Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften "Bessere Rechtsetzung 2006" gemäß Artikel 9 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit (14. Bericht) KOM (2007) 286 endg.; Ratsdok. 10556/07

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 12. Juni 2007 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Förderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 6. Juni 2007 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 07. Juni 2007 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 950/93 = AE-Nr. 933556,
Drucksache 1090/94 = AE-Nr. 944069,
Drucksache 904/95 = AE-Nr. 953791,
Drucksache 978/96 = AE-Nr. 964135,
Drucksache 1025/97 = AE-Nr. 973910,
Drucksache 1003/98 = AE-Nr. 984165,
Drucksache 721/99 = AE-Nr. 993623,
Drucksache 837/00 = AE-Nr. 003718,
Drucksache 054/02 = AE-Nr. 020295,
Drucksache 081/03 (PDF) = AE-Nr. 030419,
Drucksache 023/04 (PDF) = AE-Nr. 040078,
Drucksache 218/05 (PDF) = AE-Nr. 050836 und
Drucksache 434/06 (PDF) = AE-Nr. 061301

Bei diesem Bericht handelt es sich um die 14. jährliche Überprüfung der Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit. Behandelt werden ebenfalls die Fortschritte bei der Verbesserung des Regelungsumfelds in der Europäischen Union1.

1. Bessere Rechtsetzung

Ein wohl konzipiertes, klares, nachvollziehbares und möglichst einfaches Regelungsumfeld ist entscheidend für den Schutz des Wohls der Bürger, der öffentlichen Gesundheit und der Umwelt. Gleichzeitig sorgt es für einen fairen Markt, auf dem die europäischen Unternehmen wirksam und mit innovativen Erzeugnissen in Wettbewerb treten können. Entsprechend der EU-Agenda für bessere Rechtsetzung soll dieses Ziel sowohl auf EU- als auch auf einzelstaatlicher Ebene durch eine konzertierte Maßnahme der EU-Organe und der Mitgliedstaaten erreicht werden, damit der allgemeine politische Nutzen maximiert und die Kosten, die die Rechtsetzung der EU-Wirtschaft verursacht, minimiert werden.

Die wichtigsten Ziele und Maßnahmen zur Verbesserung des Regelungsumfelds der EU-Organe sind in dem im März 2005 überarbeiteten Aktionsplan der Kommission für eine Verbesserung des Regelungsumfelds2 und in der Interinstitutionellen Vereinbarung (IIA) "Bessere Rechtsetzung", die vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission im Dezember 2003 unterzeichnet wurde3, niedergelegt.

Im November 2006 legte die Kommission eine strategische Überprüfung der Agenda für bessere Rechtsetzung vor4. Sie beschreibt die wesentlichen und ermutigenden Fortschritte, die bereits erzielt wurden, und verweist auf die künftigen Herausforderungen für die EU-Organe und die Mitgliedstaaten, falls die bessere Rechtsetzung tatsächliche und dauerhafte positive Folgen für Unternehmen und Bürger haben soll. Zu den wichtigsten genannten Herausforderungen gehören die Verbesserung der Qualität der Folgenabschätzungen und die Nutzung dieses Instruments bei der Vorbereitung und Verabschiedung der Rechtsvorschriften, Fortschritte bei der Feststellung der Verwaltungskosten und der Beseitigung unnötiger Belastungen durch europäische und nationale Rechtsvorschriften, die Fortsetzung und Intensivierung der Arbeiten, um das ehrgeizige Programm zur Modernisierung und Vereinfachung der bestehenden Rechtsvorschriften zu verwirklichen, die Fortführung der Sichtung und möglichen Zurückziehung anhängiger Vorschläge, um zu gewährleisten, dass die Vorschläge des Rates und des Parlaments nach wie vor den Prioritäten der Kommission entsprechen und aktuell sind, sowie die Verstärkung des konstruktiven Dialogs zwischen allen Regulierungsbehörden auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten und mit den Interessengruppen.

1.1. Maßnahmen der Kommission

Entsprechend ihrer institutionellen Rolle als Initiator der Gesetzgebung hat die Kommission eine besondere Verantwortung für das Erreichen der Ziele der besseren Rechtsetzung auf den drei Ebenen der Vorbereitung, der Folgemaßnahmen und der Umsetzung der Rechtsetzung.

Sie hat bei der Agenda für bessere Rechtsetzung die Führung übernommen und im Jahre 2006

Viele dieser Maßnahmen verstärken sich gegenseitig, wodurch eine kohärente Agenda für bessere Rechtsetzung gewährleistet wird. Beispielsweise wird die Feststellung der Verwaltungskosten in das Verfahren für Folgenabschätzungen einbezogen und die Vereinfachungsvorschläge im Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission werden einer Folgenabschätzung unterzogen, bei der wiederum Anhörungen von Beteiligten durchgeführt werden.

1.1.1. Anhörung interessierter Kreise

2006 stieg die Zahl der Konsultationen, die von der Kommission durchgeführt wurden, mit 217 nichtlegislativen Mitteilungen (+28 gegenüber 2004) und 129 internetgestützten Konsultationen (+23) über das Web-Portal "Ihre Stimme in Europa"7 gegenüber dem Vorjahr erheblich an.

Im Rahmen der Europäischen Transparenzinitiative8 führte die Kommission eine öffentliche Anhörung über ihre Mindeststandards zur Anhörung interessierter Kreise9 durch, bei der sich herausstellte dass die Beteiligten die Art und Weise, wie die Kommission ihre Anhörungen durchführt im Allgemeinen positiv beurteilen.10 Weitere Verbesserungen werden gewünscht.

Es sollen ein allgemeines Feedback zu den im Rahmen der Anhörungen erhaltenen Informationen gegeben, eine größere Ausgewogenheit der Teilnehmer an gezielten Konsultationen erreicht und Mindestfristen beachtet werden. Für die Kommissionsdienststellen hat die Beachtung der Mindeststandards für Anhörungen Auswirkungen auf die Arbeitsbelastung, schafft jedoch einen Mehrwert für die endgültigen Fassungen der Initiativen.

1.1.2. Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Die Kommission setzt ihre Bemühungen entsprechend den Grundsätzen und Standards über die Einholung und Nutzung von externem Expertenwissen fort11. Insbesondere will sie eine stärkere Nutzung von SINAPSE (Scientific INformAtion for Policy Support in Europe -

Wissenschaftliche Informationen zur Unterstützung der Politik in Europa), der Schnittstelle zwischen Sachverständigen und (EU)-Entscheidungsträgern, fördern12. Die ersten

Maßnahmen waren ermutigend und sollten 2007 ausgebaut werden. Neue Formen des Regierens und die ständig zunehmende Komplexität vieler politischer Fragen führen dazu, dass die traditionellen Beratungssysteme durch eine EU-weite und rasche Anhörung von

Wissenschaftlern/Sachverständigen sowie eine wirksamere Kommunikation zwischen Sachverständigen in ganz Europa und darüber hinaus unterstützt werden müssen. Dies kann durch einen weiteren Ausbau und eine allgemeinere Anwendung des elektronischen

SINAPSE-Netzes erleichtert werden.

1.1.3. Folgenabschätzung

2006 haben die Kommissionsdienststellen 67 Folgenabschätzungen durchgeführt. Hierzu gehörten die seit 2005 vorgeschriebenen Folgenabschätzungen für alle wichtigen, zum jährlichen Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission gehörenden Initiativen für Rechtsvorschriften und Grundsatzpapiere sowie eine Reihe "freiwilliger" Folgenabschätzungen für andere Initiativen mit erheblichen möglichen Folgen. Die Erfahrung zeigt dass in einer zunehmenden Zahl von Fällen die Folgenabschätzung zu einer erheblichen Veränderung des Vorgehens oder der Art des Rechtsinstruments oder sogar zum Verzicht auf eine geplante Initiative geführt hat.13 Die Kommission hat ferner ihr Konzept der integrierten Abschätzung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen ihrer Vorschläge verbessert indem sie in ihren Leitfaden zur Folgenabschätzung eine Methode zur Feststellung der Verwaltungskosten aufgenommen hat14.

Um die Gesamtqualität ihrer Folgenabschätzungen auch in der Praxis weiter zu verbessern, hat der Präsident der Kommission einen Ausschuss für Folgenabschätzung eingerichtet, der ihm unmittelbar unterstellt ist und unabhängig von den Kommissionsdienststellen arbeitet.

Der Ausschuss prüft die Entwürfe der Folgenabschätzungen, nimmt Stellung zur ihrer Qualität, berät und sorgt bei Bedarf für die Qualitätssicherung.

Weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Gesamtkonzepts und zur Steigerung der Qualität der Folgenabschätzungen der Kommission dürften sich durch die Folgemaßnahmen zur externen Evaluierung des Folgenabschätzungssystems, die 2006 eingeleitet und im Frühjahr 2007 abgeschlossen wurde, ergeben.

1.1.4. Wahl des Instruments (Selbstregulierung und Koregulierung)

Die Kommission hat bei der Erarbeitung ihrer Vorschläge zu prüfen, ob Alternativen zur "klassischen" Regulierung geeigneter sind, um die Vertragsziele zu erreichen15. Um die Nutzung alternativer Regelungsinstrumente zu fördern, haben die Kommission und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) gemeinsam eine Datenbank für die Selbstregulierung und Koregulierung auf EU-Ebene eingerichtet16. Sie erleichtert den Informationsaustausch und die Feststellung bewährter Praktiken bei Initiativen im Bereich der Selbstregulierung und Koregulierung mit EU-Dimension (d.h. unter Beteiligung von mehr als einem Mitgliedstaat). Ihr Hauptziel ist die Förderung und Unterstützung privater Akteure, die Selbstregulierungsregelungen entwickeln oder verbessern wollen. Sie kann ferner Regulierungsbehörden unterstützen, die für Koregulierungskonzepte zuständig sind.

Gleichzeitig hat die Kommission im Rahmen ihrer Folgenabschätzungen, aber auch durch Rundtisch-Gespräche und Studien, Beteiligte über die angemessene Nutzung von Selbstregulierung und Koregulierung befragt17.

Auf sektoraler Ebene wurden 2006 mehrere wichtige Selbst- und Koregulierungsmechanismen eingerichtet. Die Kommission forderte zur Entwicklung besonderer Verhaltensregeln auf Ebene der Gemeinschaft und/oder Mitgliedstaaten auf.

Mehrere Rechtsakte sorgten ebenfalls für eine stärkere Koregulierung mit Beteiligten.18

Allerdings gab es im Jahre 2006 auch Forderungen aus der Industrie, Selbstregulierungspraktiken in Koregulierungsinstrumente oder die klassische Rechtsetzung umzuwandeln19. Die Kommission berücksichtigt bei ihrem Vorgehen zwar das Potenzial von Regelungsalternativen, stellt jedoch fest, dass die Rechtsetzung in vielen Fällen die einfachste Möglichkeit zur Erreichung von EU-Zielen ist und Unternehmen und Bürgern Rechtsicherheit bietet.

1.1.5. Minimierung der durch EU-Rechtsvorschriften bedingten Verwaltungskosten

Auf der Grundlage der 2005 durchgeführten vorbereitenden Arbeiten hat die Kommission eine gemeinsame Methode zur Beurteilung der Verwaltungskosten (vorgeschlagener) Rechtsvorschriften eingeführt. Dieses EU-Standardkostenmodell wurde auf eine Vielzahl von seit März 2006 geplanten und/oder abgeschlossenen Folgenabschätzungen angewandt. Die Kommission setzt ihre Bemühungen fort, eine größtmögliche methodische Einheitlichkeit mit und unter den Mitgliedstaaten zu erreichen.

In ihren Strategischen Überlegungen zur Verbesserung der Rechtsetzung in der Europäischen Union und dem damit verbundenen Arbeitsdokument "Berechnung der Verwaltungskosten und Verringerung der Verwaltungslasten in der Europäischen Union" vom November 0620 kündigte die Kommission für 2007 einen ehrgeizigen Aktionsplan zur Verringerung der Verwaltungslasten an und forderte den Rat auf, ein gemeinsames Ziel zum Abbau dieser Lasten um 25 % festzulegen, das gemeinsam von der EU und den Mitgliedstaaten bis 2012 erreicht werden soll. Als einen ersten Schritt kündigte die Kommission ihre Absicht an, eine umfassende Messung von Verwaltungskosten in ausgewählten, prioritären Bereichen zu starten und eine Reihe von beschleunigten Aktionen vorzuschlagen, die verdeutlichen, wie Verwaltungslasten reduziert werden können, ohne die übergeordneten politischen Ziele der betreffenden Rechtsakte zu beeinträchtigen.

1.1.6. Sichtung und Rücknahme anhängiger Rechtsetzungsvorschläge

Im Rahmen ihrer Bemühungen um eine bessere Rechtsetzung sichtet die Kommission regelmäßig vor dem Gemeinschaftsgesetzgeber anhängige Rechtsetzungsvorschläge, um festzustellen ob diese nach wie vor relevant und aktuell sind. Im Jahre 2006 hat die Kommission die Sichtung aller von den früheren Kommissionen verabschiedeten anhängigen Rechtsetzungsvorschläge abgeschlossen. Auf Grund der Sichtung von 183 anhängigen Vorschlägen aus der Zeit vor 2004 im Jahre 2005 wurden im Jahre 2006 68 Vorschläge zurückgezogen. Im gleichen Jahr hat die Kommission mehr als 80 weitere anhängige Vorschläge geprüft, die von der Kommission im Jahre 2004 vor Amtsantritt der jetzigen Kommission am 22. November 2004 verabschiedet worden waren, und beschlossen, weitere 10 Vorschläge zurückzuziehen. Diese Vorschläge sind im Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission für 2007 enthalten21. Gemäß Artikel 32 der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission (Mai 2005) wurde das Parlament darüber informiert, dass die Kommission diese Vorschläge zurückziehen will und die Zurückziehung mit der Veröffentlichung im Amtsblatt wirksam wird.

Die Kommission empfiehlt, dass jede neue Kommission eine ähnliche Prüfung innerhalb der ersten Monate nach ihrer Amtsübernahme vornimmt, um festzustellen, ob vorher verabschiedete Vorschläge weiterhin ihren Prioritäten entsprechen, und um ihre politische Verantwortung für diese Vorschläge zu bekräftigen.

1.1.7. Vereinfachung und Aktualisierung des Acquis communautaire

Im Jahre 2006 verabschiedete die Kommission 27 für 2006 vorgesehene Vorschläge und 6 aus dem Jahre 2005 übertragene Vorschläge aus dem im Oktober 2005 vorgelegten dreijährigen fortlaufenden Vereinfachungsprogramm22. Weitere 23 für 2006 vorgesehene Initiativen wurden auf 2007 verschoben, um weitere Prüfungen zur Unterstützung dieser Vorschläge zu ermöglichen.

Im Rahmen ihrer Strategischen Überlegungen zur Verbesserung der Rechtsetzung legte die Kommission im November 2006 ihren ersten Fortschrittsbericht über die Strategie für die Vereinfachung des ordnungspolitischen Umfelds vor23 und kündigte 43 neue Initiativen an, die das ehrgeizige fortlaufende Vereinfachungsprogramm des Zeitraums 2006-2009 ergänzen. 47 wichtige Vereinfachungsinitiativen wurden zum ersten Mal in das Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission für 2007 aufgenommen. Der Bericht enthält auch ein aktualisiertes Programm zur Vervollständigung der Kodifizierung der bestehenden Rechtsakte bis 2008.

Die erfolgreiche und rechtzeitige Umsetzung des Vereinfachungsprogramms setzt jedoch eine sorgfältige Anhörung der Beteiligten, die Abschätzung möglicher Folgen der Initiativen und eine gemeinsame Verantwortung mit den Gesetzgebern auf Gemeinschafts- und einzelstaatlicher Ebene voraus. Auf EU-Ebene sollte der interinstitutionelle Dialog zur beschleunigten Verabschiedung von Vereinfachungsvorschlägen fortgesetzt werden. In den Mitgliedstaaten müssen einzelstaatliche Vereinfachungsprogramme entwickelt werden, um zu verhindern dass die positiven Auswirkungen der Vereinfachung der EU-Rechtsvorschriften durch übermäßige nationale Vorschriften, die nicht entsprechend angepasst sind, zunichte gemacht werden.

1.1.8. Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts

Die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts ist ein wichtiges Element zur Erreichung der Ziele der besseren Rechtsetzung. Die Vereinfachung und Verbesserung des Regelungsumfelds kann nur dann zu den erwarteten Vorteilen für Unternehmen und Bürger führen wenn die Mitgliedstaaten das Gemeinschaftsrecht rasch und richtig umsetzen.24 Um zu verhindern, dass Umsetzungslücken entstehen, die zu Vertragsverletzungen führen, haben die Kommissionsdienststellen entsprechend dem Leitfaden für Folgenabschätzungen mögliche Umsetzungsschwierigkeiten bereits bei der Erarbeitung ihrer Rechtsetzungsvorschläge zu berücksichtigen. Ferner bemüht sich die Kommission darum, ihre Kontrollverfahren in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten anzupassen. Hierzu gehören die Erstellung von Übereinstimmungstabellen, die die Bestimmungen von Richtlinien und nationalen Vorschriften eindeutig verknüpfen, sowie die vollständige Anwendung des elektronischen Notifizierungssystems für nationale Umsetzungsmaßnahmen. Das System ist seit Anfang 2006 für alle Mitgliedstaaten vollständig eingerichtet und die Kommission hat seine Anwendung im Jahre 2006 durch verschiedene Maßnahmen gefördert.

1.2. Maßnahmen der EU-Organe, des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen

Die bessere Rechtsetzung und ihre Umsetzung hatte im Jahre 2006 für alle Institutionen Priorität. Abgesehen von der Kommission war das Europäische Parlament besonders aktiv. Es hielt im April eine Plenardiskussion ab und verabschiedete im Mai 2006 ein Paket von fünf Entschließungen zur besseren Rechtsetzung, zu dem eine Vielzahl von Vorschlägen für Maßnahmen und Verbesserungen der vorhandenen Instrumente und Verfahren gehören. Diese waren hauptsächlich an die Kommission, aber auch an den Rat und die Mitgliedstaaten gerichtet.

Entsprechend der Forderung des Europäischen Parlaments nach einer verstärkten Qualitätskontrolle der Folgenabschätzungen der Kommission kündigte der Präsident der Kommission an, dass eine ihm unterstellte unabhängige Qualitätssicherung eingerichtet werden würde, was im November 2006 zur Einsetzung des "Ausschusses für Folgenabschätzung" durch die Kommission führte.

2006 fand auch das im November 2005 ausgehandelte interinstitutionelle "Gemeinsame Konzept zur Folgenabschätzung"25 die politische Unterstützung des Europäischen Parlaments.26 Es geht zurück auf eine Bestimmung in der Interinstitutionellen Vereinbarung "Bessere Rechtsetzung" aus dem Jahre 2003 und legt "Verkehrsregeln" für die Anwendung der Folgenabschätzungen im Laufe des Rechtsetzungsverfahrens durch die Kommission sowie für die Folgenabschätzungen der wesentlichen Änderungen durch das Europäische Parlament und den Rat fest.

Parlament und Rat haben die Folgenabschätzungen der Kommission bei der Prüfung der Kommissionsvorschläge verstärkt genutzt und somit die Folgenabschätzung als Instrument zur Gewährleistung, dass politische Entscheidungen auf der Grundlage der am besten verfügbaren Informationen über mögliche Folgen getroffen werden, konsolidiert. Während des österreichischen Ratsvorsitzes hat der Rat einen Leitfaden für Arbeitsgruppen über die Behandlung von Folgeabschätzungen im Rat erarbeitet.27 Das Parlament und seine Ausschüsse verlangen immer häufiger, dass Studien und Folgenabschätzungen zu bestimmten Themen28 oder wesentlichen Änderungen von Kommissionsvorschlägen29 durchgeführt werden. Der Ausschuss der Regionen (AdR) und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) haben sich 2006 ebenfalls aktiv an der Debatte über bessere Rechtsetzung beteiligt, insbesondere im Hinblick auf Subsidiaritätsfragen. Der AdR bat um eine systematische Anhörung und Beteiligung an den Folgenabschätzungen der Maßnahmen lokaler und regionaler Behörden durch die Kommission, um zu gewährleisten, dass die den kommunalen und regionalen Behörden bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts auferlegten finanziellen oder administrativen Lasten im Verhältnis zu den durch die EU-Maßnahme verfolgten Zielen stehen. Zu diesem Zweck richtete der AdR 2006 ein Netz für die Subsidiaritätskontrolle30 ein, das als Instrument für den Informationsaustausch zwischen den territorialen Akteuren bei Vorschlägen der Kommission dient, die Auswirkungen auf kommunale und regionale Behörden und die politischen Maßnahmen, für die sie verantwortlich sind, haben. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss verabschiedete 2006 einen Initiativbericht zum Thema "Verbindungen zwischen den EU-Institutionen und den nationalen Verwaltungen und einschlägige Verfahren" und seine Beobachtungsstelle für den Binnenmarkt begann mit Arbeiten über die Einbeziehung sozialer Folgen in die Folgenabschätzungen der Kommission, deren Ergebnisse für 2007 erwartet werden.

2. Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit

Die Kommission hat ihre Anstrengungen fortgesetzt, um besser zu erläutern, wie die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen mit Hilfe von Folgenabschätzungen und Begründungen beiden Grundsätzen entsprechen31. Im Mai 2006 hat sie beschlossen, ihre neuen Vorschläge und Konsultationspapiere direkt an die nationalen Parlamente zu senden und sie um eine Reaktion zu bitten, um den Prozess der Politikgestaltung zu verbessern32. Dieser Schritt wurde vom Europäischen Rat im Juni 2006 begrüßt. Die Staats- und Regierungschefs baten die Kommission, die Anmerkungen der nationalen Parlamente angemessen zu berücksichtigten, insbesondere im Hinblick auf die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit.

Wie in den Vorjahren haben das Europäische Parlament und der Rat relativ wenige Abänderungen bei Kommissionsvorschlägen vorgenommen, die sich ausdrücklich auf die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit bezogen33. In den meisten Stellungnahmen des Ausschusses der Regionen (AdR) und des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses gab es keinerlei Kritik an der Anwendung des Grundsatzes der Subsidiarität. Häufiger wurden Probleme im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit erwähnt.

Dies war auch das Ergebnis zweier Tests des Netzes für die Subsidiaritätskontrolle des AdR34.

In mehreren Stellungnahmen der nationalen Parlamente wurde die Kommission gebeten, ihre Argumente zu erläutern oder mit mehr Einzelheiten zu untermauern. In wenigen Fällen wurde die Auffassung vertreten, dass die von der Kommission übermittelten Vorschläge in gewisser Weise gegen die Grundsätze verstoßen würden. Die Kommission nimmt zu diesen Beiträgen individuell Stellung.

Diese Meinungsunterschiede verdeutlichen die Notwendigkeit, ein gemeinsames Verständnis für die durch die beiden Grundsätze festgelegten Bedingungen entsprechend der Definition in den Verträgen zu entwickeln. Die Kommission hofft, dass die Verwendung von Musterfragen, die für die Abfassung der Begründungen, die jeden Rechtsetzungsvorschlag begleiten, verwendet werden, zu diesem Verständnis beitragen wird35. Eine einheitliche Auslegung würde eine Verwirrung beispielsweise über den Grundsatz der "Übertragung der Zuständigkeiten" vermeiden und Missverständnissen vorbeugen, die gelegentlich dazu führen, dass Verstöße gegen den Grundsatz der Subsidiarität behauptet werden.

Was die nachgelagerte gerichtliche Kontrolle im Jahre 2006 anbelangt, so ist der Grundsatz der Subsidiarität in zwei Urteilen des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften angeführt worden, wobei die frühere Rechtsprechung bestätigt wurde. In keinem Fall wurde vom Gericht festgestellt, dass der Grundsatz der Subsidiarität verletzt wurde.36 Mit Stand vom 31. Dezember 2006 lagen keine Urteile des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz vor, wonach der Grundsatz der Subsidiarität verletzt wurde oder die Beachtung dieses Grundsatzes unzureichend gewesen wäre.

Mögliche Verletzungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wurden in mehreren Urteilen überprüft und in einigen Fällen wurden die Maßnahmen der Gemeinschaft aus diesem Grunde vollständig oder teilweise aufgehoben. Beispielsweise stellte das Gericht in der Rs. C-310/04 Königreich Spanien gegen Rat der Europäischen Union hinsichtlich einer Verordnung des Rates zur Änderung der Beihilferegelung für Baumwolle fest, dass "die Grunddaten, die zur Begründung der angefochtenen Maßnahmen dieses Rechtsaktes zu berücksichtigen waren und von denen die Ausübung ihres [der EU-Organe] Ermessens abhing" fehlten37. Das Gericht stellte fest, dass gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen worden war und hob den angefochtenen Rechtsakt auf.

Anhang
Rechtsetzungsvorschläge der Kommission, Konsultationspapiere und Berichte: