Antrag des Landes Berlin
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen

Punkt 40 der 847. Sitzung des Bundesrates am 19. September 2008

Der Bundesrat möge beschließen:

Zu Artikel 2 Nr. 1 (§ 7 Abs. 4 - neu - UWG)

Artikel 2 Nr. 1 ist wie folgt zu fassen:

"1. § 7 wird wie folgt geändert:

Begründung

Der in dem Gesetzentwurf vorgesehene zivilrechtliche Schutz gegen unerlaubte Telefonanrufe im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG-E ist in mehrfacher Hinsicht unzureichend.

In Artikel 1 Nr. 2 Buchstabe b ist lediglich eine Ausweitung des Widerrufsrechts bei den Tatbeständen des § 312d Abs. 4 Nr. 3 und 4 BGB vorgesehen. Kein Widerruf ist möglich bei den anderen in § 312d Abs. 4 BGB genannten Verträgen und bei den Verträgen, auf die nach § 312b Abs. 3 BGB die Vorschriften über Fernabsatzverträge nicht anwendbar sind. In diesen anderen Bereichen sollen also wirksame Vertragsschlüsse auch bei unerlaubten Werbeanrufen möglich bleiben. Schon das ist nicht hinnehmbar.

Darüber hinaus ist das demnach nur in einem Teilbereich vorgesehene und durch den Gesetzentwurf nur geringfügig ausgeweitete Widerrufsrecht aber auch in diesem Teilbereich unzureichend. Denn gerade der Personenkreis, der sich bei unerlaubten Telefonanrufen zum Vertragsschluss verleiten lässt, wird häufig mit der Distanzierung von unerwünschten, möglicherweise nicht einmal tatsächlich erfolgten Vertragsschlüssen überfordert sein. Deswegen werden die Unternehmen, die sich unlauterer Werbeanrufe zur Vertragsanbahnung bedienen, nicht von ihrem Tun Abstand nehmen. Die vorgesehenen öffentlichrechtlichen Maßnahmen (Verbot der Rufnummernunterdrückung; Bußgeldtatbestände) werden unseriöse Unternehmen nicht wirksam abschrecken, sondern nur zur Entwicklung von Umgehungsstrategien veranlassen.

Ein wirksamer individueller und zugleich präventiver Schutz vor belästigenden Anrufen wird sich nur erreichen lassen, wenn die Rechtsordnung Werbeanrufe bei Verbrauchern nur bei einer ausdrücklichen Einwilligung in Textform erlaubt und Vertragsverhältnissen, die auf Grund unerlaubter Anrufe tatsächlich oder vermeintlich begründet werden sollen, die Anerkennung versagt. Deswegen ist es geboten, die Wirksamkeit eines Vertragsschlusses auf Grund eines unerwünschten Anrufs von einer klaren Bestätigung des Angerufenen in Textform abhängig zu machen. Das erspart diesem die ohnehin unzumutbare Last der Distanzierung von dem aufgedrängten Vertrag und wird - weil sich wirksame Vertragsverhältnisse mit dieser "Masche" nicht mehr begründen lassen - unseriösen Unternehmen, die sich auf die unerlaubte telefonische Überrumpelung spezialisiert haben, den rechtlichen Boden entziehen. Zugleich werden seriöse Unternehmen, die Sorge dafür tragen, dass der Angerufene in der nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG-E gebotenen Weise eingewilligt hat, im Wettbewerb mit den unseriösen Unternehmen nachhaltig begünstigt.

Nicht nur Verbraucher, sondern auch andere Marktteilnehmer verdienen Schutz vor einer ständigen Belästigung durch unerwünschte Werbeanrufe. Auch dies wird sich wirksam nur erreichen lassen, wenn Vertragsschlüsse im Rahmen unerlaubter Anrufe der schriftlichen Bestätigung bedürfen. Auch hier gilt, dass die unseriösen Anrufer in keiner Weise schutzwürdig sind und es den regelmäßig Betroffenen - zu denken ist an etwa an Handwerker, Ladenbetreiber, Gastwirte und ähnliche Kleingewerbetreibende - nicht zumutbar ist, sich von den ihnen aufgedrängten Vertragsverhältnissen distanzieren zu müssen.

Die gegen die vorgeschlagene Bestätigungslösung vorgebrachten rechtsdogmatischen Einwände überzeugen nicht. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, erkannten Missbräuchen der Vertragsfreiheit wirksam entgegenzuwirken und die Opfer solcher Missbräuche zu schützen. Bei belästigenden Werbeanrufen wird sich dieses Ziel nur erreichen lassen mit einer Kombination qualifizierter Anforderungen bei der Einwilligung durch Verbraucher (ausdrücklich in Textform) und dem Bestätigungserfordernis bei Vertragsschlüssen im Rahmen unlauterer Werbeanrufe.