Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. März 2007 zu der Empfehlung der Kommission vom 18. Oktober 2005 für die länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, die für legale Online-Musikdienste benötigt werden (2005/737/EG) (2006/2008(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 107099 - vom 10. April 2007. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 13. März 2007 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass es die Kommission versäumt hat, vor Annahme der Empfehlung mit den Betroffenen und dem Parlament umfassende und gründliche Konsultationen abzuhalten; in der Erwägung, dass alle Kategorien von Rechteinhabern bei allen zukünftigen Regulierungsmaßnahmen in diesem Bereich konsultiert werden müssen, um eine faire und ausgewogene Vertretung ihrer Interessen zu gewährleisten,

B. in der Erwägung, dass die Tatsache, dass die Kommission es unterlassen hat, das Parlament förmlich zu beteiligen, insbesondere mit Blick auf dessen genannte Entschließung vom 15. Januar 2004, nicht hingenommen werden kann, da die Empfehlung über eine bloße Auslegung und Ergänzung bestehender Vorschriften eindeutig hinausgeht,

C. in der Erwägung, dass es nicht hingenommen werden kann, dass als Ansatz "nicht zwingendes Recht" gewählt wurde, ohne dass vorher eine Konsultation stattfand oder das Parlament und der Rat förmlich beteiligt wurden, wodurch der demokratische Prozess umgangen wurde, insbesondere da die Initiative bereits Entscheidungen auf dem Markt mit potentiell negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb und die kulturelle Vielfalt beeinflusst hat,

D. in der Erwägung, dass die Empfehlung lediglich beabsichtigt, den Online-Verkauf von Musikaufnahmen zu regeln, aufgrund des unbestimmten Wortlauts jedoch auch auf andere Online-Dienste (wie z.B. Rundfunkdienste), die Musikaufnahmen enthalten, Anwendung finden könnte; in der Erwägung, dass die hieraus resultierende Unklarheit in Bezug auf die Anwendbarkeit unterschiedlicher Lizenzierungsregime zu Rechtsunsicherheit führt und Nachteile insbesondere für Online- Rundfunkdienste mit sich bringt,

E. in der Erwägung, dass ein Risiko besteht, dass Rechteinhaber, die der Empfehlung hinsichtlich ihrer interaktiven Online-Rechte folgen würden, den lokalen Verwertungsgesellschaften auch andere (z.B. den Rundfunk betreffende) Rechte entziehen und somit den Nutzern dieser Rechte die Möglichkeit nehmen, Nutzungsrechte für ein breit gefächertes Repertoire von ein- und derselben Verwertungsgesellschaft zu erwerben,

F. in der Erwägung, dass es nicht hingenommen werden kann, dass die Kommission beabsichtigt, eine Empfehlung zum gegenwärtigen System eines gerechten Ausgleichs für Vervielfältigungen zu privaten Zwecken nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 2001/29/EG anzunehmen, und so erneut das demokratische Verfahren zur Regelung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten umgeht,

G. in der Erwägung, dass es wichtig ist, mögliche Risiken zu vermeiden und für einen angemessenen Ausgleich zwischen den Rechten und Interessen der verschiedenen Beteiligten zu sorgen,

H. in der Erwägung, dass Musik keine Ware ist, dass die Verwertungsgesellschaften größtenteils nichtkommerzielle Organisationen sind und dass die Einführung eines Systems, das auf kontrolliertem Wettbewerb aufbaut, den Interessen aller Rechteinhaber und der Förderung der kulturellen Vielfalt und Kreativität dient,

I. in der Erwägung, dass nationale Verwertungsgesellschaften weiterhin eine wichtige Rolle bei der Unterstützung zur Förderung von neuen Rechteinhabern und Minderheitenrechteinhabern, kultureller Vielfalt, Kreativität und lokalen Repertoires spielen sollten, was voraussetzt, dass das Recht der nationalen Verwertungsgesellschaften zum Einbehalt fortgesetzter kultureller Abschläge aufrechterhalten bleibt,

J. in der Erwägung, dass das bestehende Netz der nationalen Verwertungsgesellschaften eine wichtige Rolle bei der finanziellen Unterstützung zur Förderung von neuen Repertoires und von Minderheitenrepertoires in Europa spielt, und dass dies nicht verloren gehen sollte,

K. in der Erwägung, dass ein stärkerer, dabei aber kontrollierter Wettbewerb bei der kollektiven Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten in der Online-Musikbranche allen Parteien nützen und die kulturelle Vielfalt stärken kann, sofern er fair und transparent ist, und dass der Wettbewerb nur die Qualität und die Kosten für die Erbringung der betreffenden Dienstleistungen betrifft, ohne Auswirkungen auf den Wert der Rechte zu haben,

L. in der Erwägung, dass die Sorge besteht, dass einige Bestimmungen der Empfehlung möglicherweise negative Auswirkungen auf lokale Repertoires und die kulturelle Vielfalt haben, da die Gefahr besteht, dass eine Konzentration von Rechten bei größeren Verwertungsgesellschaften gefördert wird, und in der Erwägung, dass die Auswirkungen jeder Initiative zur Eröffnung des Wettbewerbs zwischen Verwertungsgesellschaften mit dem Ziel, die gewinnträchtigsten Rechteinhaber anzuziehen, geprüft und gegenüber den nachteiligen Auswirkungen eines solchen Ansatzes auf kleine Rechteinhaber, kleine und mittlere Verwertungsgesellschaften und die kulturelle Vielfalt abgewogen werden muss,

M. in der Erwägung, dass die Möglichkeit für Rechteinhaber und Nutzer, eine Verwertungsgesellschaft unabhängig von dem Mitgliedstaat, in dem sie sich befinden, frei zu wählen,

N. in der Erwägung, dass das bestehende System der Gegenseitigkeitsverträge und der gegenseitigen Einziehung von Nutzungsgebühren beibehalten werden sollte, indem ein Wettbewerb eingeführt wird auf der Grundlage der Effizienz und Qualität der von den Verwertungsgesellschaften angebotenen Dienstleistungen sowie dem prozentualen Anteil der administrativen Kosten und indem den Nutzern, die Musikaufnahmen online zum Verkauf anbieten, Lizenzen gewährt werden auf der Grundlage der Tarife, die in dem Land gelten, in dem die Konsumtion des Urheberrechts durch den individuellen Nutzer stattfinden wird, und in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten in vollem Einklang mit der in der Kabel- und Satellitenrichtlinie 93/83/EWG festgeschriebenen Regelung für grenzüberschreitenden Rundfunk Rechtssicherheit für Anbieter von anderen Online-Diensten als dem Online-Verkauf von Musik schaffen und es ermöglichen sollten, dass solche anderen Nutzer die erforderlichen rechtlichen Genehmigungen beantragen und die Gebühren ordnungsgemäß entsprechend der jeweiligen Nutzung an alle Kategorien von Rechteinhabern unter fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen entrichten,

O. unter Hinweis darauf, dass das System der Gegenseitigkeitsvereinbarungen beibehalten werden sollte, da es unterschiedslos allen gewerblichen und individuellen Nutzern die Möglichkeit des Zugangs zum weltweiten Repertoire gibt, den Rechteinhabern einen besseren Schutz bietet, echte kulturelle Vielfalt gewährleistet und den fairen Wettbewerb auf dem Binnenmarkt fördert,

P. in der Erwägung, dass es Verwertungsgesellschaften freistehen sollte, gewerblichen Nutzern von allen Orten in der Europäischen Union europaweite und Multirepertoirelizenzen für grenzübergreifende und Online-Nutzung und für die Nutzung in der Mobiltelefonie und in anderen digitalen Netzen zu erteilen, wenn sie in der Lage sind, die Rechte, für die eine Lizenz erteilt wurde, in angemessener Weise zu verwalten, und in der Erwägung, dass solche Mehrgebietslizenzen unter fair ausgehandelten Bedingungen ohne Diskriminierung zwischen den Nutzern und bei Gewährleistung von Interoperabilität zwischen verschiedenen Technologien gewährt werden sollten, damit die Praktiken der Lizenzvergabe durch die Verwertungsgesellschaften nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen verschiedenen Nutzern von Rechten und verschiedenen nichtinteroperablen technologischen Mitteln der Verbreitung führen,

Q. in der Erwägung, dass die Einrichtung von zentralen Anlaufstellen, in denen gewerbliche Nutzer eine Lizenz für das weltweite Repertoire für das Gebiet, das sie brauchen, erwerben können, gemeinsam mit einem hohen Schutzniveau für die Rechteinhaber im Mittelpunkt der engen Zusammenarbeit zwischen Verwertungsgesellschaften stehen sollten, um das Phänomen des "Forum-Shopping" (Nutzer, die nach Verwertungsgesellschaften suchen, die die billigsten Lizenzen anbieten) zu unterbinden; in der Erwägung, dass zur Beibehaltung einer einzigen Anlaufstelle das bestehende System der gegenseitigen Einziehung von Nutzungsgebühren in Verbindung mit einem hohem Schutzniveau für Rechteinhaber beibehalten werden sollte, um negative Auswirkungen auf die Einkünfte zu vermeiden und gleichzeitig sicherzustellen, dass unerwünschte ausschließliche Mandate, die den fairen Wettbewerb beeinträchtigen, nicht erteilt werden dürfen,

R. in der Erwägung, dass es - insbesondere mit Blick auf einen möglichen Missbrauch von Monopolen - besserer Regeln für einige Verwertungsgesellschaften im Wege einer verbesserten Solidarität, Transparenz, Nicht-Diskriminierung einer fairen und ausgewogenen Vertretung einer jeden Kategorie von Rechteinhabern und besserer Vorschriften über die Rechenschaftspflicht zusammen mit geeigneten Kontrollmechanismen in den Mitgliedstaaten bedarf; in der Erwägung, dass Verwertungsgesellschaften ihre Dienstleistungen auf der Grundlage der drei Schlüsselprinzipien von Effizienz, Gerechtigkeit und Transparenz erbringen sollen,

S. in der Erwägung, dass in den Mitgliedstaaten immer dann, wenn Rechte kollektiv wahrgenommen werden, faire und wirksame Streitbeilegungsmechanismen eingeführt werden sollten, mit denen gewährleistet wird, dass Rechteinhaber und Nutzer gleichermaßen Zugang zu einer Möglichkeit der Streitbeilegung haben, unbeschadet des Rechts aller Beteiligter auf eine gerichtliche Überprüfung; und in der Erwägung, dass deshalb in den Mitgliedstaaten auf der Grundlage klarer und schlüssiger Kriterien faire, unparteiische und wirksame Streitbeilegungsmechanismen für alle Beteiligten eingeführt werden sollten,

T. in der Erwägung, dass die Kommission auf der Grundlage korrekter und vollständiger Daten eine genaue Abschätzung der Entwicklung und Umsetzung von Abkommen und Vereinbarungen zur Stärkung der möglichen Ergebnisse und zur Beurteilung der Risiken von Mehrgebiets- und Multirepertoirelizenzen für Onlinedienste unter Berücksichtigung der kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Dimension vornehmen sollte,

U. in der Überzeugung, dass es gemeinsamer Instrumente und vergleichbarer Parameter sowie der Abstimmung der Tätigkeitsbereiche von Verwertungsgesellschaften bedarf, um die Zusammenarbeit zwischen den Verwertungsgesellschaften zu verbessern und die Entwicklung der Informationsgesellschaft zu berücksichtigen,

V. in der Erwägung, dass alle Anstrengungen zur Stimulierung des Wettbewerbs im Binnenmarkt und zur internationalen Verbreitung europäischer musikalischer Werke zu begrüßen sind, unabhängig davon, welche Verwertungsgesellschaft für die Urheberrechte zuständig ist, unter Berücksichtigung des Prinzips, wonach jedes Repertoire unabhängig davon, ob es allgemein bekannt ist oder nicht, gleich behandelt werden sollte,

W. in der Erwägung, dass die Empfehlung zwar nur den Online-Verkauf von Musikaufnahmen betreffen soll, dass der Wortlaut im weiteren Sinne jedoch auch andere Online-Dienste (wie Rundfunkdienste), wozu auch derartige Musikaufnahmen gehören können, einschließt, die durch die Rechtsunsicherheit beeinträchtigt wären, die diese Empfehlung in der Frage bewirkt, welches Lizenzverfahren für diese Dienste anzuwenden wäre und in der Erwägung, dass die für den Binnenmarkt anwendbaren technischen Lösungen den Kriterien für die Öffnung und die Interoperabilität entsprechen müssen, die den Schutz der Rechteinhaber sowie der Verbraucher gewährleisten sollen,

X. in der Erwägung, dass ein stärkerer Wettbewerb bei der kollektiven Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten in der Musikindustrie, sofern er fair und transparent ist und unter den richtigen Voraussetzungen stattfindet, die Stellung der Autoren in Europa (auch der lokalen Autoren und der Minderheitenrepertoires) schützen und der kulturellen Vielfalt in Europa förderlich sein kann,

Y. in der Erwägung, dass die Kommission geeignete Initiativen prüfen sollte, um einen ständigen breiten öffentlichen Zugang zu Repertoires zu gewährleisten, wozu auch kleinere oder lokale Repertoires gehören, unter Beachtung des Übereinkommens der UNESCO zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen, angesichts der Besonderheit des digitalen Zeitalters, aber ebenfalls unter Berücksichtigung der direkten und indirekten Folgen für die allgemeine Stellung der Autoren und der kulturellen Vielfalt,< /p>