Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zur Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Programm zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT) - Bestandsaufnahme und Ausblick

C(2015) 1709 final
Brüssel, 13.3.2015

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsident Volker Bouffier
Leipziger Straße 3-4
11055 Berlin
Deutschland

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zur Mitteilung der Kommission "Programm zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT): Bestandsaufnahme und Ausblick" {COM (2014) 368 final).

Sie nimmt erfreut zur Kenntnis, dass der Bundesrat ihre Arbeiten zur Steigerung der Effizienz und Wirksamkeit der EU-Rechtsvorschriften unterstützt.

Die Kommission misst den Empfehlungen und der Mitwirkung der nationalen und regionalen Behörden große Bedeutung bei, da eine effiziente Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene insgesamt zur Erleichterung der Regulierungslast für Unternehmen, öffentliche Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger beiträgt. Auch der Europäische Rat hat diesbezüglich festgestellt, dass es hier eines starken Engagements sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene bedarf

Die Kommission bestätigt dem Bundesrat, dass ihre Arbeiten zur Steigerung der Effizienz und Wirksamkeit der EU-Rechtsvorschriften in der Tat gewährleisten sollen, dass die EU nur dann tätig wird, wenn Maßnahmen auf EU-Ebene eindeutig der am besten geeignete Weg sind, dass die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit in vollem Umfang gewahrt bleiben und dass die angestrebten politischen Ziele besser erfüllt werden. Auch möchte die Kommission daran erinnern, dass REFIT nicht auf Deregulierung ausgerichtet ist, sondern für einen möglichst effizienten und effektiven Schutz öffentlicher Interessen, unter anderem in Arbeitnehmer-, Verbraucher- und Umweltbelangen, sorgen soll.

Die Kommission begrüßt die Einschätzung des Bundesrates, dass sich ein funktionierender Sozialschutz positiv auf Wettbewerb und Wachstum auswirkt. Auch ist sie mit dem Bundesrat der Ansicht, dass eine bessere Rechtsetzung nach einem effizienteren und wirksameren Rechtsrahmen streben und gleichzeitig die aus dem Vertrag erwachsenden Verpflichtungen, die Überwachung der Umsetzung und die soziale Dimension der EU im Blick haben muss.

Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass nach Auffassung des Bundesrates ein externes Gremium zur Überwachung der Folgenabschätzung eingerichtet und die " legislatorischen Kosten" von Rechtsakten sowohl auf EU-Ebene als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten bewertet werden sollten. Des Weiteren nimmt die Kommission die spezifischen Empfehlungen des Bundesrates zur Abfassung von Rechtsvorschriften und zur Herausgabe von Mitteilungen zur Kenntnis.

Die Kommission möchte zu den in der Stellungnahme des Bundesrates dargelegten Standpunkten Folgendes anmerken:

In Bezug auf die Berichtspflichten im Umweltbereich möchte sie daran erinnern, dass mit der Umweltberichterstattung bezweckt wird, wichtige Informationen über die Umsetzung europäischer Umweltvorschriften verfügbar zu machen und zu teilen. Die Abfassung von Berichten ist aber nicht der einzige mögliche Weg, um solche Informationen bereitzustellen. So sieht die Richtlinie über den Zugang zu Umweltinformationen ( 2003/4/EG ) aus dem Jahr 2003 eine aktive öffentliche Verbreitung von Umweltinformationen - wie Rechtsvorschriften, Plänen, Beschlüssen, Berichten, Überwachungsdaten und Umweltverträglichkeitsprüfungen - durch die Mitgliedstaaten vor. In der Praxis geschieht dies im Wesentlichen online über die Webportale der Mitgliedstaaten. Die INSPIRE-Richtlinie ( 2007/2/EG ) aus dem Jahr 2007 zielt darauf ab, die Online-Bereitstellung von Umweltinformationen durch Such-, Darstellungs- und Download-Dienste zu unterstützen.

Darüber hinaus prüft die Kommission derzeit, ob die aktive Verbreitung von Informationen im Wege strukturierter Anwendungs- und Informationskonzepte (" Structured Implementation and Information Frameworks" - SIIFs) verbessert werden kann. Aufbauend auf der Richtlinie über den Zugang zu Umweltinformationen und der INSPIRE-Richtlinie könnten SIIFs über die Websites der mitgliedstaatlichen Behörden klare, strukturierte Informationen zur Umsetzung einzelner Umweltvorschriften bereitstellen. Konkret arbeitet die Kommission derzeit an einem SIIF-Pilotprojekt zur Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser ( 91/271/EWG ). Die Ergebnisse wird sie im Laufe des Jahres 2015 vorlegen. Außerdem plant die Kommission derzeit eine Untersuchung, in deren Rahmen geprüft werden soll, wie gut die aktive Verbreitung im Falle der Vogelschutzrichtlinie ( 2009/147/EG ) und der Habitatrichtlinie ( 92/43/EWG ) funktioniert.

Weitere Maßnahmen zur Vereinfachung der Umweltberichterstattung sind

In Bezug auf die europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) sieht der Rechtsrahmen ebenfalls Möglichkeiten zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands der Mitgliedstaaten vor. So sollten beispielsweise Programme für Investitionen in Wachstum und Beschäftigung eine Bewertung des Verwaltungsaufwands für die Begünstigten sowie gegebenenfalls erforderliche Korrekturmaßnahmen enthalten. Zur Vereinfachung beigetragen hat insbesondere auch die Vorgabe einer besseren Verhältnismäßigkeit der Anforderungen an Berichterstattung, Bewertung, Verwaltung und Kontrolle im Rahmen der Umsetzung und Nutzung der ESI-Fonds. Die neuen Prüf- und Kontrollregelungen haben eine Verringerung des Verwaltungsaufwands für Vorhaben zur Folge, deren Ausgaben unter dem festgelegten Schwellenwert liegen, da in diesem Fall nur eine einzige Prüfung vor Abschluss des Vorhabens erfolgt. Für Vorhaben, bei denen der Schwellenwert überschritten wird, gilt, dass sie maximal einer Prüfung pro Geschäftsjahr unterzogen werden. Auch die bei den Ausgabenerklärungen bestehenden verschiedenen Möglichkeiten in Form vereinfachter Kostenoptionen (Pauschalsätze, Pauschalfinanzierungen, Einheitskosten) zielen auf eine Reduzierung des Verwaltungsaufwands ab. Ein weiter wichtiger Schritt zum Bürokratieabbau ist die Implementierung von "E-Kohäsion" und des in diesem Rahmen vorgesehenen elektronischen Informationsaustauschs mit den Begünstigten.

In Bezug auf die Rechtsvorschriften zu chemischen Stoffen gelangte man bei der im Jahr 2013 vorgenommenen Überprüfung der REACH-Verordnung zu dem Schluss, dass die Verordnung gut funktioniert und im Hinblick auf alle derzeit bewertbaren Ziele gute Ergebnisse liefert. Deshalb wird die Kommission gegenwärtig keine Änderungen an der Verordnung vorschlagen. Derzeit führt die Kommission zwei ergänzende Evaluierungen der EU-Regulierungsmaßnahmen im Bereich Chemikalien durch: einen "Eignungstest" ("Fitness-Check") anderer Chemikalien-Vorschriften als der REACH-Verordnung sowie eine Bewertung der kumulativen Kosten der chemischen Industrie.

Was den Bereich der Finanzdienstleistungen betrifft, dankt die Kommission dem Bundesrat für die positive Aufnahme ihrer Mitteilung " Ein reformierter Finanzsektor für Europa" (COM (2014) 279 final). Die Kommission ist der Auffassung, dass eine angemessene Regulierung des Finanzsystems für dessen ordnungsgemäßes Funktionieren unverzichtbar ist. In Anknüpfung an die jüngsten einschneidenden Regulierungsmaßnahmen, die auf eine Stabilisierung des Finanzsystems abzielen, plant die Kommission nun Arbeiten zur Bewertung bestimmter Aspekte der Rechtsvorschriften. Was die Prospektrichtlinie anbelangt, wird die Kommission deren Implikationen und Auswirkungen bis Ende 2015 einer Bewertung unterziehen.

Die Kommission hofft, dass die in der Stellungnahme des Bundesrates aufgeworfenen Fragen mit diesen Ausführungen geklärt werden konnten, und sieht der Fortsetzung des politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Mit freundlichen Grüßen
Frans Timmermans Erster Vizepräsident