Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zu Naturkatastrophen (Brände, Dürren und Überschwemmungen) - Aspekte der regionalen Entwicklung in der Sitzung am 18. Mai 2006 angenommen. (2005/2193(INI))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass Angaben der Vereinten Nationen zufolge die Naturkatastrophen in der Europäischen Union seit 1980 65 000 Menschenleben gefordert und wirtschaftliche Kosten von 124 2 Milliarden EUR verursacht haben,

B. in der Erwägung, dass die sintflutartigen Regenfälle vom August 2005 die schwersten Überschwemmungen in Europa seit 2002 ausgelöst und den Tod von 70 Menschen verursacht haben,

C. in der Erwägung, dass die Brände im Jahr 2005 erneut tausende Hektar Wald zerstört und - was noch schwerer wiegt - über 30 Zivilisten und Feuerwehrleute das Leben gekostet haben, wobei überdies die außergewöhnliche Dürre zur Verschlimmerung dieses Phänomens beigetragen hat und beiträgt, das zu einer alljährlich wiederkehrenden Geißel der betroffenen Regionen und Länder geworden ist,

D. in der Erwägung, dass die Brände schwere persönliche Tragödien verursacht haben, insbesondere die Zerstörung von Häusern und landwirtschaftlichem Vermögen sowie den Verlust von hunderten von Tieren,

E. in der Erwägung, dass die Dürre im Jahr 2005 außergewöhnlich hart war und außerordentlich lange gedauert hat, insbesondere im Süden und Westen Europas, wovon praktisch das gesamte Staatsgebiet Portugals und weite Regionen Spaniens, Frankreichs und Italiens sehr schwer betroffen waren,

F. in der Erwägung, dass sich die Naturkatastrophen kurz- und langfristig äußerst verhängnisvoll auf die Wirtschaft der Regionen, insbesondere in den weniger wohlhabenden unter das "Konvergenz"-Ziel fallenden Gebieten oder in den Gebieten mit naturbedingten Benachteiligungen auswirken, weil sie für die Infrastrukturen, das Wirtschaftspotenzial, die Beschäftigung, das Natur- und Kulturerbe, die Umwelt und den Fremdenverkehr verhängnisvolle Folgen nach sich ziehen, was sich insgesamt negativ auf den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt auswirkt,

G. in der Erwägung, dass die Dürre und die anhaltenden Brände den Prozess der Wüstenbildung in weiten Gebieten Südeuropas beschleunigen, insbesondere in den Waldgebieten des Mittelmeers und in Regionen mit einem großen Bestand an monospezifischem, nichtheimischem und äußerst leicht entflammbarem Wald, was die Lebensqualität der betroffenen Bevölkerungen ernsthaft gefährdet, indem ihnen das Wasser für die Grundbedürfnisse des Überlebens genommen wird und sie an der Kultivierung der Felder gehindert werden, wozu es zu einer Spekulation bei den Preisen für Tierfutter kommt,

H. in der Erwägung, dass Naturkatastrophen eintreten, wenn eine extreme Wetterlage auf ein gefährdetes Gebiet trifft, und dass es folglich gilt, die Anfälligkeit dieser Regionen zu verringern, da extreme Klimaerscheinungen immer häufiger auftreten,

I. in der Erwägung, dass eine umfassende Koordinierung mit allen Synergien, die im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik geschaffen wurden, und ganz besonders mit den Ländern der Euro-Med-Partnerschaft, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, von ausschlaggebender Bedeutung ist,

J. in der Erwägung, dass die Gebiete in äußerster Randlage wegen ihrer geografischen Lage Naturgefahren von besonderer Art und besonderer Intensität ausgesetzt sind, insbesondere Zyklonen, Erdbeben, Vulkanausbrüchen und auch Tsunamis,

K. in der Erwägung, dass einige Faktoren, die auf menschliches Einwirken zurückgehen, die Auswirkungen von Naturkatastrophen verschlimmern können, beispielsweise die intensive Landwirtschaft mit dem traditionellen Einsatz von Bränden als landwirtschaftliches Mittel, die Entwaldung, der massive Rückgang des natürlichen Hochwasserrückhaltevermögens der Flusseinzugsgebiete und die intensive Verstädterung in Risikogebieten sowie die Tatsache, dass die Stadtbevölkerung zu punktuellen Freizeitaktivitäten die Berge heimsucht,

L. in der Erwägung, dass die Dürre maßgeblich zur Ausbreitung des Phänomens der Brände beiträgt, das die wichtigste Ursache für die Verschlechterung des Zustands des europäischen Waldbestandes ist,

M. in der Erwägung, dass diese gemeinsame Agrarpolitik mit ihren aufeinander folgenden Reformen die Konzentration der Erzeugung gefördert hat, was zu einer zunehmenden Verödung des ländlichen Raums und zur Aufgabe von landwirtschaftlichen Tätigkeiten geführt und die Risiken von Waldbränden und die Auswirkungen von Dürren verstärkt hat,

N. in der Erwägung, dass das Phänomen der Brände auch durch die zunehmende Landflucht und Aufgabe landwirtschaftlicher Tätigkeiten verschärft wird sowie durch den Rückgang der traditionellen ländlichen Tätigkeiten, die unzureichende Pflege der Wälder, die Existenz großer und nur aus einer einzigen Baumart bestehender Waldbestände, die Anpflanzung ungeeigneter Baumsorten, das Fehlen einer echten Präventionspolitik mit angemessenen Instrumenten und Finanzmitteln auf Gemeinschaftsebene und die Milde der Strafen für Brandstiftung,

O. in der Erwägung, dass die Europäische Union die Besonderheit der für das Mittelmeer typischen Naturkatastrophen wie Dürren und Brände anerkennen und die Instrumente anpassen muss, die ihr hinsichtlich Vorsorge, Forschung, Risikomanagement, Zivilschutz und Solidarität zur Verfügung stehen,

P. in der Erwägung, dass Europa seine Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel verstärken muss, was eine Anstrengung der lokalen, regionalen, gesamtstaatlichen und europäischen Behörden, aber auch der Bürger und der Industrie- und Verkehrssektoren erfordert,

Q. in der Erwägung, dass es notwendig ist, die der Europäischen Union zur Verfügung stehenden Vorbeugungsmaßnahmen zu verstärken, um Naturkatastrophen aller Art zu bewältigen, wofür gegebenenfalls gemeinsame strategische Leitlinien aufzustellen sind, die eine bessere Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten sowie eine stärkere Funktionalität der verschiedenen Gemeinschaftsinstrumente (Strukturfonds, künftiger Solidaritätsfonds der Europäischen Union (EUSF), ELER, künftiges Finanzierungsinstrument für die Umwelt (LIFE+) und künftiges Krisenreaktions- und Vorbereitungsinstrument für Katastrophenfälle) und eine bessere wechselseitige Verknüpfung gewährleisten,

R. in der Erwägung, dass die gemeinschaftlichen Einsätze immer noch unzureichend sind, was durch die Vielfalt und die Entwicklung nationaler Mechanismen zur Bekämpfung von Naturkatastrophen noch verschärft wird,

S. in der Erwägung, dass den Strukturfonds bei der Finanzierung von Maßnahmen, die der Vorbeugung gegen Katastrophen und der Bewältigung ihrer Folgen dienen, eine wichtigere Rolle zukommen muss und dass sich das speziell dafür vorgesehene Gemeinschaftsinstrument, der EUSF, in der Praxis als wirkungslos erwiesen hat, was den Vorschlag für eine Überarbeitung rechtfertigt,

T. in der Erwägung, dass sich durch die Vorbeugungsmaßnahmen die Sachschäden verringern, die durch die Überschwemmungen an Wohnungen, Infrastrukturen und Produktionstätigkeiten entstehen, was in den Alpenregionen festzustellen war, in denen die Überschwemmungen im Jahr 2005 zwar stärker ausfielen als im Jahr 2002, aber dennoch deutlich geringere Verluste verursachten,

U. in der Erwägung, dass sich im Bereich der Brände die vorbeugenden gemeinschaftlichen Maßnahmen fast ausschließlich auf die Politik der ländlichen Entwicklung beschränken, was sich bisher eindeutig als unzureichend erweist und wodurch die Notwendigkeit eines spezifischen gemeinschaftlichen Programms im Rahmen des Waldschutzes mit angemessenen finanziellen Mitteln zeigt, das auf die Vorbeugung und das Risikomanagement von Waldbränden ausgerichtet ist und bei dem die Besonderheit des Waldbestandes in den Mitgliedstaaten berücksichtigt wird,

V. in der Erwägung, dass intensive Aufklärungskampagnen über die nachhaltige Nutzung von Wasser dessen Verbrauch erheblich verringern und so Situationen schwerer Dürren vorbeugen können,

W. in der Erwägung, dass eine mangelnde Koordinierung zwischen den zuständigen Behörden festgestellt wurde und dass die Verhütung, die Bewältigung von Katastrophen und die Unterstützung für die betroffenen Gebiete und für die unmittelbaren Opfer die drei Schwerpunkte des Handelns der Europäischen Union sind, bei denen sie eine aktivere Rolle spielen sollte, was insbesondere für die Verhütung gilt,

X. in der Erwägung, dass bei der Bevölkerung, weiten Teilen der Gesellschaft, Nichtregierungsorganisationen und Vertretern der Bürgergesellschaft deutliche Unzufriedenheit herrscht,


1 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0433.
2 http://ies.jrc.cec.eu.int/fileadmin/Documentation/Reports/Inland_and_Marine_Waters/Pubs/Climate_Change_and_the_European_Water_Dimension_2005.pdf
3 ABl. L 324 vom 11.12.2003, S. 1.
4 ABl. L 277 vom 21.10.2005, S. 1.
5 ABl. L 161 vom 26.6.1999, S. 1.
6 ABl. L 130 vom 25.5.1994, S. 1.
7 ABl. L 161 vom 26.6.1999, S. 57.
8 ABl. L 161 vom 26.6.1999, S. 62.
9 ABl. L 213 vom 13.8.1999, S. 5.
10 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0334.
11 ABl. L 160 vom 26.6.1999, S. 80.
12 ABl. C 76 E vom 25.3.2004, S. 382.