Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zur Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: EU-Justizbarometer 2019

C(2019) 8563 final

Europäische Kommission
Brüssel, den 24.1.2020 C(2019) 8563 final

Herrn Dr. Dietmar WOIDKE
Präsident des Bundesrates
Leipziger Straße 3-4
10117 Berlin

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zu ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen "EU-Justizbarometer 2019" (COM (2019) 198 final).

Die Kommission weiß das aufmerksame Interesse des Bundesrates für das EU-Justizbarometer und die konkreten Hinweise in seiner Stellungnahme zu schätzen.

Die Kommission begrüßt, dass der Bundesrat die Einschätzung der Kommission, dass Rechtsstaatlichkeit ohne unabhängige und effiziente Justizsysteme nicht möglich ist, nach wie vor teilt. Ohne gesicherte Rechtstaatlichkeit können die Grundrechte und die Grundwerte nicht geschützt, das EU-Recht nicht einheitlich angewandt und keine investitionsfreundlichen Rahmenbedingungen gefördert werden.

Am 17. Juli 2019 nahm die Kommission die Mitteilung "Die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der Union - Ein Konzept für das weitere Vorgehen"' an, die konkrete Maßnahmen zur Förderung einer gemeinsamen Kultur der Rechtsstaatlichkeit, zur Verhütung von Rechtsstaatlichkeitsproblemen und dazu aufzeigt, wie Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit wirksam begegnet werden kann. Insbesondere hat die Kommission einen "Zyklus zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit" geschaffen, zu dem auch ein jährlicher Bericht über die Rechtsstaatlichkeit gehören soll. Darin werden unter Auswertung aller einschlägigen Quellen einschließlich des EU-Justizbarometers für alle Mitgliedstaaten und die EU alle wichtigen rechtstaatlichen Entwicklungen zusammengefasst. Die Kommission könnte, um die rechtsstaatlich relevanten Bereiche besser abzudecken, das EU-Justizbarometer weiterentwickeln.

Die Kommission begrüßt die konkreten, auf die Verbesserung der Lesbarkeit und des Informationswertes des EU-Justizbarometers abzielenden Vorschläge des Bundesrates.

Das Justizbarometer wird kontinuierlich weiterentwickelt, und die Kommission ist ständig bemüht, es weiter zu verbessern. Wie der Bundesrat in seiner Stellungnahme anerkennt, gibt es hier Fortschritte, und dazu zählt auch die deutlich verminderte Zahl der Schaubilder im EU-Justizbarometer 2019 gegenüber der Vorjahresversion.

Hinsichtlich der technischeren Anmerkungen aus der Stellungnahme verweist die Kommission den Bundesrat auf den beigefügten Anhang. Die Kommission hofft, dass die vom Bundesrat geäußerten Bedenken mit diesen Ausführungen ausgeräumt werden konnten, und sieht der Fortsetzung des Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Hochachtungsvoll
Maros Sefcovic Vizepräsident
Didier Reynders

Anhang

Die Kommission begrüßt die vom Bundesrat vorgenommene Bewertung des EU-Justizbarometers 2019. Die detaillierte Arbeit des Bundesrates ist ein wichtiger Beitrag zum offenen Dialog mit den Mitgliedstaaten über die Verbesserung der nationalen Justizsysteme und damit zu einem der Ziele des EU-Justizbarometers.

Zu den vom Bundesrat besonders hervorgehobenen Punkten merkt die Kommission Folgendes an:

Der Bundesrat betont in seiner Stellungnahme erneut seine Auffassung, dass die "Kleinteiligkeit" des EU-Justizbarometers mit zuweilen zu komplexen Grafiken und überlangen Fußnoten zu beanstanden sei. Die Kommission begrüßt die Vorschläge des Bundesrats, die auf eine weitere Verbesserung der Lesbarkeit des EU-Justizbarometers abzielen. Sie weist darauf hin, dass die Fußnoten ergänzend zu den Schaubildern Erläuterungen bieten, mit denen die Besonderheiten der nationalen Justizsysteme verdeutlicht werden. Um die unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten so anschaulich wie möglich herauszuarbeiten und zugleich die Schaubilder so verständlich und vollständig wie möglich zu gestalten, werden diese Fußnoten in enger Abstimmung mit den Behörden der Mitgliedstaaten erarbeitet, je nach Datenquelle mit den Mitgliedern der Gruppe der Ansprechpartner für die nationalen Justizsysteme oder mit den Vertretern der Justizbehörden. Dass einige Schaubilder komplex wirken mögen, könnte daher rühren, dass ursprünglich separate Schaubilder miteinander verschmolzen wurden, um dem Wunsch nach weniger Schaubildern im EU-Justizbarometer nachzukommen. Wie der Bundesrat in seiner Stellungnahme anerkennt, gibt es hier Fortschritte, wozu auch die deutlich verringerte Zahl der Schaubilder im EU-Justizbarometer 2019 gegenüber der Vorjahresversion zählt. Da die Kommission sich um stetige Verbesserung des EU-Justizbarometers bemüht, wird sie auch gerne gemeinsam mit den Mitgliedstaaten nach weiteren Möglichkeiten zur Verbesserung der Lesbarkeit suchen.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass sich das EU-Justizbarometer stärker auf bestimmte Kernfragen konzentrieren sollte. Er nimmt zur Kenntnis, dass das Justizbarometer 2019 die Unabhängigkeit der Justiz stärker in den Mittelpunkt rückt, erachtet jedoch eine weitere Straffung für möglich und führt das Schaubild 1 als Beispiel für entbehrliche Schaubilder an. Der Bundesrat ist ferner der Auffassung, dass sich die Auswahl der Fragestellungen danach richten muss, ob für alle Mitgliedstaaten valide Daten vorliegen und inwieweit sie eine Vergleichbarkeit der nationalen Justizsysteme ermöglichen. Die Kommission teilt die Auffassung des Bundesrates, dass bei der Ausarbeitung der Fragebögen für das EU-Justizbarometer die Verfügbarkeit valider Daten ein zentraler Aspekt sein muss. Das EU-Justizbarometer favorisiert kein bestimmtes Justizsystem. Die Wirksamkeit eines Justizsystems steht und fällt mit den drei Hauptelementen: Seine Leistungsfähigkeit, seine Qualität und die Unabhängigkeit der Rechtsprechung. Dementsprechend soll das EU-Justizbarometer vergleichbare valide Daten mit Kennzahlen für diese drei Elemente bereitstellen. Mit Schaubild 1 wird keinesfalls die Qualität der verabschiedeten oder angekündigten Maßnahmen bewertet. Es gibt lediglich einen Überblick darüber, wo welche Vorhaben durchgeführt werden.

Für die qualitative Bewertung sind die länderspezifischen Berichte im Rahmen des Europäischen Semesters besser geeignet. Mit ihnen lassen sich die in einem Mitgliedstaat durchgeführten Reformen spezifisch bewerten.

Der Bundesrat äußert sich kritisch zu der Möglichkeit, dass die Kommission das EU-Justizbarometer als Instrument zur Überwachung der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten ausbauen könnte. Wie vorstehend erwähnt, hat die Kommission in ihrer Mitteilung "Die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der Union - Ein Konzept für das weitere Vorgehen", einen Überprüfungszyklus angekündigt, zu dem auch ein jährlicher Bericht über die Rechtsstaatlichkeit in allen EU-Mitgliedstaaten gehören soll. Sie wird dafür auf alle einschlägigen Quellen, also auch auf das EU-Justizbarometer zurückgreifen, das ja zu den grundlegenden Werkzeugen der EU zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit gehört. Außerdem hat die Kommission in dieser Mitteilung angekündigt, dass sie das EU-Justizbarometer weiter ausbauen und verbessern wird, auch um Bereiche, die für die Rechtsstaatlichkeit von Bedeutung sind, etwa in der Straf- und Verwaltungsjustiz, besser zu erfassen. Über die Gruppe der Ansprechpartner für die nationalen Justizsysteme bleiben die Mitgliedstaaten selbstverständlich eng in die Gestaltung des EU-Justizbarometers eingebunden.

In seiner Stellungnahme vertritt der Bundesrat ferner die Auffassung, dass bestimmte Schaubilder des EU-Justizbarometers eine Rangfolge abzubilden scheinen, und verweist auf Schaubild 24, das über Standards für Informationen über den Verfahrensverlauf Auskunft gibt. Der Bundesrat ist insbesondere der Ansicht, dass der Schwerpunkt nur darauf liegen sollte, den Zugang zu Informationen zu gewährleisten, und nicht darauf wie viele verschiedene Kommunikationsquellen verfügbar sind. Bei der Sammlung von Informationen für das EU-Justizbarometer 2020 hat die Kommission gegenüber Mitgliedstaaten, die diese Besorgnis teilen, schon Möglichkeiten der Verbesserung dieses spezifischen Schaubilds angesprochen. Konkret schlug sie dabei vor, die verschiedenen Optionen je nach Umfang des Informationszugangs, der durch sie eröffnet wird, zu priorisieren, und müsste die Bedenken des Bundesrats damit entschärft haben.

Was die kritische Haltung des Bundesrates gegenüber einer weiteren Ausweitung des Justizbarometers auf empfindliche Bereiche wie die Strafrechtspflege angeht, so ist sich die Kommission der Sensibilität dieses Themas durchaus bewusst. Sie erinnert jedoch daran, dass die Wirksamkeit der nationalen Justizsysteme für die Umsetzung des EU-Rechts von entscheidender Bedeutung ist. Dies gilt für das Strafrecht nicht weniger als für Rechtsbereiche, die sich aus dem EU-Recht ergeben, wie Teile des Zivilrechts und auch andere. Daten über die Funktionsweise des Strafrechtssystems sind für die Beurteilung des Investitionsklimas und Unternehmensumfeldes sehr wichtig. So ist die wirksame Bekämpfung von Geldwäsche für den Schutz des Finanzsystems und für einen fairen Wettbewerb von entscheidender Bedeutung.

Der Bundesrat befürwortet eine Erhebung des Datenmaterials für das EU-Justizbarometer alle zwei Jahre oder in einem noch längeren Turnus. Er ist der Auffassung, dass die Änderungen von Jahr zu Jahr geringfügig sind und sich durch längere Erhebungszeiträume zum einen die längerfristigen Entwicklungen der Justizsysteme abbilden und zum anderen die Datenerhebungsprozesse verringern ließen, die ja föderale Staaten besonders belastet. Der Kommission ist bewusst, dass das Ausfüllen der Fragebögen Arbeit verursacht, und möchte den Ländern bei dieser Gelegenheit dafür danken, dass sie wertvolle Beiträge zu diesem wichtigen Instrument leisten. Gleichzeitig möchte die Kommission darauf hinweisen, dass das EU-Justizbarometer mit dem Europäischen Semester, dem jährlichen Zyklus der wirtschaftspolitischen Koordinierung der Europäischen Union, verknüpft ist. Dieses wird auch Vergleichsmaterial für die nächsten Jahresberichte der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit liefern. Daher ist eine jährliche Datenerhebung unerlässlich. Sie erinnert weiter daran, dass das EU-Justizbarometer auf verschiedenen Informationsquellen beruht. Um die Arbeitsbelastung für die einzelnen Datenlieferanten zu verringern und die Justiz mit den Erfordernissen des EU-Justizbarometers nicht unzumutbar zu belasten, verteilt die Kommission die Fragebögen auf mehrere Quellen. So ist der Fragebogen an die Europäische Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) des Europarats, der Daten für das nächste EU-Justizbarometer liefern wird, drei Monate eher als bisher versandt worden, damit mehr Zeit für die Beantwortung bleibt. Die Methodik des Justizbarometers wurde in enger Zusammenarbeit mit der Gruppe der Ansprechpartner für die nationalen Justizsysteme weiterentwickelt. Die Kommission sieht der Fortsetzung dieser Zusammenarbeit auch hinsichtlich des Ziels, den mit den Fragebögen verbundenen Arbeitsaufwand zu reduzieren, erwartungsvoll entgegen.

1 COM (2019) 343 endgültig.