Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung

979. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2019

A

Der federführende Ausschuss für Kulturfragen (K), der Ausschuss für Arbeit, Integration und Soziales (AIS), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa - neu - (§ 5 Absatz 1 Nummer 3 BBiG)

In Artikel 1 Nummer 5 ist Buchstabe a wie folgt zu fassen:

"a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die Aufnahme des Kompetenzbegriffs in das BBiG vollzieht gelebte Praxis im Berufsbildungsbereich auf der gesetzlichen Ebene nach. Die Hauptausschuss-Empfehlung 160 sieht die Kompetenzorientierung in der Ordnung der Berufsbildung vor. Mit der Umsetzung der Empfehlung finden die Kompetenzorientierung und das Kompetenzverständnis des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) Eingang in Ausbildungsordnungen. Hierfür wird nunmehr die erforderliche gesetzliche Grundlage geschaffen.

Kompetenz bezeichnet im DQR die Fähigkeit und Bereitschaft der Einzelnen, Kenntnisse und Fertigkeiten sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten zu nutzen und sich durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten. Kompetenz wird in diesem Sinne als umfassende Handlungskompetenz verstanden. Der DQR unterteilt Kompetenz in die Dimensionen Fachkompetenz, differenziert nach Wissen und Fertigkeiten, und personale Kompetenz, differenziert nach Sozialkompetenz und Selbstständigkeit. Im Evaluierungsbericht zum BBiG aus dem Jahr 2016 wird empfohlen, die Aufnahme des Kompetenzverständnisses des DQR in die Ordnung der beruflichen Bildung gesetzlich zu unterlegen.

2. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 7a Absatz 2 Satz 1 BBiG), Artikel 2 Nummer 5 (§ 27b Absatz 2 Satz 1 HwO)

Begründung:

Zu Buchstabe a:

In der Regel umfassen Teilzeitausbildungen um die 30 Wochenstunden. Der Berufsschulunterricht bleibt ungekürzt. Das reicht vollkommen aus, um die praktischen und theoretischen Inhalte der Ausbildung zu vermitteln. Ein großer Teil der Menschen, die - um weitere Anforderungen mit der Ausbildung vereinbaren zu können - eine Teilzeitausbildung benötigen, ist überdurchschnittlich gut organisiert. Die reine Stundenzahl der Ausbildungsdauer im praktischen Bereich ist nicht qualitätsentscheidend, denn engagierte Ausbilder können auch in der Verkürzung ausreichend Berufspraxis unter praktischer Anleitung vermitteln. Eine Verlängerung der Ausbildungsdauer bei Teilzeit führt bisher bereits dazu, dass das letzte Berufsschuljahr inhaltsgleich wiederholt wird.

Bundesweit zeigen Teilzeitausbildungsprojekte, dass die bisherige Zielgruppe der Familiensorgenden auch mit verkürzter Ausbildungszeit überwiegend gute Abschlüsse erzielt. Ein Teil zieht zusätzlich zur Reduzierung der Ausbildungsdauer noch die Prüfungen vor, was einer weiteren Reduzierung entspricht. Deshalb ist eine schematischregelhafte Verlängerung der Ausbildungsdauer nicht angemessen. Hier wäre jeweils der Einzelfall zu prüfen und nur bei Bedarf entsprechend zu verlängern - sonst wird aus der Teilzeitausbildung letztlich doch eine (gestreckte) Vollzeitausbildung.

Es geht ja gerade darum, dass nicht grundsätzlich die Ausbildungsdauer bis zum eineinhalbfachen verlängert wird, sondern nur dort, wo die Teilzeitausbildung tatsächlich Ausbildungsdefizite mit sich bringen würde.

Zu Buchstabe b:

Die vorgeschlagene Änderung in Artikel 2 vollzieht die gewünschte Änderung im Berufsbildungsgesetz auch in der Handwerksordnung nach.

3. Zu Artikel 1 Nummer 8a - neu - (§ 16 Absatz 2 Satz 2 - neu - BBiG), Nummer 25 (§ 53b Absatz 5 - neu -, § 53c Absatz 5 - neu -, § 53d Absatz 5 - neu - BBiG), Zu Artikel 2 Nummer 8 Buchstabe a - neu - (§ 31 Absatz 2 Satz 2 - neu - HwO), Nummer 17 (§ 42b Absatz 5 - neu -, § 42c Absatz 5 - neu -, § 42d Absatz 5 - neu - HwO)

Begründung:

Zu Buchstabe a:
Zu Doppelbuchstabe aa:

Um Qualifikationen in den Mitgliedstaaten der EU besser vergleichbar zu machen und damit der zunehmenden Mobilität in Europa Rechnung zu tragen, wurde der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) entwickelt. Die Umsetzung für das Deutsche Bildungs- und Qualifikationssystem erfolgt durch den Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR). Bezüge zwischen dem DQR und dem EQR stellen europaweite Transparenz sicher. Der DQR ordnet die formalen Qualifikationen des deutschen Bildungssystems acht Niveaus zu, die denen des EQR entsprechen.

Langfristig sollen im DQR nicht nur schulische, akademische und berufliche, sondern auch nonformal und informell erworbene Qualifikationen abgebildet werden. So soll ein Rahmen für lebenslanges Lernen geschaffen werden.

Der DQR soll das deutsche Qualifikationssystem transparenter machen und die Gleichwertigkeit insbesondere beruflicher und akademischer Abschlüsse sichtbar machen. Damit kann der DQR zu einer verbesserten Durchlässigkeit und zu einer höheren Attraktivität der beruflichen Bildung beitragen. Indem die Transparenz auch für die Arbeitgeberseite erhöht wird, kann der DQR außerdem einen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten.

Seit 2014 erfolgt schrittweise die Ausweisung der DQR-/EQR-Niveaus auf neu ausgestellten Qualifikationsbescheinigungen. Damit setzt Deutschland die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen um, Zertifikate im Bildungsbereich mit einem klaren Verweis auf das zutreffende Niveau des EQR zu versehen. Grundlage für die Umsetzung ist Artikel 2 Absatz 1 des Gemeinsamen Beschlusses zum Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (Bundesanzeiger vom 20. November 2013). Seit 1. Januar 2014 wird in Zeugnissen von Abschluss-, Gesellen- und Umschulungs- sowie Fortbildungsprüfungen gemäß Berufsbildungsgesetz und Handwerksordnung die Zuordnung des Abschlusses zum jeweiligen Niveau im DQR und EQR ausgewiesen. Dem zugrunde liegt ein Beschluss des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB).

Nunmehr wird eine gesetzliche Grundlage für die Angabe des DQR-Niveaus geschaffen. Damit w i.d.R. chtssicherheit geschaffen und der wachsenden Bedeutung des DQR Rechnung getragen.

Zu Doppelbuchstabe bb:

Um die Einheitlichkeit von Zeugnissen sicherzustellen, empfiehlt der BIBB-Hauptausschuss in seiner Empfehlung Nummer 164 für alle anerkannten Fortbildungsabschlüsse ein einheitliches Zeugnismuster. Danach soll das jeweilige Zeugnis das Niveau des DQR ausweisen. Der Beschluss soll bis zu einer rechtlichen Verankerung des DQR wirksam sein. Mit der vorgeschlagenen Formulierung wird klargestellt, dass für die neuen Fortbildungsstufen im BBiG und der HwO die Vorgaben über die Zeugnisausstellung unmittelbar gelten. Das Zeugnismuster wird als Anlage zum Gesetz aufgenommen.

4. Zu Artikel 1 Nummer 9 (§ 17 Absatz 8 - neu - BBiG)

In Artikel 1 Nummer 9 ist dem § 17 folgender Absatz 8 anzufügen:

(8) Die Regelungen nach Absatz 3 Satz 1 und 2 gelten bis zum 31. Dezember 2021."

Begründung:

Mit der beabsichtigten Einführung einer Mindestvergütung für Auszubildende im Berufsbildungsgesetz soll die duale Ausbildung attraktiver gestaltet und die berufliche Bildung dadurch auch insgesamt gestärkt werden. Insbesondere als gesetzlich fixierte Untergrenze kann die angestrebte Mindestvergütung dazu beitragen, die Attraktivität der dualen Ausbildung - und hier vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen - zu steigern.

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht die Möglichkeit der Unterschreitung der Mindestvergütung vor, sofern die Tarifvertragsparteien dies gemeinschaftlich vereinbaren (Tarifvorbehalt). Dies ist aber nicht als Übergangsregelung gestaltet, sondern unbefristet möglich.

Die dadurch entstehende Möglichkeit einer gezielten und unbefristeten Unterschreitung der Mindestvergütung läuft aber der zugrunde liegenden Intention des Gesetzentwurfs, die duale Ausbildung zu stärken und eine adäquate Vergütung im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung zu gewähren, entgegen. Es ist daher geboten, für die vorgesehene Tariföffnung eine zeitliche Befristung vorzusehen. Eine Übergangsfrist von zwei Jahren ist dabei ausreichend und sachgerecht.

Die Mindestvergütung würde dementsprechend spätestens ab dem 1. Januar 2022 flächendeckend und für alle Auszubildenden gleichermaßen verbindlich gelten. Dies entspricht auch dem Anspruch des Gesetzesvorhabens, Verbesserungen im System der Beruflichen Bildung zukunftsorientiert und zeitnah umzusetzen.

5. Zu Artikel 1 Nummer 11 (§ 19 Absatz 2 BBiG)

In Artikel 1 Nummer 11 ist die Angabe "Absatz 5" durch die Angabe "Absatz 6" zu ersetzen.

Begründung:

Der bisherige § 19 Absatz 2 verweist auf die Sachbezugswerte nach dem bisherigen § 17 Absatz 2. Der neue § 17 Absatz 5 betrifft jedoch die Mindestvergütung für Auszubildende in Teilzeitausbildung. Die Regelung zu den Sachbezugswerten findet sich im neuen § 17 Absatz 6.

Offenbar enthält Artikel 1 Nummer 11 einen falschen Verweis und es ist eigentlich Absatz 6 gemeint. Dies soll korrigiert werden.

6. Zu Artikel 1 Nummer 13a - neu - (§ 30 Absatz 1 BBiG), Artikel 2 Nummer 01 - neu - ( § 22b Absatz 1 HwO), Nummer 30 Buchstabe b - neu - (§ 45 Absatz 3 HwO), Nummer 33 Buchstabe a - neu - (§ 51a Absatz 3 Satz 2 HwO)

Begründung:

Zu Buchstabe a:

§ 30 Absatz 1 BBiG bestimmt in Verbindung mit § 28 Absatz 1 Satz 2 BBiG, dass zur Ausbildung von Auszubildenden fachlich nur geeignet ist, wer die beruflichen sowie die berufs- und arbeitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die für die Vermittlung der Ausbildungsinhalte erforderlich sind.

Durch die vorgesehene Ergänzung von § 30 BBiG wird erreicht, dass alle Ausbilderinnen und Ausbilder insbesondere auch über die "Kompetenz zur Förderung von Integration und Inklusion" verfügen müssen. Diese Kompetenz ist angesichts der demografischen Veränderungen und der aktuellen gesellschaftspolitischen Zielsetzungen von herausragender Bedeutung für die Qualität und den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung.

Immer mehr Jugendliche haben einen Migrationshintergrund. Sie sollen dieselben Ausbildungschancen wie Jugendliche ohne Migrationshintergrund haben.

Auch sollen möglichst viele Jugendliche mit Behinderungen Inklusion erfahren und eine Ausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erhalten.

Integration und Inklusion setzen entsprechend kompetente und aufgeschlossene Ausbilderinnen und Ausbilder voraus. Die geforderte Integrations- und Inklusionskompetenz trägt wesentlich dazu bei, dass der Betriebsalltag für alle Seiten gut funktioniert, die Jugendlichen die Ausbildung erfolgreich abschließen und die Unternehmen sich das vorhandene Potenzial für benötigte Fachkräfte erschließen können.

Für alle Ausbilderinnen und Ausbilder sollte Integrations- und Inklusionskompetenz selbstverständlich sein.

Die Kompetenz zur Förderung von Integration und Inklusion ist den "berufs- und arbeitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten" zuzuordnen. Näheres hierzu kann daher auf der Grundlage von § 30 Absatz 5 BBiG durch das BMBF nach Anhörung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung in der Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO) geregelt werden.

Zu Buchstabe b:

Parallel zur Ergänzung von § 30 BBiG sind Ergänzungen in der Handwerksordnung vorzunehmen. Soweit in den § 22b Absatz 1, § 45 Absatz 3 und § 51a Absatz 3 Satz 2 HwO auf berufs- und arbeitspädagogische Kenntnisse Bezug genommen wird, ist hier jeweils ebenfalls zu ergänzen, dass diese insbesondere die Kompetenz zur Förderung von Integration und Inklusion umfassen.

Näheres kann in § 4 der Verordnung über die Meisterprüfung in den Teilen III und IV im Handwerk und in handwerksähnlichen Gewerben (Allgemeine Meisterprüfungsverordnung - AMVO) bestimmt werden. Hier sind die vom Meisterprüfling nachzuweisenden berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse beschrieben. Diese sind weitgehend identisch mit den Inhalten der AEVO. Die AMVO wird vom BMWi im Einvernehmen mit dem BMBF erlassen.

7. Zu Artikel 1 Nummer 14 (§ 34 Absatz 2 Nummer 1, 2, 5, 6 BBiG), Nummer 33 (§ 88 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a, f, l, Absatz 2 - neu -, 3 - neu -, 4 - neu -, 5 - neu -, 6 - neu - BBiG), Artikel 2 Nummer 7a - neu - (§ 28 Absatz 8 HwO), Nummer 39 Buchstabe b (Anlage D Abschnitt III Nummer 3 Buchstabe a, Nummer 4 HwO)

Begründung:

Die Berufsbildungsstatistik stellt eine zentrale Datenquelle für die Planung und Ordnung der Berufsbildung, die Berufsbildungspraxis und die Berufsbildungsforschung dar. Ein erheblicher Mangel besteht darin, dass vollständige Ausbildungsverläufe innerhalb des Systems der dualen Berufsausbildung nicht bei Vertragslösungen oder mehreren Ausbildungsverträgen einer Person erfasst werden (Mehrfachausbildung/Fortführung einer zweijährigen Ausbildung). Die Daten aus den verschiedenen Verträgen einer Person können nicht verknüpft werden. Außerdem können Datenmeldungen verschiedener Berichtsjahre zum gleichen Vertrag nicht verknüpft werden, sodass Änderungen von Vertragsmerkmalen nicht nachvollzogen werden können (zum Beispiel beim Wechsel von Vollzeit- zur Teilzeitausbildung).

Im Rahmen der vorgeschlagenen Verlaufsstatistik erfolgt eine Verknüpfung der sowieso jährlich erhobenen Daten zu verschiedenen Ausbildungsverhältnissen.

Damit können insbesondere Ausbildungsverläufe innerhalb des Systems der dualen Berufsausbildung auch im Falle von Vertragslösungen oder mehreren Ausbildungsverträgen einer Person erfasst werden. Vertragslösungen können von "echten" Ausbildungsabbrüchen unterschieden werden. Damit kann die in der Öffentlichkeit oft in ihrer Dimension überzogene Darstellung von Ausbildungsabbrüchen vermieden werden. Einem Imageschaden der dualen Berufsausbildung kann so vorgebeugt werden.

Die Weiterentwicklung der Berufsbildungsstatistik analog zur Hochschulstatistik nach dem Hochschulstatistikgesetz trägt der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung Rechnung. Sowohl die Wirtschaftsministerkonferenz als auch die Arbeits- und Sozialministerkonferenz haben mit ihren Beschlüssen vom 29./30. Juni 2017 bzw. 6./7. Dezember 2017 eine Weiterentwicklung der Berufsbildungsstatistik zu einer Verlaufsstatistik gefordert. Ihre Umsetzung ist daher längst überfällig und sollte anlässlich der BBiG-Novelle dringend vollzogen werden.

Den Anforderungen an den Datenschutz wird mit den vorgesehenen statistischen Methoden Rechnung getragen. Analog zur Einführung der Verlaufsstatistik für die Hochschulstatistik nach dem Hochschulstatistikgesetz werden hierfür über die Erhebung von auszubildendenbezogenen Hilfsmerkmalen eindeutige, nicht rückverfolgbare Pseudonyme gebildet. Rückschlüsse auf Einzelpersonen und deren Ausbildungsverläufe innerhalb des Berufsbildungssystems sind somit nicht möglich und auch nicht von Interesse.

§ 88 BBiG-E regelt, welche Merkmale die jährliche Bundesstatistik erfasst und wie die Verlaufsstatistik zu führen ist. Um den Aufwand für die auskunftspflichtigen zuständigen Stellen zu begrenzen, sollten möglichst alle zu meldenden Merkmale, die in § 88 BBiG-E geregelt sind, im Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse nach § 34 BBiG-E enthalten sein. Deshalb sieht der Gesetzentwurf die Harmonisierung beider Paragraphen vor. Die Weiterentwicklung zur Verlaufsstatistik macht jedoch die zusätzliche Erfassung der Hilfsmerkmale Geburtsname und Geburtsort nach § 88 Absatz 2 BBiG-E erforderlich. Durch den Vorschlag wird § 34 BBiG-E deswegen um diese Angaben ergänzt. Angesichts des Harmonisierungsvorhabens des Bundes und des zusätzlichen Erkenntnisgewinns auch für die zuständigen Stellen ist der zusätzliche Verwaltungsaufwand als gering einzustufen.

Zudem macht die Verlaufsstatistik die Erhebung des Merkmals "vorherige Berufsausbildung" in § 34 Absatz 2 Nummer 2 BBiG-E insoweit überflüssig, als es die duale Berufsausbildung betrifft. Lediglich hinsichtlich der schulischen Berufsausbildung ist noch die Erfassung erforderlich. Mit dieser Einschränkung des Erhebungsmerkmals verringert sich der Erhebungsaufwand für die zuständigen Stellen und die statistischen Ämter der Länder enorm. Bisherige Erfahrungen mit der Berufsbildungsstatistik haben gezeigt, dass insbesondere die Angaben zu vorheriger dualer Berufsausbildung mit erheblichem Aufwand aufgrund von Plausibilisierungen und Rückfragen bei Unstimmigkeiten der Datenmeldungen verbunden sind.

In Summe dient die Weiterentwicklung der Berufsbildungsstatistik zu einer Verlaufsstatistik damit auch dem Bürokratieabbau.

Die Ausführungen zu § 34 BBiG-E gelten entsprechend für Anlage D Abschnitt III HwO-E (Lehrlingsrolle) mit der Ausnahme, dass hier der Geburtsname nach dem Gesetzentwurf bereits erfasst ist. Damit ist der zusätzliche Verwaltungsaufwand für die Handwerkskammern noch geringer.

8. Zu Artikel 1 Nummer 14 (§ 34 Absatz 2 Nummer 2 BBiG)

In § 34 Absatz 2 Nummer 2 sind die Wörter "Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung" durch die Wörter "oder beruflicher Qualifizierung" zu ersetzen.

Begründung:

In § 34 Absatz 2 BBiG wird bestimmt, welche Eintragungen das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse umfasst. Dabei wird in § 34 Absatz 2 Nummer 2 BBiG-E die vorausgegangene Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung aufgeführt. Die berufliche Grundbildung ist mit der Änderung des BBiG in 2005 mit dem Wegfall der Anrechnungsverordnungen bis spätestens 2007 nicht mehr ländereinheitlich durch ein Bundesgesetz vorgegeben. Vor diesem Hintergrund wird eine den Regelungen aller Länder entsprechende Formulierung für notwendig erachtet. Diese ist durch den Ersatz des Wortes "Grundbildung" durch das Wort "Qualifizierung" möglich, da diese alle in den Ländern durchaus unterschiedlich vorgesehenen Bildungsgänge und länderspezifischen Anrechnungsverordnungen abdeckt. Die erforderliche Abgrenzung zu dem Begriff "Berufsausbildung" ist gegeben, da diese unter § 34 Absatz 2 Nummer 2 BBiG-E in der Aufzählung direkt folgt.

9. Zu Artikel 1 Nummer 16 (§ 37 Absatz 3 Satz 2, 3 BBiG)

In Artikel 1 Nummer 16 § 37 Absatz 3 sind Satz 2 und 3 durch folgenden Satz zu ersetzen:

"Das Ergebnis berufsschulischer Leistungsfeststellungen ist als Durchschnittsnote auf dem Zeugnis auszuweisen, sofern die oder der Auszubildende dem nicht durch Antrag widerspricht."

Begründung:

Der regelmäßige Berufsschulbesuch ist für das Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich. Hier werden Schülerinnen und Schülern berufsbezogene und berufsübergreifende Lerninhalte vermittelt. Es ist daher angezeigt, die an diesem Lernort erbrachten Leistungen im Abschlusszeugnis auszuweisen.

In den Ländern haben sich zwischen den zuständigen Stellen und den Berufsschulen Verfahren zur Übermittlung der Berufsschulabschlussnote etabliert, die auch weiterhin Anwendung finden können. Die im Gesetzentwurf vorgesehene "Antragsregelung" entspricht nicht der Bedeutung des Lernortes Berufsschule.

10. Zu Artikel 1 Nummer 16 (§ 37 Absatz 2 Satz 2 - neu - und Absatz 3 BBiG)

Artikel 1 Nummer 16 ist wie folgt zu fassen:

"16. § 37 wird wie folgt geändert:

(3) Dem Zeugnis ... < weiter wie § 37 Absatz 3 Satz 1 Gesetzentwurf > ... beizufügen." "

Begründung:

Die berufsbildenden Schulen sind gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 2 Lernort der dualen Berufsausbildung. Sie vermitteln die theoretischen Grundlagen für die berufliche Handlungsfähigkeit, welche in den Abschlussprüfungen der zuständigen Stellen ermittelt wird. Trotz ihrer wichtigen Stellung im System der dualen Berufsausbildung spielen die Lernergebnisse in den berufsbildenden Schulen am Ende der Ausbildung keine Rolle. Da die berufsbildenden Schulen und der Betrieb in der dualen Berufsausbildung gleichwertige Lernorte sind, muss sich die Dualität jedoch auch auf dem Abschlusszeugnis widerspiegeln. Deshalb reicht es nicht aus, die Berufsschulnoten nur auf Antrag des Auszubildenden auf dem Abschlusszeugnis auszuweisen. Für künftige Arbeitgeber sind die Berufsschulnoten eine wichtige Information, um einschätzen zu können, inwieweit der Bewerber über die theoretischen Grundlagen der beruflichen Handlungsfähigkeit verfügt. Zudem würde damit die Bedeutung des Lernorts berufsbildende Schule gestärkt und entsprechend seiner Funktion im dualen System angemessen berücksichtigt.

11. Zu Artikel 1 Nummer 16a - neu - (§ 38 Satz 2, 3 BBiG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 16 folgende Nummer einzufügen:

"16a. In § 38 werden Satz 2 und 3 durch folgenden Satz ersetzt:

"In ihr soll der Prüfling nachweisen, dass er die an den Lernorten der Berufsausbildung geförderte Handlungskompetenz erworben hat und damit die erforderlichen beruflichen Fertigkeiten beherrscht und die notwendigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt.""

Begründung:

In § 38 BBiG wird hinsichtlich des Prüfungsgegenstandes beschrieben, was durch die Abschlussprüfung festzustellen ist. Dabei wird mit Blick auf den Berufsschulunterricht ein sowohl einschränkender als auch veralteter Begriff genutzt (wesentlicher Lehrstoff), was die Bedeutung der Lernorte nicht angemessen zum Ausdruck bringt. Darüber hinaus wird weiterhin der zwischenzeitlich etablierte Begriff der Handlungskompetenz ignoriert. Dessen Nutzung im Rahmen der Ausbildungsordnungen war bei der Entwicklung der Handlungsempfehlung 160 des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung mit dem Hinweis verwehrt worden, dass der Begriff der Handlungskompetenz zunächst innerhalb des Berufsbildungsgesetzes aufgenommen worden sein müsse.

Vor dem Hintergrund, dass auch über die Rahmenlehrpläne der KMK, die gemeinsam mit allen Ausbildungsordnungen im Bundesgesetzblatt nach gemeinsamer Verabschiedung durch Bundesregierung und Länder im Bund-Länder-Koordinierungsausschuss veröffentlicht werden, der Begriff der Handlungskompetenz bereits als tradiert zu bezeichnen ist, ist es erforderlich, die konsequente Nutzung des Begriffes auch im BBiG zu verankern.

12. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 39 Absatz 1 Satz 3 - neu - BBiG), Artikel 2 Nummer 9 (§ 33 Absatz 1 Satz 2a - neu - HwO)

Begründung:

Bei sehr kleinen Prüfungsteilnehmerzahlen, für die sich die Errichtung von Prüfungsausschüssen nicht lohnt, sowie auf ausdrücklichen Wunsch von Prüflingen und Ausbildungsbetrieben besteht in der Praxis das Bedürfnis nach Überstellung von Prüflingen zu einer anderen, in der Regel benachbarten, zuständigen Stelle bzw. Handwerkskammer. Der Wunsch ist in der Regel dadurch begründet, dass der Berufsschulstandort außerhalb des Gebiets der für die Registrierung des Lehrvertrags zuständigen Stelle liegt.

13. Zu Artikel 1 Nummer 18 (§ 40 Absatz 6 Satz 1 BBiG), Artikel 2 Nummer 10 Buchstabe d (§ 34 Absatz 9 Satz 1 HwO)

Begründung:

§ 40 Absatz 6 Satz 1 BBiG-E bzw. § 34 Absatz 9 Satz 1 HwO stellen klar, dass die Tätigkeit im Prüfungsausschuss oder in einer Prüferdelegation ehrenamtlich ist. Um die Prüfungsorganisation vollumfänglich und rechtssicher zu gewährleisten, muss die bisher nicht berücksichtigte Personengruppe der Prüfungsaufsichten hier ebenfalls genannt und damit klargestellt werden, dass es sich auch bei der Prüfungsaufsicht um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt. Die Tätigkeit der Prüfungsaufsichten besteht dabei nicht nur in der Überwachung von Prüfungsteilnehmern während der Leistungsabnahme, sondern umfasst auch sonstige vor- und nachgelagerte Aufgaben wie zum Beispiel das Sortieren und Kommissionieren von Prüfungsunterlagen, Transport der Prüfungsunterlagen zu und vom Prüfungsort, Vorbereitung des Prüfungsraumes etc.

14. Zu Artikel 1 Nummer 18 (§ 40 Absatz 6 Satz 1a - neu - bis 1c - neu - BBiG)

In Artikel 1 Nummer 18 sind in § 40 Absatz 6 nach Satz 1 folgende Sätze einzufügen:

"Niemand darf in der Übernahme oder Ausübung des Amtes als Mitglied oder Stellvertreter eines Prüfungsausschusses oder einer Prüferdelegation beschränkt oder wegen der Übernahme oder Ausübung des Amtes benachteiligt werden. Mitglieder in Prüfungsausschüssen oder Prüferdelegationen und deren Stellvertreter sind für die Zeit ihrer Prüfertätigkeit von ihrem Arbeitgeber von der Arbeitsleistung freizustellen. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen der Übernahme oder Ausübung des Amtes ist unzulässig."

Begründung:

Das ehrenamtliche Prüfungswesen ist ein Grundpfeiler des Systems der dualen Berufsausbildung und der dualen Fortbildung in Deutschland. Die paritätische Besetzung der Prüfungsausschüsse und die Anforderungen an die Qualifikation der Prüferinnen und Prüfer sichern die hohe Qualität der Abschlussprüfungen. Das ehrenamtliche Prüfungswesen gerät jedoch in der Praxis zunehmend unter Druck.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellt in seinem Evaluierungsbericht zum Berufsbildungsgesetz (BBiG) vom 23. März 2016 fest, dass die zuständigen Stellen immer öfter Probleme haben, genügend Prüferinnen und Prüfer für die Prüfungsausschüsse zu gewinnen. Insbesondere für Arbeitnehmervertreter sei es schwierig, von ihrem Arbeitgeber eine Freistellung für die Prüfertätigkeit zu erhalten.

Mit den in Artikel 1 Nummern 17 bis 19 des Gesetzentwurfs vorgeschlagenen Regelungen zur Durchführung der Prüfungen soll deshalb die Flexibilität beim Einsatz von Prüfern erhöht werden. Das reicht aber nicht aus. Darüber hinaus ist eine gesetzliche Pflicht zur Freistellung der Prüfer und Prüferinnen erforderlich. Nur so kann sichergestellt werden, dass sich zum einen genügend Prüfer und Prüferinnen der Arbeitnehmerseite zur Mitarbeit im Prüfungswesen bereiterklären, weil sie keine beruflichen Nachteile befürchten müssen. Zum anderen wird die Funktionsfähigkeit des Prüfungswesens aufrechterhalten, weil gesetzlich klargestellt ist, dass die Prüferinnen und Prüfer in der konkreten Prüfungssituation auch tatsächlich zur Verfügung stehen werden.

Damit Ausbildungsbetriebe, welche Prüferinnen und Prüfer bereitstellen, nicht doppelt belastet werden, haben die zuständigen Stellen die Möglichkeit, für diese Betriebe geringere Prüfungsgebühren festzusetzen und die Prüfungskosten über die allgemeinen Kammerbeiträge auf alle Mitgliedsunternehmen umzulegen. Dies wird von den Industrie- und Handelskammern bzw. Handwerkskammern zum Teil bereits heute so praktiziert.

15. Zu Artikel 1 Nummer 19 (§ 42 Absatz 2 Satz 2 BBiG)

In Artikel 1 Nummer 19 § 42 Absatz 2 ist Satz 2 zu streichen.

Begründung:

Mit den neuen Regelungen im Prüfungswesen wird beabsichtigt, die Flexibilität beim Einsatz von Prüfern/-Innen zu erhöhen.

Jedoch werden die bisherigen Möglichkeiten nach § 42 Absatz 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) i.d.F. vom 17. Juli 2017 nicht in Gänze in Artikel 1 Nummer 19 übertragen. Bislang besteht nach § 42 Absatz 2 die Möglichkeit, dass zur Vorbereitung der Beschlussfassung über die Bewertung von Prüfungsleistungen der Vorsitz des Prüfungsausschusses mindestens zwei Mitglieder des Prüfungsausschusses mit der Bewertung einzelner, nicht mündlich zu erbringender Prüfungsleistungen beauftragen kann. Eine Einschränkung der nicht mündlich zu erbringenden Prüfungsleistungen findet in den bisherigen Regelungen des Berufsbildungsgesetzes nicht statt.

Ausweislich der Erläuterungen zu Artikel 1 Nummer 19 (§ 42 Absatz 5) sollen künftig nur die sog. nicht flüchtigen Prüfungsleistungen wie bisher durch lediglich zwei Prüfende abgenommen werden, dagegen müssen flüchtige Prüfungsleistungen, wie praktische Prüfungen mit situativen Anteilen, nunmehr neu stets von drei Prüfenden abgenommen werden.

Dies ist eine Verschlechterung der bisherigen Situation und läuft dem erklärten Zweck einer größeren Flexibilisierung entgegen.

Insofern sollte die in § 42 Absatz 2 Satz 2 geregelte Anwendungsvorschrift von § 40 Absatz 1 und 2 für die Zusammensetzung von Prüferdelegationen gestrichen werden, um eine Abnahme u.a. von praktischen Prüfungen mit situativen Anteilen auch weiterhin durch zwei Prüfende gewährleisten zu können.

16. Zu Artikel 1 Nummer 19 (§ 42 Absatz 2 Satz 2 BBiG), Artikel 2 Nummer 11 (§ 35a Absatz 2 Satz 2 HwO)

Begründung:

Für die Zusammensetzung von Prüfungsausschüssen enthält § 40 Absatz 1 und 2 BBiG-E ein Regelungsregime, wonach der Prüfungsausschuss aus mindestens drei Mitgliedern besteht (Absatz 1) und ihm grundsätzlich Beauftragte der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Zahl sowie mindestens eine Lehrkraft einer berufsbildenden Schule angehören (Absatz 2). Von dem Grundsatz des Absatzes 2 lässt Absatz 7 eine Ausnahme zu, wenn anderenfalls die erforderliche Zahl von Mitgliedern des Prüfungsausschusses nicht berufen werden kann.

Für die Zusammensetzung von Prüferdelegationen verweist § 42 Absatz 2 Satz 2 BBiG-E zwar auf die Vorschriften für die Prüfungsausschüsse nach § 40 Absatz 1 und 2 BBiG-E, nicht jedoch auf Absatz 7. Ein Grund dafür, warum die Ausnahmevorschrift nach Absatz 7 zwar auf Prüfungsausschüsse anwendbar ist, nicht jedoch auf Prüferdelegationen, ist nicht ersichtlich. Dies ist auch deshalb nicht schlüssig, weil der Prüfungsausschuss mehr Kompetenzen hat als die Prüferdelegation. Sofern man in der Anwendung des Absatzes 7 die Gefahr einer Umgehung der Grundsätze für die Zusammensetzung der Gremien nach Absatz 2 erblicken könnte, hätte der Gesetzgeber die Ausnahmeregelung eher beim Prüfungsausschuss ausschließen müssen, weil dieser über mehr Kompetenzen verfügt als die Prüferdelegation. Denn der Prüfungsausschuss hat neben der Möglichkeit, einzelne Prüfungsleistungen selbst abzunehmen und zu bewerten, zusätzlich die Pflicht, die Gesamtnote und das Bestehen oder Nichtbestehen der Abschlussprüfung zu beschließen.

Der Anwendungsbereich des § 40 Absatz 7 BBiG ist deshalb durch die vorgeschlagene Erweiterung des § 42 Absatz 2 Satz 2 BBiG-E auch auf die Prüfungsdelegation zu erweitern.

Die Ausführungen zu § 42 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 40 Absatz 1, 2 und 7 BBiG-E gelten sinngemäß auch für § 35a Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 34 Absatz 1, 2 und 10 (neu, siehe Artikel 2 Nummer 10 Buchstabe e) HwO-E.

18. Zu Artikel 1 Nummer 19 (§ 42 Absatz 3 Satz 1 BBiG), Artikel 2 Nummer 11 (§ 35a Absatz 3 Satz 1 HwO)

Begründung:

In § 42 Absatz 3 Satz 1 BBiG-E bzw. in § 35a Absatz 3 Satz 1 HwO-E sollte auf die Vorgabe verzichtet werden, dass der Prüfungsausschuss vor Beginn der Prüfung über die Bildung von Prüferdelegationen zu entscheiden hat. Der Zeitpunkt "vor Beginn der Prüfung" ist im Regelfall im zweiten Ausbildungsjahr vor der sogenannten Teil 1-Prüfung angesiedelt. Die Prüfungszeitpunkte von Teil 1, Teil 2 und gegebenenfalls weiteren Prüfungsleistungen erstrecken sich über mehrere Jahre und hängen teilweise von den Entscheidungen bzw. Leistungen der Prüflinge ab (zum Beispiel bei Zusatzqualifikationen, Wiederholungsprüfungen). Eine detaillierte Planbarkeit der Delegationen über einen mehrjährigen Zeithorizont im Voraus ist kaum möglich. Vor allem im Hinblick auf die Verfügbarkeit der Mitglieder ist dies problematisch. Durch die vorgeschlagene Änderung soll die Möglichkeit geschaffen werden, Delegationen für die jeweilige Prüfungsleistung (zum Beispiel Teilprüfungen Teil 1, Teil 2) zu verschiedenen Zeitpunkten im Rahmen der Prüfungsabnahme zu bilden, um auf kurzfristige Erfordernisse reagieren zu können. Damit ist auch bei gestreckten Prüfungsleistungen sichergestellt, dass es auf die einzelne Prüfungsleistung ankommt und nicht auf den Beginn der Teil 1-Prüfung. Ohne die vorgeschlagene Änderung liefe die vom Gesetzgeber beabsichtigte Flexibilisierung bei der gestreckten Abschlussprüfung ins Leere.

19. Zu Artikel 1 Nummer 19 (§ 42 Absatz 5 BBiG), Artikel 2 Nummer 11 (§ 35a Absatz 5 HwO)

Begründung:

In der Gesetzesbegründung zum Berufsbildungsreformgesetz (BT-Drucksache 015/3980) wurde als Grund für die Einführung des Berichterstatterprinzips (als Ausnahme zum Kollegialprinzip) ausdrücklich der hohe Aufwand bei der Abnahme und Bewertung von praktischen Prüfungsteilen genannt (vergleiche Seite 51).

Der im vorliegenden Entwurf neu gefasste § 42 Absatz 5 Satz 1 BBiG-E sieht vor, dass zwei Mitglieder des Prüfungsausschusses bzw. der Prüferdelegation die Abnahme und Bewertung einzelner schriftlicher und sonstiger Prüfungsleistungen, deren Bewertung unabhängig von der Anwesenheit bei der Erbringung erfolgen kann, vornehmen können. Nach dieser Formulierung wäre jedoch zukünftig die Entlastung des Ehrenamtes bei der Abnahme praktischer Prüfungsteile, bei denen auch die Ergebnisgewinnung bewertungsrelevant ist (zum Beispiel Arbeitsprobe, Arbeitsaufgabe) ausgeschlossen, weil für die Bewertung der Arbeits-/Vorgehensweise stets die Anwesenheit der Prüfer bzw. der weiteren Prüfenden erforderlich ist.

Die Notwendigkeit der Entlastung des Ehrenamtes bei der Abnahme von praktischen Prüfungsteilen hat sich im Vergleich zur Novellierung 2005 auf Grund des Fachkräftemangels sogar erhöht, so dass die Einschränkung der Übertragungsmöglichkeit im Gesetzentwurf nicht nachvollziehbar ist. Zudem würde der neu gefasste § 42 Absatz 5 Satz 1 BBiG-E zu Unsicherheiten in der Anwendung führen, weil zukünftig für jedes einzelne Prüfungsinstrument geklärt werden muss, ob eine Übertragung überhaupt zulässig ist. Diese Unsicherheit rührt daher, dass es eine Vielzahl von Prüfungsinstrumenten gibt, bei denen entweder nur das Prüfungsergebnis oder zusätzlich auch die Vorgehensweise bewertet wird und die Begrifflichkeiten in den einzelnen Aus- und Fortbildungsordnungen nicht einheitlich verwendet werden.

Die Gefahr einzelne Prüfergruppen (Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Lehrer) bei der Bewertung zu übergehen ist dabei ausgeschlossen, weil der Prüfungsausschuss nur einvernehmlich die Übertragung beschließen kann. Zudem ist zukünftig auch vorgesehen, dass bei einer Abweichung zwischen den beiden Bewertungen von mehr als 10 Prozent die endgültige Bewertung durch ein weiteres Mitglied des Prüfungsausschusses oder der Prüferdelegation erfolgt.

Bei einer Abweichung von mehr als 10 Prozent ist einerseits zwischen schriftlichen und solchen Prüfungsleistungen, deren Bewertung unabhängig von der Anwesenheit bei der Erbringung erfolgen kann (erste Fallgruppe), und sonstigen Prüfungsleistungen nach Satz 1 (zweite Fallgruppe) zu unterscheiden. Für die erste Fallgruppe ist die endgültige Bewertung durch ein vorab bestimmtes weiteres Mitglied des Prüfungsausschusses oder der Prüferdelegation ausreichend, da eine Bewertung im Nachhinein jederzeit möglich ist. Da bei der zweiten Fallgruppe eine spätere Bewertung nicht mehr oder nur zum Teil möglich ist, bedarf es für die endgültige Bewertung einer Anhörung der Prüfenden und einer Einsichtnahme in deren Prüfungsdokumentation durch ein drittes vorab bestimmtes Mitglied des Prüfungsausschusses oder der Prüfungsdelegation.

Der Vorschlag orientiert sich beispielsweise an der praktizierten Regelung für die Gesundheitsberufe (zum Beispiel § 15 Absatz 3 KrPflAPrV, § 7 Absatz 2 HebAPrV und § 7 Absatz 3 ErgThAPrV) zur Bewertung der praktischen Prüfung.

Die Ausführungen zu § 42 Absatz 5 BBiG-E gelten sinngemäß auch für § 35a Absatz 5 HwO-E.

20. Zu Artikel 1 Nummer 23 Buchstabe a (§ 47 Absatz 5 - neu - BBiG)

In Artikel 1 ist Nummer 23 wie folgt zu fassen:

"23. § 47 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die Begründung des Gesetzentwurfs zu Artikel 1 Nummer 23 Buchstabe a lautet:

"Die ergänzten Absätze 3 und 4 sind Teil des Modernisierungspakets und betreffen die Rechtsform der Prüfungsordnung im Bereich des öffentlichen Dienstes.

So sind zuständige Stellen im Bereich des öffentlichen Dienstes Behörden, die im Gegensatz zu den in § 71 genannten Kammern, bei denen es sich um Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt, nicht über eine Satzungsautonomie verfügen. Zwar kann eine Behörde etwa Verwaltungsvorschriften erlassen, bei denen jedoch die fehlende Außenwirkung den grundrechtsrelevanten Bestimmungen in einer Prüfungsordnung, insbesondere zum Bestehen und Nichtbestehen einer Prüfung, entgegensteht.

Bisher existiert für den Erlass einer Rechtsverordnung durch die zuständige Stelle keine Rechtsgrundlage. Zur Erhöhung der Rechtssicherheit wird deshalb für den Erlass von Prüfungsordnungen durch zuständige Stellen im Bereich des öffentlichen Dienstes eine Rechtsgrundlage für den Erlass einer Rechtsverordnung geschaffen. Dieses Ziel wird mit den Ergänzungen über den Weg einer Rechtsverordnungsermächtigung im Sinne des Artikels 80 Absatz 1 Satz 1 GG sowie einer Subdelegation im Sinne von Artikel 80 Absatz 1 Satz 4 GG erreicht."

Diese Aussagen gelten in gleicher Weise auch für Prüfungsordnungen, die von gemäß § 71 Absatz 8 bestimmten Landesbehörden erlassen werden. Es macht keinen Unterschied, ob eine Behörde zuständige Stelle für die Berufe des öffentlichen Dienstes ist oder ob eine Behörde zuständige Stelle für andere Berufe ist. Zur Erhöhung der Rechtssicherheit ist deshalb auch für den Erlass von Prüfungsordnungen durch zuständige Stellen gemäß § 71 Absatz 8 eine Rechtsgrundlage für den Erlass einer Rechtsverordnung zu schaffen. Im Interesse einer stringenten Regelungsstruktur entspricht die Regelung dem (neuen) § 47 Absatz 4 in der Fassung der BR-Drucksache 230/19.

21. Zu Artikel 1 Nummer 24 (§ 48 Absatz 3 BBiG), Artikel 2 Nummer 15 (§ 39 Absatz 3 HwO)

Begründung:

In § 48 Absatz 3 BBiG-E ist vorgesehen, dass "Umschulende" auf ihren Antrag zur Zwischenprüfung zuzulassen sind. Der Begriff "Umschulende" ist in diesem Zusammenhang jedoch falsch, weil darunter nicht der Prüfungsteilnehmer, sondern die Bildungseinrichtung zu verstehen ist. Der Gesetzgeber macht mit der Regelung in § 62 Absatz 2 BBiG deutlich, dass er unter dem Begriff "Umschulende" die Bildungseinrichtungen versteht, welche Umschulungsmaßnahmen durchführen. In § 48 Absatz 3 BBiG-E geht es jedoch um die Zulassung von Prüfungsteilnehmern zur Zwischenprüfung.

Die Ausführungen zu § 48 Absatz 3 BBiG-E gelten sinngemäß auch für § 39 Absatz 3 HwO-E.

22. Zu Artikel 1 Nummer 25 (§ 53a Absatz 1 Nummer 2, 3, § 53c Überschrift, Absatz 1, 4, § 53d Überschrift, Absatz 1, 4, § 54 Absatz 3 Nummer 2, 3 BBiG), Artikel 2 Nummer 17 (§ 42a Absatz 1 Nummer 2, 3, § 42c Absatz 1, 4, § 42d Absatz 1, 4, § 42f Absatz 3 Nummer 2, 3 HwO), Nummer 30 (§ 45 Absatz 2 HwO), Nummer 32 (§ 51 Buchstabe b HwO)

Folgeänderungen:

In Artikel 1 Nummer 1 sind die Angaben zu §§ 53c und 53d wie folgt zu fassen:

" § 53c Junior Professional
§ 53d Senior Professional"

Begründung:

Zwar wird das Reformvorhaben der Bundesregierung grundsätzlich befürwortet, da es die Wertigkeit der Karrieremöglichkeiten in der beruflichen Bildung hervorhebt. Erforderlich ist es jedoch, Abschlussbezeichnungen für die drei Fortbildungsstufen zu wählen, die nicht durch Bezeichnungen im tertiären Bereich belegt sind oder die berufliche Erstausbildung diskreditieren.

Des Weiteren ist zu bedenken, dass die bestehenden Abschlussbezeichnungen der Weiterbildung wie zum Beispiel Meister, Techniker, Gestalter, Technischer Fachwirt, hoch geschätzte Berufsbezeichnungen sind, die sich über Jahrzehnte auch international zu einer hoch respektierten, eigenständigen Marke entwickelt haben. Die oben genannten Berufsbezeichnungen sind im Gegensatz dazu nicht geeignet, die Eigenständigkeit und den Charakter beruflicher Bildung darzustellen, der sich durch berufliche Handlungskompetenz auszeichnet. Die vorgeschlagenen Begriffe werden eher mit fachtheoretischem Wissen verknüpft.

Unabhängig von den abschließend gewählten Begrifflichkeiten ist durch eine Regelung zu gewährleisten, dass landesrechtlich geregelte Fort- und Weiterbildungsabschlüsse die gleichen Bezeichnungen führen können. Nur so erscheint es möglich, dem Grundgedanken der Dachmarke "höherqualifizierende Berufsbildung" als gleichwertige Alternative zur akademischen Bildung umfassend Rechnung zu tragen und die Vielzahl der Berufsbezeichnungen einzudämmen.

Ein von der KMK in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kommt formell und materiell zu dem Schluss, dass die verwendeten Abschlussbezeichnungen "Bachelor Professional" und "Master Professional" verfassungswidrig sind. Sie sind aus den gleichen rechtlichen Gründen wie die im Gesetzentwurf verwendeten Abschlussbezeichnungen "Berufsbachelor" und "Berufsmaster" abzulehnen bzw. die Assoziation mit einem Hochschulabschluss wird sogar noch weiter verstärkt, weil hier die akademischen Abschlussbezeichnungen "Bachelor" und "Master" aus dem Wortzusammenhang herausgelöst und verselbstständigt werden. "Der Nachschub des Attributs "Professional" gerät so in semantische Nähe zu den auch für Hochschulabschlüsse gebräuchlichen Bezeichnungen des breiteren Wissenschaftszweiges (wie zum Beispiel Bachelor of Science, Master of Laws, Bachelor of Arts). Aus der Sicht eines nüchternen Betrachters (objektivierter Empfängerhorizont) hebt also die Anglifizierung der Gesamtbezeichnung eher die bereits für Hochschulabschlüsse besetzte Komponente hervor und verstärkt das Risiko einer falschen Wahrnehmung bzw. einer mittelbaren Entwertung der akademischen Qualifikationsbezeichnungen" (Gutachten Seite 23).

Die zuständigen Ausschüsse und Gremien in der KMK kamen in der Auswertung des Gutachtens zu dem gleichen Ergebnis. Dies wird in der Begründung des Gesetzentwurfs eklatant verkannt.

Die KMK hat ihre Ablehnung gegenüber der Verwendung der Begrifflichkeiten bereits in dem Beschluss "Bachelor- und Masterabschlüsse in der beruflichen Weiterbildung" vom 5. Februar 2009 zum Ausdruck gebracht.

23. Hilfsempfehlung zu Ziffer 22:

Zu Artikel 1 Nummer 25 (§§ 53a, 53b Überschrift, Absatz 1, 4, § 53c Überschrift, Absatz 1, 4, § 53d Überschrift, Absatz 1, 4, § 54 Absatz 3, 4 BBiG), Artikel 2 Nummer 17 (§§ 42a, 42b Absatz 1, 4, § 42c Absatz 1, 4, § 42d Absatz 1, 4, § 42f Absatz 3, 4 HwO)

Folgeänderung:

In Artikel 1 Nummer 1 sind die Überschriften zu §§ 53b, 53c und 53d wie folgt zu fassen:

" § 53b Erste berufliche Fortbildungsstufe § 53c Zweite berufliche Fortbildungsstufe § 53d Dritte berufliche Fortbildungsstufe"

Begründung:

Die vorgeschlagenen Begrifflichkeiten sind nicht geeignet, die duale Berufsausbildung als eigenständigen und gleichwertigen Bildungsweg neben einer Hochschulausbildung zu stärken. Vielmehr wird das Hochschulsystem wieder als Referenzsystem genommen. Solange sich die berufliche Bildung an der Hochschulbildung orientiert, wird sie in der Wahrnehmung ein Bildungsweg 2. Klasse bleiben. Zudem können die Begrifflichkeiten zu Verwirrung und Erklärungsbedarf führen. Der "Meister" steht auf der Stufe "Bachelor Professional", obwohl die höhere Stufe des "Master Professional" begrifflich ähnlich wie der Meister klingt.

Bisher konnten jedoch noch keine eigenständigen Begrifflichkeiten für die berufliche Bildung gefunden werden. Deshalb wird vorgeschlagen, auf eine Regelung der Begrifflichkeiten im BBiG vorerst zu verzichten. Es reicht aus, wenn zunächst das allseits akzeptierte System der beruflichen Fortbildungsstufen (vergleiche "Empfehlung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung für Eckpunkte zur Struktur und Qualitätssicherung der beruflichen Fortbildung nach Berufsbildungsgesetz und Handwerksordnung" vom 12. März 2014) und der Abgrenzung der höherqualifizierenden Berufsbildung von der Anpassungsfortbildung im Gesetz geregelt wird. Die neuen Begrifflichkeiten sollten nicht übereilt eingeführt werden. Es wird Jahre dauern, diese zu etablieren, so dass sie nicht in einer nächsten Novelle schon wieder geändert werden können. Deshalb ist es wichtig, neue Begrifflichkeiten nach reiflicher Diskussion und im Konsens einzuführen. Als richtigen Ort, an dem eine Diskussion über die künftigen Bezeichnungen der höherqualifizierenden Berufsausbildung ein Konsens erzielt werden könnte, wird die Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" angesehen. Diese sollte gebeten werden, diese Frage mit zu beraten.

Es sollte von einer übereilten Einführung neuer beruflicher Abschlussbezeichnungen auch deswegen abgesehen werden, weil das Rechtsgutachten von Herrn Prof. Dr. Gärditz, Bonn, vom 11. April 2019 zum Ergebnis kommt, dass der Bund keine Gesetzgebungskompetenz für die Einführung einheitlicher Bezeichnungen habe. Das schulische Bildungsrecht sei nach Artikel 70 Grundgesetz Gesetzgebungsdomäne der Länder. Auch diese Frage muss im Konsens mit den Ländern geregelt werden. Das Gutachten kommt in weiteren Punkten insgesamt zur materiellen und formellen Verfassungswidrigkeit einer Einführung dieser Abschlussbezeichnungen im BBiG.

24. Zu Artikel 1 Nummer 25 (§ 53f - neu -, § 56 Absatz 3 - neu - BBiG)

In Artikel 1 ist Nummer 25 wie folgt zu ändern:

Folgeänderung:

In Artikel 1 Nummer 1 ist nach der Angabe zu § 53e folgende Angabe einzufügen:

"53f Fortbildungsabschlüsse"

Begründung:

Der gegenwärtige Gesetzentwurf privilegiert Abschlüsse, die in der Zuständigkeit der zuständigen Stellen vergeben werden. Abschlüsse an Fachschulen "zum Beispiel Technikerin / Techniker" haben jedoch im Bereich der dualen Berufsausbildung ebenfalls eine große Bedeutung und sollten daher in der Bezeichnung gleichgestellt werden können. Dies gilt auch für Weiterbildungsbezeichnungen im Bereich der Gesundheitsfachberufe, zum Beispiel den Pflegeberufen, soweit sie staatlich oder durch Pflegekammerrecht geregelt sind.

25. Zu Artikel 1 Nummer 25 (§ 54 Absatz 1 Satz 2 - neu - BBiG)

In Artikel 1 Nummer 25 ist dem § 54 Absatz 1 folgender Satz anzufügen:

"Ist die zuständige Stelle eine Behörde, so erlässt sie die Fortbildungsprüfungsregelungen als Rechtsverordnung."

Begründung:

Anders als die in § 71 genannten Kammern, bei denen es sich um Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt, verfügt eine Behörde nicht über eine Satzungsautonomie. Ist gemäß § 71 Absatz 8 eine Behörde als zuständige Stelle bestimmt, kann diese Behörde ohne entsprechende Ermächtigungsgrundlage lediglich Verwaltungsvorschriften erlassen. Zur Erhöhung der Rechtssicherheit wird deshalb für den Fall, dass eine Behörde gemäß § 71 Absatz 8 als zuständige Stelle bestimmt ist, eine Rechtsgrundlage zum Erlass von Rechtsverordnungen geschaffen. Mit dieser Verordnungsermächtigung im Sinne des Artikels 80 Absatz 1 Satz 1 GG können die gemäß § 71 Absatz 7 bestimmten Behörden die von ihnen zu erlassenden Fortbildungsprüfungsregelungen als Rechtsverordnung erlassen.

26. Zu Artikel 1 Nummer 25 (§ 56 Absatz 1 Satz 2 BBiG), Artikel 2 Nummer 17 (§ 42h Absatz 1 Satz 2 HwO)

Begründung:

Es soll eine Rechtsgrundlage für die Ermöglichung gemeinsamer Prüfungsausschüsse auch im Bereich der Beruflichen Fortbildung geschaffen werden. In § 56 Absatz 1 Satz 2 BBiG-E fehlt ein Verweis auf § 39 Absatz 1 Satz 2, um dies zu ermöglichen. Schon bisher ist die Errichtung gemeinsamer Prüfungsausschüsse im Bereich der Fortbildungsprüfungen zwar in § 1 Absatz 3 der Musterprüfungsordnung für Fortbildungsprüfungen gemäß § 56 Absatz 1 in Verbindung mit § 47 Absatz 1 Berufsbildungsgesetz vorgesehen, nicht aber im BBiG selbst. Auch in der Fortbildung kommt es allerdings oft vor, dass sich bei einzelnen Kammern nur wenige Prüflinge für eine bestimmte Prüfung anmelden und so die Errichtung eines Prüfungsausschusses bei jeder dieser Kammern nicht nur unwirtschaftlich, sondern im Hinblick auf das rare Prüferehrenamt auch schwierig ist. Die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Errichtung gemeinsamer Prüfungsausschüsse im BBiG auch im Bereich Fortbildung und damit eine weitere Entlastung des Ehrenamtes würde die Umsetzung der in der Musterprüfungsordnung bereits vorgesehenen Verfahrensweise rechtssicher ermöglichen.

Des Weiteren fehlt in § 56 Absatz 1 Satz 2 BBiG-E ein Verweis auf § 39 Absatz 3 BBiG-E, der im Rahmen der Bewertung nicht mündlich zu erbringender Prüfungsleistungen die Einholung gutachterlicher Stellungnahmen Dritter ermöglicht. Diese Option sollte auch für Fortbildungsprüfungen offengehalten werden.

Die Ausführungen zu § 56 Absatz 1 Satz 2 BBiG-E gelten sinngemäß auch für § 42h Absatz 1 Satz 2 HwO-E.

27. Zu Artikel 1 Nummer 25a - neu - (§ 59 Satz 1a - neu - BBiG)

Nach Artikel 1 Nummer 25 ist folgende Nummer 25a einzufügen:

"25a. Nach § 59 Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:

"Ist die zuständige Stelle eine Behörde, so erlässt sie die Umschulungsprüfungsregelungen als Rechtsverordnung." "

Begründung:

Anders als die in § 71 genannten Kammern, bei denen es sich um Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt, verfügt eine Behörde nicht über eine Satzungsautonomie. Ist gemäß § 71 Absatz 8 eine Behörde als zuständige Stelle bestimmt, kann diese Behörde ohne entsprechende Ermächtigungsgrundlage lediglich Verwaltungsvorschriften erlassen. Zur Erhöhung der Rechtssicherheit wird deshalb für den Fall, dass eine Behörde gemäß § 71 Absatz 8 als zuständige Stelle bestimmt ist, eine Rechtsgrundlage zum Erlass von Rechtsverordnungen geschaffen. Mit dieser Verordnungsermächtigung im Sinne des Artikels 80 Absatz 1 Satz 1 GG können die gemäß § 71 Absatz 7 bestimmten Behörden die von ihnen zu erlassenden Umschulungsprüfungsregelungen als Rechtsverordnung erlassen.

28. Zu Artikel 1 Nummer 33a - neu - (§ 90 Absatz 3 Nummer 5 - neu -, 6 - neu - BBiG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 33 folgende Nummer 33a einzufügen:

"33a. § 90 Absatz 3 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die von § 54 BBiG-E bzw. § 42f HwO-E neu eingeführte Aufgabe der Gleichwertigkeitsprüfung für Fortbildungsprüfungsregelungen der zuständigen Stellen bzw. Handwerkskammern bedarf einer fachlichen Expertise, über die nur das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) verfügt. Daher ist es zur Qualitätssicherung unerlässlich, dass das BIBB diese neue Aufgabe erhält. Durch die Einfügung dieser neuen Aufgabe in den § 90 Absatz 3 BBiG, wodurch klargestellt wird, dass es sich um eine originäre Bundesaufgabe des BIBB und nicht um eine weitere Aufgabe im Sinne des § 90 Absatz 4 BBiG handelt, ergibt sich - insbesondere auch in Verbindung mit § 96 BBiG - die Verpflichtung des Bundes zur Kostentragung für die Gleichwertigkeitsprüfung.

29. Zu Artikel 1 Nummer 33a - neu - (§ 92 Absatz 3 Satz 3 BBiG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 33 folgende Nummer einzufügen:

"33a. In § 92 Absatz 3 Satz 3 werden nach den Wörtern "Bundesagentur für Arbeit," die Wörter "der Kultusministerkonferenz," eingefügt."

Begründung:

Die Vertreterinnen und Vertreter der Sozialpartner sowie des Bundes und der Länder beschließen die für die duale Erstausbildung erforderlichen Ausbildungsordnungen als Entscheidungsvorlage für die Bundesregierung. Darüber wirken sie an Vorhaben im Bereich der beruflichen Bildungsforschung, des Berufsbildungsberichtes und an der Durchführung der Berufsbildungsstatistik mit. In all diesen Punkten sind die Länder im Rahmen ihrer föderal strukturierten bildungspolitischen Gesamtverantwortung mit betroffen. Um ein für ganz Deutschland realistisches Gesamtbild darstellen zu können, wäre eine gute Verzahnung der Datenerfassung wünschenswert.

Mit dem Sekretariat der Kultusministerkonferenz der Länder verfügen die Länder über eine Institution, in der alle datentechnischen und bildungspolitischen Aufgaben der sechszehn Länder untereinander koordiniert und für die erforderlichen Abstimmungen der Gremien innerhalb der KMK vorbereitet werden. Dadurch wird in Deutschland trotz der föderalen Struktur ein Höchstmaß an Durchlässigkeit und Vergleichbarkeit im Interesse der Mobilität der Jugendlichen gewährleistet. Die Schnittmengen mit den Aufgaben des Berufsbildungsinstituts sind daher groß und die Zielsetzungen des Bundes und der Länder vielfach deckungsgleich. Eine Vertreterin oder ein Vertreter der Institution "Kultusministerkonferenz" könnte daher bei den Entscheidungsfindungen des Hauptausschusses eine Berichts- und Beratungsfunktion übernehmen, die sowohl die Aufgaben des Berufsbildungsinstituts als auch die der KMK zeitnah und konstruktiv miteinander verzahnen kann, ohne das Abstimmungsverhältnis im Hauptausschuss zu verändern. Die politische Interessenvertretung der Länder im Hauptausschuss wird durch eine solche Regelung nicht tangiert, diese findet über die Vertreterinnen und Vertreter der Länder mit Stimmrecht im Hauptausschuss statt.

30. Zu Artikel 1 Nummer 40 (§ 105 BBiG)

In Artikel 1 Nummer 40 sind in § 105 nach dem Wort "Mindestvergütung" die Wörter "und zur Teilzeitberufsausbildung" einzufügen.

Begründung:

Die Regelungen zur Teilzeitberufsausbildung sollten ebenso wie die Regelungen zur Mindestvergütung wissenschaftlich evaluiert werden. Es ist insbesondere zu evaluieren, ob die geschaffenen Regelungen zur Teilzeitberufsausbildung geeignet sind, das verfolgte Ziel einer Erweiterung der Zielgruppen für eine Berufsausbildung in Teilzeit zu erreichen. Dies gilt vor allem für die Überprüfung der Auswirkungen der Verlängerung der Ausbildungsdauer auf höchstens das Eineinhalbfache der Vollzeitausbildungsdauer.

Der gewählte Zeitpunkt der Evaluation fünf Jahre nach Inkrafttreten des BBiG erlaubt die Analyse des gesetzlichen Rahmens unter wechselnden ökonomischen Bedingungen und er ist erforderlich, um die Verfügbarkeit einer breiten Erfahrungsbasis sicherzustellen, da die zu überprüfenden Regelungen erst bei neuabgeschlossenen Berufsausbildungsverträgen ab Inkrafttreten des BBiG wirksam werden.

31. Zu Artikel 2 Nummer 8 (§ 31 Absatz 2 Satz 1a - neu - Absatz 3 HwO)*

Artikel 2 Nummer 8 ist wie folgt zu fassen:

"8. § 31 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die berufsbildenden Schulen sind gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 2 BBiG Lernort der dualen Berufsausbildung. Sie vermitteln die theoretischen Grundlagen für die berufliche Handlungsfähigkeit, welche in den Abschlussprüfungen der zuständigen Stellen ermittelt wird. Trotz ihrer wichtigen Stellung im System der dualen Berufsausbildung spielen die Lernergebnisse in den berufsbildenden Schulen am Ende der Ausbildung keine Rolle. Da die berufsbildenden Schulen und der Betrieb in der dualen Berufsausbildung gleichwertige Lernorte sind, muss sich die Dualität jedoch auch auf dem Abschlusszeugnis widerspiegeln. Deshalb reicht es nicht aus, die Berufsschulnoten nur auf Antrag des Auszubildenden auf dem Abschlusszeugnis auszuweisen. Für künftige Arbeitgeber sind die Berufsschulnoten eine wichtige Information, um einschätzen zu können, inwieweit der Bewerber über die theoretischen Grundlagen der beruflichen Handlungsfähigkeit verfügt. Zudem würde damit die Bedeutung des Lernorts berufsbildende Schule gestärkt und entsprechend seiner Funktion im dualen System angemessen berücksichtigt.

32. Zu Artikel 2 Nummer 10 Buchstabe d (§ 34 Absatz 7 Satz 1 HwO)

In Artikel 2 Nummer 10 Buchstabe d sind in § 34 Absatz 7 Satz 1 nach dem Wort "Handwerkskammer" die Wörter "oder die nach § 33 Absatz 1 Satz 3 von der Handwerkskammer zur Errichtung von Prüfungsausschüssen ermächtigte Handwerksinnung" einzufügen.

Begründung:

Nach § 33 Absatz 1 Satz 3 HwO-E kann die Handwerkskammer Handwerksinnungen ermächtigen, Gesellenprüfungsausschüsse zu errichten, wenn die Leistungsfähigkeit der Handwerksinnung die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung sicherstellt. In diesen Fällen muss auch die zur Errichtung von Prüfungsausschüssen ermächtigte Handwerksinnung die Möglichkeit haben, weitere Prüfende für den Einsatz in Prüferdelegationen nach § 35a Absatz 2 HwO-E zu berufen.

§ 34 Absatz 7 Satz 1 HwO-E ist dementsprechend zu ergänzen.

33. Zu Artikel 2 Nummer 10 Buchstabe d (§ 34 Absatz 9 Satz 1a - neu - bis 1c - neu - HwO)

In Artikel 2 Nummer 10 Buchstabe d sind in § 34 Absatz 9 nach Satz 1 folgende Sätze einzufügen:

"Niemand darf in der Übernahme oder Ausübung des Amtes als Mitglied oder Stellvertreter eines Prüfungsausschusses oder einer Prüferdelegation beschränkt oder wegen der Übernahme oder Ausübung des Amtes benachteiligt werden. Mitglieder in Prüfungsausschüssen oder Prüferdelegationen und deren Stellvertreter sind für die Zeit ihrer Prüfertätigkeit von ihrem Arbeitgeber von der Arbeitsleistung freizustellen. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen der Übernahme oder Ausübung des Amtes ist unzulässig."

Begründung:

Das ehrenamtliche Prüfungswesen ist ein Grundpfeiler des Systems der dualen Berufsausbildung und der dualen Fortbildung in Deutschland. Die paritätische Besetzung der Prüfungsausschüsse und die Anforderungen an die Qualifikation der Prüferinnen und Prüfer sichern die hohe Qualität der Abschlussprüfungen. Das ehrenamtliche Prüfungswesen gerät jedoch in der Praxis zunehmend unter Druck.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellt in seinem Evaluierungsbericht zum Berufsbildungsgesetz (BBiG) vom 23. März 2016 fest, dass die zuständigen Stellen immer öfter Probleme haben, genügend Prüferinnen und Prüfer für die Prüfungsausschüsse zu gewinnen. Insbesondere für Arbeitnehmervertreter sei es schwierig, von ihrem Arbeitgeber eine Freistellung für die Prüfertätigkeit zu erhalten.

Mit den in Artikel 1 Nummern 17 bis 19 des Gesetzentwurfs vorgeschlagenen Regelungen zur Durchführung der Prüfungen soll deshalb die Flexibilität beim Einsatz von Prüfern erhöht werden. Das reicht aber nicht aus. Darüber hinaus ist eine gesetzliche Pflicht zur Freistellung der Prüfer und Prüferinnen erforderlich. Nur so kann sichergestellt werden, dass sich zum einen genügend Prüfer und Prüferinnen der Arbeitnehmerseite zur Mitarbeit im Prüfungswesen bereit erklären, weil sie keine beruflichen Nachteile befürchten müssen. Zum anderen wird die Funktionsfähigkeit des Prüfungswesens aufrechterhalten, weil gesetzlich klar gestellt ist, dass die Prüferinnen und Prüfer in der konkreten Prüfungssituation auch tatsächlich zur Verfügung stehen werden.

Damit Ausbildungsbetriebe, welche Prüferinnen und Prüfer bereitstellen, nicht doppelt belastet werden, haben die zuständigen Stellen die Möglichkeit, für diese Betriebe geringere Prüfungsgebühren festzusetzen und die Prüfungskosten über die allgemeinen Kammerbeiträge auf alle Mitgliedsunternehmen umzulegen. Dies wird von den Industrie- und Handelskammern bzw. Handwerkskammern zum Teil bereits heute so praktiziert.

34. Zum Gesetzentwurf insgesamt (Höhere Berufsbildung)

Der Begriff "höherqualifizierende Berufsbildung" ist im gesamten Gesetzestext durch den Begriff "Höhere Berufsbildung" zu ersetzen.

Begründung:

Die verschiedenen höheren beruflichen Bildungsprofile sind sehr vielfältig, jedoch kaum bekannt. Die Einführung der drei Fortbildungsstufen durch das BBiMoG dienen dazu, diese Vielfalt zu ordnen und transparenter zu machen.

Der bisher im Gesetzentwurf (insbesondere in Kapitel 2, Abschnitt 1) verwendete Oberbegriff der "höherqualifizierenden Berufsbildung" trägt diesem Anliegen jedoch nicht Rechnung. Vielmehr gibt es seit Jahren unter den Akteurinnen und Akteuren der beruflichen Bildung, in Kammern und besonders in den Handwerksverbänden Bestrebungen, den Begriff der "Höheren Berufsbildung" als Oberbegriff für Karrierewege der beruflichen Bildung zu etablieren. Auch der Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode auf Bundesebene zwischen CDU, CSU und SPD spricht in Kapitel IV.2 (Zeile 1267) von der Höheren Berufsbildung, die wie das duale Studium als innovativer Qualifizierungsweg zu stärken sei. Dies wird als einer der Bausteine für die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung beschrieben.

Ziel ist es, die berufliche Aufstiegsfortbildung als gleichwertigen Bestandteil neben der bereits bestehenden "Akademischen Bildung" innerhalb der tertiären Bildung zu verankern und die "Höhere Berufsbildung" im Sinne einer Marke zu etablieren. Sie baut auf einer abgeschlossenen Berufsausbildung auf und verlangt kein Abitur als Zugangsvoraussetzung. Sie ist arbeitsmarktorientiert und bereitet auf Spezialisten- und Führungsfunktionen oder eine Unternehmensnachfolge vor.

Vorbild ist unter anderem die Schweiz, in der vor dem Hintergrund eines ähnlichen Ausbildungssystems wie in Deutschland die höhere Berufsbildung alle Angebote und Abschlüsse der tertiären, beruflichen Bildung zusammenfasst. Auch in der Kommission wird dieser Begriff verwendet.

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