Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. April 2008 zu der europäischen Kulturagenda im Zeichen der Globalisierung (2007/2211(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 2554 - vom 23. April 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 10. April 2008 angenommen.

Stellungnahme des Bundesrates: Drucksache 325/07(B) HTML PDF

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Europäische Union, unbeschadet der größtmöglichen und wünschenswertesten Öffnung zu allen anderen Kulturen, die ganz besondere Verpflichtung hat, über den kulturellen Reichtum Europas zu wachen, wobei das europäische Kulturerbe sowohl innerhalb als auch außerhalb der Union in all seinen Dimensionen und mit allen Mitteln erhalten, verbreitet und geteilt werden muss,

B. in der Erwägung, dass Kunst und Kultur Mittel zur Erzielung einer besseren Ausdrucksweise und Selbstwahrnehmung in der persönlichen und sozialen Entwicklung darstellen und Einzelnen und Gruppen ermöglichen, sich mit ihrem Erbe und ihrer Erinnerung zu befassen und ihre persönliche und gemeinsame Zukunft zu gestalten

C. in der Erwägung, dass Kunst und Kultur neue Formen des Dialogs und Räume des kulturellen Verständnisses schaffen und Einzelnen und Gruppen ermöglichen, über ihre eigenen Identitätsvorstellungen hinauszugelangen,

D. in der Erwägung, dass Kunst und Kultur als Feld des Austauschs, der Diskussion und der Kreativität und für die Hervorbringung von Ideen das Engagement und die Mitwirkung der Bürger fördern,

E. in der Erwägung, dass das Kulturerbe Europas, das in der Vielfalt seiner Ausdrucksformen und in der Verbindung seiner wichtigsten Ursprungskulturen enthalten ist, wie beispielsweise die griechischrömische und jüdischchristliche Antike, Europa historisch an die Spitze aller Kontinente gesetzt hat, sich als konkurrenzloser Motor für Innovation, Entwicklung und Fortschritt, der sich in alle Richtungen ausgebreitet hat, erwiesen hat und heute weiterhin eine grundlegende Referenz für Humanismus, geistige Bereicherung und Anregung, Toleranz und Bürgersinn darstellt,

F. in der Erwägung, dass der europäische kulturelle Reichtum in einer immer stärker globalisierten Welt ein Kerngebilde darstellt, dessen besondere und charakteristischen Merkmale einen echten europäischen Mehrwert bilden und dessen Identität stiftende Rolle für Europa und die Union wesentlich ist, um die Welt zu begreifen, seinen eigenen Zusammenhalt zu gewährleisten, seine Einzigartigkeit deutlich zu machen und sich anderen Völkern gegenüber zu behaupten,

G. in der Erwägung, dass bei der Ausübung von künstlerischen Berufen Flexibilität und Mobilität untrennbar miteinander verbunden sind,

H. in der Erwägung, dass die künstlerischen Produktionen häufig Künstler aus Europa und aus Drittstaaten zusammenführen, deren Mobilität durch die nationale Politik, die Visa von Reisenden innerhalb der Europäischen Union verlangt, behindert wird,

I. in der Erwägung, dass die besonderen Ausdrucksformen der historischen Ausstrahlung des europäischen Kulturerbes in andere Kontinente Anlass zu besonderen Maßnahmen geben müssen, die die für die Entstehung der Zivilisation, das gegenseitige Verständnis und die konstruktive Annäherung zwischen den Völkern, für die sie stehen, ursächlichen Faktoren in den Vordergrund rücken müssen,

J. in der Erwägung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine besonders bedeutsame Rolle bei der Förderung und Konsolidierung der Kultur spielen, insbesondere durch Erhaltung des kulturellen Erbes und Förderung der künstlerischen Innovation innerhalb ihrer Grenzen, ein Faktor, dem bei der Neugestaltung der europäischen Kulturagenda im Zeichen der Globalisierung Rechnung getragen werden sollte K. in der Erwägung, dass Einwanderer, Touristen und andere Besucher aus nichteuropäischen Ländern verpflichtet sind, das europäische Kulturerbe zu wahren, das in den Mitgliedstaaten einen privilegierten Status innehat,

L. in der Erwägung, dass die Kunstschaffenden, die Künstler und die Kulturwirtschaft in Europa einerseits eine entscheidende Rolle für die Schaffung der kulturellen Identität Europas, gemeinsame Werte und die stetige Fortentwicklung der europäischen Bürgerschaft spielen, die sowohl über die Nationalstaaten hinausgeht als auch der kulturellen Vielfalt auf europäischer, nationaler, regionaler und sprachlicher Ebene Rechnung trägt,

M. in der Erwägung, dass die Kunstschaffenden, die Künstler und die Kulturwirtschaft in Europa andererseits auch tatsächlichen Einfluss auf Einkommen, Wohlstandsquellen und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Europäischen Union haben,

N. in der Erwägung, dass Kulturerzeugnisse infolge des technologischen Fortschritts zunehmend in digitaler Form produziert, verbreitet und konsumiert werden und die Politik dieser Entwicklung Rechnung tragen muss,

O. in der Erwägung, dass die Kulturwirtschaft überall in Europa in einem geschützten Raum tätig ist, was die Regeln für den Handel betrifft, was in angemessener Weise die europäische Auffassung widerspiegelt, dass kulturelle Erzeugnisse und Dienstleistungen nicht mit anderen Waren und Dienstleistungen zu vergleichen sind und besonderen Regeln unterliegen müssen,

P. in der Erwägung, dass die wichtigsten Museen und Kultureinrichtungen der Europäischen Union zunehmend in einen wirtschaftlich bedeutsamen Austausch mit entsprechenden Einrichtungen in der ganzen Welt treten, der beträchtliche Einnahmen erbringt die weit über die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr hinausgehen,

Q. in der Erwägung, dass das geschichtliche, kulturelle und archäologische Erbe der Mitgliedstaaten den bestmöglichen Schutz vor illegaler Ausfuhr und unzulässigem Handel allgemein benötigt, wie im Übereinkommen über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut vom 14. November 1970 und anderen einschlägigen internationalen Instrumenten vorgesehen R. in der Erwägung, dass sich die Europäische Union beim Schutz des kulturellen Erbes von Drittstaaten, insbesondere von Staaten mit einer schwachen Kulturwirtschaft, solidarisch zeigen und die illegale Einfuhr von Kulturgut, das im Herkunftsland geschützt ist, aktiv verhindern muss,

S. in der Erwägung, dass die Handelsbilanz der Europäischen Union im Zusammenhang mit Kulturgütern und -dienstleistungen passiv ist,

T. in der Erwägung, dass die wirtschaftliche Globalisierung und die Herausbildung einer weltweiten Kulturwirtschaft Herausforderungen für sprachliche und kulturelle Vielfalt sind die Werte an sich darstellen, weshalb es wichtig ist, einen europäischen gemeinsamen Ansatz zur Bewältigung dieser Herausforderungen zu finden,

U. in der Erwägung, dass der Fremdenverkehr und damit zusammenhängende Dienstleistungen eine Schnittstelle zwischen internationalem Handel und Kultur darstellen und in den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Drittstaaten möglicherweise das am besten geeignete Instrument darstellen, um europäischen Fremdenverkehrszielen von kulturellem Interesse ein höheres Profil zu verleihen und gleichzeitig den Handel zu fördern, und dass dies zur sozialen, kulturellen und ökologischen Nachhaltigkeit beiträgt,

V. in der Erwägung, dass es kaum verlässliche und aussagekräftige Statistiken zum internationalen Handel mit Kulturgütern und -dienstleistungen gibt,

W. in der Erwägung, dass die digitalen Technologien als neuartiger Weg, kulturelle Erzeugnisse und Dienstleistungen weltweit zu verbreiten, betrachtet werden sollten, was dem Verständnis zwischen den Kulturen dienen kann, sofern ein freier und fairer Zugang und die Achtung kultureller und sprachlicher Unterschiede gegeben sind,

X. in der Erwägung, dass die neuen Medientechnologien, darunter auch Open-Sourcegestützte Internetportale und -dienstleistungen und deren Entwicklung, mit immer umfangreicheren Inhalten beschickt werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben,

Y. in der Erwägung, dass diese Entwicklungen bislang nicht gekannte Herausforderungen mit sich bringen, die ein Umdenken hinsichtlich des Umgangs mit Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz der Rechte des geistigen Eigentums, Produktpiraterie und unerlaubter Digitalisierung und ihrer Regulierung erfordern, wobei zu berücksichtigen ist, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen fairem Zugang zu kulturellen Erzeugnissen und Dienstleistungen und den neuen Formen künstlerischen und intellektuellen Schaffens gefunden werden muss,

Z. in der Erwägung, dass Fälschungen und Produktpiraterie im Kulturbereich zum Verlust von Arbeitsplätzen in der Europäischen Union führen und die Wettbewerbsfähigkeit der Kulturwirtschaft wie auch die Produktqualität aushöhlen, was insbesondere den Mitgliedstaaten schadet, in denen die Schaffung kultureller Erzeugnisse und deren wirtschaftliche Nutzung eine wesentliche Einkommensquelle darstellen,

AA. in der Erwägung, dass der Kommission die Befugnis dafür übertragen wurde, die Rechte der europäischen Industrie an geistigem Eigentum in allen internationalen Foren und gegenüber jenen Handelspartnern, die in diesem Bereich keine angemessenen Rechtsvorschriften haben, in letzter Instanz zu schützen,

AB. in der Erwägung, dass die Kultur ausdrücklich in die Freihandelsabkommen der Europäischen Union und andere Handelsinstrumente aufgenommen wurde,

AC. in der Erwägung, dass Kultur und Sprache wichtige Motoren der regionalen Entwicklung und einen erheblichen Anreiz für Investoren darstellen, vor allem für schwach entwickelte Regionen, die arm an natürlichen Ressourcen oder touristischen Sehenswürdigkeiten sind, und dass Künstler und kulturelle Einrichtungen eine entscheidende Rolle bei der Herausbildung der Identität einer Region spielen, deren Attraktivität nach außen erhöhen und für den europäischen Integrationsprozess von Bedeutung sind,

AD. in der Erwägung, dass die Kultur als Sektor, in dem Arbeitsplätze geschaffen werden und der das Wirtschaftswachstum fördert, vor allem für die Entwicklung von Städten (insbesondere von kleinen und mittleren) und für den ländlichen Raum von Bedeutung ist und in der Erwägung, dass die kulturelle Identität in sozialer Hinsicht einen wichtigen Faktor darstellt, der die Integration fördert und den sozialen Zusammenhalt in den Regionen und lokalen Gemeinschaften stärkt,

AE. in der Erwägung, dass im Rahmen der Kohäsionspolitik und der Strategien zur Entwicklung des ländlichen Raums die Wiederherstellung des kulturellen Erbes gefördert werden kann und die Kunsthandwerkberufe unterstützt werden können, um die Attraktivität von Regionen zu erhöhen,

AF. in der Erwägung, dass kleine und mittlere Unternehmen und privates Kapital zunehmende Bedeutung für die Kultur erhalten und in die Umsetzung von Projekten und Maßnahmen in diesem Bereich einbezogen werden sollten, vor allem in Form von öffentlichprivaten Partnerschaften,