Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu der Entschließung des Bundesrates zur Stärkung der deutschen Sprache in der EU

Europäische Kommission Brüssel, den 30. Januar 2008
Vizepräsidentin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr von Beust, ich danke Ihnen für Ihr Schreiben vom 21. September 2007, mit dem Sie Präsident Barroso von der Entschließung des Deutschen Bundesrates zur Stärkung der deutschen Sprache in der EU in Kenntnis setzen.

Nach der Verordnung Nr. 1/1958 des Rates ist Deutsch gemeinsam mit 22 anderen Sprachen Amtssprache in der Europäischen Union. Darüber hinaus gehört Deutsch zu den drei Sprachen, die innerhalb der Kommission bei internen Verfahren, einschließlich der Beschlussfassung, verwendet werden.

Die Kommission hat die Bedeutung der nationalen Parlamente und ihre Rolle in der politischen Debatte anerkannt und Verfahren eingeführt, mit denen sichergestellt wird, dass sämtliche Dokumente den nationalen Parlamenten zur gleichen Zeit und in den gleichen Sprachen wie dem Rat und dem Europäischen Parlament übermittelt werden.

Die Erkenntnis, dass der Bereitstellung von Informationen für alle EU-Bürger große Bedeutung zukommt, liegt auch dem Übersetzungskonzept der Kommission zugrunde. Diesem Erfordernis, und insbesondere dem besonderen Übersetzungsbedarf im Zusammenhang mit öffentlichen Debatten oder Konsultationen anderer Akteure, wird im Rahmen der Übersetzungsregelung Rechnung getragen. In diesem Zusammenhang hat die Kommission unlängst eine Strategie für die Kommunikation über das Internet angenommen, die unter anderem auf ein einheitliches Vorgehen in Bezug auf die Mehrsprachigkeit zielt.

Im weiter gefassten Bereich der Sprachenpolitik konzentriert die Kommission ihre Bemühungen auf die Umsetzung der Maßnahmen aus ihrer Mitteilung von 2005 "Eine neue Rahmenstrategie fir Mehrsprachigkeit"". In dieser Mitteilung, in der die Kommission ihre Strategie zur Förderung der Mehrsprachigkeit in der europäischen Gesellschaft und in der Kommission darlegt, bekräftigt sie erneut ihr Engagement fir Mehrsprachigkeit in der Europäischen Union. Die Schaffung eines eigenständigen Ressorts für Mehrsprachigkeit zeugt von der Bedeutung, die die Kommission dieser Politik beimisst. In enger Zusammenarbeit mit Präsident Barroso arbeiten Herr Orban, der fir das Ressort Mehrsprachigkeit zuständig ist, und ich als Vizepräsidentin mit Zuständigkeit fir interinstitutionelle Beziehungen und Kommunikationsstrategie daran, den Grundsatz der Mehrsprachigkeit aufrechtzuerhalten und seine Nachhaltigkeit sowohl innerhalb der Kommission als auch in den Beziehungen der Kommission und den anderen europäischen Organen, den Mitgliedstaaten und den europäischen Bürgern zu gewährleisten. Im Zusammenhang mit der Mitteilung von 2005 wurde außerdem eine dienststellenübergreifende Gruppe "Mehrsprachigkeit" eingesetzt. Ziel dieser Gruppe; in der alle Generaldirektionen der Kommission vertreten sind, ist es, eine einheitliche Handhabung der Mehrsprachigkeitspolitik in allen Abteilungen zu gewährleisten.

Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Ressourcenkürzungen durch die Haushaltsbehörde hat die Kommission eine Strategie far ihre internen Übersetzungen und die Kommunikation mit anderen EU-Organen und Einrichtungen sowie mit den Mitgliedstaaten und Bürgern angenommen. Im Rahmen dieser Strategie wird zwischen so genannten Kerndokumenten (Dokumente legislativer Art) und nicht zum Kernbereich zählenden Dokumenten unterschieden, die zu dem Legislativdokument gehören (z.B. technische Anhänge, ergänzende Mitteilungen oder interne Dokumente wie Studien oder Folgenabschätzungen). Die Kerndokumente werden selbstredend in alle Amtssprachen, Deutsch eingeschlossen, übersetzt; die nicht zum Kernbereich zählenden Dokumente hingegen werden aus den genannten Gründen in der Regel in der Sprache zur Verfügung gestellt, in der sie abgefasst wurden.

Kommissar Orban verfolgt mit großer Aufmerksamkeit die fortlaufende Bewertung des Übersetzungsbedarfs, der sich sowohl aus rechtlichen und politischen Verpflichtungen als auch aus einem allgemeinen Kommunikationsbedarf herleitet. Herr Orban wird sich auch weiterhin dear einsetzen, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten Mittel und Wege zu finden, um ein angemessenes Verhältnis zwischen Übersetzungsnachfrage auf der einen und verfügbaren Ressourcen auf der anderen Seite zu gewährleisten und dabei allen Amtssprachen der Europäischen Union gebührend Rechnung zu tragen.

Margot Wallström