Gesetzesantrag des Landes Schleswig-Holstein
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet
(Aufenthaltsgesetz)

A. Problem und Ziel

Die zunehmende Internationalisierung erfordert insbesondere auf dem Gebiet von Bildung und Ausbildung in höherem Maße als bisher den Austausch und den Transfer von Kompetenzen in wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Feldern. Der Grundstein hierfür ist so früh wie möglich zu legen. Bereits in Kinder- und Jugendjahren sollte die Akzeptanz fremder Kulturen und Ethnien, Menschen anderer Hautfarbe oder Sprache unterstützt werden. Nur so kann es gelingen, ein Klima gegenseitigen Verständnisses zu schaffen, in dem Internationalisierung nicht als Bedrohung, sondern als Chance begriffen wird. Fremdsprachenvielfalt, Schulpartnerschaften, Schüleraustauschprogramme oder der Besuch ausländischer Schüler an einer deutschen Schule zum Erwerb eines Schulabschlusses und vice versa sind wesentliche Bausteine für eine weltoffene Gesellschaft.

Die geltenden Regelungen des Aufenthaltsgesetzes für die Einreise und den Aufenthalt drittstaatsangehöriger Schülerinnen und Schüler sind jedoch stark ordnungsrechtlich geprägt und schränken die Möglichkeiten eines Schulbesuchs in Deutschland ein. So lässt § 16 Absatz 5 in Verbindung mit den Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum (mehrjährigen) Schulbesuch nur unter sehr engen Voraussetzungen zu.

Diese Regelungen begrenzen die Einreise und den Aufenthalt drittstaatsangehöriger Schülerinnen und Schüler und erschweren die notwendige Öffnung deutscher Schulen. Der anzustrebenden Internationalisierung werden dadurch unnötige Hemmnisse auferlegt.

B. Lösung

Der Gesetzentwurf sieht vor das Ermessen der entscheidenden Ausländerbehörden zu öffnen. Die Vorgaben der geltenden Verwaltungsvorschriften zu § 16 Absatz 5 Aufenthaltsgesetzes werden dadurch obsolet. Die Länder, die nach föderalen Prinzipien die Gesetzgebungskompetenz für bildungspolitische Fragen innehaben, können ermessensleitende Regelungen erlassen und dabei sowohl länder- als auch schulspezifische Interessen berücksichtigen. Auf diesem Wege wird das Ziel eines erleichterten Visumszugangs erreicht. Den Ländern wird zeitgleich ermöglicht, durch ermessensleitende Regelungen sicherzustellen, dass es nicht zu einem ungeordneten Zustrom von Schülerinnen und Schüler aus dem Ausland kommt, der das deutsche Schulsystem bzw. die jeweils betroffene Schule überfordert.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen

1. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Die Nachfrage ausländischer Schülerinnen und Schüler zum Besuch deutscher allgemeinbildender Schulen ist hoch. Es ist daher mit Kosten für zusätzliche Lehrkräfte zu rechnen, die durch die Länder getragen werden müssten.

Weitere Kosten dürften für die jeweiligen Schulträger entstehen.

Die Höhe der zusätzlichen Kosten lässt sich nicht valide ermitteln und ist wesentlich von den ermessensleitenden Regelungen der Länder abhängig.

2. Verwaltungsaufwand für Bund, Länder und Kommunen

Durch die aufenthaltsrechtliche Öffnung zur Einreise zum Schulbesuch wird es perspektivisch zu einer Erhöhung der Antragszahlen kommen. Es kann nicht valide bewertet werden, in welcher Höhe dadurch zusätzlicher Aufwand insbesondere für die Ausländerbehörden der Länder oder die deutsche Auslandsvertretung, oder die Schulbehörden entstehen wird.

3. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

E. Sonstige Kosten

Keine.

Gesetzesantrag des Landes Schleswig-Holstein
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz)

Der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein Kiel, 17. Juni 2014

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stephan Weil

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung Schleswig-Holstein hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz) mit der Bitte zuzuleiten, die Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß Artikel 76 Absatz 1 Grundgesetz zu beschließen.

Ich bitte, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Torsten Albig

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz)

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz)

Das Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz) in der Fassung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 6. September 2013 (BGBl. I S. 3556) wird wie folgt geändert:

In § 16 Absatz 5 Satz 1 werden die Worte "in Ausnahmefällen" gestrichen.

Artikel 2
Inkrafttreten

Das Gesetz tritt am Tag nach Veröffentlichung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Ausgangslage:

Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat mit einstimmigem Beschluss vom 16.11.2012 die Landesregierung aufgefordert, im Rahmen einer Bundesratsinitiative auf eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) hinzuwirken, die ausländischen Schülerinnen und Schülern, die an deutschen allgemeinbildenden oder Ersatzschulen beschult werden möchten, einen erleichterten Visumszugang zu eröffnen.

Hintergrund dieser Aufforderung ist die Ansicht des Schleswig-Holsteinischen Landtages, dass die zunehmende Internationalisierung insbesondere auf dem Gebiet von Bildung und Ausbildung in höherem Maße als bisher den Austausch und den Transfer von Kompetenzen in wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Feldern fordere. Der Grundstein hierfür ist so früh wie möglich zu legen. Bereits in Kinder- und Jugendjahren sollte die Akzeptanz fremder Kulturen und Ethnien, Menschen anderer Hautfarbe oder Sprache unterstützt werden. Nur so kann es gelingen, ein Klima gegenseitigen Verständnisses zu schaffen, in dem Internationalisierung nicht als Bedrohung, sondern als Chance begriffen wird. Fremdsprachenvielfalt, Schulpartnerschaften, Schüleraustauschprogramme oder der Besuch ausländischer Schüler an einer deutschen Schule zum Erwerb eines Schulabschlusses und vice versa sind wesentliche Bausteine für eine weltoffene Gesellschaft.

Das Aufenthaltsgesetz sei daher dahingehend zu ändern, dass der Visumszugang für ausländische Schüler erleichtert werde.

Zielsetzung und wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs:

Die geltenden Regelungen des Aufenthaltsgesetzes für die Einreise und den Aufenthalt drittstaatsangehöriger Schülerinnen und Schüler sind ordnungsrechtlich geprägt und schränken die Möglichkeiten eines Schulbesuchs in Deutschland ein. So lässt § 16 Absatz 5 in Verbindung mit den Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum (mehrjährigen) Schulbesuch nur zu, wenn es sich bei der Schule um eine öffentliche oder staatlich anerkannte Schule mit internationaler Ausrichtung oder um eine Schule handelt, die nicht oder nicht überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, die Schüler auf internationale Abschlüsse, Abschlüsse anderer Staaten oder staatlich anerkannte Abschlüsse vorbereitet und insbesondere bei Internatsschulen eine Zusammensetzung aus Schülern verschiedener Staatsangehörigkeiten gewährleistet. Hierunter fallen öffentliche Schulen oder staatlich anerkannte Ersatzschulen in privater Trägerschaft, die bilinguale

Bildungsgänge oder Bildungsgänge mit einem deutschen und einem ausländischen Abschluss anbieten, oder die in den verschiedenen Formen ausgestalteten Ergänzungsschulen, die u.a. zum Erwerb des "International Baccalaureate Diploma" führen.

Dem Wunsch nach einem Schulbesuch mit einem deutschen Schulabschluss, um ggf. ein Studium an einer deutschen Hochschule aufnehmen zu können, kann vor dem Hintergrund der geltenden Regelungen häufig nicht nachgekommen werden. Diese Regelung ist nach Ansicht des Schleswig-Holsteinischen Landtages zu restriktiv ausgestaltet. Es liege gerade vor dem Hintergrund der aktuellen demographischen Entwicklung und des bestehenden Fachkräftemangels im Interesse Deutschlands den Wissenstransfer zu fördern und gut gebildete bzw. ausgebildete Ausländerinnen und Ausländer eine Perspektive in Deutschland zu bieten.

B. Im Einzelnen

Durch die Streichung der Worte "in Ausnahmefällen" wird das Ermessen der Ausländerbehörde bei der Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum allgemeinen Schulbesuch nicht länger eingeschränkt. Die restriktiven Vorgaben der Verwaltungsvorschriften zu § 16 Absatz 5 werden mit einer Streichung obsolet. Ermessensleitende Regelungen für die Handhabung der Norm durch die Ausländerbehörden werden somit in die Verantwortung der Länder gegeben, die ohnehin nach föderalen Prinzipien für bildungspolitische Entscheidungen zuständig sind.