Beschluss des Bundesrates
Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung

Der Bundesrat hat in seiner 979. Sitzung am 28. Juni 2019 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 6. Juni 2019 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zuzustimmen.

Der Bundesrat hat ferner die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst

Anlage
Entschließung zum Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung

Zu Artikel 1 Nummer 13 (§ 43 Absatz 3a AMG)

Der Bundesrat stellt fest, dass die Versorgung der Hämophilen in Deutschland über die Heimselbstbehandlung international anerkannt und seit Jahrzehnten etabliert ist.

Der Bundesrat befürchtet, dass die Änderungen des AMG eine Schwächung der Zentrumsversorgung zur Folge hat, weil die enge Bindung zwischen Zentrum und Patient durchbrochen wird.

Der Bundesrat erinnert an den Beschluss der 81. Gesundheitsministerkonferenz (GMK) zur Absicherung und Stärkung der Hämophiliebehandlung in Deutschland. Die GMK stellte einstimmig fest, dass sich die Heimselbstbehandlung der Bluterpatientinnen und -patienten grundsätzlich bewährt hat und dass dabei die Abgabe der Gerinnungsfaktorenkonzentrate durch die hämostaseologisch qualifizierten Ärzte an ihre Patienten nach § 47 AMG eine wichtige Rolle spielt. Die GMK bat zugleich die Kultusministerkonferenz, sich für den Erhalt und die Stärkung der Hämophiliebehandlung in interdisziplinären Behandlungszentren (Comprehensive Care Centres, CCC) an den Universitätskliniken einzusetzen.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass das mit der Regelung beabsichtigte Ziel, den "aktuellen Entwicklungen in der spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie Rechnung zu tragen", auch mit weniger drastischen Eingriffen in die Versorgung dieser sensiblen Patientengruppe erreichbar wäre.

Begründung:

Die Möglichkeit der Direktabgabe von Gerinnungspräparaten durch Ärzte, die mit dem Transfusionsgesetz von 1998 im AMG verankert worden ist, dient vor allem einer qualitätsgesicherten Abgabe mit der damit einhergehenden gründlichen Dokumentation durch die Ärzte und ist heute Grundlage einer sicheren und qualitativ hochwertigen Versorgung der Patienten.

Die Änderung des Vertriebswegs hätte eine erhebliche Schwächung der Zentrumsversorgung zur Folge, weil die enge Bindung zwischen Zentrum und Patient durchbrochen würde. Die damit verbundene Verlagerung der Versorgung ist aus ärztlicher Perspektive genauso wenig wünschenswert wie aus Sicht des Patienten. Dies bestätigten die Bundesärztekammer und die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung. An der grundsätzlichen Kritik ändern auch geringfügige Nachbesserungen des Gesetzentwurfs nichts.

Die Änderungen würden zudem dazu führen, dass innovativen Versorgungsverträgen zwischen Krankenkassen und Hämophiliezentren die Grundlage entzogen wird. Solche Verträge gibt es mittlerweile flächendeckend mit den Ersatzkassen (vdek-Vertrag) sowie mit einigen regionalen AOKen und Betriebskrankenkassen. Bei diesen Verträgen wird auch der wirtschaftliche Einsatz der Arzneimittel zur Vertragsgrundlage gemacht.

Das mit der Regelung beabsichtigte Ziel, den "aktuellen Entwicklungen in der spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie Rechnung zu tragen", sollte auch mit weniger drastischen Eingriffen in die Versorgung dieser sensiblen Patientengruppe erreichbar sein.

Um dem berechtigten Anliegen nach Preistransparenz Rechnung zu tragen, können die einzelnen Krankenkassen bilaterale Rabattverträge nach § 130a SGB V oder § 130c SGB V abschließen und im Gegenzug eine ausreichende Honorierung der Zentren grundsätzlich über Versorgungsverträge sicherstellen. Inhaltlich ergänzt wird dies durch die Änderung des § 132i SGB V. Nach dieser schließen Krankenkassen oder deren Landesverbände Versorgungsverträge mit ärztlichen Einrichtungen, die auf die Behandlung von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie durch hämostaseologisch qualifizierte Ärzte spezialisiert sind.