Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2010 zur Lage in Kirgisistan

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 108845 - vom 21. Juli 2010. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 8. Juli 2010 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. unter Hinweis darauf, dass es am 11. Juni 2010 in den südkirgisischen Städten Osch und Dschalalabad zu gewaltsamen Zusammenstößen gekommen ist, die bis zum 14. Juni 2010 eskalierten, sowie in der Erwägung, dass Berichten zufolge Hunderte von bewaffneten Männern die Straßen der Städte stürmten, auf Zivilpersonen schossen und Geschäfte in Brand setzten, wobei sie ihre Ziele nach ethnischer Zugehörigkeit auswählten,

B. in der Erwägung, dass bei den jüngsten Zusammenstößen laut Angaben der kirgisischen Behörden rund 300 Menschen getötet wurden, jedoch die Befürchtung geäußert wurde, einschließlich von der Chefin der Übergangsregierung, Rosa Otunbajewa, dass die tatsächlichen Opferzahlen viel höher sein könnten, sowie in der Erwägung, dass über 2000 Menschen verletzt bzw. in Krankenhäuser eingeliefert wurden und viele Personen noch immer vermisst werden,

C. in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge aufgrund der gewaltsamen Auseinandersetzungen 3 00 000 Menschen vertrieben worden sind und 100 000 Menschen im benachbarten Usbekistan Zuflucht gesucht haben, sowie in der Erwägung, dass die Regierung in Taschkent den Flüchtlingen mit Hilfe internationaler Organisationen humanitäre Unterstützung geleistet hat, jedoch am 14. Juni 2010 die Grenzen zu Kirgisistan mit der Begründung geschlossen hat, sie verfüge nicht über die Kapazitäten, noch mehr Menschen aufzunehmen,

D. in der Erwägung, dass die Übergangsregierung den Ausnahmezustand in der Region ausrief und die Sicherheitskräfte nicht in der Lage waren, die Kontrolle zu übernehmen, in der Erwägung, dass den von Übergangspräsidentin Rosa Otunbajewa an den russischen Präsidenten Medwedew und die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit gerichteten Aufrufen zur Unterstützung bei der Wiederherstellung der Ordnung nicht entsprochen wurde, sowie in der Erwägung, dass ein Ersuchen auf Entsendung einer internationalen Polizeitruppe gestellt wurde und gegenwärtig von der OSZE geprüft wird,

E. in der Erwägung, dass die EU ein klares Interesse an einem friedlichen, demokratischen und wirtschaftlich florierenden Kirgisistan hat, in der Erwägung, dass sich die EU insbesondere im Rahmen ihrer Strategie für Zentralasien verpflichtet hat, gegenüber den Ländern in der Region als Partner aufzutreten, sowie in der Erwägung, dass jetzt ein sehr viel stärkeres internationales Bekenntnis dringend erforderlich ist und sich die Antwort der EU auf ihre Glaubwürdigkeit als Partner auswirken wird,

F. in der Erwägung, dass die Kommission fünf Millionen Euro bereitgestellt hat, um den von der Krise betroffenen Menschen medizinische Soforthilfe, humanitäre Hilfe, Hilfsgüter, Schutz und psychologische Unterstützung zukommen zu lassen, sowie in der Erwägung, dass diese Mittel vor dem Hintergrund des dringenden Hilfsappells der Vereinten Nationen nach Bereitstellung eines Betrags von 71 Millionen USD für Soforthilfe gesehen werden sollten,

G. in der Erwägung, dass die EU mit dem 2001 angenommenen Programm von Göteborg und den entsprechenden Folgedokumenten die Bedeutung der Konfliktprävention anerkennt, sowie in der Erwägung, dass theoretischen Überlegungen mit Blick auf die aktuelle Lage in Kirgisistan praktische Maßnahmen folgen müssen,

H. in der Erwägung, dass sich bei einem Referendum, das am 27. Juni 2010 unter relativ friedlichen Bedingungen und unter hoher Beteiligung durchgeführt wurde, über 90 % der Wähler für eine neue Verfassung aussprachen, in der die Befugnisse des Präsidenten und des Parlaments in einen Ausgleich gebracht werden sowie Rosa Otunbaj ewa bis zum 3 1. Dezember 2011 als Übergangspräsidentin bestätigt und das Verfassungsgericht vorübergehend aufgelöst wurde, sowie in der Erwägung, dass am 10. Oktober 2010 Parlamentswahlen stattfinden sollen,

I. in der Erwägung, dass die Staaten Zentralasiens vor einer Reihe gemeinsamer Herausforderungen stehen, wie z.B. Armut und ernsten Bedrohungen für die Sicherheit der Bevölkerung, und Demokratie, Staatsführung und rechtstaatliche Grundsätze stärken müssen, in Erwägung der Notwendigkeit, die regionale Zusammenarbeit wiederherzustellen und zu intensivieren, um ein gemeinsames Konzept zur Lösung der Probleme und für die Herausforderungen der Region zu entwickeln, sowie in der Erwägung, dass die regionalen und internationalen Akteure ihre Konzepte zur Bewältigung der Probleme und Herausforderungen der Region verstärkt aufeinender abstimmen müssen,

J. in der Erwägung, dass die Europäische Union stets an ihrer Verpflichtung festhalten muss, in sämtlichen Abkommen mit Drittstaaten die Wahrung der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit zu verankern, und demokratische Reformen durch kohärente politische Strategien zu fördern, um ihre Glaubwürdigkeit als regionaler Akteur zu stärken,