Beschluss des Bundesrates
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/112/EG des Rates über Fruchtsäfte und bestimmte gleichartige Erzeugnisse für die menschliche Ernährung KOM (2010) 490 endg.

Der Bundesrat hat in seiner 876. Sitzung am 5. November 2010 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:

1. Zur Vorlage insgesamt

Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich den Vorschlag zur Änderung der Richtlinie, insbesondere das Verbot des Zusatzes von Zucker zu Fruchtsaft und Fruchtsaft aus Fruchtsaftkonzentrat und die Deklarationspflicht des Zuckerzusatzes zu Fruchtnektaren in Verbindung mit der Verkehrsbezeichnung.

2. Zu den einzelnen Vorschriften

Die nachfolgenden Regelungen des Richtlinienvorschlags erscheinen jedoch noch überarbeitungsbedürftig:

3. Zu Artikel 7, 7a (Artikel 1 Absatz 3, 4 der vorgeschlagenen Richtlinie)

Gemäß Artikel 290 AEUV kann der Kommission in Gesetzgebungsakten die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsakts zu erlassen. Auf Basis dieser Vorschrift soll Artikel 7 der Fruchtsaftrichtlinie dahingehend geändert werden, dass die Kommission die Anhänge mit Ausnahme von Anhang I Abschnitt I und Anhang II mittels delegierter Rechtsakte künftig ändern kann. Darüber hinaus soll Artikel 7a eingefügt werden, der die Befugnisse der Kommission im Einzelnen regelt.

Dies würde bedeuten, dass die Kommission künftig folgende Anhänge selbst ändern könnte:

Anhang I Verkehrsbezeichnungen, Begriffsbestimmungen und Merkmale der Erzeugnisse, hier:

Zumindest die Anhänge - I/Abschnitt e I und II, - Anhang II und - Anhang V regeln eindeutig qualitative Merkmale und können somit nicht als "nicht wesentliche Vorschriften" des Gesetzgebungsakts gewertet werden. Eine überwiegende Ausrichtung der Regelungsinhalte an den Vorgaben des Codex Alimentarius und den Eigenvorgaben des Europäischen Fruchtsaftverbandes (AIJN) lässt zudem eine qualitative Verschlechterung erwarten. Die Änderungsvorschläge zu den geplanten Regelungskompetenzen der Kommission sollten daher hinsichtlich des Anhangs I Abschnitt II sowie des Anhangs V gestrichen werden.

4. Zu Anhang I Abschnitt I Nummer 1 Buchstabe a Satz 2 (Fruchtsaft)

Nach Anhang I Abschnitt I Nummer 1 Buchstabe a Satz 2 dürfen künftig auch Fruchtsäfte (Direktsäfte) ohne mengenmäßige Beschränkung aromatisiert werden. Bei guter Herstellungspraxis besteht hierfür keine Notwendigkeit. Es ist zu befürchten, dass Fruchtsäfte auch deutlich über das notwendige Maß hinaus aromatisiert werden. Eine Kontrolle ist derzeit nicht möglich, da die "Normallevels" (mit Ausnahme von Apfelsaft, an dessen Aromazusammensetzung in letzter Zeit verstärkt geforscht wurde) bisher wissenschaftlich nicht hinreichend definiert und abgesichert sind. Daher sollte im Hinblick auf die Aromatisierung zumindest klargestellt werden, dass die wesentlichen physikalischen, chemischen und organoleptischen Merkmale eines auf diese Art hergestellten Safts mit denen eines durchschnittlichen Saftes derselben Fruchtart vergleichbar sein müssen.

5. Zu Anhang I Abschnitt I Nummer 1 Buchstabe b Satz 1 (Trinkwasserqualität)

Nach dem vorgelegten Vorschlag muss das zur Rückverdünnung des konzentrierten Fruchtsafts verwendete Wasser Trinkwasserqualität entsprechend der Richtlinie 98/83/EG des Rates vom 3. November 1998 haben. Nach den Leitsätzen für Fruchtsäfte des Deutschen Lebensmittelbuchs bestehen besondere Anforderungen für das verwendete Wasser, damit die wesentlichen Eigenschaften des Fruchtsaftes nicht beeinträchtigt werden:

Es werden daher entsprechende zusätzliche Anforderungen als sinnvoll angesehen.

6. Zu Anhang I Abschnitt I Nummer 1 Buchstabe b Satz 4 (Mindestbrixwerte)

Nach Anhang I Abschnitt I Nummer 1 Buchstabe b Satz 4 sollen die Mindestbrixwerte bei schwarzen Johannisbeeren, Guaven, Mangos und Passionsfrüchten nur für rückverdünnten Fruchtsaft und rückverdünntes Fruchtmark, der bzw. das in der EU hergestellt wurde, gelten. Es ist nicht verständlich, warum diese qualitative Mindestanforderung nicht für Produkte gelten soll, die außerhalb der EU hergestellt wurden.

Die Regelung sollte dahingehend überarbeitet werden, dass die Mindestbrixwerte bei schwarzen Johannisbeeren, Guaven, Mangos und Passionsfrüchten für rückverdünnten Fruchtsaft und rückverdünntes Fruchtmark jeglicher Herkunft gelten.

7. Zu Anhang I Abschnitt I Nummer 1 Buchstabe b Satz 5 (Fruchtsaft aus Fruchtsaftkonzentrat)

Nach Anhang I Abschnitt I Nummer 1 Buchstabe b Satz 5 dürfen Aroma, Fruchtfleisch und Zellen, die mit geeigneten physikalischen Mitteln aus derselben Fruchtart gewonnen wurden, dem Saft hinzugefügt werden. Dies lässt den Schluss zu, die Rearomatisierung von Fruchtsaft aus Fruchtsaftkonzentrat könne freiwillig erfolgen, die bei der Konzentrierung abgetrennte Aromafraktion müsse nicht mehr zwingend wie bisher durch Aroma zumindest der gleichen Fruchtart ersetzt werden. Da einerseits bei der Herstellung eines Fruchtsaftkonzentrats der Verlust wesentlicher Aromakomponenten technisch unvermeidlich ist, andererseits nach Satz 6 der Saft mit geeigneten Verfahren herzustellen ist, um die wesentlichen physikalischen, chemischen, organoleptischen und nährstoffbezogenen Merkmale eines durchschnittlichen, aus Früchten derselben Art hergestellten Saftes zu erhalten, erscheint eine ausreichende Rearomatisierung jedoch zwingend notwendig.

8. Zu Anhang I Abschnitt II Nummer 2 (Zugelassene Zutaten)

Die Formulierung in Anhang I Abschnitt II Nummer 2 zweiter Spiegelstrich, dass Fruchtaroma, Fruchtfleisch und Zellen, die dem Fruchtsaft, Fruchtnektar, Fruchtsaft aus Konzentrat oder konzentriertem Fruchtsaft wieder hinzugefügt werden, von derselben Fruchtart stammen können, erweckt den Eindruck, dass auch Fruchtaroma, Fruchtfleisch und Zellen anderer Fruchtarten verwendet werden können. Gemeint ist aber wohl, dass bei der Rückverdünnung des Konzentrats nicht zwingend dieselben bei der Konzentrierung dieses Safts abgetrennten Fraktionen wieder zuzusetzen sind, sondern auch anderweitig gewonnene Fraktionen an Fruchtaroma, Fruchtfleisch und Zellen der gleichen Fruchtart verwendet werden dürfen. Die Vorschrift sollte eindeutig so formuliert werden, dass Fruchtaroma, Fruchtfleisch und Zellen, die dem Fruchtsaft, Fruchtnektar, Fruchtsaft aus Konzentrat oder konzentriertem Fruchtsaft wieder hinzugefügt werden, nicht von einer anderen Fruchtart stammen dürfen.