Antrag der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Rheinland-Pfalz
Gesetz zu dem Vertrag vom 29. Oktober 2004 über eine Verfassung für Europa und Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union

(Grddrs. 339/05 (PDF) und 340/05 (PDF) ) 26.05.05

TOP 1a und 1b der 811. Sitzung des Bundesrates am 27. Mai 2005 Der Bundesrat möge ferner die nachfolgende Entschließung fassen:

I.

Der Bundesrat hat den Vertrag über eine Verfassung für Europa in seiner Stellungnahme vom 18. Februar 2005 als einen wichtigen Schritt hin zu mehr Bürgernähe, Demokratie, Transparenz, Effizienz und Subsidiarität in der EU gewürdigt.

Der Bundesrat begrüßt den Verfassungsvertrag als einen Meilenstein für die europäische Integration und zugleich als wesentlichen Fortschritt für eine bessere Wahrnehmung der berechtigten Interessen von Bund, Ländern und Gemeinden. Mit der Aufnahme der Charta der Grundrechte als Teil II des Verfassungsvertrags wird die gemeinsame Werteordnung der erweiterten EU sichtbarer gemacht und gestärkt. Darüber hinaus verbessert die Festlegung von Symbolen und die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit der Union.

Der Verfassungsvertrag für Europa bietet den geeigneten Rahmen für die weitere Entwicklung der EU. Die Ausfüllung dieses Rahmens erfolgt durch die Entscheidungen der Organe und Institutionen unter Mitwirkung der EU-Staaten und ihrer Regionen.

Das neue, größere Europa soll kein vereinheitlichtes Europa sein, das die Unterschiede seiner Mitgliedstaaten einebnet. Bürokratische Hemmnisse müssen abgebaut werden. Die verbesserte Zuordnung der Kompetenzen und das Verfahren der Subsidiaritätsüberwachung im Verfassungsvertrag werden dazu beitragen, eine unerwünschte Zentralisierung zu verhindern. Zugleich wird die EU in die Lage versetzt, in Bereichen, in denen ein gemeinsames Vorgehen erforderlich ist, wirksamer zu handeln.

II.

Der Verfassungsvertrag bietet durch die verstärkte Einbeziehung der nationalen Parlamente in den Entscheidungsprozess auf europäischer Ebene Chancen zur Verbesserung der Bürgernähe der EU. Er unterstützt dadurch das Entstehen öffentlicher Debatten zu EU-Vorhaben bereits in deren Entstehungsstadium und stärkt damit die demokratische Legitimation sowie die Akzeptanz für europapolitische Entscheidungen in der Bevölkerung. Dieser Reformschritt auf europäischer Ebene bedarf der entschlossenen Umsetzung in den Mitgliedstaaten.

Der Bundesrat bekennt sich zum Ziel der europäischen Einigung und unterstreicht einmal mehr seine Bereitschaft, die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in Europaangelegenheiten zu intensivieren. Eine enge und konstruktive Zusammenarbeit von Bundesregierung und Bundesrat im Rahmen der Beteiligungsrechte der Länder unterstützt das Bemühen um eine dem Subsidiaritätsprinzip entsprechende Aufgabenwahrnehmung durch die EU.

Der Bundesrat begrüßt, dass es gelungen ist, mit dem Bundestag und der Bundesregierung innerstaatliche Regelungen zu vereinbaren, welche die effektive Ausübung der den nationalen Parlamenten durch den Verfassungsvertrag eingeräumten Rechte der Subsidiaritätsrüge und der Subsidiaritätsklage ermöglichen. Daneben wurde eine Regelung vereinbart zur Wahrnehmung des den nationalen Parlamenten zustehenden Veto-Rechts beim Übergang von der Einstimmigkeit zu Mehrheitsentscheidungen nach Art. IV-444 des Vertrages über eine Verfassung für Europa(Passerelle-Klausel). Der Bundesrat begrüßt ferner die neuen Beteiligungsrechte von Bundestag und Bundesrat bei der Ernennung der deutschen Richter und Generalanwälte des Europäischen Gerichtshofs sowie der deutschen Mitglieder des Gerichts der Union. Zudem konnte eine Klarstellung erreicht werden, dass zu den EU-Vorhaben im Sinne der Bestimmungen zur Beteiligung des Bundesrates in Angelegenheiten der EU auch Maßnahmen wie Empfehlungen zählen, welche zwar nicht rechtsverbindlich sind, jedoch zu Festlegungen führen, die sich auf Deutschland auswirken können.

III.

Der Verfassungsvertrag gibt der EU Orientierungen für ihre weitere Entwicklung und eröffnet Möglichkeiten zur Verbesserung der demokratischen Kontrolle des Handelns der EU sowie zu einer besseren Aufgabenverteilung zwischen EU und Mitgliedstaaten entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip. Der Bundesrat hofft deshalb, dass die EU-Staaten, in denen die Ratifikation noch nicht abgeschlossen ist, dem Verfassungsvertrag ebenfalls zustimmen werden.