Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Beschluss des Europäischen Parlaments über die an der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments vorzunehmenden Änderungen zur Festlegung von Verhaltensregeln für die Mitglieder des Europäischen Parlaments

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments Entschließung in der Sitzung am 19. Januar 2006 angenommen.

Beschluss des Europäischen Parlaments über die an der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments vorzunehmenden Änderungen zur Festlegung von Verhaltensregeln für die Mitglieder des Europäischen Parlaments (2005/2075(REG))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass sichergestellt werden muss, dass es seiner Arbeit in einem würdigen Rahmen nachgehen kann, während gleichzeitig der lebendige Charakter der Aussprachen gewahrt bleiben muss,

B. in der Erwägung, dass die derzeitigen Bestimmungen seiner Geschäftsordnung keine Möglichkeit vorsehen, angemessen auf alle Störungen seiner Arbeit und andere Aktivitäten in allen seinen Gebäuden zu reagieren,

C. in der Erwägung, dass, wie in allen parlamentarischen Versammlungen üblich, die Möglichkeit vorgesehen werden muss, Sanktionen gegen diejenigen seiner Mitglieder zu verhängen, die sich nicht an Verhaltensregeln halten, deren wesentliche Grundsätze von ihm festzulegen sind, wobei es gleichzeitig ein internes Beschwerdeverfahren gegen derartige Sanktionsbeschlüsse vorsehen muss, um das Recht auf Verteidigung zu gewährleisten

Derzeitiger Wortlaut Neuer Wortlaut

Abänderung 1
Artikel 9 Überschrift und Absatz 1 Unterabsatz 1

Verhaltensregeln Finanzielle Interessen der Mitglieder, Verhaltensregeln und Zutritt zum Parlament
1. Das Parlament kann für seine Mitglieder Verhaltensregeln beschließen. Diese Regeln werden gemäß Artikel 202 Absatz 2 beschlossen und dieser Geschäftsordnung als Anlage beigefügt. 1. Das Parlament kann Regeln über die Transparenz der finanziellen Interessen seiner Mitglieder beschließen, die dieser Geschäftsordnung als Anlage beigefügt werden.

Abänderung 2
Artikel 9 Absatz 1 a (neu)

1a. Das Verhalten der Mitglieder ist geprägt von gegenseitigem Respekt, beruht auf den in den Grundlagentexten der Europäischen Union festgelegten Werten und Grundsätzen, achtet die Würde des Parlaments und darf weder den ordnungsgemäßen Ablauf der parlamentarischen Arbeit beeinträchtigen noch Ruhestörungen in allen Gebäuden des Parlaments verursachen. Die Nichteinhaltung dieser Grundregeln kann zur Anwendung der in den Artikeln 146, 147 und 148 vorgesehenen Maßnahmen führen.

Abänderung 3
Artikel 9 Absatz 1 b (neu)

1b. Die Anwendung dieses Artikels schränkt weder die Lebhaftigkeit der Parlamentsdebatten noch die Redefreiheit der Mitglieder in irgendeiner Weise ein. Die Anwendung gründet sich auf die uneingeschränkte Achtung der Vorrechte der Mitglieder, wie sie im Primärrecht und in dem für sie geltenden Statut festgelegt sind. Sie beruht auf dem Grundsatz der Transparenz und gewährleistet, dass jede diesbezügliche Bestimmung den Mitgliedern, die persönlich über ihre Rechte und Pflichten unterrichtet werden, zur Kenntnis gebracht wird..

Abänderung 4
Auslegung von Artikel 22 Absatz 3

Unter "Durchführung der Tagungen" fallen auch Fragen betreffend das Verhalten der Mitglieder in allen Gebäuden des Parlaments.

Abänderung 5
Artikel 96 Absatz 3

3. Die Ausschüsse des Parlaments treten grundsätzlich in öffentlicher Sitzung zusammen. Die Ausschüsse können jedoch spätestens zum Zeitpunkt der Annahme der betreffenden Tagesordnung beschließen, die Tagesordnung einer bestimmten Sitzung in öffentlich und unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu behandelnde Punkte zu unterteilen. Findet eine Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, so kann der Ausschuss dennoch Dokumente und Protokolle der Sitzung vorbehaltlich des Artikels 4 Absätze 1 bis 4 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates der Öffentlichkeit zugänglich machen. 3. Die Ausschüsse des Parlaments treten grundsätzlich in öffentlicher Sitzung zusammen. Die Ausschüsse können jedoch spätestens zum Zeitpunkt der Annahme der betreffenden Tagesordnung beschließen, die Tagesordnung einer bestimmten Sitzung in öffentlich und unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu behandelnde Punkte zu unterteilen. Findet eine Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, so kann der Ausschuss dennoch Dokumente und Protokolle der Sitzung vorbehaltlich des Artikels 4 Absätze 1 bis 4 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates der Öffentlichkeit zugänglich machen. Bei Verstößen gegen die Geheimhaltungsvorschriften findet Artikel 147 Anwendung.

Abänderung 6
Titel VI Kapitel 3 a (neu) Überschrift (neu)

Kapitel 3a
Massnahmen bei Nichteinhaltung der Verhaltensregeln
(vor Artikel 146 einzufügen)

Abänderung 7
Artikel 146 Überschrift und Absatz 1

Ordnungsmaßnahmen Sofortmaßnahmen
1. Der Präsident ruft jedes Mitglied, das die Sitzung stört, zur Ordnung. 1. Der Präsident ruft jedes Mitglied, das den ordnungsgemäßen Ablauf der Sitzung stört oder dessen Verhalten nicht mit den einschlägigen Bestimmungen des Artikels 9 in Einklang steht, zur Ordnung.

Abänderung 8
Artikel 146 Absatz 3

3. Bei einem weiteren Verstoß gegen die Ordnung kann der Präsident das Mitglied für den Rest der Sitzung aus dem Plenarsaal verweisen. Der Generalsekretär sorgt mit Hilfe der Saaldiener und nötigenfalls des Sicherheitsdienstes des Parlaments für die unverzügliche Durchführung dieser Ordnungsmaßnahme. 3. Bei fortgesetzter Störung oder einem weiteren Verstoß gegen die Ordnung kann der Präsident dem Mitglied das Wort entziehen und es für den Rest der Sitzung aus dem Plenarsaal verweisen. Bei besonders groben Verstößen gegen die Ordnung kann der Präsident die letztgenannte Maßnahme auch unmittelbar ohne zweiten Ordnungsruf ergreifen. Der Generalsekretär sorgt unverzüglich mit Hilfe der Saaldiener und nötigenfalls des Sicherheitsdienstes des Parlaments für die Durchführung einer solchen Ordnungsmaßnahme.

Abänderung 9
Artikel 146 Absatz 3 a (neu)

3a. Wenn störende Unruhe entsteht, die den Fortgang der Verhandlungen in Frage stellt, unterbricht der Präsident zur Wiederherstellung der Ordnung die Sitzung auf bestimmte Zeit oder schließt sie. Kann er sich kein Gehör verschaffen, so verlässt er den Präsidentenstuhl, und die Sitzung wird dadurch unterbrochen. Zur Fortsetzung der Sitzung beruft der Präsident das Plenum ein.

Abänderung 10
Artikel 146 Absatz 3 b (neu)

3b. Die in den Absätzen 1 bis 3a aufgeführten Befugnisse stehen entsprechend demjenigen zu, der bei Sitzungen von in der Geschäftsordnung vorgesehenen Organen, Ausschüssen und Delegationen den Vorsitz führt.

Abänderung 11
Artikel 146 Absatz 3 c (neu)

3c. Unter Berücksichtigung der Schwere des Verstoßes gegen die Verhaltensregeln kann das Mitglied, das den Sitzungsvorsitz führt, spätestens bis zur nächsten Tagung oder bis zur nächsten Sitzung des betroffenen Organs, des Ausschusses oder der Delegation gegebenenfalls den Präsidenten mit einem Antrag auf Anwendung von Artikel 147 befassen.

Abänderung 12
Artikel 147

Ausschluss von Mitgliedern Sanktionen
1. Bei sehr schwerwiegenden Verstößen gegen die Ordnung oder Störungen der Arbeit des Parlaments kann der Präsident dem Parlament nach einer feierlichen Mahnung sofort oder später, jedoch spätestens während der darauf folgenden Tagung vorschlagen, eine Rüge zu erteilen die die unverzügliche Verweisung aus dem Plenarsaal und den Ausschluss für zwei bis fünf Tage zur Folge hat. 1. Bei außergewöhnlich schwerwiegenden Verstößen gegen die Ordnung oder Störungen der Arbeit des Parlaments unter Missachtung der in Artikel 9 festgelegten Grundsätze erlässt der Präsident nach Anhörung des betroffenen Mitglieds einen mit Gründen versehenen Beschluss über die angemessene Sanktion und teilt ihn dem betroffenen Mitglied und den Vorsitzenden der Organe, Ausschüsse und Delegationen, denen es angehört, mit, bevor er das Plenum davon in Kenntnis setzt.
2. Das Parlament entscheidet über diese Ordnungsmaßnahme zu dem vom Präsidenten festgelegten Zeitpunkt entweder während der Sitzung, in der die betreffenden Vorkommnisse stattgefunden haben, beziehungsweise im Fall einer Störung außerhalb des Plenarsaals, sobald der Präsident darüber unterrichtet wird, spätestens jedoch auf der darauf folgenden Tagung. Das betreffende Mitglied hat das Recht, vor der Abstimmung vom Parlament gehört zu werden. Seine Redezeit beträgt 2. Bei der Bewertung der beobachteten Verhaltensweisen müssen auf der Grundlage der dieser Geschäftsordnung als Anlage beigefügten Leitlinien* ihr punktueller wiederkehrender oder fortgesetzter Charakter und ihr Schweregrad berücksichtigt werden. höchstens fünf Minuten.
3. Über die vorgeschlagene Ordnungsmaßnahme wird ohne Aussprache elektronisch abgestimmt. Anträge gemäß Artikel 149 Absatz 3 sowie gemäß Artikel 160 Absatz 1 sind nicht zulässig. 3. Die verhängte Sanktion kann in einer oder mehreren der folgenden Maßnahmen bestehen:
  • a) Rüge;
  • b) Verlust des Anspruchs auf Tagegeld für die Dauer von zwei bis zehn Tagen;
  • c) unbeschadet der Ausübung des Stimmrechts im Plenum und in diesem Fall vorbehaltlich der strengen Einhaltung der Verhaltensregeln vorübergehende Suspendierung von der Teilnahme an allen oder einem Teil der Tätigkeiten des Parlaments für die Dauer von zwei bis zehn aufeinander folgenden Tagen, an denen das Parlament oder eines seiner Organe, Ausschüsse oder Delegationen Sitzungen abhält;
  • d) Befassung der Konferenz der Präsidenten mit einem Vorschlag gemäß Artikel 18 über die Aussetzung oder Beendigung der Ausübung eines oder mehrerer gewählter Ämter innerhalb des Parlaments.
* Siehe Anlage XVIa

Abänderung 13
Artikel 148

Störende Unruhe Interne Beschwerdeverfahren
Wenn im Plenum störende Unruhe entsteht die den Fortgang der Verhandlungen in Frage stellt, unterbricht der Präsident zur Wiederherstellung der Ordnung die Sitzung auf bestimmte Zeit oder schließt sie. Kann er sich kein Gehör verschaffen, so verlässt er den Präsidentenstuhl, und die Sitzung wird dadurch unterbrochen. Zur Fortsetzung der Sitzung beruft der Präsident das Plenum ein. Das betroffene Mitglied kann binnen zwei Wochen ab der Mitteilung der vom Präsidenten verhängten Sanktion beim Präsidium eine interne Beschwerde einreichen durch die die Anwendung der Sanktion ausgesetzt wird. Das Präsidium kann unbeschadet der dem Betroffenen zustehenden externen Beschwerdemöglichkeiten spätestens vier Wochen nach Eingang der Beschwerde das Ausmaß der verhängten Sanktion widerrufen bestätigen oder verringern. Ergeht innerhalb der festgesetzten Frist kein Beschluss des Präsidiums, gilt die Sanktion als null und nichtig.

Abänderung 14
Anlage XVI a (neu)

Anlage XVIa
Leitlinien für die Auslegung der Verhaltensregeln für die Mitglieder

1. Es sollte unterschieden werden zwischen visuellen Äußerungen, die geduldet werden können solange sie nicht verletzend und/oder diffamierend wirken, ein vernünftiges Maß nicht überschreiten und keine Konflikte erzeugen, und Verhaltensweisen, durch die eine parlamentarische Tätigkeit gleich welcher Art aktiv gestört wird.
2. Die Mitglieder sind für Personen, die sie beschäftigen oder denen sie Zutritt zum Parlament verschafft haben, verantwortlich wenn diese in den Gebäuden des Parlaments die für die Mitglieder geltenden Verhaltensregeln nicht einhalten.
Diese Personen und alle anderen parlamentsfremden Personen, die sich in den Gebäuden des Parlaments aufhalten, unterstehen der Ordnungsgewalt des Präsidenten oder seiner Vertreter.