Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

Im Rahmen der Zielsetzung keine

D. Finanzielle Auswirkungen der öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes

Der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburg, 27. März 2006

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen

Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat beschlossen, dem Bundesrat den anliegenden

zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 7. April 2006 aufzunehmen. Es ist beabsichtigt, den Gesetzentwurf im Plenum vorzustellen und die Überweisung an die Ausschüsse zu beantragen.


Mit freundlichen Grüßen
Ole von Beust
Erster Bürgermeister

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Waffengesetzes

Das Waffengesetz vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592, 2003 I S. 1957), zuletzt geändert durch Artikel 34 des Gesetzes vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1818), wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am..in Kraft.

Begründung

Zu Artikel 1 Nummer 1:

1. Problemlage

In der jüngeren Vergangenheit kam es in Hamburg wiederholt zu Messerstechereien.

Betroffen war insbesondere der Bereich der Reeperbahn. Im Mai 2005 wurde ein Bundespolizeibeamter, der einen Obdachlosen in der S-Bahnstation Reeperbahn vor Schlägern schützen wollte, durch mehrere Messerstiche schwer verletzt. Am ersten Septemberwochenende 2005 wurden in Hamburg bei mehreren Messerattacken insgesamt 13

Personen verletzt, allein 8 durch einen Amoklauf in einer Kiezkneipe. Diese und andere Ereignisse haben in der Öffentlichkeit die Forderung aufkommen lassen, in bestimmten

Straßen oder Stadteilen das Tragen von Messern zu verbieten. Besonders in der Kritik standen dabei die so genannten gefährlichen Messer, wie legale Springmesser oder Dolche.

Ein Messerverbot für bestimmte öffentliche Straßen und Plätze kann zwar grundsätzlich einen Beitrag zu der Verbesserung der öffentlichen Sicherheit leisten, ist aber nach der gegenwärtigen Rechtslage ohne eine Änderung des Waffengesetzes nur sehr unvollständig möglich. Das Waffengesetz regelt abschließend und bundeseinheitlich, welche Gegenstände als Waffen anzusehen sind und welcher Umgang mit ihnen legal bzw. verboten ist. So können z.B. Springmesser nach der Anlage 2 Abschnitt 1 Ziffer 1.4.1. Satz 2 sowie Dolche (als Hieb- und Stoßwaffen i. S. d. § 1 Absatz 2 Nr. 2 Buchstabe a WaffG i. V. m. Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Ziffer 1.1), nach § 2 Absatz 1 WaffG von Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, legal erworben und dann geführt werden.

2. Problemlösung

Der dargestellten Gewaltbereitschaft kann nicht durch eine Erweiterung des Verbotskatalogs der Anlage 2 zum Waffengesetz um die im Moment im Zentrum der öffentlichen Diskussion stehenden gefährlichen Messer begegnet werden. Es besteht hier die Gefahr, dass ein Verbot zu einem Ausweichen auf andere Waffen oder Gegenstände führt, über die dann erneut eine Verbotsdiskussion entsteht.

Überzeugender und effektiver zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit ist es, den Landesregierungen durch eine Öffnungsklausel die Möglichkeit einzuräumen, das Führen von allen Waffen, nicht nur von gefährlichen Messern, in genau bezeichneten öffentlichen Straßen und Plätzen zu verbieten, wenn an diesen Orten wiederholt Gewaltstraftaten begangen worden sind und auf Grund einer Gefahrenprognose auch in der Zukunft mit der Begehung solcher Straftaten zu rechnen ist. Hierdurch wird den Landesregierungen ermöglicht bei entsprechender Datengrundlage, ein normenklares und verhältnismäßiges Verbot des Führens von Waffen auszusprechen, auf Veränderungen flexibel zu reagieren und auch ggf. notwendige Ausnahmen von dem Verbot zulassen zu können.

Die Rechtfertigung für eine derartige Länderöffnungsklausel kann im Wege einer Rechtsanalogie aus § 42 Waffengesetz hergeleitet werden. Sinn des in dieser Norm festgeschriebenen Verbots des Führens von Waffen bei öffentlichen Veranstaltungen ist der Schutz vor dem Einsatz der Waffen in Konfliktsituationen, die in bestimmten öffentlichen Veranstaltungen nicht nur häufiger entstehen können, sondern auch geeignet sind, Unbeteiligte mit einzubeziehen. Dieser Schutz von Versammlungen umfasst auch den normalen Diskothekenbetrieb und Theateraufführungen (vgl. Apel/Bushart, Waffenrecht, Band 2: Waffenrecht, 3. Auflage 2004, § 42 Rn. 2). Die so beschriebene Grundgefährdungslage ist auch in gefährlichen Straßen und Plätzen im Kern latent vorhanden.

Sollen bestimmte Örtlichkeiten als gefährliche Straßen/Plätze eingestuft werden, ist hierfür eine entsprechende Datenerhebung und Auswertung erforderlich. In Hamburg waren bereits zur Umsetzung der landesgesetzlich neu eingeführten Möglichkeit der Videoüberwachung von öffentlichen Straßen und Plätzen im Zeitraum vom 01.05.2004 bis zum 30.04.2005 acht Örtlichkeiten auf ihre grundsätzliche Eignung zur Videoüberwachung überprüft worden. Es wurden Daten über Gewaltkriminalität (Raubdelikte, Körperverletzungsdelikte, Bedrohung/Nötigung, Sexualdelikte, Freiheitsberaubung und Straftaten gegen das Leben) erhoben und ausgewertet. Der deutliche Kriminalitätsschwerpunkt lag dabei auf der Reeperbahn. Dort wurden 757 Straftaten festgestellt; dies war etwas mehr als an allen sieben anderen Örtlichkeiten zusammen. Da bei diesen Gewaltdelikten auch der Einsatz einer Waffe zur Tatbegehung in Betracht kommen kann, zeigen diese Ergebnisse, dass es möglich ist, öffentliche Straßen zu bestimmen, in denen wegen der dort begangenen und zu erwartenden Gewaltdelikte das Verbot des Führens von Waffen einen Beitrag zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit leisten kann. Nach den Messerstechereien von Anfang September 2005 wurden, um eine valide Datengrundlage für die Einfügung einer länderrechtliche Öffnungsklausel in das Waffengesetz zu haben, vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 für die genannten Örtlichkeiten und die beschriebenen Straftaten erneut Daten erhoben und ausgewertet. Das Ergebnis der ersten Datenerhebung wurde bestätigt. Die Gewaltkriminalität konzentrierte sich auf den Bereich der Reeperbahn.

Sie lag dort mit 403 Straftaten in etwa so hoch wie in allen anderen sieben Straßen/ Plätzen zusammen.

Eine Verordnung auf der Grundlage des § 42 Absatz 5 WaffG wäre ggf. durch eine "Gefahrenabwehrverordnung" auf der Grundlage des Polizeirechts zu ergänzen. Diese Verordnung würde in den betroffenen Bereichen auch das Führen derjenigen gefährlichen Gegenstände untersagen, die bei Gewaltdelikten häufig zum Einsatz kommen, aber nicht dem WaffG unterfallen, weil es für sie einen zivilen Gebrauchszweck gibt (z.B. Fahrtenmesser, Baseballschläger).

Insgesamt zeigen die Hamburger Probleme und Erfahrungen, die in unterschiedlichem Umfang auch in anderen Großstädten vorhanden sind, dass die vorgeschlagene Länderöffnungsklausel ein wirksamer Beitrag zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit in den betroffenen Örtlichkeiten sein kann.

Zu Artikel 1 Nummer 2:

Die Änderung des § 53 Absatz 1 Nr. 23 enthält eine Bußgeldbewehrung für einen Verstoß gegen eine auf der Grundlage des § 42 Absatz 5 erlassene Verordnung.