Beschluss des Bundesrates
Entschließung des Bundesrates - Präventive und repressive Maßnahmen von Bund und Ländern gegen den Crystal-Konsum

Der Bundesrat hat in seiner 924. Sitzung am 11. Juli 2014 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.

Anlage
Entschließung des Bundesrates - Präventive und repressive Maßnahmen von Bund und Ländern gegen den Crystal-Konsum

I. Der Bundesrat stellt fest:

Der Bundesrat blickt mit großer Sorge auf die zunehmende Verbreitung der Droge Crystal (Methamphetamin).

Nach Angaben der Polizeilichen Kriminalstatistik sind die entsprechenden Betäubungsmitteldelikte im Zeitraum von 2008 bis 2012 bundesweit massiv angestiegen.

Besonders deutlich stellt sich die Lageentwicklung in den an die Tschechische Republik angrenzenden Ländern dar. In Sachsen stiegen die Rauschgiftdelikte seit dem Jahr 2009 um 65,1 Prozent an. Dieser Anstieg ist maßgeblich auf das Anwachsen Crystal bezogener Straftaten zurückzuführen (+ 287,5 Prozent).

Analog zur Entwicklung des Fallaufkommens sind sowohl die Sicherstellungsmengen als auch die Anzahl der Sicherstellungen von Crystal in den vergangenen Jahren angestiegen.

Die zunehmende Verfügbarkeit von Crystal zeigt sich auch in der Steigerung der Beratungs- und Behandlungsnachfrage in den Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe für den Bereich der Stimulanzien. Lag der Hilfebedarf 2009 in den ambulanten Einrichtungen der Suchthilfe bundesweit bei 2,4 Prozent, war 2012 ein Beratungsbedarf von 4,6 Prozent für die ambulanten Einrichtungen festzustellen. Für Sachsen ist eine Zunahme des Hilfebedarfs im gleichen Zeitraum von 5,4 Prozent auf 17,7 Prozent dokumentiert.

Da in Deutschland gehandeltes und konsumiertes Methamphetamin zumeist in den östlichen Nachbarländern hergestellt wird, kommt der Kooperation der Polizei- und Justizbehörden mit den Behörden dieser Staaten sowie der Intensivierung polizeilicher Fahndungs- und Kontrollmaßnahmen, vor allem in grenznahen Gebieten, bei der Bekämpfung der Crystal-Kriminalität besondere Bedeutung zu.

Erfahrungen belegen, dass eine hohe Verfügbarkeit von Drogen auch zu einer höheren Häufigkeit des Konsums beiträgt. Zur Bekämpfung des "Phänomens Crystal" bedarf es deshalb Maßnahmen, die sowohl die Repression als auch die Bereiche der Prävention und der Suchtkrankenhilfe umfassen und auf eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung zielen. Im Sinne der Wirksamkeit ist ein länderübergreifender Ansatz angezeigt.

II. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf:

Begründung:

Crystal ist eine sehr gefährliche Droge. Gründe hierfür sind einerseits das hohe Abhängigkeitspotential, das bereits mit dem Konsum geringster Mengen verbunden sein kann, und andererseits die erheblichen und großteils irreparablen physischen und psychischen Auswirkungen eines relativ kurzfristigen Konsums. Der Konsum von Crystal hat neben den unmittelbar schädlichen Folgen für die Gesundheit der Konsumenten auch erhebliche Konsequenzen für das persönliche Umfeld sowie gesellschaftliche und fiskalische Auswirkungen.

Derzeit liegt der Schwerpunkt der Crystal-Problematik bei den Bundesländern, die an die Tschechische Republik grenzen. Die Entwicklung der Rauschgiftdelikte ist maßgeblich auf einen Anstieg Crystal bezogener Straftaten zurückzuführen. So sind beispielsweise im Jahr 2013 mehr als die Hälfte aller Rauschgiftdelikte auf Crystal bezogene Delikte zurückzuführen.

Analog dazu entwickelten sich die Fallzahlen von 96 Fällen in 2009 auf 1.621 im Jahr 2013. Damit einhergehend erhöhte sich im gleichen Zeitraum die Sicherstellungsmenge von 2,05 kg auf 14,96 kg. Selbst unter Berücksichtigung der Sicherstellungen des Zolls1 dürften die aufgeführten Betäubungsmittelmengen lediglich einen Bruchteil des tatsächlich verfügbaren Crystals darstellen2.

Die gesundheitlichen Folgen des Crystal-Konsums zeigen sich neben einem steigenden Beratungsanteil in der ambulanten Suchthilfe ebenso in steigenden Fallzahlen der stationären Behandlung, die von 102 Fällen 2009 auf 681 Fälle 2012 für Patienten mit einem Wohnort in Sachsen angewachsen sind3, sowie in der Entwicklung abgeschlossener stationärer Rehabilitation-Leistungen.

Neben den schädlichen Folgen für die Konsumenten hat die Entwicklung der Crystal-Problematik auch erhebliche gesellschaftliche Auswirkungen. Genannt seien hier beispielhaft die Kosten für die notwendigen Therapien, ärztlichen Behandlungen, die notwendige Unterbringung in psychiatrischen Einrichtungen und die Betreuung von Personen, die aufgrund ihrer Abhängigkeit dauerhaft nicht mehr in der Lage sind, ein selbständiges Leben zu führen.

Vor dem Hintergrund dieser vielfältigen Auswirkungen bedarf es neben einer Verstärkung von repressiven Maßnahmen auch eines länderübergreifenden und gesamtgesellschaftlichen Ansatzes zur Bekämpfung von Crystal, insbesondere zur Suchtprävention.

Crystal wird derzeit überwiegend in östlichen Nachbarländern hergestellt und nach Deutschland geschmuggelt. Durch den Wegfall der regelmäßigen Grenzkontrollen hat sich das Entdeckungsrisiko für Konsumenten und Drogenhändler stark reduziert. Der Intensivierung gezielter, an Ermittlungen und behördenübergreifenden operativen Lagebildern ausgerichteten polizeilichen Fahndungs- und Kontrollmaßnahmen, vor allem in grenznahen Gebieten, kommt daher besondere Bedeutung zu. Für die Aufklärung der Herstellungs- und Händlerstrukturen sowie der grenzüberschreitenden Vertriebswege sind außerdem koordinierte Ermittlungen vonnöten. Dies bedeutet auch, dass der Bund seine vorhandenen und für diese Aufgaben besonders qualifizierten Kräfte bei Bundespolizei und Zoll verstärkt zu Bekämpfung grenzüberschreitender Aktivitäten einsetzt.

Aktuell liegen keine Daten zur Häufigkeit des Konsums von Crystal in der Bevölkerung vor. Um eine solide Datenbasis des tatsächlichen Ausmaßes des Crystal-Konsums zu erhalten, wird die Bundesregierung aufgefordert, bestehende Untersuchungen um Fragen zum Konsum von Methamphetamin zu erweitern.