Empfehlungen der Ausschüsse
Entschließung des Bundesrates zur Verhinderung des Marktzugangs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit - Antrag der Länder Rheinland-Pfalz, Bremen und Berlin, Brandenburg -

873. Sitzung des Bundesrates am 9. Juli 2010

Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS), der Ausschuss für Frauen und Jugend (FJ) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, die Entschließung nach Maßgabe folgender Änderungen zu fassen:

1. Zu Nummer 4a - neu -Nach der Nummer 4 ist folgende Nummer einzufügen:

2. Zu Nummer 5

Nummer 5 ist wie folgt zu fassen:

5. Ferner bittet der Bundesrat die Bundesregierung zu prüfen, inwieweit auf Ebene der WTO künftig geeignete Maßnahmen zur Vermeidung ausbeuterischer Kinderarbeit getroffen werden können. Insbesondere ist zu prüfen, ob dies in rechtlich zulässiger und inhaltlich sinnvoller Weise durch Maßnahmen verwirklicht werden kann, die eine Verhinderung des Marktzugangs von Produkten bewirken, die nachweislich durch ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden, analog zu dem nach Artikel XX(e) des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) möglichen Importverbot für Produkte, die in Gefängnissen hergestellt sind.

3. Zur Begründung Nummer 1 Absatz 4 - neu - bis 7 - neu -Der Begründung Nummer 1 sind folgende Absätze anzufügen:

"Vor diesem Hintergrund sollte geprüft werden, wie internationale Zusammenarbeit einen Beitrag dazu leisten kann, Armut und die daraus resultierende Kinderarbeit einzudämmen indem Sozialprogramme wie z.B. in Mexiko und Brasilien unterstützt oder falls noch nicht vorhanden, angeregt werden können.

Eine solche Unterstützung würde besonders Artikel 6 Ziffer 1 des Übereinkommens 182 der Internationalen Arbeitsorganisation entsprechen.

Länder wie Mexiko und Brasilien haben Sozialprogramme geschaffen, die armen Familien Sozialleistungen in Form von Geldzahlungen gewähren, die an den Schulbesuch von schulpflichtigen Kindern geknüpft sind. Diese Programme wirken in zweierlei Richtungen, wie Evaluierungen u. a. der Weltbank gezeigt haben: Arme Familien müssen Kinder nicht zur Arbeit schicken, damit sie ein oder zwei Kindern der Familie den Schulbesuch ermöglichen können und Kinder, welche die Schule besuchen, haben keine Zeit für Kinderarbeit, auch nicht für solche, die ausbeuterisch ist.

Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse lassen es zweifelhaft erscheinen, dass Boykotte und Marktzugangssperren in den Industriestaaten allein bereits geeignet sind, Kinderarbeit in den betroffenen Ländern zurückzudrängen. Diese Maßnahmen könnten in der Tendenz teilweise gegenläufige Effekte haben.

Deshalb sollten Marktzugangssperren in Industriestaaten für Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit durch besondere komplementäre Sozialprogramme in den betroffenen Ländern begleitet werden."

Begründung zu Nummern 1 bis 3 (nur gegenüber dem Plenum):

Der Entschließungsantrag richtet sich gegen ausbeuterische Kinderarbeit. Dieses Ziel ist zu unterstützen.

Allerdings ist vor dem Hintergrund der umfangreichen wissenschaftlichen Diskussion (z.B. "Do International Labor Standards Contribute to the Persistence of the Child Labor Problem?" IZA DP No. 4214 June 2009, Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit in Bonn mit umfangreichen weiteren Literaturnachweisen) fraglich, ob Boykotte und die Errichtung von Marktzutrittssperren allein dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen. Die Diskussion geht eher dahin, dass Boykotte und Marktzugangssperren in der Tendenz teilweise gegenläufige Effekte haben könnten.

Vor diesem Hintergrund sollten auch alternative Mittel geprüft werden. Länder wie Mexico und Brasilien wählen beispielsweise einen anderen Weg zur Eindämmung der Kinderarbeit. Sie haben Sozialprogramme geschaffen, die armen Familien Sozialleistungen in Form von Geldzahlungen gewähren, die an den Schulbesuch von schulpflichtigen Kindern geknüpft sind. Diese Programme wirken in zweierlei Richtungen, wie Evaluierungen u. a. der Weltbank gezeigt haben: Arme Familien müssen Kinder nicht zur Arbeit schicken, damit sie ein oder zwei Kindern der Familie den Schulbesuch ermöglichen können und Kinder, welche die Schule besuchen, haben keine Zeit für Kinderarbeit, auch nicht für solche, die ausbeuterisch ist.

Deshalb sollte geprüft werden, wie Deutschland im Wege der internationalen Zusammenarbeit solche Programme unterstützen oder ihre Einführung fördern kann.

Eine solche Unterstützung würde besonders Artikel 6 Ziffer 1 des Übereinkommens 182 der Internationalen Arbeitsorganisation entsprechen.

Gleichwohl sollte durch die Bundesregierung ergebnisoffen geprüft werden, inwieweit zur Bekämpfung von Kinderarbeit auch Marktzugangssperren für Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit in rechtlich zulässiger und inhaltlich sinnvoller Weise auf Ebene der WTO umgesetzt werden könnten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Marktzugangssperren die Bekämpfung ausbeuterischer Kinderarbeit auch unterstützen können, weil sie komplementär zu den Sozialprogrammen mit Durchsetzung einer Schulpflicht in den betroffenen Ländern sind. Die Arbeitsaufträge für Produkte aus Kinderarbeit können dann nicht so leicht in andere Länder ohne entsprechende Sozialprogramme verlagert werden.

Dabei ist auch zu hinterfragen, ob Boykotte der Verbraucher in den Industrieländern hinsichtlich der Produkte aus Kinderhänden nicht dazu führen, dass die betroffenen Familien noch ärmer werden und die Kinder gegebenenfalls in der elterlichen Landwirtschaft mitarbeiten müssen.

4. Zur Begründung Nummer 4 Absatz 2 Satz 3 bis 5

In der Begründung Nummer 4 Absatz 2 sind die Sätze 3 bis 5 zu streichen.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die jetzige Formulierung ist nicht zutreffend. Die Einführung der so genannten "vergabefremden Kriterien" in § 97 Absatz 4 GWB war nicht notwendig, um im Vergaberecht Maßnahmen gegen den Erwerb von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit ergreifen zu können. Die Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation zum Verbot der Kinder- und Zwangsarbeit konnten schon vorher im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung als Eignungskriterium berücksichtigt werden (vgl. BR-Drucksache 349/08 (PDF), Seite 26; Vergabekammer Karlsruhe, Beschluss vom 29. Januar 2010, Az. 1 VK 73/ 09).