Antrag des Landes Schleswig-Holstein
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften
(4. VwVfÄndG)

Punkt 37 der 847. Sitzung des Bundesrates am 19. September 2008

Der Bundesrat möge beschließen:

Zu Artikel 6 (Änderung des Steuerberatungsgesetzes)

Artikel 6 Nummer 2 wird wie folgt gefasst:

Begründung

Die richtlinienkonforme Umsetzung der Anforderungen aus der EU-Dienstleistungsrichtlinie (EU-DLR) erfordert die Genehmigungsfiktion auch im Bereich des StBerG:

Unabhängig von der Prämisse der Subsidiarität der EU-DLR (Art. 3 Abs. 1 lit. d) ist zu beachten, dass der Vorrang der Berufsqualifikations-Richtlinie (BQ-RL) lediglich bedeutet, dass dieser spezielle EU-Rechtsakt die allgemeinen "ergänzt, nicht aber derogiert". Zwar mag die nach § 37a StBerG vorgesehene Möglichkeit der Eignungsprüfung für Staatsangehörige anderer EU-Mitgliedstaaten sowie die in Abs. 3a vorgesehenen Modalitäten des Prüfungsverfahrens auf den Vorgaben der BQRL beruhen jedoch sind die Genehmigungsfiktion und deren Voraussetzungen, die Pflicht zur Auskunft und Beratung sowie Regelungen über den Zeitpunkt der Bekanntgabe deutlich von diesem Eignungsprüfungsverfahren zu trennen, da es sich hier um allgemeine verfahrensrechtliche Bestimmungen handelt.

Durch die erfolgreich abgelegte Eignungsprüfung werden lediglich dieselben Rechte erworben wie durch die erfolgreich abgelegte Steuerberaterprüfung (§ 37a Abs. 2 S. 2 StBerG). Letztere ist wiederum Voraussetzung für die Bestellung als Steuerberater nach § 40 Abs. 1 S. 1 StBerG. Nach § 42a Abs. 2

Satz 2 VwVfG-E beginnt die Frist für die Genehmigungsfiktion erst mit Eingang der vollständigen Unterlagen, hierzu ist im speziellen Fall der Steuerberaterbestellung der Nachweis der bestandenen Steuerberaterprüfung bzw. der sie ersetzenden Eignungsprüfung anzusehen. Insofern ergeben sich keine Widersprüchlichkeiten durch die Beibehaltung der Eignungsprüfung nach § 37a StBerG auf der einen Seite und einer gleichzeitigen Pflicht zur Auskunft und Beratung (§ 25 Abs. 2 VwVfG-E), der Regelungen über den Zeitpunkt der Bekanntgabe (§§ 41 Abs. 2, 71b Abs. 6 VwVfG-E) sowie einer Genehmigungsfiktion nach § 42a VwVfG-E auf der anderen Seite.

Ginge die BQ-RL in dieser Frage den Regelungen der EU-DLR vor, hätte dies zudem kaum nachvollziehbare Konsequenzen im Bereich des Handwerksrechts. Bei den in der HwO geregelten reglementierten Berufen wäre demzufolge ebenfalls eine Genehmigungsfiktion bzw. der in § 71a Abs. 1 VwVfG-E enthaltene Verweis auf das gesamte VwVfG nicht möglich. Eine solche Auslegung wurde bislang jedoch nicht vertreten und ist angesichts der von der DLR intendierten Breitenwirkung auch nicht vertretbar.

Wollte man immer allein aufgrund der Tatsache, dass ein anderer Sekundärrechtsakt (hier: die BQ-RL) auch Verfahrensvorgaben enthält, die verfahrensrechtlichen Vorgaben der DLR für derogiert halten, wäre auch der Einheitliche Ansprechpartner in diese Überlegung einzustellen. Da die BQ-RL das Verfahren ohne einen solchen regelt, wäre das Verfahren über die einheitliche Stelle bei reglementierten Berufen stets ausgeschlossen.

Der Pflicht zur Auskunft und Beratung nach § 25 Abs. 2 VwVfG-E, den Regelungen über den Zeitpunkt der Bekanntgabe nach §§ 41 Abs. 2, 71b Abs. 6 VwVfG-E sowie die Genehmigungsfiktion nach §§ 42a VwVfG-E ist dementsprechend nicht nur in Fällen der Bestellung nach § 40 Absatz 1 StBerG

Geltung zu verschaffen, sondern auch im Zusammenhang mit der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft nach §§ 49 ff. StBerG.

Die Organisation der einheitlichen Stellen ist Ländersache. Daher wird im StBerG zutreffenderweise auch auf die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder Bezug genommen.

Jedoch ist eine Konkretisierung durch Verweis auf die anzuwendenden einzelnen Verfahrensvorschriften des VwVfG durch den o.g. zu ergänzenden Satz 3 erforderlich. Der bislang in § 71a Abs. 1 VwVfG-E enthaltene Verweis auf das gesamte VwVfG widerspricht der Regelung des § 164a Abs. 1 Satz 1 StBerG. Dieser sieht vor, dass sich die Durchführung der Verwaltungsverfahren nach dem StBerG grundsätzlich nach der - vom VwVfG teilweise abweichenden - Abgabenordnung richtet. Demzufolge verbietet sich eine Bezugnahme auf § 71a Abs. 1 VwVfG-E, weil andernfalls eine nicht mehr aufzulösende Konkurrenz von verfahrensrechtlichen Vorschriften des VwVfG einerseits und der Abgabenordnung andererseits entstünde. Vielmehr ist regelungsseitig sicherzustellen, dass in den Fällen, in denen das Verfahren über eine einheitliche Stelle grundsätzlich eröffnet werden kann, die in den §§ 71a Abs. 2, 71b bis 71e VwVfG-E enthaltenen Bestimmungen Anwendung finden, unabhängig davon, ob der Betroffene den Weg über den einheitlichen Ansprechpartner oder die unmittelbar sachlich zuständige Stelle wählt.

Damit bleibt im Übrigen die Dreiteilung des Verfahrensrechts durch VwVfG, AO und Sozialgesetzgebung gewahrt und ist insofern auch nicht mit Blick auf die EU-DLR richtlinienwidrig.