Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft KOM (2008) 396 endg.; Ratsdok. 11252/08

Europäische Kommission Brüssel, den 25. November 2008
Vizepräsidentin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 10. Oktober, dem die Stellungnahme des Bundesrates zum Vorschlag der Kommission für ein Statut der Europäischen Privatgesellschaft (SPE) beigefügt war.

Wir werden die Stellungnahme des Bundesrates insbesondere im Hinblick auf die laufenden Verhandlungen im Rat zu diesem Vorschlag sorgfältig prüfen.

In Ihrem Anschreiben verweisen Sie die Kommission insbesondere auf Ziffer 3 und 4 der Stellungnahme des Bundesrates.

Der erste Punkt bezieht sich auf die angeblich fehlende Kompetenz der EU und einen möglichen Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip, insbesondere im Hinblick auf den Verzicht auf ein grenzüberschreitendes Element für die Gründung einer SPE.

Diese Fragen wurden bei der Vorbereitung des Vorschlags umfassend geprüft.

Artikel 308 EGV ermächtigt die Gemeinschaftsorgane, tätig zu werden, um eines der Vertragsziele zu verwirklichen, wenn die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen sind. Der Vorschlag für ein Statut der SPE zielt darauf ab, den Binnenmarkt für KMU besser zugänglich zu machen, indem ihnen ein Instrument an die Hand gegeben wird, das die Ausweitung ihrer Tätigkeiten auf andere Mitgliedstaaten erleichtert. Die Vollendung und das bessere Funktionieren des Binnenmarktes ist eines der Ziele der Gemeinschaft, die es rechtfertigen, Artikel 308 EG-Vertrag als Rechtsgrundlage heranzuziehen.

Wie in der dem Vorschlag beigefügten Begründung erwähnt, sind Maßnahmen auf EU-Ebene notwendig, damit KMU in der gesamten EU die gleiche Unternehmensform verwenden können. Dieses Ziel kann nicht von den Mitgliedstaaten selbst erreicht werden. Selbst wenn sich alle Mitgliedstaaten dazu verpflichten würden, ihre Rechtsvorschriften für Unternehmen unternehmerfreundlicher zu gestalten, wären die KMU immer noch mit 27 unterschiedlichen nationalen Regelungen konfrontiert. Wie unsere Folgenabschätzung nachgewiesen hat, würde die Einhaltung dieser unterschiedlichen Regelungen einen kostspieligen Beratungs- und Rechtsberatungsaufwand nach sich ziehen.

Ein grenzüberschreitender Bezug für die Gründung der SPE hätte die Möglichkeiten des Vorschlags, insbesondere für kleine Unternehmen, erheblich verschlechtert. In der Regel gründen Unternehmer Firmen in ihrem eigenen Mitgliedstaat, bevor sie in andere Länder expandieren. Mit dem europäischen Gütesiegel einer SPE sollen sie die Möglichkeit erhalten, von Anfang an im gesamten Binnenmarkt zu expandieren.

In der Folgenabschätzung wird anerkannt, dass ein Kommissionsvorschlag für eine SPE unter Einbeziehung eines grenzüberschreitenden Elements weniger Fragen aufgeworfen hätte. Allerdings werden dort auch mehrere Gründe aufgeführt warum auf einen grenzüberschreitenden Bezug verzichtet wurde, und angegeben dass die Einbeziehung eines grenzüberschreitenden Elements mit dem gesamtpolitischen Ziel des Vorschlags nicht vereinbar wäre, nämlich einen Beitrag zur Vollendung und zum besseren Funktionieren des Binnenmarktes zu leisten und ihn für KMU zugänglicher zu machen.

Es war niemals die Absicht der Kommission, durch den SPE-Vorschlag eine vollständige Harmonisierung anzustreben. Die Folgenabschätzung hat eindeutig nachgewiesen dass dies politisch nicht machbar wäre. Deshalb ist die Rechtsform einer SPE eine moderne und flexible Unternehmensrechtsform, die die nationalen Rechtsvorschriften ergänzen soll, ohne die vorhandenen nationalen Rechtsformen zu ersetzen oder zu verbieten.

Der Vorschlag eines SPE-Statuts ist auf EU-Ebene von entscheidender politischer Bedeutung. Er ist Teil der im letzten Juni verabschiedeten Regelung für kleine Unternehmen in Europa, durch die das Wachstumspotenzial der KMU freigesetzt und ihre grenzüberschreitenden Tätigkeiten erleichtert werden sollen.

In Zeiten einer ernsthaften Wirtschaftskrise sind Sie zweifellos mit uns der Auffassung, dass die europäischen Unternehmer, insbesondere kleine Unternehmen, den Schub nutzen können, überall in der EU mit der gleichen Rechtsform und nach den gleichen Vorschriften ein Unternehmen zu gründen. Der SPE-Vorschlag, der zu einer flexiblen und leicht zugänglichen Unternehmensrechtsform führen soll, kann dazu beitragen, den Binnenmarkt wettbewerbsfähiger und freundlicher für kleinere Unternehmen zu machen.


Mit freundlichen Grüßen
Margot Wallström