Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zum Geänderten Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 im Hinblick auf die Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer

C(2018) 3535 final Europäische Kommission
Brüssel, 5.6.2018 C(2018) 3535 final

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierender Bürgermeister Michael MÜLLER
Leipziger Straße 3-4
10117 Berlin Deutschland

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 im Hinblick auf die Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (COM (2017) 706 final).

Die Kommission begrüßt, dass der Bundesrat Maßnahmen zur Bekämpfung des grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrugs, insbesondere in Bezug auf den Zugang zu Fahrzeugregisterdaten und die Ausweitung der Regelungen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, grundsätzlich unterstützt.

Die Kommission erkennt an, dass das Territorialitätsprinzip eingehalten werden muss und die ausgetauschten Daten, insbesondere personenbezogene Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, zu schützen sind. Auch in Fällen, in denen eine weitere Zusammenarbeit eines Mitgliedstaats erforderlich sein wird, wären dennoch die nationalen Rechtsvorschriften anwendbar, denn der Vorschlag sieht insbesondere vor, dass die betreffenden Mitgliedstaaten entsprechende Modalitäten festlegen.

Die Annahme des Vorschlags würde in der Tat Zugang zu neuen Daten eröffnen und neue Formen des Austauschs vorhandener Mehrwertsteuerdaten (z.B. Transaction Network Analysis) ermöglichen, worunter auch sensible Daten fallen könnten. Daher wird die Erfassung der Daten streng auf Wirtschaftsbeteiligte abgestellt und beschränkt, die mutmaßlich an betrügerischen Transaktionen beteiligt sind. Die Daten werden nur so lange aufbewahrt, wie für die Analyse und die Ermittlungen durch die nationalen zur Durchsetzung des Mehrwertsteuerrechts befugten Steuerbehörden notwendig ist. Die Daten werden ausschließlich genutzt, um potenzielle Betrüger in einem frühen Stadium zu identifizieren und betrügerische Netze zu zerschlagen, die das Mehrwertsteuersystem auf betrügerische Weise missbrauchen. Nur befugtes Personal darf auf sie zugreifen und sie nutzen.

Der Informationsaustausch mit dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und Europol würde einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der schwersten Formen des Mehrwertsteuerbetrugs wie des Missing-Trader-Betrugs und des Missbrauchs des Zollverfahrens 42 leisten, an denen häufig kriminelle Organisationen beteiligt sind. Diese Organisationen nutzen ihre internationalen Netzwerke, um ausgefeilte Betrugssysteme mit dem Ziel zu schaffen, den nationalen Haushalten Gelder vorzuenthalten.

Die Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden auf der Ebene der Europäischen Union würde einen Abgleich der Informationen der Mitgliedstaaten mit Strafregistern, Datenbanken und anderen Informationen von OLAF und Europol ermöglichen und helfen, die wahren Betrüger und ihre Netzwerke zu ermitteln. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung den Auftrag hat, die finanziellen Interessen der Europäischen Union, einschließlich Zölle und Mehrwertsteuer-Eigenmittel, zu schützen und gegen Korruption und andere illegale Aktivitäten vorzugehen, die diese gefährden.

Zu den Regelungsbefugnissen nach Artikel 58 Absatz 2 des Vorschlags für die nach Artikel 17 Absatz 3 auszutauschenden Daten ist anzumerken, dass bereits heute unter denselben Regelungsbefugnissen ein automatischer Datenaustausch erfolgt. Die Kommission nimmt jedoch den diesbezüglichen Vorbehalt des Bundesrates gebührend zur Kenntnis.

Hinsichtlich der Beschränkung der Betroffenenrechte in Artikel 55 Absatz 5 nimmt die Kommission den Vorschlag zur Kenntnis, den Grad der Einschränkung zu präzisieren.

Im Hinblick auf den zertifizierten Steuerpflichtigen verweist die Kommission auf ihre Antwort auf die Stellungnahme des Bundesrates (Stellungnahme zu (COM (2017) 566 final) bis {COM (2017) 569 final}, Drucksache des Bundesrates 661/17 (PDF) , Antwort der Kommission C(2018) 878 vom 20. Februar 2018).

Die Kommission hofft, dass die in der Stellungnahme des Bundesrates aufgeworfenen Fragen mit diesen Ausführungen geklärt werden konnten, und sieht der Fortsetzung des politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Frans Timmermans Pierre Moscovici
Erster Vizepräsident Mitglied der Kommission

* siehe Drucksache 751/17(B) HTML PDF