Beschluss des Deutschen Bundestages
Gesetz zur Umsetzung der Marrakesch-Richtlinie über einen verbesserten Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken zugunsten von Menschen mit einer Seh- oder Lesebehinderung

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 58. Sitzung am 18. Oktober 2018 zu dem von ihm verabschiedeten Gesetz zur Umsetzung der Marrakesch-Richtlinie über einen verbesserten Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken zugunsten von Menschen mit einer Seh- oder Lesebehinderung - Drucksachen 19/3071, 19/3826, 19/5114 - die beigefügte Entschließung unter Buchstabe b auf Drucksache 19/5114 angenommen.

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Blindenbibliotheken leisten schon heute einen wichtigen Beitrag, um blinden, sehbehinderten oder anderweitig lesebehinderten Menschen den Zugang zu Literatur und damit eine gleichberechtigte Teilhabe an Gesellschaft, Wissen und Kultur zu ermöglichen. Die Umsetzung der Marrakesch-Richtlinie wird die Befugnisse von Blindenbibliotheken und vergleichbaren Institutionen noch weiter ausbauen. Um künftig von diesen erweiterten Befugnissen Gebrauch machen zu können, benötigen Blindenbibliotheken eine angemessene finanzielle Ausstattung zur Finanzierung des zusätzlichen Aufwands. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass das Ziel des Gesetzentwurfs - verbesserter Zugang von blinden und sehbehinderten Menschen - tatsächlich erreicht werden kann.

Gleichzeitig erkennt der Deutsche Bundestag das berechtigte Interesse der Rechtsinhaber an, für die erlaubnisfreie Nutzung ihrer Werke - letztlich also eine gesetzliche Lizenz - im beschränkten Umfang einen finanziellen Ausgleich zu erhalten.

Nutzungen unmittelbar durch Menschen mit einer Seh- oder Lesebehinderung bzw. ihrer Hilfspersonen sind stets vergütungsfrei.

§ 45c des reformierten Urheberrechtsgesetzes sieht eine angemessene Vergütung ausschließlich für Nutzungen durch befugte Stellen vor. Bei der Nutzung durch befugte Stellen kommen wegen ihrer wichtigen sozialen und menschenrechtlichen Aufgaben nur sehr maßvolle Vergütungen in Betracht. Dies folgt bereits aus § 39 Absatz 3 des Verwertungsgesellschaftengesetzes, wonach bei der Tarifgestaltung auf soziale Belange Rücksicht zu nehmen ist. Die so zu entrichtende Vergütung stellt ohnehin nur einen geringen Bruchteil der Kosten dar, die für die Herstellung und Verbreitung von barrierefreien Werkexemplaren anfallen. Die maßvolle Vergütung von Nutzungen durch Blindenbibliotheken und anderen befugten Stellen trägt auf diese Weise sowohl dem Recht auf eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft als auch den berechtigten Interessen der Rechtsinhaber Rechnung, also der Autoren und der Verlage.

Vor diesem Hintergrund begrüßt der Deutsche Bundestag, dass die Bundesregierung beabsichtigt, auf Bundesebene im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen eine finanzielle Unterstützung der Blindenbibliotheken und anderer befugten Stellen in Deutschland in Form einer einmaligen Finanzierungshilfe zu ermöglichen.

Darüber hinaus würdigt der Deutsche Bundestag das Engagement, mit dem die Länder, in deren Zuständigkeit das Bibliothekswesen und damit auch dessen finanzielle Förderung fallen, die Blindenbibliotheken in Deutschland bereits unterstützen.

Damit die Blindenbibliotheken künftig verlässlich von den erweiterten rechtlichen Befugnissen für den barrierefreien Zugang zu Literatur in dem Maß Gebrauch machen können, wie es für eine bessere Teilhabe der blinden, sehbehinderten und anderweitig lesebehinderten Menschen erforderlich ist, bittet der Deutsche Bundestag - ergänzend zur erwähnten Initiative des Bundes - die Länder, den finanziellen Mehrbedarf der Blindenbibliotheken im Rahmen der Zuweisung von Haushaltsmitteln zu berücksichtigen.