Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles KOM (2007) 424 endg.; Ratsdok. 12169/07

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 27. Juli 2007 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Förderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 19. Juli 2007 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 20. Juli 2007 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 187/06 (PDF) = AE-Nr. 060809

Vom Umdruck des fremdsprachigen Anhangs ist abgesehen worden. Das Dokument mit dem Anhang kann über die Datenbank EUDISYS unter AE-Nr. 070638 heruntergeladen werden.

Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen
Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles

1. Einleitung

Das fundamentale Prinzip de Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern ist seit 1957 ein Bestandteil des Vertrages von Rom. Die Verringerung des Lohngefälles ist eines der Ziele der Europäischen Strategie für Wachstum und Beschäftigung. Im Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern1 wird allerdings betont, dass das Lohngefälle trotz der eingeleiteten Maßnahmen und der zu seiner Bekämpfung eingesetzten Mittel fortbesteht. Gemäß dem Indikator der (unbereinigten) Differenz zwischen den Bruttostundenlöhnen von Männern und Frauen verdienten die Frauen in der Europäischen Union im Jahr 2005 durchschnittlich 15 % weniger als die Männer. Nichts deutet darauf hin, dass es zu einem spürbaren Abbau dieses Gefälles kommt.

Das Gefälle ist großteils nicht auf objektive Kriterien zurückzuführen, was ein Zeichen für die fortbestehende Ungleichbehandlung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt ist. In allen Mitgliedstaaten weisen Frauen eine höhere Schulerfolgsquote auf und stellen die Mehrheit der Hochschulabsolventen. Wie kommt es also, dass Frauen, sobald sie das Bildungssystem verlassen haben, auf dem Arbeitsmarkt ungünstigere Bedingungen vorfinden als Männer, und dass sie ihr Produktionspotenzial nicht vollständig entfalten können? Eine moderne und wettbewerbsfähige Wirtschaft kann sich eine solche Situation nicht leisten. Dies gilt umso mehr angesichts der Herausforderungen, vor die uns die demografische Entwicklung und die voraussichtliche Abnahme der Erwerbsbevölkerung stellen.

Vor diesem Hintergrund ist die vorliegende Mitteilung zu sehen, in der die Ursachen des Lohngefälles untersucht und Wege zu seiner Bekämpfung aufgezeigt werden sollen. Allerdings kann die Kommission hier nichts alleine bewirken, da in vielen Bereichen die Mitgliedstaaten handeln müssen und die erforderlichen Maßnahmen die Zuständigkeiten der Kommission überschreiten. Zur Bekämpfung des Lohngefälles bedarf es daher einer Mobilisierung aller beteiligten Akteure, insbesondere der Mitgliedstaaten und der Sozialpartner, um die Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt weiter voranzubringen.

2. Das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern: Ein Komplexes und dauerhaftes Phänomen

2.1. Was ist mit "Lohngefälle" gemeint?

Das Lohngefälle misst den relativen Unterschied zwischen den durchschnittlichen Bruttostundenlöhnen von Frauen und Männern in der gesamten Volkswirtschaft. Es handelt sich dabei um einen der Strukturindikatoren für die Überwachung der europäischen Strategie für Wachstum und Beschäftigung2.

Die Ursachen für das Lohngefälle sind komplex. Ein Arbeitsdokument der Kommission aus dem Jahr 2003 macht detaillierte Angaben zum Ausmaß, zur Analayse und den politischen Implikationen des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern3. Es unterstreicht die Schwierigkeit, einzelne objektive Faktoren für die Lohndifferenz von denen zu unterscheiden, die auf direkter oder indirekter Diskriminierung oder auf anderen Faktoren beruhen.

Das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern kann zum Teil durch objektive Unterschiede bei den einzelnen Personen (Alter, Bildungsniveau, Berufserfahrung), beim Beschäftigungstyp (Beruf, Art des Vertrags oder Arbeitsbedingungen) oder bei den Unternehmen (Branche oder Unternehmensgröße) bedingt sein. Berufserfahrung führt beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt im Allgemeinen zu einer besseren Bezahlung. Wenn Männer im Durchschnitt mehr Berufserfahrung haben als Frauen, so ist ihr Arbeitsentgelt im Durchschnitt ebenfalls höher. Trotzdem werden Arbeitnehmer möglicherweise immer noch aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert. So kann es vorkommen, dass Frauen bei gleicher Berufserfahrung für die gleiche Arbeit in bewusst diskriminierender Weise schlechter bezahlt werden als Männer.

Durch objektive Unterschiede und offensichtlich diskriminierende Praktiken allein lässt sich das fortbestehende Lohngefälle jedoch nicht erklären4. Das Lohngefälle steht auch in Zusammenhang mit in einer ganzen Reihe von Faktoren sowohl juristischer als auch sozialer und wirtschaftlicher Art, die weit über den Aspekt des gleichen Entgelts für gleiche Bezahlung hinausgehen.

Gemäß EG-Vertrag (Artikel 141) muss dafür gesorgt werden, dass gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit gezahlt wird. Dies wirft die Frage nach der Wertschätzung der Arbeit jedes einzelnen und insbesondere nach der Bewertung der Funktionen auf. Das fortbestehende Lohngefälle zeigt also auch, dass Berufe und Tätigkeiten, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, geringer geschätzt werden als solche, die überwiegend von Männern ausgeübt werden, ohne dass dies unbedingt aufgrund objektiver Kriterien gerechtfertigt wäre5. So kann möglicherweise bei gleicher Qualifikation Körperkraft zum Beispiel höher bewertet werden als Kompetenzen auf dem Gebiet zwischenmenschlicher Beziehungen, oder die Verantwortung für Kapital höher als die Verantwortung für Menschen. So hat beispielsweise ein Unternehmen kürzlich eine Neubewertung seiner Gehaltstabellen durchgeführt und dabei Kassierer(innen) in Supermärkten genauso eingestuft wie die meist männlichen Kollegen,die Regale bestücken.

Andererseits kann das Lohngefälle auch Benachteiligungen widerspiegeln, die hauptsächlich erwerbstätige Frauen auf dem Arbeitsmarkt betreffen.

Dies gilt z.B. für die geschlechtsspezifische Segregation auf dem Arbeitsmarkt. Die Erwerbstätigkeit von Frauen konzentriert sich offensichtlich auf sehr viel weniger Branchen und Berufe als die von Männern. Überdies sind diese tendenziell weniger angesehen und geringer vergütet als diejenigen, in denen überwiegend Männer tätig sind. Nahezu 40 % der Frauen arbeiten im Gesundheitswesen, im Ausbildungssektor oder in der öffentlichen Verwaltung, während es bei den Männern nur 20 % sind. Außerdem sind Frauen überwiegend als Verwaltungsassistentinnen, Verkäuferinnen oder als ungelernte oder nur gering qualifizierte Arbeitskräfte tätig; annähernd die Hälfte der erwerbstätigen Frauen arbeitet in diesen Berufen. Demgegenüber sind nur ein Drittel der Führungspositionen in den Unternehmen der EU mit Frauen besetzt.

Die Geschlechtertrennung wird durch Traditionen und Stereotype noch verstärkt, die z.B. die Auswahl von Ausbildungswegen und die Bewertung und Einstufung von Berufen, aber auch die Teilnahme am Erwerbsleben beeinflussen. Vor allem ist es für Frauen weiterhin schwieriger als für Männer, Berufs- und Privatleben zu vereinbaren. Dies beeinflusst die Berufswahl und äußert sich darin, dass Frauen viel häufiger einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen oder ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen, was sich negativ auf die berufliche Karriere auswirkt. Beinahe ein Drittel aller Frauen arbeitet Teilzeit, während es bei den Männern gerade 8 % sind. Teilzeitarbeit kann zwar auf persönliche Präferenzen zurückzuführen sein und die Teilnahme von Frauen am Erwerbsleben fördern, die Differenz zwischen Männern und Frauen zeigt jedoch deutlich, dass beide nicht in gleichem Maße über ihre Zeit verfügen können und abhängige Familienmitglieder hauptsächlich von Frauen betreut werden. Das Fehlen erreichbarer und bezahlbarer Kinderbetreuung von guter Qualität verstärkt dieses Ungleichgewicht. Auch Elternurlaub wird überwiegend von Frauen in Anspruch genommen6. Elternschaft senkt die Erwerbsquote von Frauen dauerhaft, die von Männern dagegen überhaupt nicht. Demzufolge weist die Karriere von Frauen häufiger Unterbrechungen auf, verläuft langsamer und ist kürzer, so dass Frauen kein so hohes Gehaltsniveau erreichen.

Bei der Betrachtung des Indikators Lohngefälle ist auch zu bedenken, dass kein Unterschied gemacht wird zwischen objektiven Gründen, die das Lohngefälle bedingen, und jenen, die aus Diskriminierung oder anderen Gründen resultieren.

2.2. Grundzüge des Lohngefälles in der Europäischen Union

Für 2005 wurde das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern in der EU der 27 auf 15 % geschätzt, also zwei Punkte niedriger als im Jahr 1995 (siehe Anhang). Diese relative Stabilität steht im Gegensatz zur eigentlich durchaus positiven Entwicklung der Erwerbsquote von Frauen, die eine anhaltende Steigerung aufwies.

Vergleicht man die Mitgliedstaaten miteinander, fallen hier enorme Unterschiede auf: Die Spanne reicht von 4 % (MT) bis zu 25 % (EE, CY). Dennoch ist das Lohngefälle kein genereller Indikator für die Gleichheit zwischen Frauen und Männern, weil es nur die Personen betrifft, die unselbständig beschäftigt sind, und es muss daher in Hinblick auf andere Indikatoren des Arbeitsmarktes interpretiert werden. Es spiegelt ganz allgemein wider, welche Diskrepanzen bei den Beschäftigungsmodi von Frauen auftreten. So weist die Mehrzahl der Länder mit niedriger Frauenerwerbsquote (z.B. MT, IT, EL, PL) auch ein unterdurchschnittliches Lohngefälle auf, was ein Indiz dafür ist, dass geringqualifizierte oder unqualifizierte Frauen auf dem Arbeitsmarkt kaum in Erscheinung treten. Ein großes Lohngefälle geht in der Regel mit einer ausgeprägten geschlechtsspezifischen Segregation auf dem Arbeitsmarkt (z.B. in CY, EE, SK, FI) oder einem hohen Anteil von Teilzeit arbeitenden Frauen (z.B. in DE , UK, NL, AT, SE) einher. Darüber hinaus können auch die Systeme und institutionellen Mechanismen der Festsetzung des Gehalts das Lohngefälle beeinflussen.

Zu einem überdurchschnittlichen Lohngefälle kommt es auch in Unternehmen der Privatwirtschaft7 (25 %), allerdings fällt es im Einzelfall je nach Unternehmen bzw. Beschäftigung sehr unterschiedlich aus (s. statistischer Anhang). So nimmt beispielsweise mit der Größe des Unternehmens, steigendem Alter und Bildungs-/Qualifikationsniveau auch das Lohngefälle zu. Es lässt sich also sagen, dass sich Qualifikation und Erfahrung bei Frauen weniger stark im Gehalt niederschlägt als bei Männern. Die Sektoren mit dem stärksten Lohngefälle sind im übrigen die Industrie, die Unternehmensdienstleistungen und das Finanzwesen.

3. Bekämpfung der ungleichen Entlohnung von Frauen und Männern

Das Lohngefälle zu bekämpfen ist eine politische Priorität für die Europäische Union, wie es in dem Fahrplan für die Gleichstellung 2006-2010 bestätigt wurde.

Das Lohngefälle hat während des gesamten Erwerbslebens und darüber hinaus gravierende Auswirkungen auf die Position der Frauen im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben. Es stellt ein wesentliches Hindernis dafür dar, dass Frauen die gleiche wirtschaftliche Unabhängigkeit erreichen wie Männer. Dieses Phänomen wirkt sich unweigerlich auf die Lebensentscheidungen der Menschen aus, beispielsweise was Beschäftigungsmodus und Dauer der Erwerbstätigkeit, Unterbrechungen der beruflichen Laufbahn oder Verteilung der häuslichen und familiären Aufgaben angeht. Es führt dazu, dass Frauen, und besonders Alleinerziehende, ein größeres Armutsrisiko haben. Selbst nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben sind seine Folgen noch spürbar, weil das Lohngefälle dann zu einem Rentengefälle wird. Es zeugt von einer nicht hinnehmbaren Ressourcenverschwendung in Wirtschaft und Gesellschaft, die die volle Entfaltung des Produktionspotenzials der Frauen behindert.

Bei allen bisher umgesetzten politischen Maßnahmen hat man stets darauf geachtet, gegen alle dem Lohngefälle zugrunde liegenden Faktoren vorzugehen. Zum einen wurde ein umfangreicher Gesetzesbestand zur Bekämpfung von Diskriminierung und Gewährleistung von Gleichbehandlung erarbeitet, zum anderen haben auch zahlreiche Maßnahmen und Initiativen ohne gesetzlichen Charakter dazu beigetragen, die Gleichbehandlung von Mann und Frau in jeder Hinsicht zu fördern.

Das anhaltende Lohngefälle zeigt allerdings, dass es notwendig ist, über spezifische Wege nachzudenken, um ungerechtfertigte Lohnunterschiede zu verringern. Vorrangig sind dabei vier Aktionsfelder zu nennen. Soweit es die Gesetzgebung angeht, muss die Kommission darüber wachen, dass der bereits existierende Rahmen in vollem Umfang umgesetzt und angewandt wird, und zugleich Möglichkeiten der Verbesserung ausfindig machen. Auf den Gebieten, die ihre Kompetenzen übersteigen, wird die Kommission auf den aktiven Einsatz aller Akteure zählen, besonders die der Mitgliedstaaten und der Sozialpartner. Insbesondere geht es darum, die Europäische Strategie für Wachstum und Beschäftigung vollständig auszunutzen und gleiche Gehaltszahlungen durch die Arbeitgeber zu fördern. In der Tat sind es die Arbeitgeber, die in erster Linie das Prinzip von gleicher Bezahlung für gleiche oder gleichwertige Arbeit anwenden müssen. Abschliessend ist zu erwähnen, dass auch der Austausch guter Praktiken auf Gemeinschaftsebene dabei helfen wird, dieses Problem besser zu verstehen und innovative Lösungen bekannt zu machen, um es zu bekämpfen.

3.1. Die Möglichkeiten zur Verbesserung des rechtlichen Rahmens und seiner Umsetzung analysieren

Im Vertrag von Rom wurde bereits 1957 in dessen Artikel 119 der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit festgeschrieben. Gemäß diesem Artikel, der zu Artikel 141 EG-Vertrag wurde, stellt jeder Mitgliedstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher (siehe Anhang).

Mit Artikel 141 wird über die rein rechtliche Gleichstellung hinaus auch anerkannt, dass eine tatsächliche Gleichstellung erzielt werden muss. Daher können gemäß Absatz 4 die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern und Frauen zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts positive Maßnahmen beibehalten oder beschließen.

Im Jahr 1975 hat der Rat die Richtlinie 75/117/EG angenommen, der die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen betrifft. Diese sieht vor, dass das Prinzip des gleichen Entgelts zwischen Männern und Frauen so zu verstehen ist, dass für eine gleiche oder gleichwertige Arbeit alle Formen der geschlechtsbezogenen Diskriminierung bei allen Aspekten und Bedingungen des Arbeitsentgelts beseitigt werden.

Der Gerichtshof musste sich immer wieder zu diesen Bestimmungen im Rahmen von zahlreichen Rechtssachen äußern, die das einschlägige Recht entscheidend geprägt haben8.

Die meisten einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Grundsatz des gleichen Entgelts gehen auf die diesbezüglichen Bestimmungen des gemeinschaftlichen Besitzstandes zurück, der somit die Entwicklung der Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt entscheidend beeinflusst hat, das zwischen Frauen und Männern bestehende Lohngefälle aber nicht ausgleichen konnte.

Auch wenn dieses Lohngefälle nicht ausschließlich auf die unzulängliche oder mangelhafte Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen zurückzuführen ist, so spielen diese doch eine gewichtige Rolle dabei9, die Situation zu verbessern.

Die Gemeinschaftsrechtsakte konnten wirkungsvoll auf Fälle der Beseitigung direkter Diskriminerung angewandt werden, in denen eine Frau für ein und dieselbe Tätigkeit geringer entlohnt wurde als ihr männlicher Kollege. Die noch verbliebenen Fälle können wirkungsvoll durch die Rechtsprechung oder andere Mechanismen auf nationalem Niveau behandelt werden.

Demgegenüber war die Gesetzgebung der Gemeinschaft weniger wirkungsvoll, soweit es die Sicherung des Prinzips des gleichen Entgelts für eine gleichwertige Arbeit angeht. Dabei kann es sich zum Beispiel um die unterschiedliche Bewertung von zwei gleichwertigen Funktionen in einem Unternehmen handeln, von denen die eine überwiegend von Frauen und die andere überwiegend von Männern wahrgenommen wird. Bei dieser Art von Diskriminierung wird im Einzelfall seltener der Gerichtsweg beschritten, da sich potenzielle Opfer einerseits der Diskriminierung mitunter nicht bewusst sind und da es andererseits hier aber auch schwieriger ist, die Einleitung eines Verfahrens wegen Diskriminierung ausreichend zu begründen.

Ohne die Ergebnisse der Analyse vorweg zu nehmen, gilt es daher vor allem zu klären, ob Veränderungen der gemeinschaftsrechtlichen Gesetzgebung wünschenswert sind, mit denen ausgeschlossen werden kann, dass es insbesondere in den Systemen zur Festsetzung der Entlohnung zu direkten oder indirekten Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts kommt. Diesbezüglich könnte man ins Auge fassen, die Bestimmungen zu verschärfen, die darauf abzielen, diskriminatorische geschlechtsbezogene Elemente im Entgeltsystem zu beseitigen.

Außerdem handelt es sich darum, die Rolle der Transparenz unter all ihren Aspekten zu untersuchen und in diesem Zusammenhang die Bestimmungen zur Information und zur Anhörung der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter in Fragen der Entlohnung und Lohnentwicklung von Frauen und Männern zu analysieren, wie es bereits in der Richtlinie 2002/73/EG vorgesehen ist.

Schließlich könnten die Mitgliedstaaten, um der geschlechtsspezifischen Segregation auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken, verstärkt von der Möglichkeit Gebrauch machen, unter Berücksichtigung der Rechtssprechung des Gerichtshofs positive Maßnahmen umzusetzen.

Die Kommission wird ihrer Aufgabe als Hüterin der Verträge weiterhin nachkommen und dafür sorgen, dass das einschlägige Gemeinschaftsrecht ordnungsgemäß umgesetzt und angewendet wird. Sie wird dabei auf die Unterstützung der einzelstaatlichen Stellen zur Förderung der Gleichbehandlung von Männern und Frauen zählen können10.

Eine bessere Verbreitung von Informationen und eine Sensibilisierung für die gültigen Bestimmungen wären der Anwendung der Rechtsvorschriften ebenfalls förderlich. Umfragen zufolge sind die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über gleiches Arbeitsentgelts, Gleichbehandlung sowie etwaige Rechtsmittel zu deren Durchsetzung kaum bekannt. Im Durchschnitt gibt nur jeder dritte Befragte an, im Diskriminierungsfall über seine Rechte Bescheid zu wissen11. Daher müssen sowohl die Bürger im Allgemeinen als auch die Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern und auf die Angehörigen von Rechtsberufen weiterhin entsprechend informiert werden.

Die Möglichkeit, Berufs- und Privatleben zu vereinbaren, begünstigt eine ausgewogenere Verteilung der häuslichen und familiären Pflichten zwischen Männern und Frauen und somit eine kontinuierliche Beteiligung der Frauen am Erwerbsleben, was wiederum zu einer Verringerung des Lohngefälles beiträgt. Die Kommission hat eine Anhörung der europäischen Sozialpartner zur Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben12 eingeleitet und vertritt die Auffassung, dass eine Aktualisierung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften angebracht sei.

Die Kommission

3.2. Europäische Strategie für Wachstum und Beschäftigung voll ausschöpfen

Die Europäische Strategie für Wachstum und Beschäftigung ist ein wesentliches Instrument zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt, die zudem durch Mittel aus den Strukturfonds aktiv unterstützt wird. Durch die mit der Strategie verknüpfte offene Koordinierungsmethode im Bereich Sozialschutz und soziale Eingliederung wird zudem anerkannt, dass die Förderung der Chancengleichheit eine der Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts in der EU darstellt.

Im Rahmen der europäischen Strategie für Wachstum und Beschäftigung wird die Verringerung des Lohngefälles derzeit in zwei integrierten Leitlinien13 thematisiert. Darin werden auch die Mitgliedstaaten ermutigt, ihre eigenen Verpflichtungen und Zielvorgaben für die festgelegten Prioritäten zu formulieren. Der auf der Frühjahrstagung des Europäischen Rates im März 2006 angenommene "Europäische Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter" enthält ein klares Bekenntnis der Mitgliedstaaten zu einem entschlossenen Vorgehen in diesem Bereich.

Zur Bekämpfung des Lohngefälles bedarf es einer Vorgehensweise, die allen diesem Phänomen zugrunde liegenden Faktoren Rechnung trägt. Mehrere Mitgliedstaaten haben bereits Maßnahmen auf den Weg gebracht, mit denen zur Beseitigung der geschlechtsspezifischen Segregation auf dem Arbeitsmarkt und in den Bereichen Bildung und Ausbildung sowie zur besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben beigetragen werden soll. Allerdings wurde im Jahresbericht der Kommission über Wachstum und Beschäftigung für 0614 und in dem Gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2006-0715 bedauert, dass dieses Gefälle nach wie vor besteht, und in dem letztgenannten Papier hervorgehoben, dass "Ziele nur von zwei Ländern (EE, FI) vorgegeben werden und die meisten Mitgliedstaaten sich mit der Problematik nicht auseinandersetzen".

In dem an den Europäischen Rat übermittelten Bericht der Kommission zur Gleichstellung von Frauen und Männern wird alljährlich darauf hingewiesen, dass nach wie vor ein hohes Lohngefälle besteht; ferner wurden die Mitgliedstaaten darin aufgefordert, sich mit allen zu Gebote stehenden Mitteln für die Beseitigung der zugrunde liegenden Ursachen einzusetzen. Es erscheint deshalb wünschenswert, dass die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Reformprogrammen hervorheben, welche spezifischen Initiativen sie umgesetzt haben, um das Lohngefälle zu bekämpfen, insbesondere auch Massnahmen zur Verringerung der Segregation des Arbeitsmarktes und zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben. Die Kommission wird die Entwicklung des Lohngefälles fortlaufend verfolgen und ebenso Massnahmen berücksichtigen, die zur Umsetzung der Europäischen Strategie für Wachstum und Beschäftigung erfolgt sind, besonders was die jährlichen Fortschrittsbericht und den Gemeinsamen Bericht über die Beschäftigungslage anbelangt. Es ist ausserdem wichtig, dass zur Beobachtung der politischen Maßnahmen kohärente, vergleichbare, vollständige und aktuelle Statistiken bereitgestellt werden. Dabei geht es insbesondere darum, die entsprechende Fähigkeit zur Analyse und zum Verständnis der für das Lohngefälle maßgeblichen Faktoren zu entwickeln und damit zu Ansatzpunkten für ein gezieltes Vorgehen zu gelangen. Eurostat hat dafür 2007 mit den Mitgliedstaaten eine Arbeitsgruppe zum bestehenden Strukturindikator eingerichtet, um dessen Qualität und Vergleichbarkeit zu verbessern.

Die Kommission

3.3. Bei den Arbeitgebern für die Gleichheit des Arbeitsentgelts werben

Den Arbeitgebern kommt bei der Beseitigung von ungerechtfertigten Lohnunterschieden eine Schlüsselrolle zu. Es ist an ihnen, die einschlägigen Rechtsvorschriften einzuhalten. Allerdings liegt es auch in ihrem Interesse, durch verantwortungsbewusstes Handeln die Gleichheit von Männern und Frauen in ihren Organisationen zu fördern. Dies gilt sowohl für private als auch für öffentliche Unternehmen. Die Kommission setzt für ihre Mitarbeiter ein Aktionsprogramm für Chancengleichheit um. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass es auch bei Verwaltungsbehörden nach wie vor zu Lohngefällen kommt, was in erster Linie auf die geschlechtsspezifische Segregation auf dem Arbeitsmarkt und den geringen Anteil von Frauen in Führungs- und Entscheidungspositionen zurückzuführen ist.

Das Engagement für die Gleichstellung ist nicht nur eine Frage der Ethik. Es bringt auch einen Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen mit sich, deren Mitarbeiter dadurch ihre Produktivität voll zur Entfaltung bringen können. Die Gleichstellung von Männern und Frauen gehört übrigens auch zu den vorrangigen Aktionsbereichen des Europäischen Bündnisses für soziale Verantwortung der Unternehmen (Corporate Social Responsibility - CSR)16. In diesem Rahmen fordert die Kommission das Bündnis dazu auf, Initiativen vorzuschlagen, um bewährte Verfahren im Kampf gegen das Lohngefälle zu fördern.

Einige Mitgliedstaaten unterstützen die Bemühungen der Arbeitgeber vor allem durch die Verleihung von Auszeichnungen an Unternehmen, die durch ihren Umgang mit der Gleichberechtigung im Berufsleben und mit Personalverwaltungsfragen zur Aufwertung der Gleichstellung von Frauen und Männern beitragen. Die Kommission könnte den Austausch von bewährten Verfahren in diesem Feld unterstützen. Sie unterstützt bereits Aktionen, die die Aufmerksamkeit im Kampf gegen Stereotypen in Unternehmen erhöht, dies besonders mit der Förderung des Programms PROGRESS.

Darüber hinaus spielen die Verwaltungsbehörden eine gewichtige volkswirtschaftliche Rolle, da öffentliche Aufträge 16 % des BIP der Gemeinschaft ausmachen. Sie haben somit die Möglichkeit, ihre Lieferanten und Auftragnehmer zu einem sozial verantwortlichen Verhalten aufzufordern. Hierfür sehen die Richtlinien 2004/17/EG 17 und 2004/18/EG 18 vor, dass "öffentliche Auftraggeber zusätzliche Bedingungen für die Ausführung des Auftrags vorschreiben können, (...) [diese] können insbesondere soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen".

Die Kommission

3.4. Den Austausch bewährter Verfahren auf Gemeinschaftsebene unterstützen

Mehrere Mitgliedstaaten haben auf nationaler Ebene Initiativen zur Bekämpfung des Lohngefälles eingeleitet. Dabei handelte es sich in erster Linie um legislative Maßnahmen für die Gleichheit des Arbeitsentgelts, mit denen etwa die Unternehmen dazu angehalten werden sollen, ungerechtfertigte Unterschiede bei der Entlohnung ihrer Beschäftigten zu analysieren und zu beseitigen. Zudem geht es um aktive Gleichstellungspolitik, mit der insbesondere strukturbedingte Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt bekämpft werden sollen, sowie um lohnpolitische Maßnahmen für eine Neubewertung von Berufen mit geringer Entlohnung.

Die Verringerung des Lohngefälles bildet einen der Schwerpunkte des im März 2005 von den europäischen Sozialpartnern angenommenen Aktionsrahmens zur Gleichstellung von Frauen und Männern. Gemäß dem ersten, Anfang 2007 verabschiedeten Umsetzungsbericht wurde mit dem Aktionsrahmen der Anstoß zu einer Reihe wichtiger Initiativen auf nationaler Ebene gegeben. Dabei kamen die unterschiedlichsten Instrumente zum Einsatz, die von Sensibilisierungsmaßnahmen über die Entwicklung von Lohnvergleichsmechanismen bis zur Festlegung von Strategien zum Abbau des Lohngefälles reichten.

Die Vielfalt der Lösungsansätze macht deutlich, wie komplex dieses Phänomen ist. Die Gleichheit des Arbeitsentgelts lässt sich nur durch ein Engagement auf sämtlichen Ebenen verwirklichen, das alle beteiligten Akteure einbezieht und auf die Beseitigung jeglicher Ursachen des Lohngefälles abzielt. In diesem Zusammenhang kommt es ganz wesentlich darauf an, mit dieser Problematik gut vertraut zu sein und die bewährten Verfahren bekannt zu machen, mit denen die einzelnen Akteure eine Verringerung des Lohngefälles erzielen wollen. Die Kommission wird den Austausch bewährter Verfahren in diesem Feld unterstützen.

Das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen19 kann künftig für eine technische Unterstützung bei der Bekämpfung des Lohngefälles beigezogen werden.

4. Schlussfolgerungen

Gleichstellung zwischen Frauen und Männern sowie Nichtdiskriminierung sind Teil der Grundprinzipien der Europäischen Union. Das Fortbestehen des geschlechtsspezifischen Lohngefälles ist ein Zeichen dafür, dass Frauen auch weiterhin von direkter und indirekter Diskriminierung und Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt betroffen sind. Es verhindert darüber hinaus, dass das Arbeitspotential der Frauen vollständig genutzt wird sowie dass die Ziele der Europäischen Strategie für Wachstum und Beschäftigung erreicht werden können.

Es erscheint vor allem notwendig, die Fähigkeiten zur Analyse dieses Phänomens, dass komplex und bisher wenig durchdrungen ist, zu verbessern. Dies würde es ermöglichen, gezielt Wege zu benennen, um mit diesem Problem umzugehen und mögliche Verbesserungen des rechtlichen Rahmens vorzuschlagen, die geeignet wären, eine signifikante Verringerung des Lohngefälles herbeizuführen.

Das Ziel dieser Mitteilung ist es, dem Kampf gegen das Lohngefälle einen neuen Anstoß zu geben. Sie zeigt, dass die Kommission mit ganzem Einsatz dazu bereit ist, alles dafür zu tun, dass die unberechtigten Unterschiede im Entgelt zwischen Frauen und Männern beseitigt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wird sie den aktiven Einsatz aller Akteure benötigen, besonders die der Mitgliedstaaten und der Sozialpartner.