Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Der Bundesrat hat in seiner 936. Sitzung am 25. September 2015 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

2. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 13a Absatz 3 und 6 ErbStG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist § 13a wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a (§ 13a Absatz 3)

Der Gesetzentwurf enthält im letzten Satz des § 13a Absatz 3 eine Regelung, nach der in Fällen einer Betriebsaufspaltung für die Anwendung der Lohnsummenregelung die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten der Besitz- und Betriebsgesellschaft zusammenzuzählen sind. Dies soll die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014 erwähnten Gestaltungsmöglichkeiten zur Umgehung der Lohnsummenregelung per Betriebsaufspaltung vermeiden.

Der Gesetzentwurf stellt auf die aus den Einkommensteuer-Richtlinien bekannten Begriffe "Betriebsaufspaltung, Betriebsgesellschaft und Besitzgesellschaft" ab. Für eine rechtssichere Anwendung der Regelung im Rahmen der Erbschaftsteuer sollten diese Begriffe konkret im Gesetz definiert werden.

Die Neuformulierung des letzten Satzes in § 13a Absatz 3 definiert den Begriff "Betriebsaufspaltung" für erbschaftsteuerliche Zwecke und enthält als Rechtsfolge die Einbeziehung der Lohnsummen und der Anzahl der Beschäftigten des Betriebsunternehmens in die entsprechenden Größen bei der Besitzgesellschaft.

Unabhängig von dieser Einbeziehung unterliegt eine Betriebsgesellschaft mit eigenem nach § 13b begünstigten Vermögen der Lohnsummenregelung, wenn sie Gegenstand eines Erwerbs von Todes wegen oder einer Schenkung ist, für den ein Verschonungsabschlag beansprucht wird.

Zu Buchstabe b (§ 13a Absatz 6)

Nach § 13b Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 sind Beteiligungen an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft begünstigungsfähig, soweit sie begünstigungsfähige Beteiligungen an anderen Personengesellschaften oder begünstigungsfähige Anteile an Kapitalgesellschaften halten. Für solche Beteiligungen muss insoweit auch die Behaltensregelung nach § 13a Absatz 6 Anwendung finden. Ein entsprechender Verweis auf begünstigungsfähige Beteiligungen im Sinne des § 13b Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 fehlt jedoch.

3. Zu Artikel 1 Nummer 3 ( § 13a Absatz 6 ErbStG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Regelungen zur Behaltensfrist nach § 13a Absatz 6 des Gesetzentwurfs im Hinblick auf die Schließung von Regelungslücken zu überprüfen.

Dies betrifft insbesondere die "Durchschüttung" von Gewinnrücklagen nachgeordneter Kapitalgesellschaften.

§ 13a Absatz 6 Satz 1 Nummer 3 des Gesetzentwurfs sieht für die fünf- bzw. siebenjährige Behaltensfrist eine Beschränkung der Entnahmen auf die nach dem Erwerb erwirtschafteten Gewinne oder Gewinnanteile zuzüglich eines Betrags von 150.000 Euro vor (Entnahmegrenze). Die Regelung geht ins Leere, wenn nicht die Gewinne des geerbten oder schenkweise erworbenen Betriebs selbst, sondern die Gewinne und Rücklagen einer Tochtergesellschaft zunächst an den Betrieb ausgeschüttet und von dort an den Erwerber weiter ausgeschüttet werden. Ursächlich dafür ist, dass mit den Dividendenerträgen der Muttergesellschaft zugleich die Entnahmegrenze des § 13a Absatz 6 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 ErbStG i.d.F. des Regierungsentwurfs steigt. Entsprechendes gilt beim Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, soweit diese Ausschüttungen einer Tochtergesellschaft empfängt und an den Erwerber weiterausschüttet.

Die Problematik ist im Kreis der Referatsleiter des Bundes und der Länder bereits vor einiger Zeit bekannt geworden.

4. Zu Artikel 1 Nummer 3 und Nummer 9a - neu - (§§ 13a Absatz 9 Satz 9 - neu und 30 Absatz 5 - neu - ErbStG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a ( § 13a Absatz 9 ErbStG)

Nach geltendem Recht wie auch nach dem Regierungsentwurf ist der Erwerber verpflichtet, das Unterschreiten der Lohnsummengrenze und Verstöße gegen die Behaltensregelungen anzuzeigen ( § 13a Absatz 6 ErbStG, § 13a Absatz 7 des Regierungsentwurfs). Weiter wird geregelt, dass die Anzeige eine Steuererklärung im Sinne der Abgabenordnung ist und dass sie schriftlich und auch dann abzugeben ist, wenn der Vorgang zu keiner Besteuerung führt (§ 13a Absatz 6 Sätze 4 bis 6 ErbStG, § 13a Absatz 7 Sätze 4 bis 6 des Regierungsentwurfs).

Der neue Satz 9 bestimmt, dass dies auch für die Anzeigen nach § 13a Absatz 9 Satz 8 Nummer 1 gelten soll, wonach der Erwerber verpflichtet ist, Änderungen bei Entnahme-/ Ausschüttungsbeschränkungen, Verfügungsbeschränkungen und Abfindungsbeschränkungen in Gesellschaftsvertrag oder Satzung anzuzeigen.

Zu Buchstabe b (§ 30 Absatz 5 ErbStG)

Nach § 30 ErbStG sind Erwerber und Schenker zur schriftlichen Anzeige des Erwerbsvorgangs innerhalb von drei Monaten verpflichtet. Die Erbschaftsteuerstellen können bedeutende Steuerfälle erst mit teilweise mehrjähriger Verspätung aufgreifen, wenn die Steuerpflichtigen gegen die Anzeigepflicht verstoßen. Die sich ergebenden finanziellen Nachteile können durch die Erbschaftsteuerstellen z.T. durch die Festsetzung von Hinterziehungszinsen, nicht jedoch durch die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ausgeglichen werden, da sich die Vorschrift des § 152 AO ausdrücklich nur auf formalisierte Steuererklärungen i.S. des § 150 AO bezieht.

Die vorgeschlagene Gesetzesänderung stellt die Anzeigen nach § 30 ErbStG den Steuererklärungen gleich. Dadurch können die Erbschaftsteuerstellen auch bei verspäteten Anzeigen nach § 30 ErbStG einen Verspätungszuschlag festsetzen. Eine Gleichstellung mit Steuererklärungen hat der Gesetzgeber bereits für die Anzeigen nach § 13a Absatz 7 (§ 13a Absatz 6 ErbStG Verstöße gegen Lohnsummengrenze bzw. Behaltensregelungen) und § 19 Absatz 5 GrEStG (der GrESt unterliegende Vorgänge) vorgenommen.

5. Zu Artikel 1 Nummer 3 und 4 (§ 13a Absatz 10 Satz 2 - neu -, § 13b ErbStG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Allgemein

Mit dem Vorschlag werden die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/ 12, BGBl. 2015 I Seite 4) zur Abgrenzung des begünstigten Vermögens zielgenauer als im Entwurf der Bundesregierung und damit folgerichtig umgesetzt. Anders als im Entwurf der Bundesregierung wird am bewährten Konzept des Verwaltungsvermögens festgehalten. Das Verwaltungsvermögenskonzept ist als solches vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet worden.

Dem Vorschlag liegen folgende grundsätzliche Erwägungen zugrunde:

Im Einzelnen

Zu Buchstabe a (§ 13a Absatz 10 ErbStG)

Die vorgesehene Optionsverschonung von 100 Prozent orientiert sich an den bisherigen Maßstäben und setzt wie bisher voraus, dass eine Verwaltungsvermögensquote von 10 Prozent nicht überschritten wird. Die Verwaltungsvermögensquote von 10 Prozent wird wie im bisherigen Recht nach dem Schuldenabzug im Rahmen des Finanzmitteltests nach § 13b Absatz 2 Satz 2 Nummer 5, aber vor Anwendung des quotalen Schuldenabzugs nach § 13b Absatz 3 ermittelt.

Unternehmen mit einem besonders geringen Anteil an nicht begünstigtem Verwaltungsvermögen von nicht mehr als 10 Prozent sind in Verlustphasen in gesteigertem Maße gefährdet und daher besonders schutzwürdig. Zur Deckung etwaiger Verluste sind sie eher gezwungen, in den produktiven Teil der Unternehmenssubstanz einzugreifen, als Unternehmen, die einen höheren Anteil an nicht betriebsnotwendigem Verwaltungsvermögen aufweisen, den sie zur Verlustabdeckung einsetzen können. Die Wertgrenze von 10 Prozent des § 13a Absatz 8 Nummer 3 ErbStG bewegt sich im Typisierungsspielraum des Gesetzgebers und ist vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet worden.

Zu Buchstabe b (§ 13b ErbStG)

Zu § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 3

§ 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 3 des Regierungsentwurfs sieht eine Rückausnahme für Anteile an Holding-Kapitalgesellschaften vor, soweit deren Vermögen "ausschließlich" aus Beteiligungen an Personengesellschaften oder Anteilen an anderen Kapitalgesellschaften sowie Finanzmitteln besteht. Die Vorschrift läuft leer, da eine vermögensverwaltende Kapitalgesellschaft in der Praxis neben Beteiligungen und Finanzmitteln stets auch weitere Vermögensgegenstände wie beispielweise eine Geschäftsausstattung hat. Dem wird vorliegend durch die Anknüpfung an die betriebliche Tätigkeit im Sinne von §§ 13, 15, 18 EStG Rechnung getragen. Die Formulierung lehnt sich an diejenige in § 13b Absatz 3 des Regierungsentwurfs an.

Zu § 13b Absatz 2

Den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts folgend wird die typisierende Verwaltungsvermögensgrenze von 50 Prozent in Satz 1 des § 13b Absatz 2 ErbStG bisheriger Fassung aufgehoben und damit zugleich die Möglichkeit sog. Kaskadengestaltungen beseitigt, die bisher eine mehrfache Ausnutzung der Wertgrenze von 50 Prozent möglich machten.

Stattdessen wird zur Bestimmung des Anteils des nicht begünstigten Vermögens auf den Nettowert des Verwaltungsvermögens abgestellt. Schulden werden wie im bisherigen Recht im Rahmen des Finanzmitteltests (§ 13b Absatz 2 Satz 2 Nummer 5) in vollem Umfang saldiert und darüber hinaus quotal berücksichtigt (§ 13b Absatz 3). Die Form der Schuldenberücksichtigung entspricht grundsätzlich der des Regierungsentwurfs.

Im Unterschied zum Regierungsentwurf werden die Regelungen in das bisherige Konzept des Verwaltungsvermögens integriert. Der geltende Katalog des Verwaltungsvermögens in § 13b Absatz 2 Satz 2 wird mit folgender Maßgabe fortgeführt:

Zu § 13b Absatz 3

Soweit die zum Betrieb gehörenden Schulden nicht bereits bei der Ermittlung der begünstigten Finanzmittel (§ 13b Absatz 2 Satz 2 Nummer 5) berücksichtigt worden sind, sieht Absatz 3 einen anteiligen Schuldenabzug vor. Hierbei sind die verbleibenden Schulden anteilig vom gemeinen Wert des nicht begünstigten Vermögens abzuziehen (Nettowert des Verwaltungsvermögens). Für Zwecke der anteiligen Schuldenermittlung ist ein Zuordnungsschlüssel maßgebend, der sich aus einer Rückrechnung aus dem Unternehmenswert ergibt.

Die quotale Zuordnung entspricht vom Grundgedanken her dem Entwurf der Bundesregierung. Sie erlaubt es, das vom Bundesverfassungsgericht gerügte Allesoder-Nichts-Prinzip mit der starren 50 Prozent-Grenze abzuschaffen.

Anders als im Entwurf der Bundesregierung wird die quotale Zuordnung allerdings nicht auf der Grundlage einer Einzelbewertung auch des produktiven begünstigten Vermögens, sondern über eine Rückrechenmethode gewonnen. Dies dient der Arbeitserleichterung für Steuerpflichtige und Finanzverwaltung.

Zu § 13b Absatz 4

Zur Vermeidung von Gestaltungen regelt § 13b Absatz 4 Satz 1, dass von der quotalen Schuldensaldierung dasjenige (junge) Verwaltungsvermögen sowie (junge) Finanzmittel ausgenommen sind, die durch eine Einlage innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Besteuerungszeitpunkt dem Betrieb zugeführt werden. Diese nunmehr in Bezug auf das junge Verwaltungsvermögen eingeschränkte Definition des jungen Verwaltungsvermögens zielt auf eine missbräuchliche Einlage von Privatvermögen kurz vor dem Übertragungsvorgang ab, um vorhandene Schulden zur Verrechnung zu nutzen. Die Regelung ist zielgerichtet auf Einlagen beschränkt und erfasst somit nicht mehr die Umschichtung von Verwaltungsvermögen (z.B. Neuanlage von Wertpapieren). Erfasst werden Einlagen des Erblassers, des Schenkers oder anderer außenstehender Personen, also nicht Einlagen zwischen dem nach § 13b Absatz 1 begünstigungsfähigen Vermögen und nachgeordneten Gesellschaften. Beim jungen Finanzvermögen ist wie bisher nur der auf den Besteuerungszeitpunkt gegebene Bestand dieses zugeführten Finanzvermögens maßgebend. Deshalb wird nur der Saldo zwischen Entnahmen und Einlagen solcher Wirtschaftsgüter erfasst.

Umgekehrt könnten Gestaltungen darauf abzielen, vorhandenes Verwaltungsvermögen durch die kurzfristige Generierung nicht betrieblich veranlasster Schulden zu neutralisieren. Ihnen wird durch die Regelung in Absatz 4 Satz 2 entgegengewirkt. Um die Missbrauchsklausel zielgerichtet zu halten, wird dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit des Gegenbeweises einer nicht steuerinduzierten, sondern betrieblichen Veranlassung eingeräumt.

Zu § 13b Absatz 5

§ 13b Absatz 5 setzt die auch im Entwurf der Bundesregierung enthaltene Regelung zur Konsolidierung im Konzept des Verwaltungsvermögens um, enthält aber darüber hinaus Sicherungen, um unberechtigte Vorteile und Gestaltungsmöglichkeiten zu vermeiden:

Zu § 13b Absatz 6

Die Vorschrift regelt die förmliche Feststellung der Besteuerungsmerkmale. Es ist auch möglich, die Feststellung auf einen Teil der Werte zu beschränken, etwa den strittigen Wert der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens bei einer in den Konsolidierungskreis einbezogenen Gesellschaft.

6. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 13b ErbStG)

7. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 13c Absatz 1, 2, 3 und 4 ErbStG)

In Artikel 1 Nummer 5 ist § 13c wie folgt zu ändern:

Begründung

Allgemein

Der Bundesrat begrüßt das Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, die Verschonung betrieblichen Vermögens und die Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer verfassungskonform auszugestalten. Der Bundesrat sieht dieses Ziel jedoch ernsthaft in Gefahr.

Zu Buchstabe a

Der Gesetzentwurf schafft in § 13c eine Übergangszone, die in ihrem Umfang und der Höhe der verbleibenden Verschonung zu großzügig ist.

Die Übergangszone verhindert die Fallbeilwirkung einer Freigrenze, insofern ist sie grundsätzlich gerechtfertigt. Eine Verringerung der Übergangszone gegenüber dem Gesetzentwurf der Bundesregierung ist jedoch aus verfassungsrechtlicher Sicht zwingend erforderlich. In ihrer Ausgestaltung nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung führt sie dazu, dass ohne eine Prüfung des individuellen Verschonungsbedarfes für eine sehr große Zahl von Anwendungsfällen eine Verschonung nach § 13c im Rahmen des sog. "Abschmelzmodell" möglich ist. Die Zahl der potenziell überhaupt nur einer Verschonungsbedarfsprüfung zu unterziehenden Fälle würde marginal. Dies aber steht im Widerspruch zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014.

Um nicht mit einer zu großzügigen Übergangszone in die vom Bundesverfassungsgericht festgestellte Verfassungswidrigkeit "zurückzufallen", ist die Übergangszone daher zu verringern. Durch ein schnelleres Abschmelzen der Verschonung wird das verfassungsrechtliche Risiko wieder abgemildert.

Der Verschonungsabschlag sollte nicht um volle Prozentsätze, sondern stufenlos abgeschmolzen werden. Bei einem Erwerb von z.B. 29,0 Mio. Euro ergibt sich nach dem Regierungsentwurf eine Steuer von bis zu (100 Prozent 83 Prozent) * 29 Mio. Euro * 30 Prozent Steuersatz = 1.479 Mio. Euro; bei einem Euro weniger hätte sich nur eine Steuer von (100 Prozent - 84 Prozent) * 29 Mio. Euro * 30 Prozent Steuersatz = 1.392 Mio. Euro ergeben. Der eine Euro löst also eine Steuerdifferenz von 87.000 Euro aus. Entsprechendes gilt für jede weitere Abschmelz-Stufe von 30,5 Mio. Euro, 32 Mio. Euro, 33,5 Mio. Euro, etc. Die Abschmelzung sollte sich daher aus einer Verhältnisrechnung ergeben. Die Verschonung verringert sich in dem Maße, in dem der Erwerb die Schwelle von 26 Mio. Euro bzw. 52 Mio. Euro übersteigt. Demnach ist der übersteigende Erwerb ins Verhältnis zu setzen zur Länge der Übergangszone.

Zu Buchstabe c

In § 13c Absatz 2 bietet der Regierungsentwurf die Möglichkeit einer "Sockelverschonung", die ohne Verschonungsbedarfsprüfung auch für Großerwerbe in betragsmäßig unbegrenzter Höhe in Anspruch genommen werden kann und dementsprechend ohne Verschonungsbedarfsprüfung eine Steuerverschonung in Milliardenhöhe zulässt.

In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014 geht es bei der Frage, ob eine Verschonungsbedarfsprüfung vorzunehmen ist, nicht darum, welcher Anteil des Erwerbs insgesamt verschont wird (Vollverschonung von 100 Prozent, Regelverschonung von 85 Prozent oder Sockelverschonung von z.B. 35 Prozent). Vielmehr ist entscheidend, dass es ab einem (zu fixierenden) Wert des Erwerbs gar keine Möglichkeit mehr geben darf, ohne individuelle Prüfung verschont zu werden (egal, ob mit 100, 85 oder 35 Prozent). Das Bundesverfassungsgericht spricht ausdrücklich von der "Größe der steuerbefreiten Beträge" (vgl. Rnr. 172 am Ende des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014) und unterscheidet hier auch nicht zwischen der Vollverschonung mit 100 Prozent und der Regelverschonung mit 85 Prozent. Sobald die vom Gesetzgeber zu bestimmende "Großvermögensgrenze" erreicht wird, ist die Anwendung der unwiderleglichen Gefährdungsvermutung nach dem Bundesverfassungsgericht nicht mehr zulässig.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ermöglicht genau dies: Beispiel:

Wird Vermögen von insgesamt 4 Mrd. Euro verschenkt, davon 2 Mrd. Euro begünstigtes Vermögen und 2 Mrd. Euro nicht begünstigtes Vermögen, kann der Erwerber nach dem Gesetzentwurf ohne Bedürfnisprüfung gleichwohl eine Sockelverschonung von bis zu 35 Prozent für das begünstigte Vermögen beantragen, obwohl sich bei einer Bedürfnisprüfung ergeben würde, dass eine Zahlung der Erbschaftsteuer aus dem mitübertragenen, nicht begünstigten Vermögen gegebenenfalls möglich wäre. Die Größe der steuerbefreiten Beträge würde sich in diesem Fall auf 700 Mio. Euro belaufen und den Erwerber bei einem Steuersatz von 30 Prozent in Höhe von 210 Mio. Euro von der Erbschaftsteuer entlasten. Bei einer solchen Größe der steuerbefreiten Beträge darf nach dem Urteil des BVerfG auch bei einer Sockelverschonung von "nur" 35 Prozent auf die Verschonungsbedarfsprüfung nicht verzichtet werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorgaben für den Gesetzgeber zur Verschonungsbedarfsprüfung auch an anderer Stelle klar aufgezeigt. So kann der Gesetzgeber jenseits der Grenze von kleinen und mittleren Unternehmen ohne Verschonungsbedarfsprüfung für Großunternehmen beispielsweise eine Stundungsregelung vorsehen. Hält er dagegen bei Übertragung größerer Unternehmen am Steuerverschonungsmodell fest, ist die Verschonungsbedarfsprüfung in diesem Bereich geboten (vgl. Rnr. 175 am Ende des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014). Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet demnach zwischen Verschonung und Stundung, nicht jedoch zwischen der prozentualen Höhe des Verschonungsabschlags. Allein die prozentuale Herabsetzung des Verschonungsabschlags auf bis zu 35 Prozent im Steuerverschonungsmodell macht die Verschonungsbedarfsprüfung nicht entbehrlich. Durch den ungedeckelten Sockelverschonungsbetrag von bis zu 35 Prozent bei der Übertragung von Großunternehmen ohne Verschonungsbedarfsprüfung wird das Gebot des Bundesverfassungsgerichts unterlaufen und die Erbschaft- und Schenkungsteuer verfassungsrechtlich angreifbar.

Der Bundesrat empfiehlt daher aus verfassungsrechtlichen Gründen, von einer "Sockelverschonung" nach § 13c Absatz 2 Abstand zu nehmen, die "Übergangszone" in § 13c Absatz 1 zu kürzen und die Verschonungssätze gleitend bis auf Null zu reduzieren.

Im Einzelnen

Zu Buchstabe a

Die Übergangszone des Abschmelzmodells nach § 13c Absatz 1 wird gekürzt. Die Verschonung entfällt ab einem Erwerb von 34 Mio. Euro. Für sogen. "Familienunternehmen" erhöht sich das Ende der Übergangszone auf 60 Mio. Euro. Der Verschonungsabschlag verringert sich stufenlos im Verhältnis des über 26 Mio. Euro bzw. 52 Mio. Euro hinausreichenden Mehrerwerbs zur Länge der Übergangszone.

Eine Unterscheidung zwischen Regel- und Optionsverschonung ist bei der stufenlos abschmelzenden Verschonung nicht erforderlich.

Zu Buchstaben b bis e

Der Sockelverschonungsbetrag in § 13c Absatz 2 wird gestrichen. Der Verschonungsabschlag läuft damit nach § 13c Absatz 1 sukzessive bis auf Null aus.

Durch die Streichung von § 13c Absatz 2 ergeben sich in § 13c weitere Folgeänderungen.

8. Zu Artikel 1 Nummer 9 (§ 28a Absatz 7, 8 und 9 ErbStG)

In Artikel 1 Nummer 9 ist § 28a wie folgt zu ändern:

Begründung

Allgemein

Der Bundesrat begrüßt das Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, die Verschonung betrieblichen Vermögens und die Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer verfassungskonform auszugestalten.

Der Bundesrat sieht dieses Ziel jedoch ernsthaft in Gefahr. Denn der Gesetzentwurf schafft in § 28a Absatz 7 einen Rechtsanspruch auf Stundung bis zu 10 Jahren. Diese wird ohne weitere Voraussetzungen gewährt, obwohl durch die (nicht bestandene) Verschonungsbedarfsprüfung positiv feststeht, dass Mittel zur Zahlung der Steuer vorhanden sind.

Bereits nach § 28a Absatz 3 kann eine nach der Verschonungsbedarfsprüfung verbleibende Steuer - bis zu sechs Monate - gestundet werden, wenn die Einziehung eine erhebliche Härte bedeuten würde. Diese Regelung sowie die daneben geltenden Regelungen der Abgabenordnung zur Stundung erscheinen ausreichend.

Insbesondere würde durch die großzügigere Stundungsregelung die Ungleichbehandlung zu Erwerbern von Privatvermögen, vor allem von Grundbesitz, weiter vergrößert. Ihnen wird eine bis zu zehnjährige Stundung nur eingeräumt, soweit sie die Steuer nur durch Veräußerung der Grundstücke aufbringen können (§ 28 Absatz 3 ErbStG).

Der Bundesrat empfiehlt daher, von der Stundung nach § 28a Absatz 7 Abstand zu nehmen.

Im Einzelnen

§ 28a Absatz 7, der eine Stundung für 10 Jahre gewährt, wird gestrichen.

Eine Stundung kann daher nur nach den allgemeinen Regelungen des ErbStG (z.B. § 28a Absatz 3 ErbStG) sowie der Abgabenordnung gewährt werden.

Durch die Streichung von Absatz 7 ergeben sich weitere Folgeänderungen.