Verordnungsantrag der Freien und Hansestadt Hamburg
Entwurf einer ... Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften

A. Zielsetzung

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

Verordnungsantrag der Freien und Hansestadt Hamburg
Entwurf einer ... Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften

Der Präsident des Senats Hamburg, den 31. Mai 2006
der Freien und Hansestadt Hamburg

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen

Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat beschlossen, dem Bundesrat den anliegenden

mit dem Antrag zu unterbreiten, die Vorlage der Bundesregierung gemäß Artikel 80 Absatz 3 Grundgesetz für den Erlass der Verordnung zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 16. Juni 2006 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.


Mit freundlichen Grüßen
Ole von Beust

Entwurf einer ... Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften

Auf Grund des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Buchstaben a und c, Nr. 3 erster Halbsatz und Nr. 4a Buchstabe a des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. August 2005 (BGBl. I S. 2412), verordnet das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Artikel 1
Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung

Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. September 1988 (BGBl. I S. 1793), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 25. April 2006 (BGBl. I S. 988), wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung

Die Straßenverkehrs-Ordnung vom 16. November 1970 (BGBl. I S. 1565, 1971 I S. 38), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 28. März 2006, (BGBl. I S. 569), wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am ersten Tag des vierten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.

Begründung

I. Allgemeines

Nachdem in mehreren europäischen Staaten zur Verbesserung der Verkehrssicherheit die Pflicht zum Mitführen und Tragen einer Warnweste bei Unfällen oder Pannen eingeführt worden ist, begann auch in Deutschland die öffentliche Diskussion darüber.

Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) hat sich auf ihrer Sitzung am 23./24.06.2005 dafür ausgesprochen, dass die Kraftfahrzeugführer in mehrspurigen Kraftfahrzeugen eine Warnweste mit sich führen und diese zur Erhöhung der Sicherheit bei Verlassen des Fahrzeuges nach einem Unfall, einer Panne oder bei einer Hilfeleistung außerhalb geschlossener Ortschaften auf Landstraßen oder Autobahnen anlegen.

Sie appellierte an die Kfz-Führer, in ihrem eigenen Sicherheitsinteresse dem positiven Weg anderer Länder wie z.B. Spanien, Italien und Österreich zu folgen, in denen bereits Warnwesten getragen werden.

Die Verkehrsministerkonferenz der Länder (VMK) hat sich auf ihrer Sitzung am 12./13.10.2005 wie die IMK dafür ausgesprochen, dass die Kraftfahrzeugführer in mehrspurigen Kraftfahrzeugen eine Warnweste mit sich führen und diese zur Erhöhung der Verkehrssicherheit bei Verlassen des Fahrzeugs nach einem Unfall, einer Panne oder in ähnlichen Situationen außerhalb geschlossener Ortschaften anlegen.

Automobilclubs und der Deutsche Verkehrssicherheitsrat haben sich frühzeitig für eine Anwendung der Warnweste auf freiwilliger Basis ausgesprochen. Die Auffassung des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs hat sich inzwischen dahingehend geändert, dass nunmehr eine obligatorische Regelung zum Mitführen und Tragen von Warnwesten gefordert wird (ADAC-Pressemitteilung vom 30.12.2005, Nr. 579/05 zur Einführung der Warnwestenpflicht zum 01.01.2006 in Kroatien; ADACmotorwelt 1/2006, Seite 6).

Der Nutzen des Tragens von Warnwesten bei Unfällen, Pannen oder ähnlichen Situationen insbesondere auf Autobahnen, ist unbestritten. Insbesondere in der Dunkelheit oder tagsüber bei schlechten Sichtverhältnissen sind Personen, die sich nahe am - zum Teil mit hoher Geschwindigkeit - fließenden Verkehr aufhalten müssen, besonders gefährdet. Auffällige Warnwesten bieten zwar keinen Schutz davor, angefahren zu werden, sie schützen zumindest aber davor, übersehen zu werden. Gesicherte Erkenntnisse zum menschlichen Sehen bei Dunkelheit belegen, welche Bedeutung dem reflektierenden Material der Warnwesten und damit dem rechtzeitigen Erkennen und somit Vermeiden von Gefahrensituationen zukommt (Bundesanstalt für das Straßenwesen, Heft M 172, "Das Unfallgeschehen bei Nacht").

Eine Beschränkung der Warnwestenpflicht auf Landstraßen und Autobahnen außerhalb geschlossener Ortschaften erscheint nicht sachdienlich. Bei Vorliegen einer das Anlegen der Warnweste begründenden Situation ist es unangemessen, zunächst den Status der Örtlichkeit prüfen zu müssen. Ebenso wie es notwendig ist, Personen die sich auf Landstraßen oder Autobahnen am Fahrzeug oder am Fahrbahnrand aufhalten, erkennbar zu machen, ist es notwendig, gefahrenträchtige Situationen innerörtlich aus der Fülle der wahrzunehmenden Verkehrsvorgänge durch das Tragen von Warnkleidung hervorzuheben. Auch in geschlossenen Ortschaften kann nicht davon ausgegangen werden, dass Gefahrenstellen durch die vorhandene öffentliche Beleuchtung immer ausreichend erkennbar sind. Die bereits bestehenden Vorschriften zur Unfallverhütung im Zusammenhang mit der betrieblichen Nutzung von Fahrzeugen kennen diesen Unterschied ebenfalls nicht.

Statistische Unterlagen darüber, inwieweit Personen in den beschriebenen Situationen gefährdet sind oder Opfer von Unfällen werden, gibt es bisher nicht, da derartige "situative Fußgänger" bisher nicht gesondert in der Unfallstatistik erfasst werden. Insofern kann auch kein Nachweis geführt werden, dass die Einführung der Warnwestenpflicht zu einem Rückgang der entsprechen Unfälle führen wird. Gleichwohl ist die Einführung der Warnwestenpflicht ein geeignetes Mittel, den durch sie möglichen Effekt für die Erhöhung der Verkehrssicherheit in weitaus höherem Umfang zu erreichen, als dieses Appelle an die Freiwilligkeit bewirken. Auch die Pflicht zum Mitführen und Aufstellen eines Warndreiecks ist eingeführt worden ohne dass ein lückenloser "Nachweis des Nutzens für die Verkehrssicherheit" vorher geführt worden wäre.

Schon heute müssen aufgrund der Unfallverhütungsvorschrift der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen in jedem betrieblich genutzten Kraftfahrzeug in Deutschland ein bis zwei Warnwesten mitgeführt und in bestimmten Situationen getragen werden. Für bestimmte Personen ist darüber hinaus eine Pflicht zum Tragen von Warnkleidung in § 35 Absatz 6 Satz 4 StVO vorgeschrieben. Die Beurteilung der Gefahrenlage, die zur Einführung dieser Vorschriften führte ist uneingeschränkt auch auf Privatfahrzeuge und ihre Nutzer anzuwenden, auch wenn verwertbares statistisches Material, welches einen Rückgang der Unfallzahlen durch das Tragen von Warnwesten belegen könnte, nicht vorliegt. Die nicht gesetzlich unfallversicherten Kraftfahrer erhalten durch die Einführung der Warnwestenpflicht den gleichen Schutz.

Viele deutsche Fahrzeughalter, die nach Österreich, Kroatien, Italien, Spanien und Portugal fahren oder diese Länder auf dem Weg zu anderen Zielen durchqueren, verfügen wegen der dortigen Warnwestenpflicht bereits über eine derartige Sicherheitseinrichtung. Der Aufwand der Ausrüstung der verbleibenden Anzahl von Fahrzeugen erscheint bei Preisen von um die zwei Euro je Warnweste als zumutbar, wenn man den Nutzen für die Verkehrssicherheit damit abwägt.

Die vorstehend dargelegten Gründe für eine Einführung der Warnwestenpflicht in Deutschland erfordern neben der Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung auch eine Änderung der Straßenverkehrszulassungs-Ordnung, weil - anders als in einigen anderen Staaten - die Einführung einer Mitführungspflicht als Verhaltenspflicht (wie z.B. in Österreich) in Deutschland systemfremd wäre. Entsprechend der Regelung in anderen Staaten und der Unfallverhütungsvorschrift Fahrzeuge soll die Pflicht zur Ausrüstung mit Warnwesten auf mehrspurige Kraftfahrzeuge beschränkt sein. Die Bezugnahme auf die europäische Norm EN 471 bei der Beschreibung der Warnkleidung entspricht dem Ziel der Schaffung einheitlicher Standards.

II. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Änderung der StVZO)

1. Zu Artikel 1 Nr. 1.1 ( § 53a StVZO)

Die Überschrift ist dem erweiterten Inhalt der Vorschrift anzupassen.

2. Zu Artikel 1 Nr. 1.2 ( § 53a StVZO)

Durch die Verwendung nach der europäischen Norm EN 471 klassifizierter Warnkleidung wird wie in anderen Staaten mit Warnwestenpflicht ein nicht zu unterschreitender Standard vorgeschrieben.

3. Zu Artikel 1 Nr. 1.3 ( § 53a StVZO)

Die Ausrüstungspflicht ist zur Vermeidung einer Übermaßregelung auf zwei Warnwesten für Fahrer und einen Beifahrer beschränkt, da es nicht als notwendig erscheint, dass sich mehr als diese Personen im Gefahrenbereich bewegen. Die Warnwesten sind im Handschuhfach oder anderen Ablagen im Innenraum des Fahrzeugs, nicht im Kofferraum mitzuführen. Es ist ganz wesentlich, dass das Anlegen bereits im Fahrzeug bzw. gleich beim Aussteigen möglich ist.

3. Zu Artikel 1 Nr. 2 ( § 31b StVZO)

Durch Einfügen einer Ziffer "8. Warnkleidung (§ 53a Abs. 2)" wird die Ermächtigungsgrundlage zur Überprüfung der Einhaltung der Ausrüstungspflicht geschaffen.

Zu Artikel 2 (Änderung der StVO)

1. Zu Artikel 2 Nr. 1.1 ( § 15 StVO)

Die Überschrift ist dem erweiterten Inhalt der Vorschrift anzupassen.

2. Zu Artikel 2 Nr. 1.3 ( § 15 StVO)

Die Pflicht zum Tragen von Warnwesten entsprechend den Regelungen in anderen Staaten wird eingeführt, weil auf den hierdurch möglichen Effekt für die Erhöhung der Verkehrssicherheit nicht verzichtet werden kann. Die Anpassung an die in anderen Ländern bereits bestehenden Regelungen erleichtert das Einüben einheitlicher Verhaltensmuster und erhöht die Akzeptanz der Warnweste. Die Tragepflicht ist dabei ausdrücklich nicht an die Pflicht zum Aufstellen eines Warndreiecks nach § 15 Abs. 1 Satz 2 StVO(neu) gekoppelt, da dies ein zu enger Einsatz der Warnweste wäre.

3. Zu Artikel 2 Nr. 2 (§ 49 Abs. 1 Ziffer 15 StVO)

Die neu gefasste Ziffer 15 zitiert die neue Überschrift des § 15 StVO und schafft die Rechtsgrundlage für eine noch vorzunehmende Änderung des Bußgeldkataloges zur Sanktionierung einer Nichtbefolgung der Vorschrift.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Regelung sieht eine mindestens dreimonatige Übergangsregelung vor. Diese gewährt den privaten Kraftfahrzeughaltern einen ausreichenden Zeitraum zur Anschaffung der Warnwesten.