachweisverfahren

909. Sitzung des Bundesrates am 3. Mai 2013

A

Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb (§ 1 Absatz 2 Nummer 2 der 26. BImSchV)

In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb ist in § 1 Absatz 2 Nummer 2 die Angabe "1 000" durch die Angabe "500" zu ersetzen.

Folgeänderung:

In Artikel 1 Nummer 3 sind in § 3 Absatz 1 Satz 1 nach dem Wort "Niederfrequenzanlagen" die Wörter "mit einer Nennspannung von 1 000 Volt oder mehr" einzufügen.

Begründung:

Es wurde in der 26. BImSchV von 1996 - und auch weiterhin - als sinnvoll erachtet, dass die Hausspannungsversorgung (mit 400 Volt Drehstrom) nicht unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallen soll.

Um den Schutz- und Vorsorgegedanken der ICNIRP Rechnung zu tragen, sollte der Anwendungsbereich auch auf Anlagen mit Spannungen unterhalb von 1 000 Volt, aber oberhalb der Hausspannungsversorgung, ausgedehnt werden.

Deshalb wird die Änderung der Spannungsuntergrenze im Anwendungsbereich der Verordnung von 1 000 Volt auf 500 Volt für Niederfrequenzanlagen vorgesehen.

Zur Folgeänderung:

Die Folgeänderung ist erforderlich, damit für bestehende Niederfrequenzanlagen die gleiche Spannungsbegrenzung von 1 000 Volt gilt wie in der Verordnung von 1996 und die anderen somit hier nicht geregelt werden (Bestandsschutz).

Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc (§ 1 Absatz 2 Nummer 3), Nummer 10 (§ 10 Absatz 2 Satz 1 der 26. BImSchV)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Es ist nicht erkennbar, warum Gleichstromanlagen mit einer Nennspannung unter 2000 Volt nicht unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallen sollen.

Um den Schutz- und Vorsorgegedanken der ICNIRP Rechnung zu tragen, sollte der Anwendungsbereich auch auf Anlagen mit Spannungen unterhalb von 2 000 Volt ausgedehnt werden.

Schutz der Nachbarschaft und der Allgemeinheit bedeutet auch Schutz vor Magnetfelder der Gleichstrombahnen, wie z.B. S- und U-Bahnen, die im Allgemeinen mit 750 Volt und Straßenbahnen mit 600 Volt betrieben werden, sowie deren Anlagen.

Als Spannungsuntergrenze im Anwendungsbereich der Verordnung wird deshalb 500 Volt vorgesehen.

Zu Buchstabe b:

Durch die vorgeschlagene Änderung in § 1 Absatz 2 Nummer 3 erhöht sich deutlich die Anzahl der dann unter die Verordnung fallenden bestehenden Gleichstromanlagen.

Aus diesem Grund wird eine Verlängerung der Anzeigepflicht von fünf Wochen auf drei Monate, in Anlehnung an § 67 Absatz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, für angemessen betrachtet.

4. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 2 Absatz 2 Satz 2 - neu - der 26. BImSchV)

In Artikel 1 Nummer 2 ist dem § 2 Absatz 2 folgender Satz anzufügen:

"Für Hochfrequenzanlagen gemäß Absatz 1, die von Behörden oder Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung betrieben werden, können oberste Landesbehörden darüber hinaus auch dauerhaft einen abweichenden Betrieb genehmigen."

Begründung:

Zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie zur Gefahrenabwehr kann es für Funkanlagen der BOS notwendig sein, von den Regelungen der Verordnung abzuweichen. Dies war in der Vergangenheit auch möglich, da die Verordnung nur gewerblich betriebene Funkanlagen betraf. Des Weiteren ist eine sendeleistungsstarke und dadurch weitreichende Funkabdeckung für ein Flächenland wie Hessen von besonderer Bedeutung. Diese Punkte sind durch die vorliegende Novellierung der Verordnung nicht hinreichend berücksichtigt.

Darüber hinaus ist die Aussage zu den materiellen Anforderungen im Bereich BOS in der allgemeinen Begründung Ziffer VIII Nummer 2 (Erfüllungsaufwand für die Verwaltung) Satz 4 (" ... keine zusätzlichen Kosten, da diese für bestehende Anlagen in der Regel schon jetzt eingehalten werden. ...", vgl. Seite 20) derzeit nicht hinreichend belegt.

Hauptempfehlung zu Ziffer 6

5. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 3 Absatz 2 Satz 2 der 26. BImSchV)

In Artikel 1 Nummer 3 sind in § 3 Absatz 2 Satz 2 die Wörter "sowie vor dem 31.12.2013 beantragte Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren" zu streichen.

Begründung:

Auf Grund der nur geringen Unterschiede der Anforderungen der Absätze 1 und 2 und den seit 1996 geltenden Vorsorgeanforderungen ist eine Übergangsregelung entbehrlich. Auch bereits begonnene Verfahren sollten daher nach den neuen Anforderungen zu Ende geführt werden. Dies entspricht im Übrigen auch der allgemeinen immissionsschutzrechtlichen Praxis, § 67 Absatz 4 BImSchG und § 25 der 9. BImSchV.

Hilfsempfehlung zu Ziffer 5

6. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 3 Absatz 2 Satz 2 der 26. BImSchV)

In Artikel 1 Nummer 3 ist § 3 Absatz 2 Satz 2 wie folgt zu fassen:

"Bestehende Genehmigungen und Planfeststellungsbeschlüsse sowie Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren, bei denen bis zum 31. Dezember 2013 für den jeweiligen Abschnitt eines Vorhabens die Auslegung des Plans öffentlich bekannt gemacht oder Gelegenheit zur Einsichtnahme gegeben wurde, bleiben unberührt."

Begründung:

Eine Stichtagsregelung, die auf den Zeitpunkt der Antragstellung abstellt, lässt eine Vielzahl von unausgereiften und unvollständigen Anträgen kurz vor dem Stichtag befürchten, um noch für möglichst viele Anlagen die bestehenden Regelungen in Anspruch nehmen zu können. Da die Verordnung keine Übergangsregelungen für ältere Anlagen vorsieht, werden diese Anlagen dauerhaft auf Basis der bestehenden Regelungen betrieben werden können. Um der vom Gesetzgeber sicherlich nicht gewollten Antragsflut zur Umgehung der neuen Vorschriften vorzubeugen, ist bei der Stichtagsregelung auf einen Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Planungen bereits eine gewisse Reife und Verbindlichkeit erfahren haben.

7. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 3a Satz 2 der 26. BImSchV)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 3a Satz 2 die Wörter "von umliegenden Gleichstromanlagen" zu streichen.

Begründung:

Bereits im von der Bundesnetzagentur genehmigten Netzausbauplan 2012 sind HGÜ-Leitungen vorgesehen, die zum Teil in bestehenden Trassen von 50 Hz-Leitungen bzw. auf gleichem Mast geführt werden sollen. Da Funkenentladungen von elektrischen Feldern verursacht werden und damit auch von Wechselfeldern, sind bei den Anforderungen zur Vermeidung von Funkenentladungen grundsätzlich alle relevanten Anlagen zu berücksichtigen.

8. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 4 Absatz 1 Satz 2 neu - der 26. BImSchV)

In Artikel 1 Nummer 5 ist dem § 4 Absatz 1 folgender Satz anzufügen:

"Für Niederfrequenzanlagen, die nach dem 16. Dezember 1996 errichtet oder wesentlich geändert wurden, gelten die Vorsorgeanforderungen aus der Verordnung über elektromagnetische Felder in der Fassung vom 16. Dezember 1996 weiter fort."

Begründung:

Durch den neu angefügten Satz wird sichergestellt, dass die geänderte Verordnung nicht hinter den Anforderungen der Fassung vom 16. Dezember 1996 zurückbleibt. Dort galt bereits, dass für ab diesem Zeitpunkt errichtete oder wesentlich geänderte Anlagen im Bereich der genannten besonders schützenswerten Orte kurzzeitige oder kleinräumige Überschreitungen der Grenzwerte abweichend von § 3 Absatz 1 Satz 2 nicht zulässig sind.

9. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 4 Absatz 2 Satz 1 der 26. BImSchV)

In Artikel 1 Nummer 5 ist in § 4 Absatz 2 Satz 1 das Wort "vermindern" durch das Wort "minimieren" zu ersetzen.

Begründung:

Die bisher vorgesehene Wortwahl ist eindeutig zu schwach, um dem Vorsorgegedanken gerecht zu werden. Denn eine magnetische Flussdichte von 95 Mikrotesla (µT) ist gegenüber 100 µT auch gemindert, läuft aber ins Leere. Hier sollte der Gedanke aus dem Strahlenschutz mit dem Minimierungsgebot übernommen und nicht auf eine noch völlig unbekannte Verwaltungsvorschrift abgestellt werden.

Hauptempfehlung zu Ziffer 11

10. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 4 Absatz 3 der 26. BImSchV)

In Artikel 1 Nummer 5 ist § 4 Absatz 3 wie folgt zu fassen:

(3) Zum Zwecke der Vorsorge darf eine Niederfrequenzanlage zur Fortleitung von Elektrizität mit einer Frequenz von 50 Hertz und einer Nennspannung von 220 Kilovolt und mehr nur errichtet oder wesentlich geändert werden, wenn im Normalbetriebsfall der maximale Effektivwert der magnetischen Flussdichte in Gebäuden oder Gebäudeteilen, die zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, einen Wert von 1 Mikrotesla nicht überschreitet."

Begründung:

In den Empfehlungen der Strahlenschutzkommission der Bundesregierung aus dem Jahre 2008 bekräftigt sie ihre Empfehlung aus dem Jahr 2001, die bestehenden Expositionsgrenzwerte nicht völlig auszuschöpfen. Danach sollten Immissionen von ortsfesten Anlagen zur Energieversorgung an Orten, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, deutlich unterhalb der bestehenden Grenzen für die Gesamtexposition gehalten werden. Auch das Bundesamt für Strahlenschutz sieht einen Bedarf zur Reduzierung der Immissionen auch unterhalb der geltenden Grenzwertregelungen.

Die Beibehaltung des Grenzwertes von 100 Mikrotesla (^T) für die Errichtung und wesentliche Änderung von Niederfrequenzanlagen entspricht nicht diesen Empfehlungen und damit dem Vorsorgeprinzip zum Schutz von Mensch und Umwelt. Die Grenzwerte tragen insbesondere den Verdachtsmomenten, dass niederfrequente Magnetfelder zu einem erhöhten Leukämierisiko bei Kindern führen, keine Rechnung. Mit der genannten Regelung soll dem Rechnung getragen werden und insbesondere Gebäude oder Gebäudeteile, die zum dauerhaften Aufenthalt bestimmt sind, besonders geschützt werden. Durch die Einschränkung auf die genannten Freileitungen werden die Anlagen geregelt, die im gesamten Gebäude gleichmäßig hohe Felder hervorrufen.

Durch die Festlegung eines maximalen Effektivwertes von 1 µT wird ein faktisches Überspannungsverbot sichergestellt und auch die Felder im Umfeld der Gebäude begrenzt.

Auf eine Übergangsregelung wird verzichtet, da gemäß § 8 Absatz 2 Ausnahmen im Einzelfall möglich sind.

Hilfsempfehlung zu Ziffer 10

11. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 4 Absatz 3 Satz 2 der 26. BImSchV)

In Artikel 1 Nummer 5 ist § 4 Absatz 3 Satz 2 wie folgt zu fassen:

"Bestehende Genehmigungen und Planfeststellungsbeschlüsse sowie bis zum ... [einsetzen: Datum des Tages des Inkrafttretens der Änderungsverordnung] beantragte Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren, für die ein vollständiger Antrag zu diesem Zeitpunkt vorlag, bleiben unberührt."

Begründung:

Aus der Begründung zur Nummer 5 ist nicht ersichtlich, warum Vorhaben, für die erst nach Inkrafttreten der Verordnung ein Antrag gestellt wird, in den Regelungsbereich der Bestandsanlagen fallen sollen. Für diese Vorhaben ist die Planungsphase noch nicht abgeschlossen, sodass Änderungen hinsichtlich höherer Anforderungen aus der Verordnung für Neuanlagen noch berücksichtigt werden können.

12. Zu Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe a (§ 7 Absatz 1 Satz 2 der 26. BImSchV)

In Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe a ist in § 7 Absatz 1 Satz 2 das Wort "Landesbehörde" durch das Wort "Behörde" zu ersetzen.

Begründung:

Angleichung des Wortlauts an die Formulierung in Satz 1 der Vorschrift.

Die Wortwahl "zuständige Behörde" beugt im Übrigen dem möglichen Missverständnis vor, dass die 26. BImSchV zwingend durch Behörden in staatlicher Trägerschaft zu vollziehen wäre. Die Vollzugszuständigkeit kann aber auch - wie beispielsweise in Niedersachsen - kommunalen Behörden übertragen werden, welche als solche keine Landesbehörden sind.

13. Zu Artikel 1 Nummer 7a - neu - (§ 7a - neu - der 26. BImSchV)

In Artikel 1 ist nach Nummer 7 folgende Nummer 7a einzufügen:

'7a. Nach § 7 wird folgender § 7a eingefügt:

" § 7a Beteiligung der Kommunen

Die Kommune, in deren Gebiet die Anlage errichtet werden soll, wird bei der Auswahl von Standorten für Anlagen, die nach dem ... [einsetzen: Datum des Tages des Inkrafttretens dieser Änderungsverordnung] errichtet werden, durch die Betreiber gehört. Sie erhält rechtzeitig die Möglichkeit zur Stellungnahme und zur Erörterung der Baumaßnahme. Die Ergebnisse der Beteiligung sind zu berücksichtigen." '

Begründung:

Die Regelung entspricht im Kern den Vereinbarungen der Mobilfunknetzbetreiber mit den kommunalen Spitzenverbänden aus dem Jahr 2001. Diese Vereinbarungen haben sich in der Praxis bewährt, wenn es darum geht, die Vorsorge zu stärken und Akzeptanz der Mobilfunkinfrastruktur zu verbessern. Beispielsweise können kommunale Mobilfunkkonzepte zur Anwendung kommen (siehe auch die Entscheidung des BVerwG (4 C 1/11) vom 30. August 2012).

Um Rechtssicherheit zu schaffen, sollte die Beteiligung der Kommunen gesetzlich verankert werden.

14. Zu Artikel 1 Nummer 11 (Anhang 1a Überschrift der Spalten 2 und 3 der 26. BImSchV)

In Artikel 1 Nummer 11 ist in Anhang 1a in der Überschrift der Spalten 2 und 3 das Wort "(Spitzenwerte)" zu streichen.

Begründung:

Die Grenzwerte sind in der Tabelle als Effektivwerte angegeben. Unter welchen Randbedingungen diese Werte einzuhalten sind, ist in den entsprechenden Paragrafen geregelt. Der Ausdruck "Spitzenwerte" ist an dieser Stelle daher entbehrlich und auch missverständlich.

B