Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes

A. Problem und Ziel

§ 21 Absatz 1 Satz 1 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) sieht vor, dass die betäubungslose Kastration von unter acht Tage alten männlichen Schweinen nur noch bis zum 31. Dezember 2018 zulässig ist. Danach muss ein Verfahren angewendet werden, das bei der Kastration die Schmerzen wirksam ausschaltet.

Eine Verlängerung der Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 2023 ist aus verschiedenen Gründen zwingend erforderlich, die im Voraus nicht absehbar waren.

B. Lösung

Änderung des Tierschutzgesetzes.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Keiner

F. Sonstige Kosten

Keine.

Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes

Der Bayerische Ministerpräsident München, 22. August 2018

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung wird der als Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes mit dem Antrag übermittelt, dass der Bundesrat diesen gemäß Artikel 76 Absatz 1 GG im Bundestag einbringen und die Vorlage als besonders eilbedürftig im Sinne von Artikel 76 Absatz 3 Satz 4 GG bezeichnen möge.

Es wird gebeten, den Gesetzentwurf gemäß § 36 Absatz 1 GO BR den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Söder

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

§ 21 Absatz 1 des Tierschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S.1206, 1313), das zuletzt durch Artikel 141 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S.626) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

(1) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023 ist abweichend von § 5 Absatz 1 Satz 1 eine Betäubung nicht erforderlich für das Kastrieren von unter acht Tage alten männlichen Schweinen, sofern kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt."

Artikel 2

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Bis zum 31. Dezember 2018 ist gemäß § 21 Absatz 1 Satz 1 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) bei unter acht Tage alten männlichen Schweinen die betäubungslose chirurgische Kastration zulässig. Danach muss ein Verfahren angewendet werden, das bei der Kastration dieser Tiere die Schmerzen wirksam ausschaltet. Sofern das nicht möglich ist, muss auf die chirurgische Kastration verzichtet werden. Eine Verschiebung des Inkrafttretens dieser Regelung ist aus folgenden Gründen zwingend erforderlich.

Nach augenblicklichem Stand steht für eine arzneimittel- und tierschutzrechtskonforme Schmerzausschaltung bei der Ferkelkastration lediglich die Injektionsnarkose durch einen Tierarzt/ eine Tierärztin zur Verfügung. Aufgrund sehr hoher Narkoserisiken bei jungen Saugferkeln kann diese Methode für die Kastration von männlichen Ferkeln nicht empfohlen werden.

Die sogenannte Inhalations-Narkose mit Isofluran steht für den flächendeckenden Einsatz zur Ferkelkastration noch nicht zur Verfügung. Zum einen liegt eine arzneimittelrechtliche Zulassung für Isofluran beim Schwein nicht vor. Zum anderen besteht noch Verbesserungsbedarf hinsichtlich der Anwendung. Vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft werden bereits Studien zur Optimierung dieses Narkoseverfahrens im Hinblick auf die Dosierung des Narkosegases sowie das Design der Inhalationsmasken gefördert, da die laufenden Praxisversuche erhebliche Defizite hinsichtlich des Narkoseerfolges aufgezeigt haben. Die Praxisversuche sind noch nicht abgeschlossen und ausgewertet.

Ferner werden vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und verschiedenen Ländern Studien gefördert, mit denen die Wirksamkeit einer Lokalanästhesie zur Schmerzausschaltung bei der Ferkelkastration überprüft wird. Die Ergebnisse aus diesen Forschungsprojekten werden nicht bis zum 1. Januar 2019 vorliegen.

Da eine chirurgische Kastration der unter acht Tage alten männlichen Ferkel unter Narkose zurzeit in Deutschland flächendeckend nicht durchgeführt werden kann, können diese Tiere nach dem geltenden Tierschutzgesetz ab dem 1. Januar 2019 durch den Sauenhalter nur an Schweinemäster abgegeben werden, die eine Jungebermast oder eine Immunokastration der männlichen Tiere mittels Improvac durchführen. Die Anwendung der Immunokastration trifft auf eine geringe Akzeptanz im Markt. Daher wird nur ein geringer Teil der Mäster die Möglichkeit der Immunokastration nutzen und stattdessen voraussichtlich kastrierte Ferkel aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union für die Mast verwenden. Mit dem erwarteten millionenfachen Verbringen von mit in Deutschland nicht zugelassenen Betäubungsverfahren - kastrierten Ferkeln aus Dänemark und den Niederlanden sind umfangreiche Langstrecken-Tiertransporte verbunden, die aus Tierschutzsicht unerwünscht sind und vermeidbar wären.

Die Verschiebung des Inkrafttretens des Verbotes der betäubungslosen Kastration auf den 31. Dezember 2023 ist insofern erforderlich, um die Ergebnisse der derzeit laufenden Studien auszuwerten sowie in die Praxis umzusetzen und zudem gleichzeitig durch gemeinsame Anstrengungen von Erzeugern, Politik und Verbraucherverbänden eine breitere Akzeptanz für die Immunokastration zu erreichen. Ein Inkrafttreten des Verbots der betäubungslosen Kastration zum 01. Januar 2019 würde erhebliche Strukturveränderungen in der Schweinehaltung zur Folge haben. Insbesondere die Auswirkungen auf die Sauenhalter, die eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung und Weiterentwicklung einer integrierten, nachhaltigen und regionalen Schweineproduktion in Deutschland haben, wären gravierend.

II. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 20(Tierschutz) des Grundgesetzes.

III. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union

Die vorgesehene Regelung ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Tierschutzgesetzes)

Die in § 21 Absatz 1 Satz 1 enthaltene Übergangsregelung wird aus den unter A.I.1. genannten Gründen um fünf Jahre verlängert. Satz 2 dieser Vorschrift entfällt, da die Regelung sich durch Zeitablauf erledigt hat.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Artikel 2 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.