Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Dreiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes
(23. BAföGÄndG)

871. Sitzung des Bundesrates am 4. Juni 2010

Der federführende Ausschuss für Kulturfragen (K), der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS), der Ausschuss für Frauen und Jugend (FJ), der Ausschuss für Familie und Senioren (FS) und der Finanzausschuss (Fz) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

Zum Gesetzentwurf allgemein 1. Der Bundesrat lehnt den Gesetzentwurf ab.

2. Der Bundesrat stellt fest, dass die mit dem Gesetzentwurf verbundenen Mehrausgaben von jährlich 382,0 Mio. Euro im Jahre 2011, wovon 172,9 Mio. Euro auf die Länder entfallen, angesichts der Haushaltslage nicht finanzierbar sind, zumal diese Beträge sich noch um Mehrausgaben bei der Bundesagentur für Arbeit von 27,5 Mio. Euro und im Bundeshaushalt für SGB II von 3,2 Mio. Euro sowie nicht bezifferbare Verwaltungsmehraufwendungen der Länder erhöhen.

3. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a1 - neu - (§ 2 Absatz 5 Satz 1a - neu - BAföG)

In Artikel 1 Nummer 1 ist nach Buchstabe a folgender Buchstabe a1 einzufügen:

Begründung

Ausbildungen in Teilzeitform sind bisher nicht förderungsfähig. Teilzeitausbildungen werden im Bereich der Berufsbildenden Schulen häufig angeboten, damit junge Eltern Ausbildung und Kindererziehung vereinbaren können. Ebenso ist damit zu rechnen, dass auch im Hochschulbereich in den Ländern zunehmend sowohl Bachelor- als auch Masterstudiengänge in Teilzeitform angeboten werden.

Es ist notwendig, die Ausbildungsförderung nach dem BAföG an die familienfreundlichen Ausbildungsangebote anzupassen. Darüber hinaus soll die Ausbildungsförderung auch gewährt werden können, wenn aus sonstigen schwerwiegenden Gründen die Ausbildung nur in Teilzeitform möglich ist.

Die Förderung einer Teilzeitausbildung setzt voraus, dass in einem Ausbildungsabschnitt, also beispielsweise in einem Unterrichtsjahr oder in einem Semester, mindestens die Hälfte einer möglichen Vollzeitausbildung absolviert werden kann.

4. Zu Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a (§ 10 Absatz 3 Satz 1 BAföG)

In Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a sind die Wörter "das 35. Lebensjahr" durch die Wörter "nach Ablauf von fünf Jahren seit der Ablegung der Abschlussprüfung des vorangegangenen Studienganges" zu ersetzen.

Begründung

§ 10 Absatz 3 Satz 1 BAföG ist bisher wie folgt gefasst:

5. Zu Artikel 1 Nummer 9a - neu - (§ 15 Absatz 3 Nummer 5 BAföG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 9 folgende Nummer 9a einzufügen:

Begründung

§ 15 Absatz 3 BAföG regelt die Gründe für eine Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus für eine angemessene Zeit. Nummer 5 erfasst bisher die Verzögerung der Ausbildung infolge einer Behinderung, einer Schwangerschaft oder der Pflege und Erziehung eines Kindes bis zu zehn Jahren. Künftig sollen die Pflege und Erziehung eines Kindes bis zu vierzehn Jahren sowie die Pflege eines nahen Angehörigen in die Bestimmung einbezogen werden.

6. Zu Artikel 1 Nummer 10a - neu - (§ 15b Absatz 2 Satz 2 und Satz 3 - neu - BAföG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 10 folgende Nummer 10a einzufügen:

Begründung

Ausbildungsförderung wird nach Absatz 3 bis zum Ablauf des Monats geleistet, in dem der letzte Prüfungsteil abgeleistet wurde. Bei anschließender Aufnahme eines Master-Studiums wird nach Absatz 1 in Verbindung mit § 15 Absatz 1 Ausbildungsförderung mit Anfang des Monats geleistet, in dem die Lehrveranstaltungen beginnen. Dadurch kann zwischen dem Ende des Bachelor-Studiums und Beginn des Master-Studiums eine Förderlücke entstehen. Mit der vorgeschlagenen Änderung wird die ununterbrochene Fördermöglichkeit bei unmittelbarem Übergang vom Bachelor-Studium zum Master-Studium eröffnet.

7. Zu Artikel 1 Nummer 15 Buchstabe a Doppelbuchstabe cc - neu - (§ 21 Absatz 1 Satz 5 BAföG)

In Artikel 1 Nummer 15 Buchstabe a ist nach Doppelbuchstabe bb folgender Doppelbuchstabe cc einzufügen:

Begründung

Nach § 21 Absatz 1 Satz 5 in seiner derzeitigen Fassung gelten Leibrenten, einschließlich Unfallrenten, mit dem Betrag, der nicht steuerlich erfasst ist, und Versorgungsrenten als Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit. Für die Rentenberechnung im BAföG können deshalb nicht die Angaben des Steuerbescheides zugrunde gelegt, sondern es müssen mit erheblichem Aufwand die steuerlich nicht erfassten Beträge ermittelt werden.

Auch im Rahmen der vom Nationalen Normenkontrollrat vorgelegten Studie "Einfacher zum Studierenden-BAföG" vom März 2010 wurde eine Pauschalierung des Abzugs von dem Einkommen aus Renten von den Ämtern für Ausbildungsförderung vorgeschlagen. Durch diese gesetzliche Regelung entfallen für die Ämter komplizierte Berechnungsmethoden.

8. Zu Artikel 1 Nummer 17 Buchstabe c - neu - (§ 24 Absatz 3 Satz 3 BAföG)

In Artikel 1 ist der Nummer 17 folgender Buchstabe c anzufügen:

Begründung

Die Entkopplung von Vorbehalten der Nachprüfung bei BAföG- und Steuerbescheiden wurde auch im Rahmen der vom Nationalen Normenkontrollrat vorgelegten Studie "Einfacher zum Studierenden-BAföG" vom März 2010 von seiten der Ämter für Ausbildungsförderung vorgeschlagen.

Bisher ist in Fällen, in denen Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 der Abgabenordnung ergangen sind, die Ausbildungsförderung unter dem Vorbehalt der Rückforderung zu leisten. Über den Antrag ist abschließend zu entscheiden, wenn die Steuerfestsetzung endgültig erfolgt oder durch Fristablauf endgültig wirksam geworden ist (VwV zu § 24 Absatz 2, Tz. 24.2.1).

Nach den vom Normenkontrollrat durchgeführten Erhebungen wurden in nur wenigen Fällen der vorgelegten vorläufigen Steuerbescheide Neuberechnungen der Einkommensteuer durchgeführt. Aufgrund der eingetretenen Änderungen war der Anpassungsbedarf hinsichtlich des BAföG-Anspruchs nur gering.

Die vorbehaltlose Bewilligung der Ausbildungsförderung aufgrund der Vorlage vorläufiger Steuerbescheide führt zu einer deutlichen Vereinfachung und Entlastung sowohl für die Antragstellung als auch für die Antragsbearbeitung.

9. Zu Artikel 1 Nummer 24a - neu - ( § 49 Absatz 3 BAföG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 24 folgende Nummer 24a einzufügen:

Begründung

Nach § 49 Absatz 3 BAföG kann das Amt für Ausbildungsförderung den Nachweis der für eine Ausbildung im Ausland ausreichenden Sprachkenntnisse verlangen. Auf den Sprachnachweis kann verzichtet werden, da Sprachkenntnisse in der Regel ohnehin für die Zulassung an der entsprechenden Hochschule im Ausland nachgewiesen werden müssen.

Der Verzicht wurde auch im Rahmen der vom Nationalen Normenkontrollrat vorgelegten Studie "Einfacher zum Studierenden-BAföG" vom März 2010 seitens der befragten Studierenden und Ämter für Ausbildungsförderung vorgeschlagen. Er vereinfacht die Antragstellung und Antragsbearbeitung bei der Gewährung von Leistungen für die Ausbildung im Ausland.

10. Zu Artikel 2 Nummer 12 (§ 30 Absatz 4 AFBG)

In Artikel 2 Nummer 12 § 30 Absatz 4 sind die Wörter "oder Maßnahmeabschnitte" zu streichen.

Begründung

Die vorgeschlagene Änderung würde zu einer Entlastung der Verwaltung beim Vollzug des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes führen. Des Weiteren würden die Antragsteller, deren Maßnahmeabschnitt zwischen dem 1. August 2010 und dem 30. September 2010 endet, nicht verunsichert, indem sie zunächst einen Bescheid zur Verkürzung des Bewilligungszeitraumes - unter den bisherigen Konditionen - und dann einen neuen Bescheid erhalten, der den Bewilligungszeitraum - unter den neuen Konditionen - wieder verlängert.

Außerdem könnte es ohne diese Änderung dazu kommen, dass die KfW bestehende Darlehensverträge kündigen und einen Monat später neu abschließen muss.

Die vorgeschlagene Änderung würde eine Verringerung der Mehrausgaben durch das 23. BAföGÄndG bewirken. Für alle Vollzeitfälle mit Ende des Bewilligungszeitraumes ab August 2010 würde die Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge nicht bereits zum 1. August 2010 sondern erst zum 1. Oktober 2010 in Kraft treten.

11. Menschen aus allen Bevölkerungsschichten und mit unterschiedlichen Bildungsbiografien muss die Chance eröffnet werden, sich bestmöglich zu qualifizieren. Dazu müssen die Studienangebote den Anforderungen der jeweiligen Zielgruppe gerecht und insbesondere Teilzeit-, berufsbegleitende und modularisierte Studiengänge verstärkt angeboten werden. Die mit diesem zusätzlichen Aufwand für die Hochschulen verbundenen Kosten kann nicht jeder Studierende ohne weiteres finanzieren. Entsprechende Förderungsinstrumente zur Studienfinanzierung müssen daher entwickelt und zur Verfügung gestellt werden (Stichwort "Lebenslanges Lernen").

12. Der Bundesrat hält es für notwendig, eine breit angelegte Diskussion anzustoßen, wie in den Bereichen der beruflichen Aus- und Weiterbildung auf die künftigen gesellschaftlichen Entwicklungen und die Anforderungen, die aus der Arbeitswelt auf die Beschäftigten zukommen, angemessen reagiert werden kann und muss. Hierbei handelt es sich um komplexe Fragestellungen. Das zur gegenwärtigen Beratung anstehende 23. BAföGÄndG, dessen allgemeine Zielsetzungen dem Grunde nach uneingeschränkt zu begrüßen sind, kann hierauf noch keine Antwort geben. Grundlegende konzeptionelle und politische Überlegungen müssen zunächst im Fokus stehen.

13. Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung aufgefordert, im Rahmen eines künftigen 24. BAföGÄndG oder im Rahmen anderer Förderungsinstrumente (z.B. Studienkredite) in Zusammenarbeit mit den Ländern Lösungsvorschläge für die Themenfelder Förderung von berufsbegleitendem Studium, Teilzeitstudium und modularisierten Studiengängen zu erarbeiten und vorzulegen.

14. Zum Gesetzentwurf allgemein

Die Bundesregierung wird gebeten, die Verwaltungsvorschriften zum BAföG unmittelbar nach Inkrafttreten des 23. BAföGÄndG gemeinsam mit den Ländern zu überarbeiten.

Begründung

Die Verwaltungsvorschriften sind die Grundlage für einen einheitlichen Vollzug des BAföG durch die Länder. Sie bedürfen einer Anpassung an die aktuelle Rechtslage. Darüber hinaus sind auch die Vereinfachungsvorschläge des Nationalen Normenkontrollrats zu berücksichtigen.