Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Bewertung der Doha-Runde nach dem Beschluss des Allgemeinen Rates der WTO vom 1. August 2004

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 110158 - vom 14. Juni 2005. Das Europäische Parlament hat die Entschließung
in der Sitzung am 12. Mai 2005 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass mit dem Beschluss des Allgemeinen Rates der WTO vom 1. August 2004 ("der Beschluss"), deren 148 Mitglieder einen Rahmen für weitere Verhandlungen über fünf Schlüsselbereiche der Entwicklungsagenda von Doha festgelegt haben und auf der Grundlage eines neuen Geistes der Zusammenarbeit das bei den Verhandlungen von Cancún verlorengegangene Vertrauen in den erfolgreichen Abschluss der Doha-Runde und in den Erfolg des multilateralen Handelssystems wiederhergestellt haben,

B. in der Erwägung, dass es notwendig ist, in allen Bereichen des Beschlusses und des Arbeitsprogramms der Entwicklungsagenda von Doha im Allgemeinen mit der gleichen Zielstrebigkeit Fortschritte zu erzielen und dabei die Entwicklung in den Vordergrund der Verhandlungen zu stellen, und dass sich die Europäische Union für eine umfassende Agenda einsetzen muss, mit der eine angemessene Handelsliberalisierung, die Beseitigung sämtlicher Dumping- und handelsverzerrenden Maßnahmen und die Stärkung von Mechanismen der differenzierten Sonderbehandlung und von Mechanismen zur Wahrung der Ernährungssicherheit angestrebt wird, um soziale Gerechtigkeit und Entwicklung zu einer Priorität zu machen und eine stärkere Integration der Entwicklungsländer in das Welthandelssystem zu erreichen, welche ein Ziel darstellt, das in dem Vertrag über eine Verfassung für Europa verankert ist (Artikel III-292 Absatz 2 Buchstabe e),

C. in der Erwägung, dass ein erfolgreicher Abschluss der Doha-Runde weltweit zur Förderung des Wirtschaftswachstums und zur Verringerung der Armut beitragen muss und dass die Probleme im Zusammenhang mit Unterernährung, Hunger und Gesundheit bei den Verhandlungen eine größere Rolle spielen müssen, wie dies in der Millenniumserklärung der UNO vorgesehen ist,

D. in der Erwägung, dass eine weitergehende Regelung im Rahmen des multilateralen Handelssystems, eine optimale Integration der Entwicklungsländer in das Welthandelssystem und ein besseres Funktionieren der WTO stets Hauptziele der Handelspolitik der Europäischen Union gewesen sind,

E. in der Erwägung, dass die Frist für den Abschluss der Doha-Runde, die in der Schlusserklärung von Doha auf den 1. Januar 2005 festgelegt war, auf unbestimmte Zeit verschoben wurde und für den Dezember 2005 in Hongkong die 6. Ministerkonferenz anberaumt wurde,

F. in Erwägung der besonderen Bedeutung, welche die politischen Bemühungen und die substanziellen Vorschläge, die durch die Kommissionsmitglieder Lamy und Fischler seitens der Europäischen Union erfolgten, für das Zustandekommen des Beschlusses hatten, sowie in der Erwägung, dass die Fortschritte, die im Bereich der Landwirtschaft erzielt wurden, nicht mit entsprechenden Fortschritten in den anderen Bereichen verbunden waren,

G. in der Erwägung, dass den Programmen der technischen Hilfe und den Kapazitätsaufbauprogrammen eine wichtige Funktion im Hinblick darauf zukommt, seitens der Entwicklungsländer die Vorbereitung ihrer Wirtschaft auf deren Integration in die Weltwirtschaft zu gewährleisten, ihre Verhandlungskapazitäten und ihre Produktions- und Exportfähigkeit zu verbessern, ihre Binnen- und Regionalmärkte auszubauen und sie besser in die Lage zu versetzen, von einer weiteren Liberalisierung des Handels zu profitieren,

H. in der Erwägung, dass die Doha-Entwicklungsagenda die Präferenzen, die die Europäische Union den AKP-Staaten im Rahmen des Abkommens von Cotonou und den Entwicklungsländern im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) gewährt hat, und andere Handelspräferenzsysteme aushöhlen könnte,

I. in der Erwägung, dass bislang bei den Verhandlungen über den Marktzugang für Nicht-Agrarerzeugnisse (NAMA) nur geringe Fortschritte erzielt wurden und der durch Zollsenkungen erreichte Marktzugang nicht durch nichttarifäre Hemmnisse behindert werden sollte,

J. in der Erwägung, dass die wirtschaftliche Bedeutung der Dienstleistungen, die ein Schlüsselbereich bei den Doha-Verhandlungen sind - an sich und für das Gesamtgleichgewicht der Entwicklungsagenda von Doha - wächst und eine weitere Öffnung der Märkte auch den Entwicklungsländern größere Vorteile bietet, dass es aber auch wichtig ist, diejenigen Dienstleistungen von der Liberalisierung auszunehmen, die für die Befriedigung der Grundbedürfnisse entscheidend sind, sowie in der Erwägung, dass die Fortschritte in diesem Bereich enttäuschend waren,

K. in der Erwägung, dass die Europäische Union im übereinstimmenden Interesse der entwickelten Länder und der Entwicklungsländer stets für Verhandlungen über die Singapur-Themen im Rahmen der Entwicklungsagenda von Doha eingetreten ist und dass die Erleichterung des Handels durch eine angemessene technische Hilfe und einen angemessenen Kapazitätsaufbau der Exportfähigkeit der Entwicklungsländer förderlich ist,

L. in der Erwägung, dass das Ende der Amtszeit des Generaldirektors der WTO bevorsteht und somit eine Neubesetzung dieses Amtes erforderlich ist; ferner in der Erwägung, dass dem Bericht Sutherland über die Zukunft der WTO sowie der Debatte im amerikanischen Kongress über die Erneuerung der Mitgliedschaft der USA in der WTO und des Mandats ihres Handelsbeauftragten Beachtung geschenkt werden sollte,

M. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament nach den Artikeln über die Gemeinsame Handelspolitik des Vertrags über eine Verfassung für Europa zum Mitgesetzgeber im Bereich des internationalen Handels werden wird,

N. in der Erwägung, dass die parlamentarische Dimension in der WTO als Mittel zur Herstellung von Bürgernähe, mit dem die demokratische Rechenschaftspflicht und Transparenz der WTO verbessert werden könnte, wichtig ist,

O. in der Erwägung, dass der Globalisierungsprozess und die Rolle der WTO häufig falsch dargestellt werden, sowie in Anbetracht der Bedeutung umfangreicher Konsultationen mit der Zivilgesellschaft und den Sozialpartnern,

1 ABl. C 77 E vom 26.3.2004, S. 393.
2 ABl. C 74 E vom 24.3.2004, S. 861.
3 ABl. C 177 E vom 25.7.2002, S. 290.
4 ABl. C 189 vom 7.7.2000, S. 213.
5 ABl. C 296 vom 18.10.2000, S. 121.
6 ABl. C 343 vom 5.12.2001, S. 96.
7 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0066.
8 ABl. C 112 E vom 9.5.2002, S. 326.