Empfehlungen der Ausschüsse
Zweites Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes

946. Sitzung des Bundesrates am 17. Juni 2016

A

Der federführende Wirtschaftsausschuss und der Rechtsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen.

B

Der federführende Wirtschaftsausschuss und der Rechtsausschuss empfehlen dem Bundesrat ferner, folgende Entschließung zu fassen:

Begründung:

Mit Beschluss vom 02.06.2016 hat der Deutsche Bundestag das Zweite Änderungsgesetz zum Telemediengesetz (TMG) beschlossen.

Eines der Ziele des Änderungsgesetzes ist die Beseitigung der so genannten Störerhaftung für Anbieter von Internetzugängen über lokale drahtlose Netze.

Diese Anbieter sind derzeit unter Umständen Ansprüchen auf Unterlassung und Beseitigung rechtswidriger Handlungen der Nutzer ihrer Dienste gegenüber den Inhabern und Verwertern von Schutzrechten ausgesetzt. Die Haftung entsteht nicht als Folge eines eigenen rechtswidrigen Tuns, sondern ist Folge eines eigenen Beitrags zur Gefahrenschaffung durch die Bereithaltung eines Internetzugangs und die Durchleitung von Informationen von Telemedien auf Nutzer.

Diese so genannte Störerhaftung gilt heute als eine der wesentlichen Gründe für den bisher nur zögerlichen Ausbau offener Internetzugänge über drahtlose lokale Netze.

Mit dem Zweiten Änderungsgesetz zum Telemediengesetz strebt der Bundesgesetzgeber an, die Störerhaftung durch eine Ergänzung in § 8 TMG einzuschränken.

Dazu wurm § 8 TMG ein Absatz 3 angefügt, der eine Anwendung der Regelungen in § 8 Absatz 1 und 2 TMG auch für Diensteanbieter vorsieht, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.

Damit wird zunächst dem Wortlaut nach die bestehende gesetzliche Regelung klargestellt. Schon heute profitieren nach der Systematik des Gesetzes Diensteanbieter, die den Zugang zu Telemedien vermitteln bzw. fremde Informationen lediglich weiterleiten, vom Haftungsprivileg in § 8 Absatz 1 und 2 TMG, das auch vor der nun erfolgten Änderung nicht auf bestimmte Übertragungswege begrenzt ist.

Allerdings erfasst das Haftungsprivileg des § 8 Absatz 1 und 2 TMG bisher nur eine Einstandspflicht für die Rechtmäßigkeit von Informationen. Diensteanbieter, die fremde Informationen lediglich weiterleiten bzw. den Zugang zu diesen vermitteln, sollen für die Rechtmäßigkeit dieser Information nicht verantwortlich gemacht werden.

Diese bereits im früheren § 5 Teledienstegesetz enthaltene Haftungsprivilegierung erfasst aber unmittelbar nach der bisherigen Rechtsprechung nur eine strafrechtliche Verantwortung. Dagegen nimmt die Rechtsprechung Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche vom Haftungsprivileg des § 8 Absatz 1 und 2 TMG bisher ausdrücklich aus (BGH, Urteil vom 11.3.2004, Az. I ZR 304/01, bestätigt durch BGH Urteil vom 19.4.2007, Az. I ZR 35/04, zuletzt OLG Hamburg, Urteil vom 21.11.2013, Az. 5 U 68/10).

Das eigentliche gesetzgeberische Ziel einer Freistellung redlicher Vermittler von Informationszugängen über drahtlose lokale Netze ist insoweit nach dem Stand der Rechtsprechung unmittelbar noch nicht erreicht. Der Bundesrat befürchtet, dass dies zu einer nach wie vor nur zögerlichen Ausbreitung öffentlicher WLAN-Internetzugänge führen kann.

Dabei erscheint es möglich, dass das derzeit erwartete Urteil des EuGH in der Rechtssache C-484/14 Tobias Mc Fadden gegen Sony Music Entertainment Germany GmbH Einfluss auf die Anwendung des TMG haben kann. Ob sich diese Erwartung in der Praxis erfüllen kann, ist jedoch derzeit nicht absehbar.

Deshalb ist es geboten, die Wirkung des neugefassten § 8 TMG in der Praxis im Hinblick auf die gesetzlich intendierte Haftungsfreistellung von WLANBetreibern gegenüber Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen zu beobachten und dabei regelmäßig zu prüfen, ob das angestrebte Ziel mit der nun vorliegenden gesetzlichen Regelung erreicht werden kann.

Dabei wird zugleich an die Bereitschaft des Bundesgesetzgebers appelliert, für den Fall, dass die mit der Gesetzesänderung verfolgte Zielstellung nicht bzw. nicht im ausreichenden Maße eintritt, erneut gesetzgeberisch tätig zu werden.

Zur Prüfung weiteren Handlungsbedarfs bittet der Bundesrat um die Vorlage eines Umsetzungsberichts bis Juli 2017.