Unterrichtung durch die Bundesregierung
Stellungnahme der Bundesregierung zu der Entschließung des Bundesrates zur Verordnung zur Bestimmung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung für das Jahr 2015
(Beitragssatzverordnung 2015 - BSV 2015)

Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Berlin, den 19. August 2015

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier

Sehr geehrter Herr Präsident,
der Bundesrat hat in seiner 929. Sitzung am 19. Dezember 2014 zur Beitragssatzverordnung 2015 zum Ausdruck gebracht, dass er die gesetzlichen Vorgaben des § 158 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowohl zur Mindestrücklage als auch zur Höchstnachhaltigkeitsrücklage kritisch sieht. Er spricht sich daher für eine Anhebung dieser Unter- und Obergrenzen für die Nachhaltigkeitsrücklage aus. Durch die Anhebung der Untergrenze der Nachhaltigkeitsrücklage könne vermieden werden, dass die Rentenversicherung im Falle von unvorhergesehenen Beitragsausfällen außerplanmäßige Hilfen des Bundes in Anspruch nehmen müsse. Durch die Anhebung der Obergrenze der Nachhaltigkeitsrücklage soll eine Demografiereserve gebildet werden. Damit könne der in den nächsten Jahren zu erwartende Beitragssatzanstieg gedämpft werden. Darüber hinaus solle geprüft werden, ob durch vorausschauende Beitragssatzgestaltung das Rentenniveau stabilisiert werden kann.

Zu diesem Beschluss des Bundesrates nehme ich im Namen der Bundesregierung wie folgt Stellung:

Die allgemeine Rentenversicherung verfügt auf mittlere Sicht über ausreichende Finanzmittel, sodass sich die Frage der Erforderlichkeit von außerplanmäßigen Hilfen des Bundes zur Liquiditätssicherung derzeit nicht stellt. Auch auf längere Sicht reichen die bereits im Gesetz vorgegebenen Lösungen aus, um einem Liquiditätsengpass zu begegnen. Zum Einen besteht die Möglichkeit des Vorziehens von Bundesmitteln an die allgemeine Rentenversicherung, zum Anderen eine Bundesgarantie für die Zahlungsverpflichtungen der allgemeinen Rentenversicherung für den Fall, dass die liquiden Mittel der Nachhaltigkeitsrücklage nicht ausreichen. An dieser Systematik hält die Bundesregierung fest. Somit bestehen ausreichende Schutzmaßnahmen, die eine pünktliche Auszahlung der Renten jederzeit sicherstellen. Eine Anhebung der Mindestrücklage zur Liquiditätssicherung ist somit nicht erforderlich.

Gegen eine Anhebung der Mindestrücklage spricht, dass der demografisch bedingte Anstieg des Beitragssatzes damit früher und stärker einsetzen würde. Um z.B. die Nachhaltigkeitsrücklage von 0,2 auf 0,5 Monatsausgaben anzuheben, wären einmalig etwa 0,3 - 0,4 Beitragssatzpunkte erforderlich. Dies würde unter anderem dazu führen, dass auch die Bundesmittel an die Rentenversicherung höher ausfallen (rund 250 Mio. Euro pro Zehntel Beitragssatz).

Mit einer Anhebung oder Abschaffung der gesetzlichen Obergrenze für die Nachhaltigkeitsrücklage von derzeit 1,5 Monatsausgaben kann keine "Demografiereserve" angelegt werden. Eine Demografiereserve wäre im Vergleich zum geltenden Recht nur mit höheren Beitragssätzen zu erreichen.

Höhere Beitragsätze belasten jedoch Beschäftigte und Unternehmen als Beitragszahler sowie den Bundeshaushalt über höhere Bundesmittel. Außerdem wäre auch ein negativer Einfluss auf die konjunkturelle Entwicklung zu befürchten. Neben den Beitragszahlern profitieren auch Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher von geringeren Beitragssätzen, da höhere Beitragssätze die Rentenanpassung dämpfen. Die Bundesregierung lehnt daher höhere Beitragssätze im Vergleich zum geltenden Recht ab.

Zur Frage des künftigen Rentenniveaus hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit Scheiben vom 10. August 2015 zu den Beschlüssen des Bundesrates vom 6. Februar 2015 und vom 12. Juni 2015 unter Hinweis auf den Bericht nach § 154 Absatz 4 des SGB VI (BR-Drucksache 18/3261) ausführlich Stellung genommen. Auf diese Argumentation verweise ich erneut. Ein höheres Rentenniveau kann demnach nur über höhere Rentenanpassungen erreicht werden, die einen höheren Finanzbedarf erfordern.

Mit freundlichen Grüßen
Andrea Nahles

Siehe Drucksache 562/14(B) HTML PDF