Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Auswandererschutzgesetzes

Der Bundesrat hat in seiner 900. Sitzung am 21. September 2012 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob das Gesetz zeitnah aufgehoben werden kann.

Begründung:

Das Auswandererschutzgesetz dient dem Ziel, auswanderungswillige Deutsche davor zu bewahren, dass sie den Schritt ins Ausland unüberlegt gehen. Das Gesetz in seiner geltenden - im Wesentlichen aus dem Jahr 1975 stammenden - Fassung ist die Nachfolgeregelung des Gesetzes über das Auswanderungswesen vom 9. Juni 1897, das ebenfalls bereits eine Erlaubnispflicht für Unternehmer vorsah, die "die Beförderung von Auswanderern nach außerdeutschen Ländern betreiben" wollten.

Ein Bedürfnis für ein entsprechendes Gesetz gab es während der Auswanderungswellen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, für die Fälle des sogenannten Auswanderungsbetrugs - das heißt der Ausnutzung der sozialen Notlage von Auswanderungswilligen durch betrügerische Reedereiagenten und Ähnliches. Angesichts der geänderten sozialen Verhältnisse und der verbesserten und vermehrten Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten besteht im frühen 21. Jahrhundert in Deutschland kein Bedürfnis mehr für ein Gesetz, das die geschäftliche Auswanderungsberatung einer besonderen Erlaubnispflicht unterwirft und die geschäftsmäßige Werbung für die Auswanderung verbietet.

Nach dem vorliegenden Entwurf sollen künftig auch die bestehenden Beratungsstellen der Freien Wohlfahrtspflege einer Erlaubnispflicht unterworfen werden. Diese Ausweitung der Erlaubnispflicht betrifft insbesondere das katholische Raphaelswerk, dessen Beratungsstellen seit 1871 Auswanderer beraten, wobei sich der Tätigkeitsschwerpunkt inzwischen zur Beratung von Migrantinnen und Migranten verschoben hat.

Unter Hinweis auf den Fortfall des Bedürfnisses wurde 1998 bereits die Strafvorschrift des § 144 a.F. StGB (Auswanderungsbetrug) ersatzlos gestrichen. Dieses Schicksal sollte nun auch dem Auswandererschutzgesetz beschieden sein, zumal nach der dem Gesetzentwurf beigefügten Stellungnahme des nationalen Normenkontrollrates bundesweit pro Jahr nur etwa zehn Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis zur geschäftlichen Auswandererberatung zu bearbeiten sind.