Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Führungsaufsicht

A. Problem und Ziel

B. Lösung

Der Entwurf schlägt vor:

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Für den Bundeshaushalt entstehen keine Kosten und kein Vollzugsaufwand.

Für die Länder entstehende folgende Kosten:

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Führungsaufsicht

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 7. April 2006
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Führungsaufsicht

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuchs

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl I. S. 3322), zuletzt geändert durch ... , wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung der Strafprozeßordnung

Die Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Inkrafttreten

Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

1. Ausgangslage

2. Zielsetzung und Inhalt des Entwurfs

Mit der Reform der Führungsaufsicht soll ihre effizientere praktische Handhabung ermöglicht werden. Zum einen werden deshalb die rechtlichen Regelungen zur Führungsaufsicht vereinfacht und vereinheitlicht. Parallel dazu wird zum anderen ein Kriseninterventionsinstrumentarium geschaffen mit dessen Hilfe kritische Entwicklungen von Probandinnen und Probanden noch besser als bisher frühzeitig erkannt und ihnen so rechtzeitig begegnet werden kann. Neben einer Verbesserung des strafrechtlichen Rahmens setzt eine Steigerung der Effizienz der Führungsaufsicht allerdings auch die Überprüfung und ggf. Verbesserung ihrer Umsetzung in der Praxis durch die Landesjustizverwaltungen voraus.

Der Entwurf greift die Mehrzahl der in dem Bericht des Strafrechtsausschusses vorgeschlagenen Änderungen auf (im Folgenden als solche gekennzeichnet). Einige der Änderungsvorschläge wurden aus Gründen, die im Rahmen der Begründung zu den jeweiligen Einzelregelungen näher ausgeführt sind, in modifizierter Form umgesetzt. Der Entwurf enthält daneben einige Neuregelungsvorschläge, die über die in dem Bericht enthaltenen Empfehlungen hinaus gehen (im Folgenden mit "neuer Vorschlag" gekennzeichnet). Die Änderung des Rechts der Führungsaufsicht wird schließlich auch zum Anlass für sprachliche Modernisierungen vor allem durch Anpassung an eine geschlechtergerechte Sprache innerhalb des StGB genommen. Im Einzelnen sind vorgesehen:

3. Gesetzgebungskompetenz; Vereinbarkeit mit EU-Recht

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 des Grundgesetzes (Strafrecht, gerichtliches Verfahren). Die Berechtigung des Bundes zur Inanspruchnahme der Gesetzgebungskompetenz ergibt sich dabei aus Artikel 72 Abs. 2, 2. Alt. des Grundgesetzes.

Die Änderungen betreffen das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßordnung, die schon bisher bundesrechtlich geregelt sind. Eine bundesgesetzliche Regelung ist erforderlich, um auch weiterhin die Einheitlichkeit des Straf- und Verfahrensrechts in allen Ländern und damit im gesamtstaatlichen Interesse die Rechtseinheit für das Recht der Führungsaufsicht zu gewährleisten.

Zur Wahrung der Rechtseinheit ist eine bundesrechtliche Regelung dann erforderlich, wenn andernfalls eine Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen zu besorgen wäre, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann (BVerfGE 106, 62, 145 f.). Dies ist im Bereich der Führungsaufsicht der Fall. Zum einen reichen strafrechtlich relevante Lebenssachverhalte häufig über Ländergrenzen hinweg. Deshalb wären unterschiedliche landesrechtliche Regelungen über die Reaktion auf strafbares Verhalten problematisch.

Zum anderen sind an der Vollstreckung und dem Vollzug strafrechtlicher Reaktionen häufig Gerichte und Behörden mehrerer Bundesländer beteiligt. So ist das in Führungsaufsichtsfällen zuständige Vollstreckungsgericht oftmals nicht das Landgericht, in dessen Bezirk die verurteilte Person wohnt und die Führungsaufsicht durch die zuständige Aufsichtsstelle und die Bewährungshilfe tatsächlich durchgeführt wird.

Ohne eine einheitliche Regelung drohte mithin eine nicht hinnehmbare Rechtszersplitterung, insbesondere die Gefahr von Kompetenzstreitigkeiten und Streitigkeiten über das anwendbare Recht. Dies hätte erhebliche Rechtsunsicherheiten und damit unzumutbare Behinderungen für den länderübergreifenden Rechtsverkehr zu Folge, die eine sinnvolle und effektive Durchführung der Führungsaufsicht ernsthaft in Frage stellen würden.

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

4. Gesetzesfolgen

Für den Bundeshaushalt entstehen keine Kosten.

Für die Länderhaushalte führen die vorgeschlagenen Änderungen einerseits zu Mehrkosten, andererseits zu Kostenersparnissen.

Es sind weder zusätzliche Kosten für die Wirtschaft noch Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, zu erwarten.

5. Gleichstellungspolitische Bedeutung

Der Gesetzentwurf nimmt innerhalb des Allgemeinen Teils des StGB bereichsspezifische Anpassungen an die geschlechtergerechte Sprache vor. Die nur geringfügigen Änderungen der StPO boten demgegenüber keinen hinreichenden Anlass, auch dort eine entsprechende Anpassung vorzunehmen. Sie würde erheblich vom allgemeinen Sprachgebrauch in der StPO abweichen, der im Übrigen eher Prozessrollen als Personen bezeichnet.

Die Regelungen sind inhaltlich geschlechtsneutral. Im Hinblick auf den deutlich höheren Anteil von männlichen Probanden der Führungsaufsicht betreffen sie mehr Männer als Frauen. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind gleichwohl nicht zu erwarten.

B. Besonderer Teil

1. Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuchs)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Seit Inkrafttreten des Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) (BGBl. 1998 I S. 164, 704) am 1. April 1998 steht fest, dass die durch Artikel 1 Nr. 1 dieses Gesetzes neu gefasste Inhaltsübersicht am Gesetzesrang teilnimmt. Dies bedeutet, dass sie durch den Gesetzgeber mit geändert werden muss, soweit sich - wie hier der Fall - Änderungen des Strafgesetzbuchs auf die Inhaltsübersicht auswirken (vgl. den Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zu Artikel 1 Nr. 1 des 6. StrRG, BT-Drucks. 013/9064, S. 8).

Zu Nummer 2 (§ 56c Abs. 2 Nr. 3):

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung an den Sprachgebrauch in § 68b Abs. 1 Nr. 3 StGB-E.

Zu Nummern 3 bis 5 (§§ 56d, f, 57)

Mit den Änderungen werden ausschließlich redaktionelle Anpassungen an die geschlechtergerechte Sprache vorgenommen, die insbesondere auch dem hohen Anteil von weiblichen Beschäftigten in der Bewährungshilfe Rechnung tragen.

Zu Nummer 6 Buchst. a (§ 67d Abs. 3 Satz 2 und Abs. 6 Satz 2)

In Absatz 3 Satz 2 bindet das Gesetz den Beginn der Führungsaufsicht an den Zeitpunkt der Erledigung einer Unterbringung in der Sicherungsverwahrung. Im Rahmen der vergleichbaren Fälle der gesetzlichen Führungsaufsicht nach § 67d Abs. 5 Satz 2 und § 68f Abs. 1 Satz 1 StGB knüpft ihr Beginn dagegen an die Entlassung aus dem Vollzug an. Ein Grund für eine unterschiedliche Regelung des Beginns der Führungsaufsicht in den Fallgestaltungen des § 67d Abs. 3 StGB im Vergleich zu den anderen nach Freiheitsentziehung eintretenden Varianten der Führungsaufsicht ist nicht ersichtlich. Gleiches gilt auch für die Fälle des § 67d Abs. 6 StGB. Durch die Änderungen in Absatz 3 Satz 2 und Absatz 6 Satz 2 wird nunmehr klargestellt, dass die Beendigung der Freiheitsentziehung Grundlage für den Beginn der Führungsaufsicht ist und diese mit der Entlassung der betroffenen Person aus dem Vollzug der Unterbringung eintritt. Dies entspricht im Ergebnis auch einem Vorschlag des Strafrechtsausschusses (Bericht S. 49).

Zu Nummer 6 Buchst. b (§ 67d Abs. 4)

Nach § 67d Abs. 4 ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mit dem Ablauf ihrer Höchstdauer erledigt. Das Gesetz trägt damit Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten Rechnung.

Nach Ablauf der Höchstfrist ist deshalb die untergebrachte Person aus dem Maßregelvollzug zu entlassen und zwar unabhängig davon, ob die Therapie erfolgreich war. Als problematisch erweist sich in der Praxis vor allem, dass bisher in diesen Fällen auch keine Führungsaufsicht eintritt.

Der Entwurf schafft hier Abhilfe und ordnet das Eintreten von Führungsaufsicht an.

Gerade in den Fällen des § 67d Abs. 4 StGB erscheint es risikoreich, die untergebrachte Person ohne weitere Betreuung in die Freiheit zu entlassen. Zum Zeitpunkt ihrer Entlassung hat die betroffene Person mindestens zwei Jahre im Maßregelvollzug und damit in Unfreiheit verbracht.

Schon wegen der Dauer der Unterbringung bedarf sie nach ihrer Entlassung in der Regel einer besonderen Hilfe zu ihrer Wiedereingliederung. Darüber hinaus handelt es sich gerade bei den nach § 67d Abs. 4 StGB Entlassenen um eine besonders schwierige Gruppe von Personen, die oft die Anlasstat im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen haben und bei denen eine frühere Aussetzung der Maßregel abgelehnt wurde. Um ihnen die notwendige Betreuung bei ihrem Wiedereintritt in die Freiheit zukommen zu lassen, wird teilweise empfohlen, selbst bei bedenklicher Prognose eine vorzeitige Aussetzung der Maßregel (die Führungsaufsicht nach sich zieht) in Betracht zu ziehen (Horstkotte in "StGB - Leipziger Kommentar", 10. Aufl., § 67d Rdn. 18).

Vielfach sei nämlich der Nutzen eines weiteren Freiheitsentzuges bis zum Ablauf der Höchstfrist geringer als der mit der Führungsaufsicht verbundene Vorteil. Obgleich in diesen Fällen die rechtlichen Voraussetzungen für eine Aussetzung der Maßregel gerade nicht vorliegen, greift die gerichtliche Praxis teilweise tatsächlich zu diesem Mittel.

Zu Nummer 7 (§ 67g)

In Angleichung an die in § 56f Abs. 1 Satz 2 StGB für den Widerruf einer Strafaussetzung getroffene Regelung erweitert die in Absatz 1 Satz 2 getroffene Regelung die Möglichkeit, die Aussetzung einer Unterbringung zu widerrufen, wenn der Widerrufsgrund zwischen der Entscheidung über die Aussetzung und dem Beginn der Führungsaufsicht (§ 68c Abs. 4) entstanden ist. Gemäß § 67g kann nach geltender Rechtslage die Aussetzung einer Unterbringung widerrufen werden wenn während der Dauer der Führungsaufsicht bestimmte Widerrufsgründe eintreten.

Tritt der Widerrufsgrund nach Erlass, aber vor dem "Wirksamwerden" der Aussetzungsentscheidung, also dem in § 68c Abs. 4 Satz 1 des Entwurfs umschriebenen Beginn der Führungsaufsicht ein ist der Widerruf bisher nicht möglich. Da es nicht darauf ankommen kann, ob die Aussetzungsentscheidung bei Eintreten eines Widerrufsgrundes schon wirksam war, muss der Zeitpunkt ihres Erlasses entscheidend sein.

Im Übrigen wurde § 67g StGB geschlechtergerecht gefasst.

Zu Nummer 8 (§ 67h)

Die Neuregelung eröffnet die Möglichkeit, Personen, deren Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt zur Bewährung ausgesetzt ist, bei einer akuten Verschlechterung ihres Zustands oder einem Rückfall in ihr Suchtverhalten vorübergehend wieder in der Klinik unterzubringen, wenn dies erforderlich ist, um einen Widerruf der Aussetzung zu verhindern. Auf diese Weise wird eine höhere Durchlässigkeit zwischen ambulanter und stationärer Betreuung geschaffen, die in der nichtforensischen Versorgung durch Institutsambulanzen und stationäre Bereiche bereits erfolgreich funktioniert. Die Neuregelung macht es erforderlich in den Maßregelvollzugskrankenhäusern "Krisenbetten" bereit zu halten.

Möglichkeiten der stationären Krisenintervention haben sich in der Praxis als dringend erforderlich erwiesen um nach Aussetzung einer freiheitsentziehenden Behandlungsmaßregel bei kritischen Entwicklungen eingreifen zu können, die bei ungehindertem weiterem Verlauf die Gefahr der Begehung weiterer schwerer Straftaten begründen können. Durch vorübergehende stationäre Unterbringung und Behandlung, ggf. durch ihre früheren Bezugstherapeutinnen und -therapeuten, können psychisch dekompensierte oder von einer Dekompensation akut bedrohte Probandinnen und Probanden oft stabilisiert werden und anschließend wieder in ihr gewohntes oder neu geordnetes Lebensumfeld zurückkehren. Dasselbe gilt für Probandinnen und Probanden, die nach erfolgreicher Alkohol- oder Drogentherapie akut in ihr Suchtverhalten zurückfallen.

Das geltende Recht bietet für eine derartige Krisenintervention keine zureichende Handhabe. In Ermangelung geeigneterer Mittel nutzt die Praxis zwar zum Teil die Möglichkeit, gefährdete Probandinnen oder Probanden unter Erlass eines Sicherungsunterbringungsbefehls ( § 453c Abs. 1 StPO) vorübergehend in die Klinik zurückzuholen. Diese Verfahrensweise ist aber unter rechtlichen Gesichtspunkten problematisch. Denn es handelt sich um eine Maßnahme zur vorläufigen Sicherung des oder der Verurteilten vor Widerruf der Aussetzung, der in den hier in Rede stehenden Fällen jedoch zunächst überhaupt nicht beabsichtigt ist. Der Erlass eines Sicherungsunterbringungsbefehls hat darüber hinaus in der Praxis verschiedene problematische Folgen:

Schon für sich genommen wirkt der jedenfalls formal in Betracht gezogene Bewährungswiderruf für die akut erkrankte Person stigmatisierend. Nicht selten begreifen auch die Träger von Heimen, in denen die betroffenen Patientinnen oder Patienten nach ihrer Entlassung aus dem Maßregelvollzug untergebracht sind, und die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die von dem Sicherungsunterbringungsbefehl Kenntnis erlangen, die als bloße Krisenintervention gedachte Maßnahme als "Verhaftung" und schaffen durch die anschließende Kündigung des Heim- bzw. Arbeitsplatzes Tatsachen, die den geeigneten sozialen Empfangsraum für die Betroffenen vernichten und so einen Widerruf der Aussetzung unumgehbar machen können. Entscheidungen nach § 67h StGB ermöglichen es demgegenüber, krisenhafte Zuspitzungen angemessen zu behandeln, ohne langfristig entwickelte Behandlungserfolge durch Erlass eines Sicherungsunterbringungsbefehls oder den Widerruf der Aussetzung zu gefährden.

Maßnahmen nach den landesrechtlichen Regelungen zur Unterbringung psychisch Kranker scheiden in vielen Fällen aus, weil sie eine konkrete, gegenwärtige Gefahr für Dritte voraussetzen, deren Eintritt im Interesse einer effektiven Krisenintervention nicht abgewartet werden kann. Die befristete Wiederinvollzugsetzung der Maßregel stellt diese Anforderung nicht. Als strafrechtliche Maßnahme ist sie freilich nicht bei jeder akuten Verschlechterung des Gesundheitszustands der betroffenen Person gerechtfertigt. § 67h StGB-E verlangt vielmehr, dass die Maßnahme erforderlich ist, um einen Widerruf der Aussetzung nach § 67g StGB zu vermeiden. D. h. es muss eine Risikosituation eingetreten sein, die bei ungehinderter Weiterentwicklung voraussichtlich einen Widerruf der Aussetzung zur Verhinderung neuer, erheblicher rechtswidriger Taten (Maßregelzweck) notwendig machen würde.

Die Anordnung der Maßnahme setzt keinen förmlichen Antrag voraus. Sie kann von jeder an der Führungsaufsicht beteiligten Stelle, also auch von der forensischen Ambulanz, unmittelbar beim Vollstreckungsgericht angeregt werden.

Die Bemessung der Höchstdauer der Kriseninterventionsmaßnahme einschließlich ihrer Verlängerungsmöglichkeit sowie die Schaffung der Möglichkeit zu ihrer Aufhebung vor Ablauf der vom Gericht bestimmten Frist tragen Bedürfnissen der Praxis nach einer flexiblen Regelung Rechnung.

Wenn eine Kriseninterventionsbehandlung nicht binnen des vorgesehenen Zeitraums beendet werden kann, liegt regelmäßig eine solch schwerwiegende Störungsproblematik vor, dass ein Widerruf der Aussetzung der Maßregel unabwendbar ist. Innerhalb des Zeitrahmens von (mit Verlängerung) höchstens sechs Monaten ist die Dauer der zu Kriseninterventionszwecken erforderlichen stationären Behandlung individuell sehr unterschiedlich und kann im Einzelfall durchaus im Bereich weniger Wochen liegen. Mit der Möglichkeit zur Aufhebung der Maßnahme vor Ablauf der gerichtlich festgelegten Frist (Absatz 2) trägt die Regelung dem Umstand Rechnung, dass eine verlässliche Prognose der erforderlichen Behandlungsdauer in den meisten Fällen kaum möglich ist.

Die teilweise, z.B. in Nordrhein-Westfalen, bestehende Möglichkeit, in Krisenfällen frühere Patientinnen und Patienten auf eigenen Wunsch wieder stationär in die Maßregelvollzugskliniken aufzunehmen (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 3 MRVG NW), wird durch die Neuregelung nicht obsolet, denn das Einverständnis der Patientin oder des Patienten ist die beste Grundlage zur stationären Krisenintervention. Im Fall der freiwilligen Wiederaufnahme in die Maßregelvollzugsklinik oder der freiwilligen Behandlung in einem allgemeinpsychiatrischen Krankenhaus wird eine Zwangsmaßnahme nach § 67h StGB-E regelmäßig nicht erforderlich sein und mithin bereits unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht in Frage kommen,

Zu Nummer 9

Zu § 68a

Die Vorschrift erhält in Absatz 7 eine spezielle Neuregelung zum Verhältnis zwischen forensischer Ambulanz, Führungsaufsichtsstelle, Bewährungshilfe und Vollstreckungsgericht und wurde im Übrigen geschlechtergerecht gefasst.

Die qualifizierte forensische Nachsorge im Anschluss an die Unterbringung im Maßregelvollzug nach den §§ 63, 64 StGB oder die Behandlung im Strafvollzug, insbesondere in einer Sozialtherapeutischen Anstalt, kann eine psychiatrische, sozial- oder psychotherapeutische (einschließlich verhaltenstherapeutischer) Betreuung und Behandlung umfassen. Sie trägt wesentlich zu einem positiven Bewährungsverlauf bei.

Eine spezialisierte Nachsorge gibt es gegenwärtig vor allem im Bereich der forensischen Psychiatrie und - punktuell - für entlassene Sexualstraftäter. Allerdings ist sie deutlich zu gering ausgebaut da sich ihre Finanzierung schwierig gestaltet. Über ein Netz von forensischpsychiatrischen Nachsorgeeinrichtungen, die vom Land finanziert werden, verfügt bereits Hessen (vgl. Freese, "Ambulante Nachsorge nach Straf- und Maßregelvollzug", in Egg (Hrsg.), "Ambulante Nachsorge nach Straf- und Maßregelvollzug". 2004, S. 169 ff.). Die dortigen Erfahrungen sprechen dafür, dass ein flächendeckendes Nachsorgenetz auch dazu beitragen kann, die Verweildauer in den Kliniken auf einem angemessenen Stand zu halten. In Nordrhein-Westfalen wird aufbauend auf den bereits an mehreren Klinikstandorten etablierten Ambulanzen ein forensischpsychiatrisches Nachsorgenetz geschaffen. In Niedersachsen wurde 2004 beim Niedersächsischen Landeskrankenhaus (NLKH) Moringen eine Spezialambulanz für die forensische Nachsorge von Sexualdelinquenten eingerichtet; außerdem soll in Anbindung an bestehende Institutsambulanzen eine flächendeckende forensische Nachsorge geschaffen werden. Eine Nachsorgeambulanz für Sexualstraftäter unterhält z.B. die Sozialtherapeutische Abteilung der JVA-Lingen (Wischka, "Kognitivbehaviorale Therapie für Sexualstraftäter und Nachsorge in einer sozialtherapeutischen Abteilung", in Egg a.a.O., S. 87 ff.). Berlin richtet derzeit eine forensischtherapeutische Ambulanz für Sexual- und Gewaltstraftäter ein, die als eine Abteilung der Sozialen Dienste der Justiz geführt wird. In Bayern wurde an drei Bezirkskrankenhäusern ein inzwischen ausgelaufenes "Modell Ambulante Sicherungsnachsorge" durchgeführt (vgl. hierzu Steinböck/Groß/Nedopil/Stübner/Tiltscher/ von Vopelius/Werner, "Ambulante Betreuung forensischer Patienten - vom Modell zur Institution", Recht & Psychiatrie 2004, S.199 ff.). Ein neues Modellprojekt am Bezirkskrankenhaus Regensburg widmet sich speziell der Nachsorge für Patientinnen und Patienten des Maßregelvollzugs nach § 63 StGB mit schwerer wiegenden Anlasstaten.

Auch in einigen anderen Bundesländern gibt es an einzelnen Standorten Nachsorgeeinrichtungen, die z. T., wie die Ambulanz für Sexualstraftäter des Vereins Bewährungshilfe Stuttgart e. V. (Pitzing, "Ambulante Psychotherapie mit Sexualstraftätern bei Strafaussetzung", in Egg a.a.O. S. 65 ff.), durch freie Träger betrieben werden.

Zur Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Auf- und Ausbau von forensischen (Nachsorge-)Ambulanzen erscheint eine Regelung ihrer Kompetenzen und Pflichten im Verhältnis zu den übrigen an der Führungsaufsicht Beteiligten notwendig. Eine solche Regelung nimmt Absatz 7 vor. Die Ambulanz wird in einigen Bereichen der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer gleichgeordnet; ihre therapeutische Unabhängigkeit wird jedoch gewährleistet.

Entsprechend der Regelung in Absatz 3 behält die Führungsaufsichtsstelle auch bei Beteiligung einer Ambulanz die organisatorische Federführung und Verantwortung für die Führungsaufsicht, d.h. sie gewährleistet z.B. durch geeignete organisatorische Maßnahmen, dass die notwendige Dokumentation, Kommunikation und erforderlichenfalls Reaktion stattfindet. Da sich die Behandlung durch die Ambulanz nach fachlichtherapeutischen Gesichtspunkten zu richten hat, die nur die Therapeutinnen und Therapeuten selbst kompetent zu beurteilen vermögen, hat ein "Hineinregieren" der Führungsaufsichtsstelle in die laufende Behandlung zu unterbleiben.

Ähnliches gilt für das Gericht, das zwar übergeordnetes Organ bleibt, dem jedoch gegenüber der forensischen Ambulanz kein direktes Weisungsrecht zusteht.

Die forensische Ambulanz muss im Einvernehmen mit der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer und der Führungsaufsichtsstelle handeln (Absatz 7 Satz 1) und die Aufsichtsstelle unterstützen (Absatz 7 Satz 2 i.V.m. Absatz 3). Das bedeutet, dass sich alle beteiligten Stellen, z.B. in Helferkonferenzen, abstimmen müssen. Auch nach der (bedingten) Entlassung stellt sich die Prognosefrage immer wieder neu. Daher muss der notwendige Informationsaustausch zwischen den unterschiedlichen an der Führungsaufsicht beteiligten Stellen, die jeweils nur über Teilinformationen verfügen, sichergestellt sein (vgl. Seifert/Bolten/Möller-Mussavi, "Gescheiterte Wiedereingliederung nach Behandlung im Maßregelvollzug oder Wie lassen sich Rückfälle verhindern?", MSchrKrim 2003, S. 127 ff., 135). Ergänzend zu Absatz 3 stellt Absatz 7 Satz 3 klar, dass die bei der Ambulanz arbeitenden Therapeutinnen und Therapeuten deshalb auch "Geheimnisse" der Patientin oder des Patienten, die ihnen im Rahmen der Behandlung bekannt geworden sind, immer dann und insoweit offenbaren müssen, als dies zur Aufgabenerfüllung des Gerichts, der Führungsaufsichtsstelle und der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers erforderlich ist. Sie handeln insoweit nicht unbefugt im Sinne des § 203 Abs. 1 StGB und machen sich nicht wegen Verletzung von Privatgeheimnissen strafbar. Im Übrigen unterliegen sie hinsichtlich der "Geheimnisse", die ihnen von der behandelten Person anvertraut wurden nach den allgemeinen Regeln der - strafbewehrten - (§ 203 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 5 StGB) Schweigepflicht. Soweit der erforderliche Informationsaustausch die Erhebung und Übermittlung personenbezogener Daten durch die forensischen Ambulanzen erfordert und diese nicht durch die Vorschriften der §§ 474 ff., 483 ff. StPO bereits abgedeckt sind, bleibt ihre Regelung dem Landesrecht überlassen. Wie bereits die gegenwärtige Praxis zeigt, sind unterschiedliche Organisationsformen und Aufgabenprofile der forensischen Ambulanzen denkbar, die sich auch auf Erforderlichkeit und die Ausgestaltung besonderer Datenerhebungs- und -verwendungsregelungen auswirken können. Die Länder haben hier zum Teil bereits bereichsspezifische Regelungen geschaffen (siehe z.B. § 26 MRVG NW).

Zu § 68b

Die Neuregelung des Absatzes 1 enthält mehrere Erweiterungen des Weisungskatalogs, der Anknüpfungspunkt des Straftatbestandes des § 145a StGB ist.

In Nummer 3 wird ein Kontakt- und Verkehrsverbot aufgenommen. Die Aufnahme entspricht einem einhelligen Vorschlag der Länder im Bericht des Strafrechtsausschusses (S. 70 ff.). Insbesondere aus Gründen des Opferschutzes besteht ein dringendes Bedürfnis dafür, den Probandinnen oder Probanden verbieten zu können, zu bestimmten Personen Kontakt aufzunehmen.

Die Weisung gemäß § 68b Abs. 1 Nr. 3 StGB bietet diese Möglichkeit, anders als § 56c Nr. 3 StGB, bislang nicht.

Eine entsprechende Weisung wird in den Führungsaufsichtsfällen bisher regelmäßig auf § 68b Abs. 2 StGB gestützt und gehört insbesondere in den Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern oder Jugendlichen zum "festen Repertoire" vieler Strafvollstreckungskammern. Die Verurteilten werden z.B. angewiesen, jeglichen unbeaufsichtigten und unbegleiteten Kontakt zu Kindern und Jugendlichen zu unterlassen und sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, an denen Kinder und Jugendliche sich üblicherweise aufzuhalten pflegen. Diese Weisung dient der Vorbeugung weiterer einschlägiger Straftaten.

Die Weisung, jegliche Kontaktaufnahme zu dem Opfer der Anlasstat zu unterlassen, liegt über diesen präventiven Aspekt hinaus im konkreten Opferschutzinteresse und kann notwendig sein, um eine Vertiefung des schon durch die Tat angerichteten Schadens zu vermeiden. Sie wird in Nummer 3 ausdrücklich erwähnt und ergänzt durch die Neuregelung des § 406d Abs. 2 Nr. 2 StPO. Danach ist dem Opfer auf Antrag mitzuteilen, ob der verurteilten Person eine Kontakt- und Verkehrsverbotsweisung erteilt worden ist. Denn es entspricht dem legitimen Interesse der verletzten Person, über eine solche Weisung unterrichtet zu werden. Dieses Wissen kann zu ihrem Sicherheitsgefühl beitragen und sie außerdem in den Stand versetzen, Verstöße gegen eine solche Weisung anzuzeigen.

Wird eine verbotene Kontaktaufnahme bemerkt, so kann unter Rückgriff auf die Weisung interveniert werden bevor die Situation eskaliert. Durch die Übernahme des Kontakt- und Verkehrsverbots in den Katalog des § 68b Abs. 1 StGB wird das Spektrum der Reaktionsmöglichkeiten bei Weisungsverstößen wesentlich erweitert und verbessert. Denn sie sind nunmehr unter den Voraussetzungen des § 145a StGB strafbewehrt.

Die Regelung in Nummer 3 orientiert sich an dem Formulierungsvorschlag des Strafrechtsausschusses (Bericht S. 73). Neben der Kontaktaufnahme wird auch ein Verkehrsverbot als möglicher Weisungsinhalt genannt. Die Untersagung der Kontaktaufnahme soll verhindern, dass die verurteilte Person neue Kontakte zu potenziellen oder auch früheren Opfern herstellt, während das Verkehrsverbot die Fortführung oder das Unterhalten eines bestehenden Kontakts erfasst, in denen also ein bereits bestehender Kontakt zwischen der verurteilten Person und beispielsweise einem Tatopfer besteht und somit nicht neu aufgenommen werden müsste. Über den Vorschlag des Strafrechtsausschusses hinausgehend wird die verletzte Person in Nummer 3 klarstellend ausdrücklich erwähnt, damit sie nicht - in diskriminierender Weise - als Person begriffen werden muss, die der Täterin oder dem Täter "Anreiz zu weiteren Straftaten bieten" kann.

In Nummer 7 wird die Weisung aufgenommen, sich bei der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden. Bereits nach bisherigem Recht ist es möglich, Probandinnen oder Probanden nach § 68b Nr. 7 StGB anzuweisen, sich bei der Dienststelle der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers zu melden. Wesentlich ist aber eine Meldung bei der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer in Person. Denn in der Praxis sind es regelmäßig die Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer, die den intensivsten Kontakt zu den Verurteilten halten. Sie sind schon aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation am ehesten gefordert, kritische Entwicklungen bei Probandinnen und Probanden zu erkennen. Deshalb kommt es auf regelmäßige Kontakte zwischen Bewährungshelfer oder -helferin und Proband oder Probandin entscheidend an.

Nummer 10 enthält die neue Weisung, keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen. Sie kann erteilt werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird. Der Alkohol-, Drogen- oder sonstige Suchtmittelmissbrauch stellt in vielen Fällen einen zentralen Risikofaktor dar (Seifert/Bolten/Möller-Mussavi, "Gescheiterte Wiedereingliederung nach Behandlung im Maßregelvollzug oder Wie lassen sich Rückfälle verhindern?", MSchrKrim 2003, S. 127 ff., 132). Deshalb kommt es für einen rückfallfreien Verlauf vielfach entscheidend darauf an, Tendenzen des Abgleitens in einen erheblichen Suchtmittelmissbrauch frühzeitig zu erkennen und ihnen zu begegnen. Die Weisung, keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, kann daher durch die flankierende Anordnung ergänzt werden, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, soweit diese nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind. Zu denken ist dabei vor allem an regelmäßige Urinkontrollen oder Atemalkoholmessungen. Bereits gegenwärtig erteilen manche Gerichte entsprechende Weisungen, gestützt auf § 68b Abs. 2 StGB. Auch hier werden die Reaktionsmöglichkeiten bei Weisungsverstößen durch die Übernahme dieser Weisungen in den strafbewehrten Katalog des § 68b Abs. 1 StGB verbessert.

Mit Blick auf ihre Strafbewehrung wird die Weisung aus Verhältnismäßigkeitsgründen auf solche Kontrollen beschränkt, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind. Die Weisung, sich z.B. einer Blutkontrolle zu unterziehen, bleibt nach § 68b Abs. 2 StGB zulässig, wird jedoch ausdrücklich an die Einwilligung der betroffenen Person geknüpft. Darüber hinaus können im Einzelfall Maßnahmen nach § 81a StPO in Frage kommen, wenn z.B. die Verweigerung der Mitwirkung an einer nach § 68b Abs. 1 Nr. 10 StGB angeordneten Kontrolle gemeinsam mit anderen Tatsachen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat nach § 145a StGB bietet.

Im Hinblick darauf, dass die nicht unerheblichen Kosten einer Teilnahme an Alkoholkontrollen gegenwärtig i.d.R. von der verurteilten Person selbst zu tragen sind, kann es sinnvoll sein, solche Kontrollen kostenfrei oder gegen eine geringe Kostenbeteiligung ebenfalls über forensische Ambulanzen anzubieten.

In Nummer 11 wird die Weisung aufgenommen, sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen. Die Weisung kann dazu genutzt werden, der Ärztin oder dem Arzt, der Psychotherapeutin oder dem Psychotherapeuten oder der forensischen Ambulanz Gelegenheit zu geben, sich regelmäßig einen persönlichen Eindruck von der betroffenen Person zu verschaffen und so riskante Entwicklungen möglicherweise früher zu erkennen.

Mit der Weisung können Verurteilte vor allem jedoch nachdrücklicher als bisher veranlasst werden, Kontakt zu einem Therapeuten oder einer Therapeutin aufzunehmen und damit einen "ersten Schritt" in Richtung Therapie zu unternehmen. Bewusst beschränkt sich der Entwurf auf die Schaffung dieser Möglichkeit, den Probanden oder die Probandin "in das Behandlungszimmer" zu zwingen, und nimmt davon Abstand, eine strafbewehrte (Psycho-)Therapieweisung zu normieren.

Dieser Verzicht entspricht der überwiegend zurückhaltenden Bewertung eines entsprechenden Vorschlags durch die Länder im Bericht des Strafrechtsausschusses (S. 18 f.). Die Länder begründen in dem Bericht ihre Ablehnung insbesondere mit verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber einem strafbewehrten Zwang zur Therapie.

Tatsächlich bestehen an der Zulässigkeit der Strafbewehrung einer solchen Weisung verfassungsrechtliche Zweifel. Die nach § 68b Abs. 2 StGB bereits jetzt ohne Einwilligung mögliche, jedoch nicht nach § 145a StGB strafbewehrte (Psycho-)Therapieweisung, stellt einen erheblichen Eingriff in das durch Artikel 2 Abs. 1 i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Solche Eingriffe brauchen nur hingenommen zu werden, wenn sie verhältnismäßig, d.h. insbesondere zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich sind (vgl. BVerfGE 65, 1, 44; 84, 239, 280). Eine strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist mithin geboten. Dabei ist im Rahmen der Abwägung das Gewicht des Persönlichkeitseingriffs zu beachten.

In diesem Zusammenhang ist es ausschlaggebend, welche Therapieerfolge bei unter Strafandrohung zwangsweise verordneten Psychotherapien erzielt werden können. Psychotherapeutische

Behandlungsmaßnahmen beruhen auf sozialer Interaktion und erfordern daher die Mitarbeit der betroffenen Person (vgl. Schneider, "Kriminologie der Sexualdelikte", Kriminalistik 1999, S. 233 ff., 297 ff.). Für den Erfolg einer Therapie kommt es deshalb entscheidend darauf an, dass die Probandin oder der Proband sich auf sie einlässt. Dies setzt allerdings weder voraus, dass von Anfang an eine Bereitschaft zur Therapie besteht, noch dass die Therapiebereitschaft auf autonomen Beweggründen beruht (vgl. die Ausführungen der Sachverständigen Pfäfflin und Winkler in der Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zu Möglichkeiten und Strategien für einen verbesserten Schutz vor rückfälligen Sexualstraftätern, vom 9. Oktober 1996, Protokoll S.32f.; Schneider a.a.O., S. 297 f.). Entscheidend ist vielmehr, ob es der Therapeutin oder dem Therapeuten gelingt, die betroffene Person zur Mitarbeit zu motivieren. Die Herstellung einer hinreichenden Motivation ist erstes Behandlungsziel (vgl. Rosenau, "Tendenzen und Gründe der Reform des Sexualstrafrechts", StV 1999, S. 397 m.w.N.), spielt aber nicht nur in der ersten Behandlungsphase eine Rolle. Während des gesamten Behandlungsprozesses muss auf sie hingearbeitet werden (Schneider a.a.O., S. 298). In vielen Fällen kann Motivationsarbeit indes nur dann geleistet werden, wenn der Proband oder die Probandin zunächst durch eine entsprechende Weisung gezwungen wird, überhaupt Kontakt zu einer Therapeutin oder einem Therapeuten aufzunehmen und diesen auch durchzuhalten. Die strafbewehrte Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 11 StGB soll es deshalb u. a. ermöglichen, einen solchen "Einstiegszwang" auszuüben. Auch wiederholte Vorstellungen bei Behandlungspersonen können angeordnet werden, soweit sie zur Herstellung einer Mitwirkungsbereitschaft bei der Therapie nötig sind.

Im Übrigen bleiben auch Therapieweisungen nach § 68b Abs. 2 StGB möglich, und zwar ohne Einwilligung der betroffenen Person, sofern die Behandlung nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. Sie können zur Absicherung der Bereitschaft eingesetzt werden, Behandlungstermine auch auf Dauer wahrzunehmen und damit die Voraussetzungen für ein Durchhalten der Therapie zu schaffen, jedoch nicht die innere Bereitschaft erzwingen, sich auf die Therapie einzulassen.

Fehlt diese und gelingt es auch nicht, sie im Zuge der Behandlung zu wecken, so fehlt es an der Erfolgsaussicht der Therapie. In diesem Fall ist es sinnlos und daher unverhältnismäßig, die betroffene Person zur Fortführung der Therapie zu zwingen. Deshalb dürfen Therapieweisungen nach § 68b Abs. 2 StGB nicht strafbewehrt sein, sondern können lediglich Folgen nach § 68c Abs. 2 StGB (Anordnung unbefristeter Führungsaufsicht) oder § 67g StGB (Widerruf der Aussetzung einer Maßregel) nach sich ziehen, die vor allem dem Schutz der Allgemeinheit vor rückfallgefährdeten, nicht therapiebereiten Probandinnen und Probanden dienen.

Die Neuregelung des Absatzes 2 erwähnt nunmehr auch die als besonders bedeutsam erkannte Nachsorgeweisung ausdrücklich. Die ambulante therapeutische Nachsorge im Anschluss an die Unterbringung im Maßregelvollzug nach den § 63 oder § 64 StGB oder die Behandlung im Strafvollzug, insbesondere in einer Sozialtherapeutischen Anstalt, trägt nicht unerheblich zur Senkung der Rückfälligkeit bei und ist in vielen Fällen zur Sicherung von Behandlungserfolgen erforderlich (Lau, "Wirkt ambulante Kriminaltherapie?", Psychiatr. Praxis 2003, S. 119 ff. m.w.N.; Seifert/Schiffer/Leygraf, "Plädoyer für die forensische Nachsorge - Ergebnisse einer Evaluation forensischer Ambulanzen im Rheinland", Psychiatr. Praxis 2003, S. 235 ff.; Leygraf, "Nachbetreuung nach Straf- und Maßregelvollzug", in Egg (Hrsg.), "Ambulante Nachsorge nach Straf- und Maßregelvollzug", 2004, S. 55 ff.). Ein Rückfallverhütungstraining, das auch in Freiheit fortgeführt werden muss, ist insbesondere wesentlicher Bestandteil des kognitiven Verhaltenstrainings, einer auch in Deutschland bereits vielfach angewandten und für erfolgreich gehaltenen Behandlungsmethode für Sexualstraftäter (vgl. Schneider a.a.O., S. 298 f.).

Als organisatorischer Rahmen für die Nachsorge erscheint vor allem die Einrichtung von forensischen Nachsorgeambulanzen sinnvoll und notwendig. Angesichts der besonderen Problembelastung und Behandlungsbedürfnisse von entlassenen Straftäterinnen und Straftätern, insbesondere auch Sexualstraftätern, sind niedergelassene Psychotherapeutinnen oder -therapeuten nur selten bereit, ihre nachsorgende Betreuung zu übernehmen (Pitzing, "Ambulante Psychotherapie mit Sexualstraftätern bei Strafaussetzung", in Egg a.a.O., S. 68). Sie sind dazu auch oft mangels der erforderlichen speziellen Qualifikation gar nicht in der Lage. Die Institutionalisierung eines Nachsorgeangebotes in Ambulanzen dient hier der erforderlichen Spezialisierung und Qualitätssicherung der Straftätertherapie und erleichtert darüber hinaus eine sinnvolle Abstimmung intra- und extramuraler Behandlungen im Straf- und Maßregelvollzug. Soweit Ambulanzen bereits bestehen, sind ihre Erfolge im Sinne einer Rückfallprävention ermutigend (Müller- Isberner/Rohdich/Gonzalez Cabeza, "Zur Effizienz ambulanter Kriminaltherapie", Bewährungshilfe 1997, S. 272 ff.; Freese, "Ambulante Nachsorge nach Straf- und Maßregelvollzug", in Egg a.a.O., S. 169 ff., 175; Seifert/Schiffer/Leygraf a.a.O.). Allerdings gibt es in der Bundesrepublik Deutschland deutlich zu wenige derartige Straftäterambulanzen (s. o. Begründung zu § 68a StGB-E). Vor diesem Hintergrund sollen die spezielle Regelung einer "Nachsorgeweisung" in § 68b Abs. 2 Satz 2 StGB und vor allem die Nennung forensischer Ambulanzen (Satz 3) ein positives gesetzgeberisches Zeichen für den Auf- und Ausbau von Nachsorgenetzen in den Ländern geben.

Die Regelung begründet weder eine Pflicht zur Schaffung forensischer Ambulanzen, noch eine Pflicht bestehender Ambulanzen zur Aufnahme bestimmter Straftäter. Es muss den Ambulanzen überlassen bleiben zu prüfen, ob ihr Behandlungskonzept für bestimmte Straftäterinnen und Straftäter geeignet ist und ihre Behandlungskapazitäten ausreichen. Bevor das Gericht einer Straftäterin oder einem Straftäter die Weisung erteilt, sich in einer forensischen Ambulanz nachsorgend behandeln zu lassen, wird es sich also zu vergewissern haben, ob die Ambulanz zur Übernahme der Behandlung in der Lage und bereit ist.

Für die Finanzierung von Ambulanzen gibt es unterschiedliche Modelle, die sich auch danach richten welcher Kreis von Probandinnen und Probanden angesprochen wird. Der Gesetzentwurf macht hier keine Vorgaben. In Hessen sind forensische Ambulanzen den Maßregelvollzugskrankenhäusern angegliedert die als psychiatrische Krankenhäuser die Voraussetzungen des § 118 SGB V für die Ermächtigung zum Betrieb psychiatrischer Institutsambulanzen erfüllen. Die forensischen Ambulanzen sind als solche anerkannt mit der Folge, dass die von ihnen erbrachten ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungsleistungen von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden. In Berlin haben die Senatsverwaltungen für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz und die Senatsverwaltung für Justiz gemeinsam eine forensischtherapeutische Ambulanz für Sexual- und Gewaltstraftäter eingerichtet. Die Einrichtung wird als eine Abteilung der "Sozialen Dienste der Justiz" geführt und ist ausschließlich für entlassene Probanden der Sozialtherapeutischen Anstalten und des Maßregelvollzugskrankenhauses in Berlin zuständig.

In Absatz 2 wird außerdem nunmehr klargestellt, dass die Weisung, sich mit körperlichen Eingriffen verbundenen Alkohol- und Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, nur mit Einwilligung der betroffenen Person erteilt werden kann. Bislang wurden solche Weisungen teilweise unter den Begriff "Heilbehandlung" subsumiert und damit der Anwendung des § 56c Abs. 3 StGB unterworfen (LG Berlin StV, 1997, S. 642; Kropp, "Drogen-Screening-Tests als Heilbehandlung i.S.v. § 56c Abs. 3 StGB", StV 2002, S. 284 f.).

Die Regelung in Absatz 4 steht im Gefüge der Neuregelungen zur Vermeidung parallel laufender Führungsaufsichten. Nach § 68e Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StGB endet eine laufende Führungsaufsicht, wenn eine weitere Führungsaufsicht eintritt. Die Regelung des Absatz 4 soll sicherstellen, dass das für die neue Führungsaufsicht zuständige Gericht sich in Vorbereitung seiner Entscheidung über die Erteilung von Weisungen über die frühere Führungsaufsicht und die mit ihr verbundenen Weisungen informiert und diese in seine Überlegungen einbezieht. So kann es z.B. die früher im Anschluss eine Verurteilung wegen mehrerer Gewaltdelikte erteilte, bisher unerledigte Weisung, an einem Anti-Gewalt-Training teilzunehmen, im Rahmen einer neuen Führungsaufsicht übernehmen, die nach Vollverbüßung einer Freiheitsstrafe wegen eines gewaltlosen Eigentums- oder Vermögensdelikts eingetreten ist.

Zu § 68c

Die Neufassung erweitert insbesondere die Möglichkeiten des Eintritts unbefristeter Führungsaufsicht (Absatz 3) und präzisiert den Beginn der Führungsaufsicht (Absatz 4). Die Änderungen in Absatz 2 stellen klar, dass die Gerichte auch in den Fällen der durch § 68b Abs. 2 Satz 2 StGB-E eingeführten Nachsorgeweisung die Möglichkeit haben, unbefristete Führungsaufsicht im Einzelfall anzuordnen, wenn die verurteilte Person einer solchen Weisung nicht nachkommt.

Die in Absatz 3 getroffene Regelung ermöglicht es den Gerichten, in zwei Fällen die Führungsaufsicht über die Höchstdauer hinaus unbefristet zu verlängern:

In allen Fällen der unbefristeten Führungsaufsicht gewährleistet § 68e Abs. 4 StGB die regelmäßige Überprüfung der Fortdauer der Führungsaufsicht durch das Gericht.

Die Neuregelung in Absatz 4 betrifft den Beginn der Führungsaufsicht. In Absatz 3 Satz 1 a. F. ist dieser bislang nur für die Fälle der nach § 68c Abs. 3 Satz 1 StGB gerichtlich angeordneten Führungsaufsicht eindeutig geregelt, wobei es insoweit auf die Rechtskraft des anordnenden Urteils, nicht des Beschlusses nach § 268a Abs. 2 StPO ankommt (Tröndle/Fischer § 68c, Rdn. 9; LK-Hanack § 68c Rdn. 12). Im Übrigen tritt die Führungsaufsicht kraft Gesetzes ein und zwar nach §§ 67b Abs. 2, 67c Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 4, 67d Abs. 2 Satz 2 StGB mit "Aussetzung".

Der Wortlaut der genannten Vorschriften lässt damit offen, ob es hier in jedem Fall auf die Rechtskraft der Aussetzungsentscheidung ankommt oder - wenn die Aussetzungsentscheidung einen späteren Zeitpunkt des Wirksamwerdens bestimmt - auf diesen. Die Klarstellung in Absatz 4 Satz 1 greift deshalb eine Empfehlung des Strafrechtsausschusses auf (Bericht S. 46 ff.) und knüpft den Beginn der Führungsaufsicht in den Fällen der §§ 67b Abs. 2, 67c Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 4 und 67d Abs. 2 Satz 2 StGB an die Rechtskraft der Aussetzungsentscheidung oder an den in dieser Entscheidung angeordneten späteren Zeitpunkt.

Zu Nummer 10 (§ 68d)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Artikel 1 Nr. 9 (§ 68c Abs. 2 bis 3).

Zu Nummer 11

Zu § 68e

Die Neufassung der Vorschrift greift - in modifizierter Form - zwei Vorschläge des Berichts des Strafrechtsausschusses auf und ordnet im Übrigen die bisherigen Regelungen des § 68e StGB neu. Empfohlen wurden vom Strafrechtsausschuss Neuregelungen

(1) zur Verhinderung parallel laufender Führungsaufsichten (Bericht S. 46) und

(2) zur Beendigung der Führungsaufsicht im Falle der Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt gemäß § 63 StGB und in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB (Bericht S. 53 ff.).

Zu (1): Nach dem bisherigen Recht kann es dazu kommen, dass mehrere Führungsaufsichten parallel zueinander laufen. (Beispiel: Eine bereits wegen eines anderen Delikts unter Führungsaufsicht stehende Person wird wegen eines Vorsatzdelikts erneut zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die sie voll verbüßt. Mit ihrer Entlassung aus dem Strafvollzug tritt gemäß § 68f StGB Führungsaufsicht ein. Sie tritt neben die bereits bestehende, in deren Dauer die Zeit des Strafvollzugs nicht eingerechnet wurde, § 68c Abs. 3 Satz 2 StGB.) Parallele Führungsaufsichten bedingen mehrfachen Verwaltungsaufwand (z.B. durch doppelte Aktenführung), dem in der Regel kein praktischer Nutzen gegenüber steht. Deshalb sollte das Nebeneinander mehrerer Führungsaufsichten soweit möglich vermieden werden. Der Empfehlung des Strafrechtsausschusses, dass mit Eintritt einer neuen Führungsaufsicht jede früher eingetretene Führungsaufsicht ihre Erledigung finden sollte, wurde für den Regelfall der zeitlich befristeten Führungsaufsicht gefolgt (§ 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB-E).

Zu (2): Nach bisher geltendem Recht läuft die Führungsaufsicht auch während des Vollzugs einer Freiheitsstrafe oder einer psychiatrischen Maßregel (nicht jedoch während des Vollzugs der Sicherungsverwahrung) grundsätzlich weiter; die Zeit der Anstaltsunterbringung wird nach § 68c Abs. 3 Satz 2 StGB in die Dauer der Führungsaufsicht nicht eingerechnet. Diese Rechtslage ist deshalb unbefriedigend, weil sie zu einer Doppelbetreuung der verurteilten Person innerhalb der Strafvollzugsanstalt oder Maßregelvollzugsklinik und durch die Führungsaufsichtsstelle und die Bewährungshelferin oder den Bewährungshelfer führt. Die Betreuungsangebote und Kontrollmechanismen in einer Strafvollzugsanstalt oder Klinik des psychiatrischen Maßregelvollzugs gehen regelmäßig über die Möglichkeiten von Führungsaufsichtsstelle und Bewährungshilfe hinaus so dass eine Weiterbetreuung im Rahmen der Führungsaufsicht unnötig erscheint.

Zu Ungereimtheiten führt insbesondere der Umstand, dass die Führungsaufsicht - im Unterschied zu ihrem Weiterlaufen während des Vollzugs einer psychiatrischen Maßregel - bisher bei Beginn des Vollzugs der Sicherungsverwahrung endet ( § 68e Abs. 3 StGB). Das bedeutet, dass im Falle der Anordnung von Sicherungsverwahrung die Betreuung durch Führungsaufsichtsstelle und Bewährungshilfe während des Vollzugs der Strafe noch fortgesetzt werden muss, mit Eintritt des Vollzugs der Sicherungsverwahrung aber endet.

Zur Vermeidung einer unnötigen Doppelbetreuung hat der Strafrechtsausschuss vorgeschlagen, die Führungsaufsicht auch dann enden zu lassen, wenn die Unterbringung der verurteilten Person in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt angeordnet ist und deren Vollzug beginnt. Diesem Vorschlag wurde ebenfalls für den Regelfall der zeitlich befristeten Führungsaufsicht gefolgt (§ 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB-E). Darüber hinaus nimmt § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB-E eine Vorverlegung des Endes der zeitlich befristeten Führungsaufsicht in den Fällen vor, in denen nach Vollzug der Freiheitsstrafe Sicherungsverwahrung zu vollstrecken ist.

Von der Beendigung ausgenommen ist jeweils die unbefristete Führungsaufsicht. Damit soll den Sicherheitsgesichtspunkten Rechnung getragen werden, die für den Eintritt einer unbefristeten Führungsaufsicht ausschlaggebend waren.

Über die Vorschläge des Strafrechtsausschusses hinausgehend sieht der Entwurf zur Vermeidung von Doppelbetreuungen durch Strafvollzug und Führungsaufsicht in § 68e Abs. 1 Satz 3 StGB-E das Ruhen der Führungsaufsicht während des Vollzugs einer Freiheitsstrafe vor. Zur Gewährleistung einer angemessenen Entlassungsvorbereitung wird es hier regelmäßig ausreichen, wenn die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer, die oder der die Betreuung im Rahmen einer neuen Bewährungs- oder Führungsaufsicht nach der Haftentlassung übernehmen wird frühzeitig mit dem oder der Gefangenen in Kontakt tritt. Die Neuregelung dürfte die Bewährungshilfe nicht daran hindern, in Einzelfällen, in denen dies bei Vollstreckung einer kurzen Freiheitsstrafe zur Resozialisierung sinnvoll erscheint, den Gefangenen oder die Gefangene auch während des Strafvollzugs entlassungsvorbereitend weiter zu betreuen.

§ 68e Abs. 1 Satz 3 StGB-E schafft schließlich für die Fälle, in denen zu einer fortbestehenden unbefristeten Führungsaufsicht eine weitere (befristete) hinzutritt, die Möglichkeit, die neue Maßregel entfallen zu lassen, wenn es ihrer neben der bestehenden nicht bedarf.

In Absatz 3 regelt die Vorschrift die Fristen für die regelmäßige Überprüfung der unbefristeten Führungsaufsicht. Für die Fälle des § 68c Abs. 2 Satz 1, in denen die Führungsaufsicht bereits mit ihrem Eintritt unbefristet sein kann, hat das Gericht erstmals spätestens mit Verstreichen der Höchstfrist des § 68c Abs. 1 Satz 2 über die Aufhebung der Maßregel zu entscheiden. In den Fällen der nachträglichen unbefristeten Verlängerung der Führungsaufsicht nach § 68c Abs. 3 beträgt die Überprüfungsfrist zwei Jahre. Dies gilt auch nach Ablehnung der Aufhebung einer unbefristeten Führungsaufsicht. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit soll auf diese Weise eine engmaschige Überprüfung von bereits über die Höchstfrist des § 68c Abs. 1 Satz 2 hinaus andauernden Führungsaufsichten gewährleistet werden.

Zu § 68f

§ 68f StGB regelt den Eintritt von Führungsaufsicht nach Vollverbüßung längerer Freiheitsstrafen.

Während § 57 StGB dafür sorgt, dass Verurteilten mit positiver Sozialprognose gerade auch bei langjährigen Freiheitsstrafen der schwierige Übergang in die Freiheit durch Lebenshilfe erleichtert wird stellt § 68f StGB sicher, dass auch bei Fehlen einer positiven Sozialprognose solche Lebenshilfe nicht versagt wird. Nach § 68f Abs. 1 StGB tritt die Führungsaufsicht kraft Gesetzes ein. Sie bedarf keiner besonderen richterlichen Anordnung.

Auf der Grundlage des bisherigen Wortlauts des Absatzes 1 war streitig, ob im Falle der vollständigen Vollstreckung einer Gesamtstrafe als Voraussetzung für den Eintritt der Führungsaufsicht

Während sich die erstgenannte Auffassung unter anderem auf den Wortlaut und somit auch auf das durch eine Einzelstrafe zum Ausdruck kommende besondere Gefahrenpotenzial stützt (Schönke/Schröder/Stree § 68f Rdn. 1 und 4), berufen sich die Befürworter der anderen Auffassung auf den kriminalpolitischen Zweck der Führungsaufsicht, dessen Schwerpunkt in der Gewährung von Hilfestellungen liege.

Mit der vorgeschlagenen Regelung kommt der Entwurf der Empfehlung des Strafrechtsausschusses nach für den Eintritt der Führungsaufsicht auch eine Gesamtfreiheitsstrafe in entsprechender Höhe genügen zu lassen (Bericht S. 65). Das Institut der Führungsaufsicht dient sowohl als Hilfe bei der Wiedereingliederung als auch der Kontrolle besonders rückfallgefährdeter Straftäter.

Ihr Hilfsbedarf richtet sich in erster Linie nach der Dauer des Strafvollzuges und ist somit nicht abhängig davon, ob der Verbüßung eine Einzel- oder Gesamtstrafe zugrunde lag (Tröndle/ Fischer § 68f Rdn. 3). Ein solcher Bedarf besteht in der Regel umso eher, je länger sich eine verurteilte Person im Strafvollzug befunden hat. Darüber hinaus gibt auch die Höhe einer Gesamtstrafe als Folge eines einheitlichen Strafzumessungsaktes Aufschluss über das Maß der an den Tag gelegten kriminellen Energie und das Ausmaß der verschuldeten Tatfolgen, mithin über das Gefahrenpotenzial der verurteilten Person und ihren Kontrollbedarf. Nicht zuletzt dieser Gesichtspunkt spricht dafür, den Eintritt der Führungsaufsicht auf Fälle der Vollstreckung einer Einzel oder Gesamtfreiheitsstrafe zu beschränken und sie nicht auch auf Fälle der Anschlussvollstreckung mehrerer Freiheitsstrafen auszudehnen.

Soweit die Gesamtfreiheitsstrafe auf Einsatzstrafen sowohl für Vorsatz- als auch für Fahrlässigkeitstaten beruht haben die Vollstreckungsbehörden die Möglichkeit, nach den Grundsätzen der §§ 458 Abs. 1, 463 Abs. 1 StPO gerichtlich klären zu lassen, ob der Strafanteil für die Vorsatztaten mindestens zwei, beziehungsweise in den Fällen der Straftaten nach § 181b StGB mindestens ein Jahr beträgt (Tröndle/Fischer § 68f Rdn. 3; OLG München NStZ 1984, 314).

In Absatz 2 wird eine redaktionelle Anpassung an eine geschlechtergerechte Sprache vorgenommen.

Zu Nummer 12 (§ 68g)

§ 68g StGB regelt die Konkurrenz zwischen der Führungsaufsicht und einer gleichzeitig bestehenden Aussetzung der Strafe (§ 56 StGB) oder des Strafrestes (§§ 57, 57a StGB) zur Bewährung.

Nach Absatz 1 hat die Führungsaufsicht grundsätzlich Vorrang vor der Aussetzung. Dieser Vorrang der einschneidenderen Führungsaufsicht bedeutet allerdings nur, dass für die Aufsicht ausschließlich § 68a StGB (nicht § 56d StGB; § 453b StPO) und für etwaige Weisungen ausschließlich § 68b StGB (nicht § 56c StGB) gilt. Die sonstigen Vorschriften der Strafaussetzung wie §§ 56a, 56b, 56f oder 56g StGB bleiben unberührt, wobei unter Umständen ein Zusammenwirken verschiedener Gerichte erforderlich ist (LK-Hanack § 68g Rdn. 14f.). Grundsätzlich ist auch über Widerruf und Erlass der Strafaussetzung nach §§ 56f und 56g StGB einerseits und über die Beendigung der Führungsaufsicht nach § 68e StGB andererseits selbständig zu entscheiden, es sei denn Führungsaufsicht und Bewährung bestehen in derselben Sache (§ 68g Abs. 3 StGB).

Vom Vorrang der Führungsaufsicht vor der Bewährung ist nach Absatz 2 eine Ausnahme dann möglich wenn beide in derselben Sache bestehen. In diesen Fällen kann das Gericht nach § 68g Abs. 2 StGB anordnen, dass die Führungsaufsicht einschließlich ihrer dann suspendierten Weisungen während der Bewährungszeit ruht, z.B. wenn sich nach der Entwicklung der verurteilten Person zeigt, dass deren Sozialisierung im Rahmen einer reinen Bewährungsaufsicht besseren Erfolg verspricht (Tröndle/Fischer § 68g Rdn. 4).

Für die Fälle, in denen Führungsaufsicht und Bewährung in derselben Sache bestehen, koppelt § 68g Abs. 3 (neu: Satz 1) StGB das Ende der Führungsaufsicht an dasjenige der Bewährung.

Hat die Aussetzung Erfolg, werden also entweder Strafe oder Strafrest erlassen, endet auch die Führungsaufsicht. Von dieser Regel macht der Entwurf nun für die Fälle der unbefristeten Führungsaufsicht (§ 68c Abs. 2 und 3 StGB) eine Ausnahme und koppelt ihr Ende vom Ende der Bewährung durch Straferlass ab. Denn bei den Fällen der unbefristeten Führungsaufsicht handelt sich um solche, in denen eine längerfristige Begleitung der betroffenen Person u. U. über das Ende der Bewährungszeit für eine in derselben Sache verhängte Strafe hinaus erforderlich erscheint. Insoweit muss es bei der Möglichkeit bleiben, die unbefristete Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 2 StGB durch eine gerichtliche Entscheidung zu beenden. In den Fällen, in denen die Führungsaufsicht als Folge einer in derselben Sache angeordneten Maßregel besteht, ist die Folge dieser "Entkoppelung", dass der Widerruf der Aussetzung der Maßregel während des Fortbestehens der Führungsaufsicht nach § 67g StGB weiterhin möglich ist, nicht aber der Widerruf der Aussetzung der Strafe, die inzwischen erlassen wurde.

Zu Nummer 13 (§ 70b)

Mit den Änderungen werden redaktionelle Anpassungen an die geschlechtergerechte Sprache vorgenommen.

Zu Nummer 14 (§ 79)

Die Vollstreckung der gerichtlich angeordneten Führungsaufsicht ( § 68 Abs. 1 StGB) verjährt nach fünf Jahren (§ 79 Abs. 4 Satz 3 StGB). Für die gesetzliche Führungsaufsicht hingegen gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes die Zehnjahresfrist (§ 79 Abs. 4 Satz 2 StGB). Sachliche Gründe für diese Unterscheidung gibt es nicht. Der Entwurf vereinheitlicht daher in § 79 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB die Fristen der Verjährung der Führungsaufsicht und folgt insoweit einer Empfehlung des Strafrechtausschusses (Bericht S. 41 f.).

Da die Führungsaufsicht als Maßregel der Besserung und Sicherung lediglich den besonderen Betreuungs- und Kontrollbedarf decken soll, der in der Regel über einen begrenzten Zeitraum nach Aussetzung einer Maßregel oder Entlassung aus dem Straf- oder Maßregelvollzug besteht, erscheint eine Begrenzung der Frist für die Vollstreckungsverjährung entsprechend der gesetzlich grundsätzlich vorgesehenen Höchstdauer der Führungsaufsicht (§ 68c Abs. 1 Satz 1 StGB: fünf Jahre) angemessen. Auszunehmen von dieser Regelung sind allerdings die Fälle der unbefristeten Führungsaufsicht (§ 68c Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 3). Insoweit trägt der Entwurf dem längerfristigen Betreuungs- und Überwachungsbedarf dieses Personenkreises Rechnung.

Zu Nummer 15 (§ 145a)

Der Empfehlung des Strafrechtsausschusses folgend, erhöht der Entwurf die Strafdrohung für Verstöße gegen Führungsaufsichtsweisungen in § 145a StGB auf drei Jahre (Bericht S. 28). Die bisherige Strafandrohung wird von der Praxis oft für kaum geeignet gehalten, Probandinnen und Probanden zur Befolgung der Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht zu motivieren. Der höhere Strafrahmen ermöglicht in Zukunft differenziertere Reaktionen gegenüber problematischen Probandinnen und Probanden und kann individualpräventive Wirkungen im Hinblick auf die Vermeidung von Weisungsverstößen entfalten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Führungsaufsichtstellen greifen in der Regel zu Beeinflussungsstrategien im Vorfeld einer Sanktionierung, wenn sie der Probandin oder dem Probanden die möglichen Folgen von Verstößen eindringlich vor Augen führen (Floerecke, "Was leistet die Führungsaufsicht?", in Dertinger/ Marks (Hrsg.), "Führungsaufsicht", 1990, S. 51 ff., 70). Im Ernstfall ermöglicht es die Verhängung einer gegebenenfalls auch längeren Freiheitsstrafe, im Strafvollzug nachhaltiger auf die in aller Regel schon sehr hafterfahrenen und im Rahmen der Führungsaufsicht widerspenstigen Probandinnen und Probanden einzuwirken und die Allgemeinheit nachhaltiger zu sichern.

In generalpräventiver Hinsicht wertet die höhere Strafobergrenze das Institut der Führungsaufsicht schließlich auch nach außen hin sichtbar auf.

2. Zu Artikel 2 (Änderung der Strafprozeßordnung)

Zu Nummer 1 (§ 406d Abs. 2)

Mit dem Opferrechtsreformgesetz, das am 1. September 2004 in Kraft getreten ist, wurde das Recht der Personen, die durch eine Straftat verletzt worden sind, auf Information über das Strafverfahren erweitert. Insbesondere hat die verletzte Person nunmehr Anspruch darauf, auf Antrag über freiheitsentziehende Maßnahmen gegen die beschuldigte oder die verurteilte Person und ihr Ende informiert zu werden. Damit läuft die verletzte Person nicht Gefahr, sich im täglichen Leben unvermutet der oder dem Beschuldigten oder Verurteilten gegenüber zu sehen.

An diese nunmehr in Nummer 2 enthaltene Regelung knüpft die neu vorgeschlagene Nummer 1 an. Sowohl bei der Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung im Erkenntnisverfahren als auch bei der Aussetzung des Strafrestes im Vollstreckungsverfahren kann das Gericht der verurteilten Person die Weisung erteilen, mit der verletzten Person nicht zu verkehren oder keinen Kontakt zu ihr aufzunehmen; gleiches gilt für die Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht (§ 56c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB, auch in Verbindung mit § 57 Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz, § 57a Abs. 3 Satz 2 StGB; § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB, auch in Verbindung mit § 68d, § 68g Abs. 1 Satz 1 StGB).

Diese Weisungen dienen nicht zuletzt auch dem Schutz der Verletzten. Es entspricht daher ihrem legitimen Interesse, auf Antrag auch über eine solche Weisung unterrichtet zu werden. Dieses Wissen kann zu ihrem Sicherheitsgefühl beitragen und sie außerdem in den Stand versetzen, Verstöße gegen eine solche Weisung anzuzeigen. Nach § 406h StPO ist die verletzte Person - zwingend - seitens der Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte auf ihre Befugnisse, auch nach § 406d StPO, hinzuweisen. Den in § 406d Abs. 2 StPO-E vorgesehenen Antrag für eine solche Mitteilung kann die verletzte Person in jedem Stand des Verfahrens stellen.

Zu Nummer 2 (§ 463 Abs. 5)

Bei der Ergänzung des bisherigen Textes der Vorschrift, der nunmehr Satz 1 wird, handelt es sich um eine Folgeregelung zu der in § 67h StGB-E vorgeschlagenen Möglichkeit der befristeten Wiederinvollzugsetzung der ausgesetzten Unterbringung nach §§ 63 oder 64 StGB. Auch für diese Maßnahme ist das über die Verweisung in Absatz 5 Satz 1 (neu) maßgebliche Verfahren nach § 462 StPO grundsätzlich sachgerecht.

Dem neuen Satz 2 liegen folgende Überlegungen zugrunde: Kriseninterventionsmaßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1, 2 StGB-E können sehr eilbedürftig sein, um den mit ihnen verfolgten Zweck zu erreichen. Zwar haben Beschwerde und sofortige Beschwerde grundsätzlich keine Vollzugshemmung zur Folge ( § 307 Abs. 1 StPO), und § 462 Abs. 3 Satz 2 StPO ordnet nur in besonderen Fällen und nur für die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft aufschiebende Wirkung an. Es ist aber anerkannt, dass dann, wenn die Vollstreckbarkeit oder weitere Vollstreckung eines Urteils oder einer abschließenden Beschlussentscheidung von dem Ergebnis einer Beschwerde abhängt, entsprechend § 449 StPO diese Entscheidung abzuwarten ist und die (sofortige) Beschwerde aufschiebende Wirkung hat. Das soll insbesondere auch in den Fällen des § 462 Abs. 3 StPO gelten (vgl. dazu Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 307 Rdn. 1).

Mit der neuen Regelung erhält das Gericht daher die Möglichkeit, die sofortige Vollziehbarkeit von Kriseninterventionsmaßnahmen nach § 67h Abs. 1 StGB-E anzuordnen. Bei der Ausgestaltung dieser Befugnis müssen die Grenzen beachtet werden, die durch die Verfassung mit dem Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) vorgegeben sind. Dieses Recht umfasst auch die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen. Diese Gewährleistung gilt aber nicht schlechthin. Überwiegende öffentliche Belange können es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Dem trägt die Neuregelung damit Rechnung, dass die sofortige (erneute) Unterbringung der verurteilten Person - nur - dann zulässig ist, wenn von ihr anderenfalls erhebliche rechtswidrige Taten drohen.

Das Erfordernis des Drohens "erheblicher rechtswidriger Taten" ergibt sich aus dem die Maßnahmen nach §§ 63, 64 StGB tragenden Zweck der Gefahrenabwehr (vgl. dazu auch die Begründung zu Artikel 1 Nr. 37 - § 67h StGB-E, wonach "eine Risikosituation eingetreten sein muss die bei ungehinderter Weiterentwicklung voraussichtlich einen Widerruf der Aussetzung zur Verhinderung neuer, erheblicher rechtswidriger Taten (Maßregelzweck) notwendig machen würde.").

Zu Nummer 3 Buchst. a (§ 463a Abs. 1)

Ist die verurteilte Person unbekannten Aufenthalts, besteht bislang im Rahmen der nach § 463a Abs. 1 StPO eröffneten Befugnisse der Aufsichtsstelle nur die Möglichkeit eigener "einfacher Ermittlungen" und des Verlangens von Auskünften von öffentlichen Behörden. Da die Befugnisse der Aufsichtsstelle in § 463a StPO abschließend geregelt sind, können auch nicht die weitergehenden Befugnisse der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde herangezogen werden, die im Übrigen in § 457 StPO die Ausschreibung zur Sicherstellung der Führungsaufsicht nicht einschließen.

Diesem Zustand, der für eine effektive Wahrnehmung der Führungsaufsicht unbefriedigend ist, wird nunmehr abgeholfen. Ist die verurteilte Person unbekannten Aufenthalts, so kann der Leiter bzw. die Leiterin der Führungsaufsichtsstelle künftig die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung nach § 131a Abs. 1 StPO veranlassen. Für die Maßnahme gelten die zu § 131a Abs. 1 StPO bestehenden Grundsätze, insbesondere auch die Zulässigkeit der Ausschreibung in allen Fahndungshilfsmitteln der Strafverfolgungsbehörden (§ 131 Abs. 5 StPO). Entbehrlich ist hier eine Bestätigung durch die Staatsanwaltschaft, wie sie in § 131c Abs. 2 Satz 2 StPO für Eilmaßnahmen vorgesehen ist, die durch die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft getroffen werden weil die Anordnungsbefugnis allein dem Leiter bzw. der Leiterin der Aufsichtsstelle zusteht.

Auch im Hinblick auf die neu eröffnete Möglichkeit der Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung gilt dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten ist. Das heißt, dass die Ausschreibung zu unterbleiben hat, wenn mildere Maßnahmen - z.B. die Nachfrage bei Meldebehörden oder sonstige Erkundigungen - ausreichen (vgl. dazu Meyer-Goßner, Strafprozeßordnung, 48. Aufl., § 131a Rdn. 1)

Zu Nummer 3 Buchst. b (§ 463a Abs. 3)

Seit Jahren wird die Durchsetzbarkeit von Weisungen als unzureichend kritisiert. Abgesehen von der Strafdrohung des § 145a des Strafgesetzbuchs stehen der Praxis letztlich keine effektiven Mittel zur Verfügung, im Rahmen der Führungsaufsicht auf die verurteilte Person einzuwirken, die ihr erteilten Weisungen auch zu erfüllen. Das ist insbesondere im Hinblick auf den Zweck der Führungsaufsicht, den Verurteilten eine sie führende Lebenshilfe zu geben, mit der verhindert werden soll, dass sie wieder in die Gefahr neuer Straftaten geraten, nicht befriedigend.

Mit dem neuen Absatz 3 wird daher der Führungsaufsichtsstelle die Möglichkeit eröffnet, einen Vorführungsbefehl zu erlassen, wenn die verurteilte Person einer Melde- oder Vorstellungsweisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 7 oder 11 StGB-E nicht nachkommt. Die Anordnung trifft der Leiter bzw. die Leiterin der Aufsichtsstelle. Ein richterlicher Vorführungsbefehl ist nicht erforderlich, da es sich bei der Vorführung nicht um Freiheitsentziehung nach Artikel 104 Abs. 2 Satz 1 GG (die im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet ist, dass die körperliche Bewegungsfreiheit nach jeder Richtung hin aufgehoben wird) handelt, sondern um eine lediglich freiheitsbeschränkende Maßnahme des unmittelbaren Zwangs, die der Durchsetzung eines bestimmten Verhaltens dient, hier in Form der Verbringung zur Aufsichtsstelle, einer anderen Dienststelle, der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer sowie zu einer Therapeutin oder einem Therapeuten oder einer Ambulanz. Weitere Voraussetzung ist, dass die verurteilte Person in der Ladung auf die Möglichkeit des Erlasses eines Vorführungsbefehls hingewiesen worden ist und keine genügende Entschuldigung für die Säumnis vorliegt. Zu letzterem Merkmal wie auch zur Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und zu den formellen Anforderungen an den Vorführungsbefehl kann auf die zu § 230 Abs. 2 StPO ergangene Rechtsprechung Bezug genommen werden.

3. Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.