Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Scheinvaterregresses, zur Rückbenennung und zur Änderung des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes

949. Sitzung des Bundesrates am 14. Oktober 2016

Der federführende Rechtsausschuss (R), der Ausschuss für Frauen und Jugend (FJ) und der Ausschuss für Familie und Senioren (FS) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 1584 Satz 3 BGB), Nummer 2 (§ 1607 Überschrift und Absatz 4 BGB) und Nummer 3 Buchstabe b (§ 1608 Satz 3 BGB)

In Artikel 1 sind die Nummern 1, 2 und 3 Buchstabe b zu streichen.

Begründung:

Mit dem Gesetzentwurf soll dem Scheinvater zur Durchsetzung seines Regressanspruches ein Auskunftsanspruch gegen die Mutter eingeräumt werden.

Dem monetären Regressanspruch des Scheinvaters steht das aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter entgegen. Dieses schützt mit der Privat- und Intimsphäre auch Aspekte des Geschlechtslebens und das Interesse, dieses nicht offenbaren zu müssen.

Laut Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Februar 2015, 1 BVR 472/14 kann das Geheimhaltungsinteresse einer Mutter gegenüber dem finanziellen Regressinteresse des Scheinvaters "in bestimmten Konstellationen, etwa wegen ihres früheren Verhaltens, weniger schutzwürdig" sein. Eine Verpflichtung der Mutter zur Auskunftserteilung sei "darum verfassungsrechtlich nicht von vorneherein ausgeschlossen."

Mit dem Gesetzentwurf soll der Auskunftsanspruch des Scheinvaters zur Durchsetzung seines Regressanspruchs zur Regel werden. Dies geht aber weit über den vorgenannten Beschluss hinaus.

2. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a (§ 1613 Absatz 3 BGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren sicherzustellen, dass die Regelungen zum Scheinvaterregress, insbesondere § 1613 Absatz 3 BGB-E, auch andere kraft Gesetzes übergegangene Kindesunterhaltsansprüche miterfassen. Dies gilt insbesondere für Ansprüche, die nach § 7 UhVorschG auf das Land übergehen.

Begründung:

§ 1613 Absatz 3 Satz 1 BGB-E spricht von der Erfüllung eines nach § 1607 Absatz 3 Satz 2 übergegangenen Unterhaltsanspruchs.

Gemäß § 7 Absatz 1 des Unterhaltsvorschussgesetzes (UhVorschG) gehen Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den unterhaltspflichtigen Elternteil auf das jeweilige Land in Höhe der erfolgten Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz über. Dabei bestimmt § 7 Absatz 2 Nummer 1 UhVorschG, dass der Elternteil für die Vergangenheit nur von dem Zeitpunkt an in Anspruch genommen werden kann, in dem die Voraussetzungen des § 1613 BGB vorliegen.

Es sollte ein Gleichlauf zwischen Scheinvaterregress und anderen kraft Gesetzes übergegangenen Kindesunterhaltsansprüchen bestehen: Nach dem Wortlaut des § 1613 Absatz 3 BGB-E betrifft die Neuregelung nur Anspruchsübergänge gemäß § 1607 BGB. Es ist daher offen, ob dieser Gesetzeswortlaut einen Gleichlauf des Scheinvaterregresses nach dem BGB mit gleichgelagerten Fällen eröffnet, insbesondere einem Anspruchsübergang gemäß § 7 UhVorschG. Auch der Begründung des Gesetzentwurfs ist kein Hinweis zu dieser Fragestellung zu entnehmen.

Im Sinne der Klarheit der Regelung sollte die Anwendbarkeit der Neuregelung des Scheinvaterregresses auf andere übergegangene Unterhaltsansprüche geprüft werden und im Bedarfsfall eine Klarstellung im Gesetz erfolgen. Dabei müsste sowohl die Rückabwicklung des staatlichen Rückgriffs beim Scheinvater als auch der künftige Rückgriff beim tatsächlichen Vater bedacht werden.

3. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a (§ 1613 Absatz 3 BGB)

Der Bundesrat bittet zu prüfen, ob nach § 7 UhVorschG auf das Land übergegangene Ansprüche oder andere kraft Gesetzes übergegangene Kindesunterhaltsansprüche gegen den tatsächlichen Vater ebenfalls von der Beschränkung des § 1613 Absatz 3 BGB-E betroffen sein werden. Insbesondere sollte geprüft werden, inwieweit auch die bereicherungsrechtlichen Ansprüche des Scheinvaters gegen öffentliche Rechtsträger oder sonstige Personen, die kraft Gesetzes übergegangene Unterhaltsansprüche des Kindes gegen ihn geltend gemacht haben, von der zeitlichen Beschränkung des § 1613 Absatz 3 BGB-E umfasst werden sollten.

Begründung:

Der Scheinväterregress betrifft nicht nur das Verhältnis zwischen dem Scheinvater und dem Vater, sondern auch öffentliche Rechtsträger, die Sozialleistungen erbracht haben und auf die der Anspruch auf Kindesunterhalt übergegangen ist.

Gemäß § 7 Absatz 1 des Unterhaltsvorschussgesetzes (UhVorschG) gehen Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den unterhaltspflichtigen Elternteil auf das jeweilige Land in Höhe der erfolgten Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz über. Dabei bestimmt § 7 Absatz 2 Nummer 1 UhVorschG, dass der Elternteil für die Vergangenheit nur von dem Zeitpunkt an in Anspruch genommen werden kann, in dem die Voraussetzungen des § 1613 BGB vorliegen. Es stellt sich die Frage, ob die Neuregelung des § 1613 Absatz 3 BGB-E auch diese Ansprüche betrifft.

Nach dem Wortlaut des § 1613 Absatz 3 BGB-E erfasst die Neuregelung nur Anspruchsübergänge gemäß § 1607 Absatz 3 Satz 2 BGB. Damit scheint insbesondere der Anspruch des Scheinvaters gegen öffentliche Stellen und sonstige Personen auf Rückabwicklung seiner Inanspruchnahme aus übergegangenem Recht nicht erfasst zu sein. Es sollte ein Gleichlauf zwischen den zeitlichen Grenzen des Scheinvaterregresses und der Reichweite einer solchen Rückabwicklung bestehen.

Im Sinne der Klarheit der Regelung sollte die Anwendbarkeit der Neuregelung des Scheinvaterregresses auf derartige Konstellationen geprüft werden und eine Klarstellung erfolgen. Dabei muss sowohl die Rückabwicklung des staatlichen Rückgriffs beim Scheinvater als auch der künftige Rückgriff beim tatsächlichen Vater bedacht werden.

4. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a (§ 1613 Absatz 3 Satz 1 BGB)

In Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a ist in § 1613 Absatz 3 Satz 1 das Wort "zwei" durch das Wort "sechs" zu ersetzen.

Begründung:

Die Zweijahresfrist ist zu kurz. Sie widerspricht dem allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken und der Grundidee einer Regressnorm, wonach bei Zahlung auf eine fremde Schuld grundsätzlich ein Rückgriff möglich sein muss. Besonders virulent wird dies in Fällen der reinen Zahlväter, denen auch - anders als in der Begründung des Gesetzentwurfes angeführt - kein gelebtes "Familienleben" als "angemessener Ausgleich" dienen kann. Eine sechsjährige Frist würde insbesondere im Zusammenspiel mit der weiterhin bestehenbleibenden Härtefallklausel zu angemesseneren Ergebnissen führen. Die sechsjährige Frist ist auch für ein reibungsloses Zusammenspiel mit den Normen des Sozialrechts nötig. Leistet der Staat einen Unterhaltsvorschuss nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UhVorschG), so kann er diesen für bis zu sechs Jahre von dem leiblichen Vater zurückfordern (§ 3 UhVorschG i.V.m. § 7 UhVorschG). Gleiches muss dann aber auch für den Scheinvater gelten.

5. Zu Artikel 4 (§ 45 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 PStG)

In Artikel 4 sind in § 45 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 die Wörter "vor der Erteilung des Namens" durch die Wörter "bis zur Einbenennung" zu ersetzen.

Begründung:

Bei der Beschreibung des in den Katalog des § 45 PStG über die Erklärungen zur Namensführung des Kindes einzufügenden neuen Tatbestands der Erklärung der Rückbenennung ist die in § 1618 Absatz 2 Satz 1 BGB-E gebrauchte Formulierung zu verwenden.