Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat und das Europäische Parlament: EU-Strategie zur Unterstützung der Katastrophenvorsorge in Entwicklungsländern KOM (2009) 84 endg.; Ratsdok. 6891/1/09

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 9. März 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 23. Februar 2009 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 23. Februar 2009 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 185/08 (PDF) = AE-Nr. 080240 und
Drucksache 216/09 (PDF) = AE-Nr. 090207

1. Einleitung

Katastrophen untergraben die Entwicklung und gefährden die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDG). In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass der Nutzen der Katastrophenvorsorge (Disaster Risk Reduction, DRR) bei weitem die Kosten überwiegt. In der Internationalen Strategie zur Katastrophenvorsorge (International Strategy for Disaster Reduction, ISDR) der Vereinten Nationen wird die DRR wie folgt definiert: "Maßnahmen zur Verringerung des Katastrophenrisikos und der negativen Auswirkungen natürlicher Gefahren und Risiken durch systematische Anstrengungen bei der Analyse und Behandlung der Ursachen von Katastrophen, einschließlich Vermeidung von Gefahren, Verringerung der sozialen und wirtschaftlichen Anfälligkeit sowie Verbesserung der Vorbereitung auf Katastrophenfälle".

Die EU ist zwar weltweit der größte Entwicklungshilfegeber, kann jedoch keinen strategischen Rahmen vorweisen, an dem sich ihre DRR-Maßnahmen in den Entwicklungsländern ausrichten. Die Mitteilung beinhaltet einen Vorschlag für eine EU-Strategie zur Unterstützung der Katastrophenvorsorge in Entwicklungsländern durch Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe. Dabei sollen auch der 2005 aufgestellte Hyogo-Rahmenaktionsplan1 und die Erreichung der MDG unterstützt werden.

Auf Grundlage des Artikels 180 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft bildet die Strategie die zweite Hälfte eines Konzepts für die Katastrophenvorsorge innerhalb2 der EU und jenseits ihrer Grenzen und sucht nach geeigneten Verbindungen zwischen beiden Dimensionen. Sie ergänzt und unterstützt auch bereits bestehende EU-Initiativen zum Klimawandel.

2. Begründung

2.1. Katastrophen auf dem Vormarsch - Entwicklungsländer am stärksten betroffen

In den vergangenen 30 Jahren ereigneten sich immer mehr Katastrophen von immer größerem Ausmaß. So stieg die gemeldete Gesamtzahl der Katastrophen von 73 im Jahr 1975 auf etwa 440 in 2007. Die Zahl der Wetterkatastrophen hat sich nahezu verdreifacht, von 1 280 zwischen 1978 bis 1987 auf 3 435 zwischen 1998 und 2007.3

Katastrophen sind für Entwicklungsländer besonders verheerend, da diese Länder am meisten gefährdet sind und die geringsten Katastrophenbewältigungskapazitäten haben. Beispielsweise kamen bei dem Erdbeben der Stärke 6,6 in Iran im Jahr 2003 40 000 Menschen ums Leben. Bei dem Erdbeben der Stärke 6,5, von dem vier Tage vorher Zentralkalifornien heimgesucht wurde, kamen hingegen nur zwei Menschen ums Leben, 40 weitere erlitten Verletzungen.4 Aufgrund von Katastrophen müssen die Länder oftmals hohe Summen, die für die Entwicklung vorgesehen waren, für Nothilfe und Wiederaufbau einsetzen, was den Weg aus der Armut erschwert. In der Region Aceh in Indonesien hat die Tsunami-Flutkatastrophe des Jahres 2004 Schätzungen zufolge den Anteil der Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, von 30 % auf 50 % ansteigen lassen.5

Darüber hinaus hängen Entwicklungsländer stark von einem intakten Tier- und Pflanzenbestand (Ernten) ab, so dass sich biologische Katastrophen negativ auf die Ernährungssicherheit auswirken und als Folge neue Katastrophen verursachen können. Im Hinblick auf biologische Katastrophen darf auch nicht vergessen werden, dass ein Krankheits- oder Schädlingsbefall, der nicht angemessen behandelt wird, schnell endemischen Charakter annehmen kann. Dies kann die wirtschaftliche Lage und somit die mittel- und langfristigen Perspektiven eines Landes oder einer Region erheblich beeinflussen.

Die zwischenstaatliche Sachverständigengruppe über Klimaänderungen (IPCC) hat Veränderungen bei Häufigkeit und/oder Intensität einiger extremer Wetterverhältnisse festgestellt.6 Es ist möglich, dass diese Veränderungen bereits zum Anstieg und zur zunehmenden Intensität von Katastrophen beitragen, wodurch eine wirksame Katastrophenvorsorge noch dringender wird.

2.2. Katastrophenvorsorge zahlt sich aus

Katastrophen können vermieden werden. Es gibt Wege, die Risiken zu verringern und die Auswirkungen zu begrenzen. So sollten beispielsweise die Ursachen für die Gefährdung von Menschen bekämpft und deren Fähigkeit, die Risiken zu bewältigen, gefördert werden. Die Katastrophenvorsorge umfasst die Vorbereitung auf Katastrophenfälle sowie Maßnahmen, um Katastrophen zu verhindern und deren Auswirkungen zu mildern. Sie soll die Widerstandsfähigkeit gegen Katastrophen fördern. Eckpfeiler der Katastrophenvorsorge sind das für das Katastrophenmanagement erforderliche Knowhow, Kapazitätenaufbau und die Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie der Erdbeobachtungssysteme.

Erfolge der Katastrophenvorsorge Hurrikan Michelle, der 2001 als Hurrikan der Kategorie vier über Kuba hinweg zog, war der stärkste Wirbelsturm, der das Land in den letzten 50 Jahre heimsuchte. Da Kuba über ein wirksames Frühwarnsystem und einen Hurrikan-Vorsorgeplan verfügt, konnten 700 000 Menschen evakuiert werden. Für 270 000 Personen wurde eine vorübergehende Unterkunft zur Verfügung gestellt, ferner wurde längerfristig ihre Grundversorgung gesichert. Etwa 777 000 Tiere wurden in Sicherheit gebracht. Der Hurrikan war zwar ein Rückschlag für die Wirtschaft, aber es wurden nur fünf Tote und zwölf Verletzte gemeldet.7

Bei dem Tsunami, der im Jahr 1998 auf die Nordwestküste von Papua-Neuguinea traf, kamen 2 200 Menschen ums Leben. Es ist den Anstrengungen des "Asian Disaster Reduction Center" zu verdanken, dass ein erneuter Tsunami in 2000 zwar tausende Häuser zerstörte, aber keine Menschenleben forderte.8

Eine wirksame Katastrophenvorsorge kann die Zahl der Opfer und die Sachschäden verringern. Studien gehen davon aus, dass für jeden in Katastrophenvorsorge investierten Dollar zwei bis vier Dollar bei der Reduzierung oder Verhinderung von Katastrophenfolgen eingespart werden können.9

2.3. Internationale Katastrophenvorsorge

In den vergangenen Jahren hat sich der Schwerpunkt von der Katastrophenbewältigung auf die Verwirklichung umfassender Konzepte für Katastrophenvorsorge verlagert. 2005 haben 168 Regierungen den Hyogo-Rahmenaktionsplan 2005-2015: Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Nationen und Gemeinschaften gegen Katastrophen angenommen. Die Kommission10 unterstützt dessen Umsetzung voll und ganz. Die Herausforderung besteht nun darin, den Plan auf globaler, regionaler, nationaler und lokaler Ebene wirksam umzusetzen. Viele Entwicklungsländer unternehmen große Anstrengungen zur Verwirklichung des Plans, haben aber oft nicht genügend Mittel und keine ausreichenden Kapazitäten.11 Ziel der zweiten weltweiten Plattform zur Katastrophenvorsorge, die im Juni 2009 stattfinden soll, ist es, die durch den Hyogo-Rahmenaktionsplan in Gang gesetzte Dynamik weiter zu nutzen und über die Fortschritte Bilanz zu ziehen. Initiativen wie die von der Weltbank eingerichtete Globale Fazilität zur Verringerung und Bewältigung von Katastrophen zeigen, dass die Katastrophenvorsorge zunehmend als wichtiges internationales Anliegen anerkannt wird.

Bei den Verhandlungen zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UN Framework Convention on Climate Change, UNFCCC), insbesondere im 2007 angenommen Aktionsplan von Bali, wurde die Katastrophenvorsorge auch als Mittel zur Anpassung an den Klimawandel und Verringerung seiner Auswirkungen anerkannt. Darüber hinaus ergänze die Katastrophenvorsorge auch die langfristigen Anstrengungen zur Eindämmung des Klimawandels.12

2.4. Gründe für EU-Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge

Sowohl der Europäische Konsens über die Entwicklungspolitik 2005 als auch der Europäische Konsens über die humanitäre Hilfe 2007 verpflichten die EU, die Strategien und Maßnahmen im Bereich der Katastrophenvorsorge zu unterstützen. In den 2008 angenommenen Schlussfolgerungen des Rates zur Verstärkung der Reaktionsfähigkeit der Union im Katastrophenfall wurde die Kommission aufgefordert, einen Vorschlag für eine EU-Strategie zur Katastrophenvorsorge in Entwicklungsländern vorzulegen. Auch das Europäische Parlament hat wiederholt um eine robustere DRR-Politik sowie eine Aufstockung der Finanzmittel ersucht.

Die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten und die Kommission unterstützen regelmäßig Katastrophenvorsorgemaßnahmen in allen Entwicklungsländern und -regionen und gibt Beispiele für eine gelungene EU-Koordinierung. So wird in Bangladesch das Umfassende Programm zum Katastrophenmanagement 2010-2014 gemeinsam von der Kommission und dem britischen Entwicklungshilfeministerium (Department for International Development, DFID) gefördert werden. Allerdings fehlt den derzeitigen EU-Aktionen die strategische Kohärenz, da es sich hauptsächlich um Adhoc-Projekte oder -Programme handelt, die häufig nicht bedarfsgerecht und nicht hinreichend koordiniert sind. So kann die Kommission in zehn Jahren der Tätigkeit im Bereich Katastrophenvorsorge, vor allem durch die DIPECHO-Programme in sechs weltweit besonders betroffenen Gebieten, nur wenige Beispiele für eine förmliche Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten nennen. Folgende Faktoren scheinen die Wirksamkeit der EU-Maßnahmen zu beeinträchtigen:

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass eine EU-Strategie zur Unterstützung der Katastrophenvorsorge in Entwicklungsländern der EU die in diesem Bereich benötigte strategische Grundlage geben und gleichzeitig alle laufenden DRR-Maßnahmen der EU zusammenführen würde. So könnten die Vorteile und Synergien - im Zusammenhang mit Kohärenz der Politik, Nicht-Verdopplung der Maßnahmen, Kostenwirksamkeit, Effizienz und Austausch bewährter Praktiken - auf einheitliche und koordinierte Weise genutzt werden.

3. Eine EU-Strategie zur Unterstützung der Katastrophenvorsorge in Entwicklungsländern

Die vorgeschlagene Strategie baut auf der von der Europäischen Kommission14 und den EU-Mitgliedstaaten geleisteten Arbeit auf und berücksichtigt ferner die bei der Katastrophenvorsorge in sämtlichen Entwicklungsregionen gewonnen Erkenntnisse. Während die unten aufgeführten prioritären Maßnahmenbereiche voll und ganz mit den Prioritäten des Hyogo-Rahmenaktionsplans im Einklang stehen, sind das Oberziel der Strategie, die strategischen Ziele und die Durchführungsprioritäten explizit an der bestehenden Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der EU und den Entwicklungsländern, einschließlich auf regionaler Ebene, ausgerichtet.

3.1. Ziele

Das Oberziel besteht darin, zu einer nachhaltigen Entwicklung und zur Beseitigung der Armut beizutragen, indem das Ausmaß der Katastrophen, die die Armen und die am stärksten gefährdeten Länder und Bevölkerungsgruppen bewältigen müssen, durch eine verbesserte Katastrophenvorsorge verringert wird.

Im Rahmen dieses Oberziels verfolgt die EU, die folgenden strategischen Ziele:

3.2. Geografische Reichweite, abgedeckte Katastrophenarten und Vorgehensweise

Die Strategie bezieht alle Entwicklungsländer15 und Überseeischen Länder und Gebiete (ÜLG) ein. Besonderes Augenmerk liegt auf den katastrophengefährdeten Regionen, den am wenigsten entwickelten und stark gefährdeten Ländern und Orten sowie den am meisten gefährdeten Bevölkerungsgruppen16. Ferner wird die Katastrophenvorsorgezusammenarbeit mit den Gebieten in äußerster Randlage ausgebaut.

Die Strategie bezieht sich auf Katastrophen, die auf natürliche17 und technologische Gefahren und Risiken zurückgehen. Möglich ist jedoch auch ein Zusammenwirken verschiedener Gefahren und Risiken, das einen Domino-Effekt auslöst. Ein Beispiel hierfür wären Umweltzerstörungen, die zu verheerenden Überschwemmungen führen, wodurch wiederum Epidemien entstehen. Daher sollte ein mehrere Gefahrentypen abdeckendes Konzept angenommen werden, das bei verschiedenen Formen von Katastrophen greift. Im Rahmen der Strategie wird zwar anerkannt, dass Katastrophen bereits vorhandene Spannungen und eine bestehende Instabilität verschlimmern können, von Menschen verursachten Katastrophen wie Konflikte oder Kriege bleiben jedoch ausgeklammert18. Berücksichtigt werden sowohl langsam entstehende als auch schnell einsetzende Katastrophen und ferner großflächige sowie lokal begrenzte, aber häufig auftretende Katastrophen wie Erdrutsche, flutartige Überschwemmungen, Brände, Orkane sowie das Auftreten von Krankheiten und Seuchen bei Mensch, Tier und Pflanzen. Dabei wird beachtet, dass jeweils unterschiedliche Maßnahmenkonzepte erforderlich sein können.

Im Rahmen der Strategie werden zum einen Katastrophenvorsorgemaßnahmen in das auswärtige Handeln der EU und in die Strategien der Entwicklungsländer aufgenommen und zum anderen gezielte DRR-Maßnahmen unterstützt, die die Integrationsbemühungen unmittelbar nutzbringend ergänzen können. Beispiele hierfür sind wichtige Investitionen in die Katastrophenvorsorge, die sich leicht auf andere Situationen übertragen lassen, wie spezifische DRR-Programme oder regionale Frühwarnsysteme. Die regionale Dimension ist von wesentlicher Bedeutung, da Katastrophen nicht an Landesgrenzen Halt machen. Die EU wird ihre Präsenz und Erfahrung auf regionaler Ebene nutzen, um im Einklang mit den Grundsätzen des komparativen Vorteils und der Subsidiarität Maßnahmen zu unterstützen, die auf regionaler Ebene eine größere Wirkung entfalten.

4. Prioritäre Interventionsbereiche

4.1. Katastrophenvorsorge muss nationale und lokale Priorität sein und eine starke institutionelle Grundlage für die Umsetzung haben

Politisches Engagement ist für die Förderung von Katastrophenvorsorgemaßnahmen auf allen Ebenen unerlässlich. Die EU wird Entwicklungsländer, die bei der Katastrophenvorsorge eine Vorreiterrolle übernehmen und den Hyogo-Rahmenaktionsplan umsetzen, unterstützen und sich für die DRR einsetzen, indem sie deren Sichtbarkeit erhöht und die Vorteile hervorhebt.

Die Umsetzung des Hyogo-Plans umfasst auch die Unterstützung einer besseren Integration der Katastrophenvorsorge in

Diese Zielsetzungen sollten von der Kommission, den EU-Mitgliedstaaten und den Entwicklungsländern finanziell unterstützt werden.

Darüber hinaus erfordert eine wirksame Katastrophenvorsorge eine solide institutionelle Grundlage, die z.B. durch Kapazitätenaufbau, verantwortungsvolle Regierungsführung, Förderung geeigneter politischer Maßnahmen und Gesetze, Erleichterung des Informationsaustauschs und wirksame Koordinationsmechanismen gefestigt werden kann. Es sollte auf nationaler Ebene eine Plattform für den Dialog der verschiedenen Beteiligten eingerichtet werden, um strategische Leitlinien vorzugeben und die Aktivitäten zu koordinieren. Es ist ferner wichtig, die Kapazitäten des internationalen Systems zu stärken, damit im Rahmen von internationalen Verpflichtungen gehandelt werden kann, und die EU-Geber-Aktionen zu koordinieren, um die Wirksamkeit der Hilfe zu maximieren.

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4.2. Katastrophenrisiken ermitteln, bewerten und überwachen und die Frühwarnung fördern

Ein besseres Wissen um Gefahren und Risiken, wie z.B. um die zunehmenden Klimaschwankungen, die damit verbundenen Gefährdungen und den erheblich gestiegenen Handel mit lebenden Tieren und Erzeugnissen, hilft Gemeinschaften und Ländern, Katastrophen besser zu verstehen, vorherzusagen und Katastrophenfolgen zu reduzieren und sollte in die Politik einfließen.

Angesichts der Defizite auf Ebene der Analyse müssen die Kapazitäten zur Risikoabschätzung verbessert und gestärkt, eine integrierte Analyse der Katastrophengefahren und der Kapazitäten gefördert und die Datenüberwachungsstationen sowie verlässliche Frühwarnsysteme entwickelt und auf den neuesten Stand gebracht werden. Darüber hinaus muss eine gemeinsame Schadens- und Bedarfsbewertung nach Katastrophen19 gefördert werden, um DRR-Strategien und -Maßnahmen zu entwickeln, die den besonderen Lebensumständen der gefährdeten Menschen angepasst sind, und die Widerstandsfähigkeit zu stärken. Der Kapazitätenaufbau und Instrumente, die sicherstellen, dass die Frühwarnung auch bis zu den am stärksten gefährdeten Gemeinschaften und Menschen vordringt, sind in diesem Prozess von wesentlicher Bedeutung.

Zur Schließung dieser Lücke sind im Zusammenhang mit der Katastrophenvorsorge ein Ausbau der Forschung und der statistischen Kapazitäten und die Verbreitung der Ergebnisse besonders wichtig. Die EU hat bedeutende Forschungskapazitäten, wie etwa das 7. Forschungsrahmenprogramm und die Gemeinsame Forschungsstelle, durch die Instrumente wie "Kopernikus" unterstützt werden, die wiederum einen Beitrag zu den Eigenanstrengungen der Entwicklungsländer leisten und diese ergänzen sollen. Die EU wird für eine geeignete Verknüpfung mit den Initiativen für Wissensverbreitung sorgen, die im Rahmen der Mitteilung über ein Gemeinschaftskonzept zur Verhinderung von Naturkatastrophen und von Menschen verursachten Katastrophen ermittelt wurden.

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4.3. Einsatz von Wissen, Innovation und Bildung zur Schaffung einer Kultur der Sicherheit und Widerstandsfähigkeit auf allen Ebenen

Katastrophenfolgen können erheblich verringert werden, sofern die Menschen über mögliche Risiken sowie über Möglichkeiten und Maßnahmen zur Verminderung der Gefährdung aufgeklärt werden und sich besser vorbereiten können.

Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Katastrophenvorsorge kann durch eine Weitergabe von Informationen über Gefahren und Risiken an die einschlägigen Behörden und die örtliche Bevölkerung verstärkt werden, um die Menschen zu befähigen, sich selbst und ihre Existenzgrundlage besser vor Katastrophen zu schützen. Die Medien können hierbei eine wichtige Rolle spielen. Darüber hinaus ist es wichtig, vor allem Kinder für die Katastrophenvorsorge zu sensibilisieren, indem die Katastrophenvorsorge in die formale, nichtformale und informelle Bildung und Ausbildung integriert wird. Außerdem sollte Kindern der Zugang zu Informationen über Katastrophenrisiken und Schutzmaßnahmen erleichtert werden.

Durch die Hilfe bei der Umsetzung marktgestützter Versicherungssysteme kann das Risikobewusstsein der Öffentlichkeit ebenfalls gesteigert werden. So können Anstöße zu einem Risiko mindernden Verhalten gegeben werden.

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4.4. Begrenzung der Nebenrisikofaktoren

Die Anfälligkeit für Katastrophen wird durch viele Faktoren begünstigt: Armut, mangelhafte Raumplanung und riskanter Siedlungsbau, schnelles Bevölkerungswachstum, zunehmende Bevölkerungsdichte und rapide Verstädterung, unverantwortliche Regierungsführung, Mangel an sozialen und finanziellen Sicherungsnetzen, schlechte Gesundheit und Behinderungen, unzureichende Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, Umweltzerstörung, fehlende Gleichstellung von Mann und Frau, Ernährungsunsicherheit, verstärkter Klimawandel und die Tatsache, dass immer mehr Menschen in Risikogebieten leben.

Die EU wird die Verknüpfung zwischen der Katastrophenvorsorge und diesen verschiedenen Themen unterstützen in der Absicht, die gesamte EU-Hilfe kohärenter und besser auf Katastrophen zugeschnitten zu gestalten und eventuelle Synergien zu nutzen. Die EU wird vor allem sicherstellen, dass Verbindungen zu dem Bereich natürliche Ressourcen und zu Umweltprogrammen entstehen, einschließlich Initiativen wie der Globalen Allianz für den Klimaschutz, dem gemeinsamen Papier der Kommission und dem Generalsekretariat zum Thema "Klimawandel und internationale Sicherheit"20 und dem EU-Aktionsplan über Klima und Entwicklung21. Eine Verknüpfung von Katastrophenvorsorge und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel kann viele Vorteile mit sich bringen, insbesondere hinsichtlich der Vermeidung von Doppelarbeit und paralleler Strukturen.

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4.5. Stärkung der Vorbereitung auf Katastrophen, um eine effektive Katastrophenbewältigung auf allen Ebenen zu gewährleisten

Zur Vorbereitung auf Katastrophen gehören unterschiedliche Maßnahmen und Tätigkeiten: Notfallplanung, Lagerung von Ausrüstung und Vorräten, Notfalldienste und Bereitschaftsvereinbarungen, Kommunikationsmaßnahmen, Informations- und Koordinierungsplanung, Kapazitätenaufbau in lokalen Gemeinschaften und Behörden in gefährdeten Gebieten, Personalschulung, Ausbildung der Gemeinschaften und Notfallübungen sowie Aufklärung der Öffentlichkeit.

Die vorbereitenden Tätigkeiten lassen sich leicht mit den Katastrophenbewältigungs- und Wiederaufbaumaßnahmen verzahnen. Auf diese Weise stellen die Vorbereitungsmaßnahmen eine gute Gelegenheit dar, Kohärenz beim Katastrophenmanagement sicherzustellen, das oft in den Aufgabenbereich von Zivilschutzorganisationen fällt. Ferner können sie die Kohärenz und Komplementarität von humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe gewährleisten, z.B. durch die Entwicklung oder den Ausbau nationaler Kapazitäten für Schadens- und Bedarfsbewertungen nach Katastrophen und die Ausarbeitung von Wiederaufbauplänen unter Berücksichtigung der Katastrophenvorsorge.

Eine wirksame Vorbereitung und Organisation trägt auch dazu bei, dass sich häufig ereignende kleine und mittlere Katastrophen von Gemeinschaften besser bewältigt werden können. Um eine langfristige Armutsminderung zu erreichen, ist es wichtig, lokale Gemeinschaften so zu unterstützen, dass sie sich bei Katastrophen selbst helfen können. Darüber hinaus müssen die Gemeinschaften auch finanziell darauf vorbereitet sein, die Auswirkungen von Katastrophen ohne übermäßige makroökonomische oder haushaltspolitische Schwierigkeiten bewältigen zu können. Regierungen könnten durch Unterstützung oder entsprechende Anreize ein verantwortliches Unternehmerverhalten und öffentlichprivate Partnerschaften fördern, die für die Entwicklung (bezahlbarer) Versicherungsmechanismen für den Katastrophenfall besonders wichtig sind.

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5. Umsetzung der Strategie

5.1. Prioritäten bei der Umsetzung

Die EU wird die vollständige Umsetzung dieser Strategie unterstützen und ihre große Erfahrung im Bereich Katastrophenvorsorge einfließen lassen. Es wird vorgeschlagen, zügig Maßnahmen in den folgenden Bereichen, in denen die EU komparative Vorteile aufweisen kann, zu ergreifen:

5.2. Zusammenarbeit, Komplementarität und Koordinierung

Die EU wird diese Strategie im Geiste der Pariser Erklärung über die Wirksamkeit der Hilfe und dem EU-Verhaltenskodex über die Arbeitsteilung umsetzen: Entwicklung effektiver Koordinationsmechanismen;

Vertiefung des politischen Dialogs über Katastrophenvorsorge zwischen den Entwicklungsländern und der EU sowie Unterstützung der nationalen und lokalen Eigenverantwortung, um die institutionellen Lücken, die zwischen der Katastrophenvorsorge im Entwicklungsbereich, in der humanitären Hilfe und im Bereich Klimawandel bestehen, zu schließen; aktive Förderung der innerstaatlichen und regionalen Koordinierung zwischen den Gebern und Regierungen unter besonderer Berücksichtigung der EU-Koordinierungsmethoden und -Harmonisierungsbestrebungen.

In den zentralen Dienststellen wird die EU ihre Maßnahmen mit anderen richtungsweisenden Prozessen, Instrumenten und Programmen23 koordinieren. Dies soll sowohl EU-weit geschehen, als auch bei der Zusammenarbeit mit regionalen und internationalen Organisationen, Nicht-EU-Gebern, internationalen und gemeinschaftlichen NRO, dem Verband des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds, der Weltbank den Vereinten Nationen und dem ISDR-System.

Um den politischen Dialog über die Katastrophenvorsorge zu vertiefen, die Umsetzung der Strategie zu überwachen und die Koordinierung und Anpassung der EU-Unterstützung zu fördern, wird die Kommission eine EU-DRR-Lenkungsgruppe einsetzen, der die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten angehören. Die Lenkungsgruppe wird

5.3. Finanzierungsinstrumente der EU24

Die EU wird die Strategie unter Nutzung aller ihr zur Verfügung stehender Instrumente umsetzen. Berücksichtigt wird dabei auch das EU-Ziel, die öffentliche Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2010 auf 0,56 % des BNE aufzustocken25. Einige Mitgliedstaaten und die Kommission26 erhöhen derzeit ihre finanziellen Mittel für die Katastrophenvorsorge im Rahmen der existierenden Finanzrahmen. Diese Mitteilung hat zwar keine weiteren finanziellen Auswirkungen und die Maßnahmen werden innerhalb des geltenden Finanzrahmens 2007-2013 finanziert, sie gewährleistet jedoch, dass sich die bestehenden Instrumente ergänzen und bestmöglich genutzt werden. Dazu gehört auch die bessere Verknüpfung der Mittel für die Katastrophenvorsorge, die im Rahmen der Entwicklungsinstrumente und der Instrumente für humanitäre Hilfe verfügbar sind.

Die Europäische Kommission kann in diesem Zusammenhang in erster Linie auf den Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) und die Instrumente des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften zurückgreifen27. Die einzelnen DRR-Zuweisungen werden in den für alle Entwicklungsregionen erstellten Länder- und Regionalstrategiepapieren, in den AKP-internen Programmen, den Programmen zur Vorbereitung auf Dürren und den DIPECHO-Programmen im Zusammenhang mit humanitärer Hilfe sowie in den thematischen Programmen über Ernährungssicherheit und Umwelt/natürliche Ressourcen festgelegt. So sollen beispielsweise aus im 10. EEF für die AKP-interne Zusammenarbeit28 vorgesehenen Mitteln 180 Mio. EUR für die Katastrophenvorsorge bereitgestellt werden. Die Kommission wird Möglichkeiten einer Verknüpfung zwischen den oben genannten Mittelzuweisungen prüfen. Durch das 7. Forschungsrahmenprogramm und das Gemeinsame Forschungszentrum der Kommission werden ebenfalls Forschung und Instrumente im Bereich Gefahren, Risiken und Katastrophen in einem erheblichen Maße unterstützt.

Darüber hinaus wird die EU untersuchen, inwieweit zusätzlich zu der vorhandenen öffentlichen Entwicklungshilfe innovative Finanzmittel zugunsten der Katastrophenvorsorge und der Anpassung an den Klimawandel mobilisiert werden können. Der Mechanismus zur Finanzierung der Bewältigung der Auswirkungen des Klimawandels, der derzeit von der Kommission entwickelt wird, könnte ein solches Instrument sein.