Antrag des Landes Berlin
Entschließung des Bundesrates zur Einführung einer Gewerbemietpreisbremse in angespannten Gewerberaummärkten

Der Regierende Bürgermeister von Berlin Berlin, 3. September 2019

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther

Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat von Berlin hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Einführung einer Gewerbemietpreisbremse in angespannten Gewerberaummärkten zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 980. Sitzung des Bundesrates am 20. September 2019 zu setzen und sie anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Müller

Entschließung des Bundesrates zur Einführung einer Gewerbemietpreisbremse in angespannten Gewerberaummärkten

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Einführung einer Gewerbemietpreisbremse in angespannten Gewerberaummärkten zu prüfen.

Begründung:

In den letzten Jahren musste beobachtet werden, dass die Gewerbemieten in vielen Ballungsgebieten gleichsam explodiert sind. Betrachtet man den Zeitraum von 2009 bis 2018, so sind Preissteigerungen um mehr als 40 % keine Seltenheit; in Berlin sind die Gewerbemieten in den sog. IB-Lagen in jener Zeit sogar um 266 % (größere Ladenflächen) bzw. um 200 % (kleinere Ladenflächen) gestiegen, in den sog. IA-Lagen wurden Mietsteigerungen um etwa 50 % festgestellt (BT-Drucksache 19/7410, S. 2).

Diese Entwicklung betrifft eine Vielzahl von Groß- und Mittelstädten, in denen die Gewerbemieten in der jüngsten Vergangenheit ebenfalls in erheblichem Maße gestiegen sind.

Diese exorbitanten Preissteigerungen führen insbesondere dazu, dass kleinere und mittlere Unternehmen in jenen Lagen nicht mehr Fuß fassen können oder - soweit sie über eine Verlängerung des befristeten Mietvertrages verhandeln - verdrängt werden. Den Unternehmen ist es häufig nicht mehr möglich, unter Berücksichtigung der vom Vermieter geforderten Mieten einen wirtschaftlichen Betrieb ihres Geschäfts sicherzustellen. Die Verdrängungswirkung verstärkt sich zusätzlich dadurch, dass auch im Büromarkt in vielen Städten bereits Vollvermietung besteht.

Dieselbe Problematik stellt sich gleichermaßen für soziale Einrichtungen (z.B. Kindergärten); auch ihnen ist es häufig nicht möglich, die vom Vermieter geforderten Gewerbemieten zu tragen. Der Abschluss eines Gewerbemietvertrags oder die Verlängerung eines bestehenden Mietverhältnisses bleibt ihnen deshalb versagt.

Vor diesem Hintergrund hält es der Bundesrat für angezeigt, eine belastbare statistische Datengrundlage über die Entwicklung der Gewerbemieten in ganz Deutschland zu erheben und zugleich der bereits bestehenden Problematik in den Ballungsgebieten durch zivilrechtliche Instrumente zu begegnen.

Bereits jetzt besteht die Notwendigkeit, für die betroffenen Bundesländer ein geeignetes Instrument zur Erhaltung innerstädtischen Mittel- und Kleingewerbes zu schaffen, um der ungebremsten Steigerung der Gewerbemieten in Ballungsgebieten wirksam und frühzeitig gegenzusteuern. Es sollten daher in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geeignete Regelungen aufgenommen werden, die bei entsprechendem Handlungsbedarf eine Begrenzung der zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn ermöglichen (Gewerbemietpreisbremse). Die Einzelheiten dazu, welches Kriterium sich für eine interessengerechte Begrenzung der zulässigen Miethöhe am besten eignet, sind eingehend zu prüfen.

Regelungen über die Begrenzung der zulässigen Gewerbemiete sind im europäischen Vergleich keineswegs neu. So bestimmt das österreichische Recht in § 16 Abs. 1 öst-MRG, dass die Hauptmiete nicht höher sein darf als der nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand "angemessene Betrag"; eine vergleichbare Regelung kann sich für das deutsche Recht anbieten. Um eine möglichst rechtssicherere Handhabe eines solchen Kriteriums zu ermöglichen, sollte auch geprüft werden, welche Regelungen in das BGB aufgenommen werden müssten, um ein Vergleichsmietensystem einzuführen. In diesem Fall sollte das Gesetz eine Vermutung dazu enthalten, dass es sich bei der Gewerbemiete, die aus dem zu entwickelnden Vergleichsregister hervorgeht, um den "angemessenen Betrag" handelt.

Um örtliche Faktoren hinreichend berücksichtigen zu können, sollte es den Bundesländern ermöglicht werden, Gebiete mit angespannten Gewerberaummärkten zu bestimmen, in denen die Regelungen über die Mietpreisbremse anzuwenden sind. Um einen angespannten Gewerberaummarkt sollte es sich jedenfalls dann handeln, wenn die besondere Gefahr besteht, dass es kleineren und mittleren Unternehmen nicht mehr möglich ist, einen Gewerbemietvertrag zu angemessenen Bedingungen zu schließen.