Beschluss des Bundesrates
Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Verwendung nicht heimischer und gebietsfremder Arten in der Aquakultur KOM (2006) 154 endg.; Ratsdok. 8296/06

Der Bundesrat hat in seiner 823. Sitzung am 16. Juni 2006 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:

Zum Verordnungsvorschlag allgemein

Der Bundesrat begrüßt die Absicht, auf Gemeinschaftsebene eine Regelung der Einfuhr nicht im Gemeinschaftsgebiet heimischer Arten für Zwecke der Aquakultur zu treffen, die die Vielfalt der heimischen aquatischen Fauna und Flora schützt und gleichzeitig die Entwicklung der Aquakultur fördert.

Gleichwohl lehnt er den Verordnungsvorschlag in der vorliegenden Fassung ab. Der Vorschlag geht weit über das notwendige und gerechtfertigte Maß hinaus. Sowohl für die Wirtschaftsbeteiligten als auch für die zuständigen Behörden und den vorgesehenen Beratungsausschuss ergäbe sich auf Grund der vorgesehenen Regelungsbreite und Regelungstiefe ein immenser personeller und finanzieller Aufwand, der mit den vorhandenen Ressourcen bei weitem nicht aufgefangen werden könnte.

Dies widerspricht eklatant den aktuellen Bemühungen der Kommission, des Bundes und der Länder zum Abbau der Bürokratie.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, auf EU-Ebene darauf hinzuwirken, dass ein neuer Entwurf erarbeitet wird, der sich auf den auf Gemeinschaftsebene zu regelnden Kernbereich - die Einfuhr nicht im Gemeinschaftsgebiet heimischer Arten - beschränkt und die seit langem eingeführten und etablierten Nutzfischarten (Karpfen, Regenbogenforelle u. a.) nicht berührt. Der neue Entwurf soll sich hinsichtlich des bürokratischen, personellen und finanziellen Aufwands aller Beteiligten am Notwendigen und Machbaren orientieren.

Darüber hinaus ginge der gesamte Aufwand ins Leere, da zahlreiche Arten bereits in der freien Natur vorkommen und, da sie sich in der freien Natur ohne menschliche Hilfe selbst erhalten, nach dem BNatSchG als heimisch gelten.

Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Kapitel I Artikel 2

Der Geltungsbereich des Vorschlags ist zu weit gefasst. Insbesondere kann die Regelung des Umgangs mit gebietsfremden Arten den Mitgliedstaaten gänzlich überlassen bleiben.

Zu Kapitel I Artikel 3

Mit der vorgesehenen Definition der nicht heimischen Art in Absatz 6 würden auch seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten in der europäischen Aquakultur bewährte Arten, wie beispielsweise Regenbogenforelle, Karpfen und Bachsaibling, erfasst, deren Haltung und Verbringen damit grundsätzlich unter Genehmigungsvorbehalt gestellt würden. Gemäß dem vorliegenden Vorschlag müsste jeder der über 10 000 deutschen Fischereibetriebe für die Haltung, aber auch für einzelne Transporte dieser Arten, jeweils einen Antrag stellen. Dies würde die bestehende binnenländische Aquakulturwirtschaft ohne Notwendigkeit unverhältnismäßig belasten.

Ferner ist die vorgesehene Erfassung "polyploider Organismen" in Artikel 3 Abs. 6 Buchstabe b sowohl aus rechtssystematischen Gründen als auch wegen der anders gearteten möglichen Auswirkungen des Freisetzens solcher Tiere nicht angebracht.

Auch soll der Artbegriff in Absatz 6 Buchstabe a selbst niedrigere Gruppen als Subspezies (Unterarten) umfassen, obwohl es dafür keine allgemein anerkannten Abgrenzungen und Definitionen gibt.

Zu Kapitel III

Aus den im Vorschlag vorgesehenen sehr aufwändigen, zeitraubenden Antrags- und Genehmigungsverfahren ergäbe sich für die Wirtschaftsbeteiligten ein kaum zu bewältigender finanzieller und verwaltungstechnischer Aufwand. Der Vorschlag würde somit den in der Begründung und in den Erwägungsgründen genannten Zielsetzungen "Förderung der Aquakultur" und "Förderung der Diversifizierung der Artenpalette der Aquakultur" direkt entgegenwirken.

Die in Artikel 10 mit einer Höchstdauer von einem Jahr festgelegte Frist zur Entscheidung über den Antrag auf Verbringung würde in Anbetracht der hohen Zahl der Anträge stets erreicht werden und sämtliche Betriebe der Karpfen- und Forellenteichwirtschaft für diese Zeit zum Stillstand bringen.

Zu Kapitel IV

Im Fall einer nicht routinemäßigen Verbringung nach Artikel 9 müssten die neuen Arten gemäß Artikel 15 in einer Quarantänestation aufgezogen und vermehrt werden. An die Entscheidungsfrist würde sich daher eine mehrjährige weitere Frist anschließen in der dem Betrieb nur Kosten entstehen, eine Vermarktung aber nicht möglich wäre.