Beschluss des Bundesrates
Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken

KOM (2005) 154 endg.; Ratsdok. 8192/05 Drucksache: 299/05 (PDF)
(Grunddrs. 299/05 (PDF) und 300/05 (PDF) ) 17.06.05

und

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit

KOM (2005) 155 endg.; Ratsdok. 8193/05 Drucksache: 300/05 (PDF)

Der Bundesrat hat in seiner 812. Sitzung am 17. Juni 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:

Der Bundesrat betrachtet die Vorschläge der Kommission zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1466/97 (BR-Drucksache 299/05 (PDF) ) und (EG) Nr. 1467/97 (BR-Drucksache 300/05 (PDF) ) mit großer Sorge. Die Verpflichtung zu solider Finanzpolitik wird entscheidend geschwächt, obwohl gerade die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen wichtige Voraussetzung für ein dauerhaft starkes Wirtschaftswachstum und einen stabilen Euro ist. Zugleich tragen diese Änderungen am Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt zu einer erheblichen Verkomplizierung und Intransparenz des Regelwerks bei.

Die Vorschläge stoßen auf erhebliche Bedenken:

Besonders problematisch in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sind die dort enthaltenen Änderungen beim mittelfristigen Haushaltsziel. Durch die Einführung länderspezifischer Haushaltsziele wird der Mindestabstand zur Defizitobergrenze verringert. Damit riskiert der Rat, dass der Referenzwert von 3 % im Konjunkturabschwung überschritten wird. Zudem ist zu befürchten, dass der Abbau der Verschuldung verschleppt wird.

Die schon in der bisherigen Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 enthaltenen Merkmale "schwerwiegender Wirtschaftsabschwung" in Artikel 2 Abs. 2 und die "sonstigen einschlägigen Faktoren" in Artikel 2 Abs. 3 werden noch weiter ausgelegt. Damit werden dem Rat weite Entscheidungsspielräume eröffnet und die Anwendung und Durchsetzbarkeit des Pakts stark beeinträchtigt. Dies hebelt den 3 %-Referenzwert als Obergrenze für das Defizit de facto aus.

Die Bedeutung der Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts als Garant für nachhaltig ausgerichtete öffentliche Finanzen und einen stabilen Euro wurde von einem Vertreter des Bundesrates bei der Interparlamentarischen Diskussionsrunde des Ausschusses für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments am 25. April 2005 in Brüssel anhand der hierzu bereits gefassten Bundesratsbeschlüsse (BR-Drucksachen 081/05(B) HTML PDF , 917/04(B) HTML PDF , 920/04(B) HTML PDF , 693/04(B) HTML PDF , 470/04(Beschluss) , 035/03(Beschluss) PDF ) vorgetragen.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf europäischer Ebene darauf hinzuwirken, dass die im Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt enthaltenen Regeln streng gehandhabt werden, damit der Pakt weiterhin disziplinierend wirkt und eine solide Finanzpolitik in Europa gewährleistet.