Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen
Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Investitionen

Punkt 51 der 993. Sitzung des Bundesrates am 18. September 2020

Der Bundesrat möge zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung nehmen:

Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa (§ 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3a VwGO)

In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa sind in § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3a nach der Angabe "50 Metern" die Wörter ", sofern diese im förmlichen Verfahren nach § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genehmigt worden sind oder werden sollen," anzufügen.

Begründung:

Nach dem bisherigen Wortlaut des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3a VwGO-E sollen sämtliche Streitigkeiten über die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von über 50 Metern der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe unterworfen werden. Dies passt indes nicht zur Begründung des Gesetzentwurfs, wonach die Neufassung des § 48 Absatz 1 Satz 1 VwGO der Beschleunigung von Planungsverfahren, "die an Bedeutung und Komplexität mit den dort bereits genannten Projekten vergleichbar sind", dienen soll. Dies ist bei Windkraftanlagen aber nicht per se und insbesondere dann nicht der Fall, wenn über ihre Genehmigung in einem vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG entschieden wird. Denn dann reicht jedenfalls die Komplexität des Verfahrens und in der Folge auch des nachfolgenden Gerichtsprozesses nicht an diejenige heran, die etwa Planfeststellungsverfahren nach den Nummern 4, 4a und 7 bis 10 des Katalogs des § 48 Absatz 1 Satz 1 VwGO auszeichnet.

Eine erstinstanzliche Zuweisung sämtlicher Streitigkeiten über die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Windkraftanlagen an die Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe wäre zudem auch für die ausweislich der Entwurfsbegründung beabsichtigte Beschleunigungswirkung kontraproduktivom Denn jedenfalls in einigen Flächenländern stellen die hierauf bezogenen Gerichtsverfahren einen nicht unerheblichen Anteil der Streitigkeiten über immissionsschutzrechtliche Angelegenheiten dar. Folglich würden die dortigen Landesobergerichte auf einen Schlag mit einer Vielzahl neuer erstinstanzlicher Verfahren belastet, was ihrer zeitnahen Behandlung nicht förderlich wäre. Dieses Problem besteht bei einer Beibehaltung der Verteilung der Verfahren auf die einzelnen Verwaltungsgerichte nicht, da hiermit bereits bisher eine weit größere Anzahl von Richtern beschäftigt wird. Zusätzlich besteht bei den Verwaltungsgerichten mit Blick auf in diesen Verfahren nicht selten erforderliche Termine zur Augenscheinnahme vor Ort eine lokale Nähe zu den Streitgegenständen, was für eine zügige Erledigung ebenfalls förderlich sein dürfte. Dass entsprechende Verfahren häufig aufgrund der Einlegung von Rechtsmitteln dennoch in die zweite Instanz kommen, ist kein Gegenargument. Zum einen wird den Landesobergerichten insofern bereits ein durch die erstinstanzlichen Gerichte verdichteter und vorstrukturierter Sachverhalt vorgelegt, was eine erhebliche Arbeitserleichterung darstellen kann. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass jedenfalls die praktisch häufigen Drittwidersprüche beziehungsweise -anfechtungen gegen die Genehmigung von Windkraftanlagen über 50 Metern nach dem im Entwurf des Investitionsbeschleunigungsgesetzes ebenfalls neu gefassten § 63 BImSchG-E ohnehin keine aufschiebende Wirkung haben sollen, so dass diesbezüglich zwingend ein Eilverfahren anhängig gemacht werden muss. In diesen Eilverfahren, die mit Blick auf die Vorschrift des § 152 Absatz 1 VwGO nicht über eine Rechtsmittelinstanz bei den Landesobergerichten hinausreichen, ist die Prüfdichte der Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe im Rahmen einer eingelegten Beschwerde aber von vornherein auf die durch den Rechtsmittelführer vorgebrachten Gründe beschränkt (vergleiche § 146 Absatz 4 Satz 6 VwGO).

Durch die vorgeschlagene Ergänzung wird daher sichergestellt, dass nur solche Windkraftanlagen von der erstinstanzlichen Zuweisung an die Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe erfasst werden, die im förmlichen Verfahren nach § 10 BImSchG genehmigt worden sind oder - im Falle einer Verpflichtungssituation - genehmigt werden sollen.