Beschluss des Deutschen Bundestages
Siebtes Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 245. Sitzung am 12. Juni 2013 zu dem von ihm verabschiedeten Siebten Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes - Drucksachen 17/12370, 17/13689 - die beigefügte Entschließung unter Buchstabe b der Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/13689 angenommen.

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Filmpolitik in Deutschland hat in Europa Maßstäbe gesetzt. Die öffentliche Filmförderung in Deutschland ist zugleich Wirtschafts- und Kulturförderung. Sie ist kein Selbstzweck. Mit den öffentlichen Fördermitteln werden erhebliche weitere Mittel am Produktionsstandort Deutschland generiert. Die öffentliche Filmförderung stärkt damit Deutschland als Produktionsstandort des Films und macht Deutschland wettbewerbsfähig gegenüber traditionell starken Filmländern. Die Beschäftigungs- und Wirtschaftskraft der Branche ist erheblich.

Der Deutsche Bundestag hat das Siebte Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes (FFG) zu verabschieden, während vor dem Bundesverfassungsgericht vier gleichlautende Verfassungsbeschwerden gegen das FFG anhängig sind. Auch wenn Gegenstand der Verfassungsbeschwerden das FFG in der Fassung von 2004 ist, steht in der Konsequenz die Filmförderung durch die Filmförderungsanstalt (FFA) insgesamt auf dem Prüfstand. Die Zuständigkeitsfrage betrifft die gesamte Filmförderung des Bundes, nicht zuletzt den Deutschen Filmförderfonds (DFFF), das erfolgreiche Förderinstrument, das die Bundesregierung in der 16. Legislaturperiode eingerichtet hat. Wäre die Verfassungsbeschwerde vollumfänglich erfolgreich, könnte dies den vollständigen Wegfall sämtlicher Instrumente der Bundesfilmförderung bedeuten. Der Bundestag setzt sich hier mit vereinten Kräften für einen Erhalt des Erfolgsmodells Filmförderung ein.

Ohne unser umfangreiches Fördersystem hätten nur wenige deutsche Filme eine Chance, gegenüber der finanzstarken Konkurrenz durch US-amerikanische Filme zu bestehen. Die Filmförderung auf Bundes- und Länderebene ist daher unabdingbar, um die Strukturen der deutschen Filmwirtschaft zu verbessern und die Vielfalt der deutschen Filmlandschaft zu erhalten.

Das FFG hat in seiner Geschichte parteiübergreifende Zustimmung gefunden. Auch bezüglich der gegen das FFG gerichteten Verfassungsbeschwerden ist erfreulicherweise eine einheitliche Stellungnahme des Deutschen Bundestages zustande gekommen, was keine Selbstverständlichkeit und daher ein starkes Signal ist. Auch das aktuelle Gesetzgebungsverfahren wird von einem breiten Konsens getragen.

Der Deutsche Bundestag begrüßt den im Zeichen der Verfassungsbeschwerden stehenden Konsens der Vertreter und Institutionen der Filmwirtschaft, den Vorschlag von Bundesregierung und Parlament mitzutragen, dass in der Siebten Novelle nur maßvolle Veränderungen vorgenommen und die Laufzeit des Gesetzes verkürzt wird, um den sich abzeichnenden technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen.

Derzeit sind nicht weniger als 177 Klagen gegen die Filmförderungsanstalt (FFA) im Verfahren, davon allein 140 zur Filmabgabe, wobei Letztere im Wesentlichen auf einige große Kinoketten zurückgehen. Die FFA ist die Eigenorganisation der Filmbranche. Sie fördert den deutschen Film mit den eigenen Mitteln der Filmwirtschaft. Der Deutsche Bundestag hat die deutsche Filmbranche immer als Solidargemeinschaft verstanden. Nur so lassen sich auch die beträchtlichen Mittel, die die öffentliche Hand zur Förderung des deutschen Films ausgibt, rechtfertigen. Der Deutsche Bundestag fordert die Akteure und Institutionen der Filmbranche auf, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht einen neuen allgemeinen Konsens anzustreben. Andernfalls stehen das Selbsthilfe-Prinzip der FFA und die Filmförderung insgesamt in Frage.

Zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Fünften Novelle des FFG 2008 war für den deutschen Film ein hoffnungsvoller Aufwärtstrend mit steigenden Marktanteilen und internationalen Festivalauszeichnungen zu verzeichnen. Zwar ist der Marktanteil deutscher Filme im vergangenen Jahr von rund 22 auf 18 Prozent gegenüber 2011 gesunken. Die aktuellen Zahlen stimmen jedoch optimistisch. Laut Angaben der FFA lag der Marktanteil deutscher Filme in den Monaten Januar und Februar 2013 bei erfreulichen 34,5 Prozent.

Der Deutsche Bundestag hat begleitend zur Filmpolitik der Bundesregierung in der 17. Wahlperiode eigene Akzente gesetzt. Wir haben den Deutschen Filmförderfonds (DFFF) abermals verlängert und sogar um zehn Mio. auf 70 Mio. Euro aufgestockt. Nun streben wir auf Grundlage der gemäß DFFF-Richtlinie (§ 24) regelmäßig stattfindenden Evaluierungen seine Entfristung an. Dem Kinderfilm in Deutschland haben wir die Türen geöffnet; mit dieser Gesetzesnovelle stärken wir die Projektfilm- und Referenzfilmförderung sowie die Absatzförderung von deutschen Kinderfilmen, die nach originären Stoffen gedreht werden. Unter Federführung des Mitteldeutschen Rundfunks und des Ki.

Ka ist die Initiative "Der besondere Kinderfilm" entstanden, durch die zwei Kinderfilme nach originären Stoffen pro Jahr entstehen und gesendet werden sollen.

Für das barrierefreie Kino haben wir gemeinsam Wege geebnet. Mit öffentlichen Mitteln geförderte Filme müssen künftig mit Untertiteln für Hörgeschädigte und Audiodeskription für Sehgeschädigte ausgestattet sein. Menschen mit Behinderungen werden Film und Kino damit in größerer Vielfalt und ohne Hindernisse erleben können. Zum Erhalt und zur Digitalisierung unseres filmischen Erbes haben wir eine Reihe von Initiativen vorgeschlagen. Durch den Gesetzentwurf wird die Digitalisierung des Filmerbes in den Aufgabenkatalog der FFA aufgenommen. Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass die Ausgestaltung der Voraussetzungen für die Förderung der Digitalisierung von Filmen durch den Verwaltungsrat der FFA in Form einer Richtlinie erfolgen soll.

Die Abgabepflicht für Videoabrufdienste wird auf Anbieter ausgeweitet, die weder einen Sitz noch eine Niederlassung in Deutschland haben. Die Tatsache, dass bisher nur Anbieter mit Sitz oder Niederlassung im Inland zur Abgabe herangezogen werden können, hat in den letzten Jahren zu einer deutlichen Marktverzerrung auf dem Markt für an deutsche Kunden gerichtete audiovisuelle Mediendienste auf Abruf geführt.

Nicht zuletzt durch die Umstellung auf digitales Filmabspiel ist die Kinomodernisierung derzeit eine besonders drängende Aufgabe. Die Kinoförderung der FFA nach § 56 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 1 FFG ist eine Projektförderung, für die ein Auswahlermessen bestehen muss. Dies wird in der Gesetzesnovelle durch die Änderung von § 56 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 FFG zum Ausdruck gebracht. Der Verwaltungsrat wird verpflichtet, in einer Richtlinie festzulegen, welche Kriterien bei der Vergabe der Kinoprojektfördermittel zu berücksichtigen sind. Der Deutsche Bundestag erwartet, dass insbesondere Kinos mit einem überdurchschnittlichen Besuchermarktanteil mit deutschen und europäischen Filmen und Kinos mit einem herausragenden Filmprogramm bei ihren Modernisierungsmaßnahmen in digitale Ausstattung gefördert werden.

Nach § 11 Absatz 1 Satz 1 FFG wird der Wirtschaftsplan der FFA durch den Verwaltungsrat festgestellt. Um die Budgethoheit des Verwaltungsrats sicherzustellen, erwarten wir, dass der Entwurf des Wirtschaftsplans entsprechend der Regelung in § 11 Absatz 1 Satz 5 FFG so rechtzeitig vorgelegt wird, dass eine vertiefte Auseinandersetzung der Mitglieder des Verwaltungsrats mit dem Entwurf möglich ist.

Mit der zu verabschiedenden Novelle erfolgt eine Konzentration der Förderbereiche auf die Kernaufgaben der FFA. In diesem Kontext wird u.a. die Weiterbildungsförderung nach dem bisherigen § 59 FFG gestrichen. Der Deutsche Bundestag geht gleichwohl davon aus, dass Weiterbildungsmaßnahmen auch weiterhin in angemessenem Umfang durch die FFA gefördert werden.

Ein besonderes Anliegen ist dem Deutschen Bundestag die soziale Lage der Filmschaffenden. Politisches Ziel für die kommenden Jahre ist eine weitere generelle Verbesserung der sozialen Lage. Da die Förderbedingungen nach dem Filmförderungsgesetz auch auf Produktionsunternehmen mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union Anwendung finden, ist es gemäß Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Entsenderichtlinie) allerdings nicht zulässig, die Förderung von der Einhaltung deutscher Tarifverträge abhängig zu machen, die nicht für allgemeinverbindlich erklärt wurden. Die Europäische Kommission hat in ihrem aktuellen Entwurf (Stand Ende April 2013) für eine Neufassung der Kinomitteilung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ausländischen Unternehmen, die im Rahmen der Herstellung von Filmen Dienstleistungen erbringen, nicht dazu verpflichtet werden dürfen, die Vorschriften der Entsenderichtlinie zu umgehen. Entsprechende Förderbedingungen wären demgemäß nicht mit dem europäischen Beihilferecht vereinbar.

Um dennoch zu gewährleisten, dass die Filmförderungsanstalt (FFA) einen Beitrag zur Verbesserung der Situation der Filmschaffenden leistet, wurde der Aufgabenkatalog der Filmförderungsanstalt bereits im Rahmen des Fünften Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes erweitert. Gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 2 FFG hat die FFA seither die Aufgabe, die gesamtwirtschaftlichen Belange der Filmwirtschaft in Deutschland einschließlich ihrer Beschäftigten zu unterstützen.

Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass die Tarifverhandlungen zwischen der Allianz Deutscher Produzenten - Film & Fernsehen e.V. und den Vertretungen der Filmschaffenden dem Vernehmen nach auf einem guten Weg sind. Er erwartet darüber hinaus, dass die FFA durch eine Richtlinienänderung darauf hinwirkt, dass in den Antragsformularen die sozialen Standards stärker akzentuiert werden. Die Produzenten sollten ihre Verantwortung gegenüber den Beschäftigten für die Arbeitsbedingungen, unter denen die Produktion hergestellt wird, anerkennen.

Der Deutsche Bundestag unterstützt die Resolution zahlreicher Verbände der Filmwirtschaft vom 26. April 2013, mit der diese ARD und ZDF auffordern, sich zum Kinofilm zu bekennen. Dazu gehören Koproduktionen von Kinofilmen und die Ausstrahlung kulturell ausgewiesener Werke. Dies sieht der Deutsche Bundestag als elementaren Bestandteil des kulturellen Auftrags der Öffentlich-Rechtlichen, der allein den Rundfunkbeitrag rechtfertigt.

Ein Anliegen des Deutschen Bundestages ist schließlich die Ökologisierung der Filmwirtschaft, insbesondere mit Blick auf umwelt- und klimafreundliche Verfahren bei Produktion, Vertrieb und Abspiel von Filmen. Aktivitäten wie die Green Film Initiative der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein GmbH können hier beispielgebend sein. Der Bundestag erwartet, dass auch die FFA hier Initiativen ergreift und ökologische Kriterien in der Filmförderung zur Geltung bringt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,