Verordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
Zweite Verordnung zur Änderung der Wirtschaftsprüfungsexamens-Anrechnungsverordnung

A. Problem und Ziel

Der Gesetzgeber hat mit dem Wirtschaftsprüfungsexamens-Reformgesetz vom 1. Dezember 2003 (BGBl. I, S. 2446), der sog. 5. WPO-Novelle, neue Anrechnungsmöglichkeiten von Studien- bzw. Prüfungsleistungen im Wirtschaftsprüfungsexamen geschaffen, um einerseits die Effizienz der Ausbildung zu erhöhen und andererseits deren Qualität zu sichern. Eine Konkretisierung der Voraussetzungen für die Anrechnung und des Verfahrens ist im Verordnungswege erfolgt.

Im Zusammenhang mit der im Jahre 2005 in Kraft getretenen "Verordnung über die Voraussetzungen der Anerkennung von Studiengängen nach § 8a der Wirtschaftsprüferordnung und über die Anrechnung von Prüfungsleistungen aus Studiengängen nach § 13b der Wirtschaftsprüferordnung (Wirtschaftsprüfungsexamens-Anrechungsverordnung - WPAnrV)" hat sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu einer Überprüfung der getroffenen Maßnahmen nach Ablauf von fünf Kalenderjahren verpflichtet. Die Überprüfung hat ergeben, dass die Reform tragfähige Ergebnisse zeigt, dass aber zugleich auch ein gewisser Anpassungsbedarf besteht, dem mit der vorliegenden Änderungsverordnung Rechnung getragen werden soll.

B Lösung

Der Anteil der Praxiszeit, der vor Aufnahme eines Masterstudiengangs nach § 8a WPO nachzuweisen ist, wird auf sechs Monate halbiert. Während diese Praxiszeit in der Vergangenheit bei Ableisten der Zugangsprüfung zum § 8a-Studiengang abgeschlossen sein musste, soll zudem künftig der Studienbeginn als Stichtag entscheidend sein. Die insgesamt für die Bestellung zum Wirtschaftsprüfer erforderliche Praxiszeit von im Regelfall drei Jahren bleibt von diesen Änderungen unberührt, so dass es nicht zu Qualitätseinbußen kommt. Damit soll eine noch stärkere Verzahnung der zeitlichen Abläufe anrechenbarer Studiengänge mit den Anforderungen der Prüfpraxis erreicht werden.

Weitere Änderungen betreffen die Zusammensetzung des Gremiums, das den Referenzrahmen für die Akkreditierung von Studiengängen bzw. Anrechnung von Prüfungsleistungen gemäß § 4 WPAnrV erarbeitet hat und künftig weiter entwickeln soll, sowie die Beseitigung von Ungleichbehandlungen zwischen den Anrechnungsmöglichkeiten nach § 8a WPO und § 13b WPO.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand, getrennt für Bund, Länder und Kommunen

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für Bürgerinnen und Bürger fällt kein Erfüllungsaufwand an.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Es entsteht kein ökonomisierbarer Erfüllungsaufwand.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Für die Verwaltung fällt kein Erfüllungsaufwand an.

F. Weitere Kosten

Keine.

Verordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
Zweite Verordnung zur Änderung der Wirtschaftsprüfungsexamens-Anrechnungsverordnung

Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 30. Juli 2012

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Horst Seehofer

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu erlassende Zweite Verordnung zur Änderung der Wirtschaftsprüfungsexamens-Anrechnungsverordnung mit Begründung und Vorblatt.

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Ronald Pofalla

Zweite Verordnung zur Änderung der Wirtschaftsprüfungsexamens-Anrechnungsverordnung

Vom ...

Auf Grund des § 8a Absatz 3 und des § 13b Satz 3 der Wirtschaftsprüferordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. November 1975 (BGBl. I S. 2803), die zuletzt durch Artikel 21 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2515) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie mit Zustimmung des Bundesrates:

Artikel 1
Änderung der Wirtschaftsprüfungsexamens-Anrechnungsverordnung

Die Wirtschaftsprüfungsexamens-Anrechnungsverordnung vom 27. Mai 2005 (BGBl. I S. 1520), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. Juni 2009 (BGBl. I S. 1263) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 3 wird wie folgt geändert:

2. § 4 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

3. § 9 wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Der Bundesrat hat zugestimmt.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Sachverhalt, Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungsvorschläge

Die gesetzgeberischen Ziele, die mit der Reform des Wirtschaftsprüfungsexamens verfolgt wurden, waren insbesondere die Sicherung der Qualität der Ausbildung,

die Anpassung der Zugangswege zum Wirtschaftsprüferexamen an ein sich wandelndes akademisches Umfeld ("Bologna-Prozess"),

die Begünstigung von Wettbewerb zwischen den Hochschulen sowie eine stärkere Praxisorientierung und eine Steigerung der Effizienz der Ausbildung durch eine stärkere Verzahnung von Theorie und Praxis.

Mit diesem Ziel wurden durch die §§ 8a, 13b WPO und die WPAnrV die Voraussetzungen geschaffen, um an einer Hochschule erbrachte Prüfungsleistungen auf die Anforderungen des Wirtschaftsprüferexamens anzurechnen, sei es durch Anrechnung einzelner erbrachter Leistungen (§ 13b WPO) oder durch die Möglichkeit der Akkreditierung ganzer Studiengänge (§ 8a WPO).

Die Hochschulen haben das gesetzgeberische Angebot angenommen: Sechs Hochschulen sind mit ihren § 8a-Studiengängen gemäß § 5 WPAnrV akkreditiert worden. Weitere Akkreditierungsverfahren laufen. Aus dem Berufsstand heraus wurde auf der Grundlage des § 8a WPO eine Hochschulkooperation gestartet. Bestätigungen auf Grundlage des § 13b WPO wurden in acht Fällen erteilt. Auch hier liegen weitere Anträge vor. Damit zeigt die Reform tragfähige Ergebnisse.

Gleichzeitig besteht aber punktueller Änderungsbedarf. Dieser ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass die Reform zur Entwicklung berufsbegleitender Studiengänge geführt hat. Es hat sich gezeigt, dass die Abstimmung der erforderlichen Praxiszeiten mit der Vermittlung der Lerninhalte noch weiter optimiert werden kann. Zugleich sollen Ungleichbehandlungen zwischen den Anerkennungsmöglichkeiten nach § 8a und § 13b WPO beseitigt werden .

Die Änderung der Verordnung ist erforderlich, um Praxis und Lehre bei ihrer Optimierung der neuen Zugangswege zum Wirtschaftsprüferexamen zu unterstützen.

Die Maßnahme soll von einer Überarbeitung des Referenzrahmens, § 4 WPAnrV, begleitet werden.

II. Verordnungsermächtigung

Die Verordnungsermächtigung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie ergibt sich aus § 8a Absatz 3 WPO und § 13b Satz 3 WPO.

III. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand, getrennt für Bund, Länder und Kommunen

Die Änderungen betreffen lediglich die Optimierung bestehender Verfahrensabläufe. Sie sind haushaltsneutral.

IV. Erfüllungsaufwand

Zu Nummer 1

Examenskandidatinnen und -kandidaten können von der Möglichkeit einer besseren Verzahnung von Prüfpraxis und berufsbegleitender Ausbildung profitieren. Soweit dies zu einer tatsächlichen Verkürzung der Ausbildungszeit führt, muss eine wirtschaftliche Bewertung der Maßnahme allerdings berücksichtigen, dass während der Praxiszeit, die durch diese Änderungsverordnung verkürzt wird, bereits eine vergütete Beschäftigung ausgeübt wird. Somit besteht der wirtschaftliche Gewinn aus dem Delta der Vergütung einer Beschäftigung vor und nach Beendigung der Ausbildung bzw. Bestellung zum Wirtschaftsprüfer bzw. zur Wirtschaftsprüferin, und dies vor dem Hintergrund nicht abschließend einschätzbarer Fallzahlen. Damit steht deutlich die Prozessoptimierung als Regelungserfolg im Vordergrund.

Zu Nummer 2

Die Aufstockung der an der Überarbeitung des Referenzrahmens beteiligten Personen ist wie folgt zu bewerten: Die Maßnahme eröffnet die Beteiligung an der Überarbeitung für einen weiteren Vertreter des Berufsstandes, einen Beauftragten oder eine Beauftragte des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und ermöglicht eine fakultative Beteiligung für einen Vertreter des Akkreditierungsrates. Die daraus resultierende Belastung richtet sich nicht zuletzt nach dem persönlichen Engagement in der Arbeitsgruppe. Da es sich

Zu Nummer 3

Die zusätzlich möglichen Ergänzungsprüfungen würden durch Prüfungsgebühren, die in jedem Fall bei der Ergänzungsprüfung anfallen, gedeckt.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1

Von den Hochschulen wird der Studiengang nach § 8a WPO zunehmend als berufsbegleitender Weiterbildungsstudiengang angeboten. Für diesen bietet sich ein Studienbeginn im jeweiligen Frühjahr nach der Prüfsaison an, weil dann die Arbeitsbelastung der Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften aus dem Prüfgeschäft sinkt. Die

Kandidatinnen und Kandidaten haben regelmäßig im davor liegenden Herbst zu Beginn der Prüfsaison ihre Berufstätigkeit begonnen. Ein Festhalten an einer einjährigen Mindestpraxiszeit würde hier zu faktischen Praxiszeiten von weit über einem Jahr bis zur Aufnahme des Studiums führen. Dies ist vor dem Hintergrund der beabsichtigten Verzahnung von Theorie und Praxis und im Hinblick auf den Wunsch nach einem zügigen Zugang zum Wirtschaftsprüferexamen als zu lang zu bewerten. Da zudem für die Anerkennung des Studienganges am Erfordernis der Gesamtpraxiszeit von grundsätzlich drei Jahren festgehalten werden soll, können die bis zur Aufnahme des Studiums nachzuweisenden Praxiszeiten des § 3 Nummer 1 WPAnrV ohne Qualitätsverlust halbiert werden. Zugleich ist es angemessen, als relevanten Stichtag den Beginn des Studiums festzulegen und damit den nachzuweisenden Zeitraum von den (schwankenden) Modalitäten der Zugangsprüfung zu entkoppeln. Die gesetzlich eröffnete Möglichkeit zur Ausgestaltung von Studiengängen mit kürzerer Praxisdauer vor Studienbeginn lässt zusätzliche Anforderungen, die sich aus den ländergemeinsamen Strukturvorgaben der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen bzw. deren Umsetzung ergeben, unberührt. Zwar sehen die ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung weiterbildender Masterstudiengänge eine qualifizierte berufspraktische Erfahrung von in der Regel nicht unter einem Jahr vor. Die Akkreditierung weiterbildender Masterstudiengänge im Bereich der Wirtschaftsprüfung ist jedoch als Ausnahmefall zu dieser Vorgabe mit einer Praxiszeit von mindestens sechs Monaten vor Studienbeginn unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich möglich.

Zu Nummer 2

Maßstab sowohl für die Beurteilung von Studiengängen nach § 8a WPO als auch für die Feststellung der Gleichwertigkeit von Prüfungsleistungen nach § 13b WPO ist jeweils der Referenzrahmen nach § 4 Absatz 1 WPAnrV. Dessen wichtige Rolle soll durch eine Aufstockung der Zahl der verantwortlichen Vertreterinnen bzw. Vertreter untermauert werden. Hierzu ist es sinnvoll, zunächst die breit gefächerte Interessenlage des Berufsstandes zumindest durch eine weitere Person abzubilden, so dass die unterschiedlichen Gruppen der Wirtschaftsprüfer (kleine und mittelständische Praxen, Abschlussprüfer von Unternehmen nach § 319a HGB) angemessen vertreten sind. Weiterhin soll auch der Beauftragte des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie gem. § 5 Absatz 2 Satz 1 WPAnrV dem Gremium angehören, um die Erfahrungen aus der Praxis der Akkreditierung von § 8a-Studiengängen einzubringen. Das Gremium besteht damit künftig aus insgesamt acht Personen.

Die Berufung der Beteiligten soll durch die Wirtschaftsprüferkammer im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie erfolgen. Die Mitglieder des Gremiums werden zum einen von den jeweils vertretenen öffentlichen Stellen benannt. Die Interessenvertretungen der (Fach-)hochschulen bzw. des Berufsstandes sollen zudem vor der Ernennung in ausgewogener Weise zur Abgabe von Vorschlägen aufgefordert werden. Hierdurch soll eine Besetzung des Gremiums sicher gestellt werden, die den Interessenlagen der unterschiedlichen Beteiligten angemessen Rechnung trägt.

Der Prozess zur Festlegung des ersten Referenzrahmens hat zudem gezeigt, dass für künftige Überarbeitungen eine Einbindung der für die Akkreditierung verantwortlichen Stellen zweckmäßig ist. Daher soll dem Akkreditierungsrat (Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland) die Möglichkeit freiwilliger Sitzungsteilnahme und abschließender Stellungnahme eröffnet werden.

Zu Nummer 3

Leistungen aus einem Masterstudiengang nach § 8a WPO werden gemäß § 6 Absatz 2 Satz 2 WPAnrV angerechnet, wenn die Abschlussprüfung des Masters zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Zulassung zum Wirtschaftsprüferexamen nicht länger als drei Jahre zurück liegt. Dagegen stellt § 9 Absatz 2 Satz 2 im Zusammenhang mit Prüfungsleistungen nach § 13b WPO auf den Zeitpunkt der Zulassung zum Wirtschaftsprüferexamen ab. Es soll künftig in beiden Fällen einheitlich auf den Zeitpunkt der Antragstellung auf Zulassung abgestellt werden.

Die Ergänzungsprüfung nach § 19 Wirtschaftsprüferprüfungsverordnung ist für Kandidaten bzw. Kandidatinnen ausgeschlossen, die eine verkürzte Prüfung nach § 13b WPO ablegen, wenn die Prüfungsgebiete "Angewandte Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre" und "Wirtschaftsrecht" entfallen, oder wenn eines dieser Prüfungsgebiete entfällt und eine Verkürzung nach § 13 WPO (Entfallen des Prüfungsgebietes "Steuerrecht") hinzutritt.

Im Falle der Anrechnung nach § 8a WPO verkürzt sich das Wirtschaftsprüferexamen jedoch ebenfalls auf zwei Prüfungsgebiete, wobei die Prüfungsgebiete "Angewandte Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre" und "Wirtschaftsrecht" entfallen. Gleichwohl ist hier die Ergänzungsprüfung zulässig. Aus Gründen der Gleichbehandlung sollte auch bei einer Anrechnung nach § 13b WPAnrV eine Ergänzungsprüfung zulässig sein. § 9 Absatz 5 Satz 2 WPAnrV soll daher gestrichen werden.

Zu Artikel 2

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Verordnung am Tag nach ihrer Verkündung.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz: NKR-Nr. 1878:
Zweite Verordnung zur Änderung der Wirtschaftsprüfungsexamens-Anrechnungsverordnung

Der Nationale Normenkontrollrat hat das oben genannte Regelungsvorhaben geprüft.

Das Ressort hat die Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand nachvollziehbar dargestellt. Danach hat das Regelungsvorhaben marginale Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand. Zudem wird der Anteil der Praxiszeit, der vor Aufnahme eines Masterstudiengangs nach § 8a WPO nachzuweisen ist, auf sechs Monate halbiert. Bei dem damit einhergehenden möglichen wirtschaftlichen Gewinn für Examenskandidatinnen und -kandidaten handelt es sich um nicht quantifizierbar mittelbare Effekte.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig
Vorsitzender